Chizza
Gedankenspiele
Von Parfumo empfohlener Artikel
vor 1 Jahr - 23.03.2023
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Ouds - muss es immer Ensar sein? oder: das sind potentielle Alternativen

Ouds - muss es immer Ensar sein? oder: das sind potentielle Alternativen

In letzter Zeit lese ich oft von Oud-„Novizen“, welche sich dem Thema annehmen möchten. Sei es im Forum, die Suche nach dem heiligen Oudgral beginnend oder auf andere Weise vollmundig verkündend, was ich jetzt gar nicht unbedingt despektierlich meine. Schnell erscheint nun das Fragezeichen schlechthin, die Gretchenfrage: wie hältst du es mit Ensar? Vorweg: das wird auch kein Ensar ist doof, bringt Myriaden an Düften raus in 300 verschiedenen Lederummantelungen, Konzentrationen, Mischungen untereinander-Blog. Kann er handhaben wie er will, er verkauft und das gibt ihm trotz aller Kritik auch recht. Fakt ist nun mal, Ensar wird oft genannt, weil sein Name für Oud steht. Ich möchte auch festhalten, einige seiner reinen Oudöle sind wirklich klasse. Exemplarisch seien genannt: Black Changho, welcher nur so vor dschungelesken Facetten mit Rauch strotzt, Ertugrul Gazi, für mich auch Dschungelessenz und Oud Royale. Ich mag alles an Oud rund um den Archipelstaat Indonesien samt seiner Inseln oder Gebiete (Borneo, Papua, Sumbawa), was hier bereits aufgefallen sein könnte. Black Sumbawa von Ensar könnte ich ebenso anführen, herrlich hölzern-rauchig, dabei nie trocken, ganz im Zeichen des Dschungels. Nur noch von Tigerwood Royale gekrönt, welcher harsch, mineralisch, ledern wirkt, olfaktorisch nach feuchtem Moos und staubigem Grund zugleich duftet. Aber nun werde ich wie Zarathustra den Berg wieder hinabsteigen und hoffe, dieser Blog über spannende Labels rund um das Thema Oud kommt besser an als Zarathustras Rede.

Die Idee, ein paar alternative Fakten äh Marken zu beschreiben, die ebenfalls feine Ouddüfte im Programm haben, kam mir als ein Freund sich Oud-Duschgels orderte, wobei natürlich klar ist, dass das maximal holzig riecht. Dieser Blog erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, dafür gibt es zu viele Kleinstunternehmer aus Asien, die Düfte vertreiben. Es folgen nun ein paar Exoten, beginnen möchte ich mit einer deutschen Marke, welche nicht nur oder unbedingt für Adlerholz steht und zwar MGO. Klar, HGS bietet viele Düfte ohne Oud an, offeriert allerdings auch entsprechende Attars sowie sind manche seiner Düfte wie Palladium durch feines Oud gekennzeichnet. Dunkles Oud, rauchig, niemals fäkal, holzig trocken, sehr fein. In No. 11 ebenso gelungen umgesetzt, hier brilliert das Oud durch rauchige, würzige Nuancen, dazu leicht schmutzig-ledrig.

Oft scheint er mit indischem Oud zu arbeiten, was gerne als intensiv animalisch bezeichnet wird. Ist es eben nicht immer, dafür ist die Welt an indischen Ouds viel zu groß. HGS scheint meist moderate Varianten zu verarbeiten, insofern sicher einen Test wert. Das zeigt sich auch bei No. 5, einem vor Balsamik triefenden, kakaoschwangeren Duft, was das Oud klasse akzentuiert. Da mir auch manche reine Oudöle bekannt sind, die er nutzt, ist MGO eine Erwähnung wert, denn das sind qualitativ hochwertige Öle. Zuletzt hat er in Kollaboration mit Duftkumpels einige neuerliche Werke veröffentlicht. Duftkumpels scheint hierbei zum Teil auf animalische Noten und so auf Oud zu setzen. Hier kann ich natürlich nicht sagen, was der Inhaber von Duftkumpels vorgegeben haben mag, mir sind die Werke fast alle zu gefällig aber sehr gut austariert. 

