Chizza
Gedankenspiele
vor 3 Jahren - 10.07.2021
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Independentlabels - die Rückkehr

Heute möchte ich meine Reise durch Independentlabels fortsetzen und diesmal wieder einige Marken präsentieren, welche mich persönlich in den letzten Monaten begleitet haben und mir aus unterschiedlichen Gründen in Erinnerung geblieben sind. Generell lässt sich sagen dass alle paar Monate eine interessante und neue Nischenmarke erscheint. Manchmal exaltiert bewertet in gewissen Kreisen (und dann wieder vergessen); ob zurecht oder nicht, das bewerte ich nicht. Der Tenor in Sachen Veröffentlichungspolitik hier ist nicht selten eine höhere Anzahl, dafür aber auch unterschiedlich aufgebaut. 

Erneut sind es amerikanische Marken, die mir besonders aufgefallen sind. Beginnen möchte ich mit Euphorium Brooklyn; ein Label was für wenige Düfte hier gepriesen wird, im Endeffekt aber eine breite Palette an unterschiedlichen Düften bietet. Leider sind manche nicht sonderlich gut bewertet; auch von mir. Vielleicht verdienen diese ein anderes Publikum. Am bekanntesten dürfte Wald sein, ein in meinen Augen knorriges, trockenes Walderlebnis. Obwohl beliebt, ziehe ich selbst Cilice vor, ein harziger Weihrauch, sehr facettenreich. Usar ist für Vetiverfreunde fast ein Muss, 100 Tweeds erinnert an Cilice nur krautiger. Die anderen Düfte sind nicht mein Metier aber grundsätzlich kann Euphorium Brooklyn auch Gourmand, sogar floral. Die Marke ist auch in Europa zu beziehen.

Bleiben wir vorläufig in Amerika bei Chiseled Face. Diese Marke verschreibt sich dem Spektrum rund um die Rasur des Mannes. Infolgedessen war der Weg von Aftershaves hin zu Düften nicht weit, welche darüber hinaus auch zu erschwinglichen Preisen zu haben sind. Dabei agiert man sehr vielfältig. Die Aftershaves duften teilweise herrlich holzig und erfrischend. Mit erfrischend meine ich sehr erfrischend. Cryogen hält, was es verspricht. Sherlock ist eher erdig, Midnight Stag der ölige, durchtränkte Lederlappen in der Werkstatt. Aber die Auswahl ist groß und für ein Eau de Parfum a 50 ml fallen lediglich 35 USD an, ein fairer Preis. Allgemein bestätigt die Marke den Trend expandierender Barbershopmarken im Hinblick auf ein größeres Sortiment. Gelingt nicht immer, hier aber schon.

Bevor wir später in die USA zurückkehren, geht es nach Portugal zu Miguel Matos, einem recht extrovertiert wirkenden Parfumeur welcher ebensolche Düfte kreiert. Heute soll es um sein eigenes Label gehen. Doraphilia widmet sich dem Fellfetisch, so riecht der Duft auch. Generell erkundet Matos gerne olfaktorische Extreme; das können Düfte wie Tar und Silver Stone sein, bei welchen man bereits Rückschlüsse des Namens wegen ziehen darf. Oder auch Aquatik wie bei Sailor Stories oder La Piscine der Fall. Es ist relativ einfach, hier einem Hype anheimzufallen wobei sich dies über die letzte Zeit gelegt hat und seine Düfte nun eher fair bewertet werden. Da er jedes Jahr manche Kreation samt Werke für andere Marken veröffentlicht, ist Abwechslung garantiert.

Kommen wir zum Dunstkreis um die Marke Calaj: 2020 ins Leben gerufen, hat Flavius Calaj mithilfe mancher Parfumeure eine interessante und vielschichtige Marke geschaffen, wobei mich die ersten Schöpfungen eher erreicht haben. Black Beard war sehr gewürzlastig, Transilvania glänzte durch einen Vlad Tepes, welcher eine EM-Eukal-Obsession besitzt mit Hang zu leichter Animalik. Spannend war das alles definitiv. Interessant ist auch, dass er diverse rumänische Labels fördert, Emozioni Fragrances oder auch A13 gehören dazu. Formvollendete Nische ist hier, dass man zu einem Duft seiner Wahl einen Flakon auswählen darf, so besitzt man dann durchaus Unikate. Showstopper wurde sogar individuell beschriftet, meine ich. Kenn man auch von The Lab.

Kommen wir zu Pineward, einem Label, welches sich dem Wald, den Bäumen, der Kiefer verschrieben hat. Am bekanntesten dürfte Murkwood sein, ein für die meisten Norne ähnelnder Duft. Kann ich gut nachvollziehen, ich erkenne auch Parallelen. Es fällt mir schwer, einzelne Düfte herauszuheben denn alle drehen sich irgendwo um das Leitmotiv. Lediglich Christmas Wine und Apple Tabac waren respektive sind anders aufgebaut. Erster erinnert an würzigen Fruchtpunsch, der zweite wird vom Apfel dominiert. Dem Gros scheinen hingegen die Waldparfums eher zuzusagen. Gute News für Freunde des Labels: es wird eine Vertriebsstelle in Europa gesucht und es sollen dieses Jahr noch einige Düfte veröffentlichtet werden. Spannend, sage ich mal, denn von fünf habe ich bereits Proben vorliegen.

Last but not least sei die Marke Gather Perfume erwähnt. Diese existiert bereits seit mehreren Jahren doch die Gründerin hielt sich augenscheinlich mit Releases zunächst zurück. 2019 wurde dann spätestens fleißig veröffentlicht. Es handelt sich um Naturdüfte und das merkt man auch an introvertierter Sillage und Haltbarkeit trotz Extrait-Konzentration. 8.7/10 Punkte erhalten die Kreationen hier im Schnitt, das sagt viel aus. Diesen Hype kann ich nicht teilen. Ich habe noch zehn Düfte hier liegen, habe mich aktiv mit sechs auseinandergesetzt und auch wenn alle solide sind, so fehlt mir das gewisse Etwas. Andere scheinen die Düfte gerade durch die Wald, Moos, Grün-Attitüde zu begeistern, Key beispielsweise steht aktuell bei 9/10 Punkten. Ich Banause habe nur 7/10 gegeben, spricht also dafür dass meine Meinung in der Minderheit und entsprechend mit Vorsicht zu genießen ist. Dafür ist der Hearth exzellent; ledrig, holzig-rauchig, Funkenflug inklusive und dabei recht kraftvoll. Den habe ich aber erst nach dem Blog getestet.

Das war es für den Moment. Wieder mal hebe ich amerikanische Nischenmarken hervor respektive handelt es sich eher um Indiemarken. Das liegt bei Pineward/Euphorium Brooklyn an eigenen Käufen, bei anderen Marken daran dass mich die Sets und Angebote interessiert haben oder wie bei Matos der Fall: die Vielfalt, die man anerkennen darf. Übrigens: diese Marken sind in Europa meist bei einschlägig bekannten Parfumerien in Polen oder Spanien (Barcelona/Málaga) erhältlich, sofern man nicht sowieso in Europa (Portugal/Rumänien) ansässig ist. Bis zum nächsten Mal!

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