Fangen wir mit Royal Bengals Ouds an: viele Ouds, die ich von Ish von RBO testen durfte, stammen aus thailändischen Regionen, sind im Namen durch die Herkunft kenntlich gemacht. Teils typisch für diese Herkunft (Classic Thailand), andere wiederum deutlich heller. Das aus Phuket ist so wie erwartet, insgesamt harzig-feucht mit grünem Nukleus. Nam Nao hingegen besitzt die Aura eines zähflüssigen Honigs, ein interessantes Kontrastprogramm. Am besten gefiel mir das aus SriChang; für mich sehr süffig, an Lack erinnernd, Impressionen einer Holzwerkstatt. Insgesamt sehr spannend, denn RBO zeigt auf dass Ouds aus einem Land sehr vielschichtig sein können und es daher sinnvoll ist, sich die Regionen genauer anzusehen. Mein Interesse war geweckt. So sehr jedenfalls dass ich am Ende geneigt war, zu seiner etsy-Seite zu eilen und zu proklamieren, nimm mein Geld doch gib mir deine Oud-Waren! Na gut, nach dem Studium der Preise rief ich leiser, verlangsamte den Schritt und murmelte dass ich mich Ostern noch mal melden würde. 

Relativ neu sind Dixit&Zak, ein Label aus Indien, welches jedoch einige Veröffentlichungen hervorgebracht hat. Viel wird mit indischem Oud gearbeitet, mal mit floralen Elementen, mal mit Zitrik, mal derbe und rauchig. Hindi Tabac bietet letzteres, ein dezent rauchiger Duft, facettenreich, starkes Oud. Die größten Momente - und das beherrschen die Inder wirklich - zeigen sich in den Düften, in denen sie Oud mit zitrischen, teils sogar fruchtigen Elementen kombinieren. Paradis Tropical ist erfrischend, das Oud leicht fruchtig. Besser ist Yellow Lemon Tree, intensive Zitrik gepaart mit animalischem Oud. Das klingt zunächst anstrengend, ist aber wunderbar austariert. Leider eingestellt Stand heute. Florales Oud findet sich übrigens beispielsweise bei The Nightingale. Doch Brindaban Prive sei noch mal explizit erwähnt: drei trockene Ouds, knorrig, streng, animalisch und Dixit & Zak kreieren daraus einen gehaltvollen doch schwerelosen Oudduft aufgrund der zitrischen Nuancen, dem krautigen Lavendel, sehr schön.

Von Oudimentary durfte ich manches Release testen, welche durchweg interessant waren, weswegen ich die Marke hier gerne erwähne. Ambre D'hiver inkludiert lehmiges Oud, vermengt dieses mit balsamischen und cremigen Noten. Die Marke aus den USA scheint den Fokus auf kambodschanische Ouds zu legen, Select Cambodi darf man als Referenz sehen. Harzig, trocken, zugleich schwüle, dampfende Luft über Waldboden, das kann sich sehen lassen. Doch auch Ouds aus anderen Regionen wie Malaysia (Malaysian Premier) respektive die Veröffentlichung ebendieser sind mehr als solide.

Bortnikoff findet hier alleine aufgrund von Feel Oud einen Platz. Tatsächlich zeichnen sich bei Weitem nicht alle Düfte der Marke durch Oud aus, manche sind jedoch eine Erwähnung wert. Für mich zählt L'Heure Exquise dazu, denn hier ist das Oud stets präsent, wird durch kräftigen Kakao und andere balsamischen Noten wunderbar begleitet. Mir persönlich gefiel Lucky Oud noch, mit Abstrichen Sir Winston (ist ein moderater, Tuberose-dominierter Oudduft) oftmals behagt mir das Zusammenspiel der Ouds mit den anderen Ingredienzen nicht. Wer hier dennoch testen möchte, alleine auf Parfumo sind sieben Düfte gelistet, die mit „Oud…“ im Namen von Bortnikoff beginnen. 

Al Shareef ist eine Marke, bei dem der Gründer quasi in das arabische Parfumhandwerk hineingeboren worden ist. Zunächst durch viele spannende Öle aus diversen Ländern auf dem Radar erschienen, wurden 2021 Parfums veröffentlicht. Hier empfand ich Ishraaq als fantastische olfaktorische Reise, als auffallend vielfältig. Was rauchig-animalisch beginnt, wird sukzessive cremig, fast floral jedoch immer mit der Lagerfeuer-Reminiszenz. Die Gewürze wie Safran und Kardamom sind geschmeidig integriert worden, was gerade bei Safran in der Parfumerie auf mich oft verbesserungswürdig wirkt. Gerade jetzt ist mit Elevation ein neues Parfum veröffentlicht worden, welches Ouds aus diversen Regionen beinhaltet, meist mit extraordinärer Reifezeit versehen. Ansonsten scheint man auf malaysisches Oud zu setzen, mit weitem Abstand folgen Indonesien und Indien.

Rising Phoenix sagt von sich selbst, dass man durch Sandelholzöle „bekannt“ geworden ist respektive man dafür eben mit seinem Namen steht. Zweifellos, wenn ich mir die meist genutzten Inhaltsstoffe ansehe. Jenes aus Mysore aber auch nicht näher definiertes Sandelholz sind weit vorne platziert. Doch ebenso auch Ouds aus vornehmlich Kambodscha und Indien. Jetzt muss ich leider bekennen dass ich hauptsächlich seine Sandelholzdüfte und die mit Weihrauch als Thema kenne, wie Phoenix Frankincense Melange. Der ist klasse, hilft hier nur nicht weiter. Tutankhamun Blue Lotus Attar beinhaltet Oud aus Kambodscha, fiel mir aber allgemein als eher grundsätzlich holzig mit Fokus Weihrauch auf, welcher eher balsamisch-schmutzig wirkte. Da mag das Oud mit berücksichtigt sein, wurde dann aber gelungen integriert. Allgemein höre ich dass Joseph de Lapp das indische Oud meist sehr gut umsetzt, hier lohnt sich vermutlich ein detaillierter Blick, Stichwort Nagaland.

Jinkoh Store scheint das Hauptaugenmerk auf kambodschanisches und malaysisches Oud zu legen, wobei ich ehrlich zugeben muss, damit nur Vanilla Paradise V2 zu kennen. Hier werden leicht ledrige-rauchige Akzente gesetzt, andere Noten wie die Vanille sind aber die Protagonisten. Indian Papyrus hingegen offeriert trockenes Oud, staubig, wie altes Papier, wird dem eigenen Namen mehr als gerecht. Trockene Früchte scheinen dieses Parfum abzurunden, werden rasch zu trocken-würziger Iris. Spannende Umsetzung dieser Thematik, muss man aber mögen.

Allgemein wird auf kleine Batches gesetzt, welche in der Regel nicht lange erhältlich sind. Dabei gilt zu beachten dass die Releases häufiger aus nur dem Oudöl bestehen, siehe die Emperor- sowie Royal-Reihe. Die Sunset-Veröffentlichungen hingegen kommen sogar teilweise ohne Oud aus.

Wie genau Suko Oud und Ucca miteinander verbunden sind, das kann ich nicht im Detail erläutern. Fakt ist aber dass Suko Oud eher reine Oudöle anbietet, Ucca diese in kompletten Parfumkreationen verarbeitet. Die mir bekannten Düfte sind allesamt spannend, unterscheiden sich enorm im Duft und der Auswahl der Ouds, exemplarisch beschrieben ich zwei Releases: Garut Leatheroud lässt im Kern holzig-lehmiges Oud zunächst stark animalisch erscheinen, nur um sich später Richtung würziger Kakao und dann Richtung rauchig-schmutziges Leder mit sublim düster-dunklem Oud wandelt. Stark aufgebaut.

Djantjoek hingegen glänzt mit feuchtem Dschungelklima, mit üppiger Flora, die zum träumerischen Verweilen einlädt. Dennoch wird das Oud auch gehemmt, es scheint von hoher Qualität zu sein und dürfte noch mehr Protagonist sein. Die Marke zeigt viel Potential, lässt auf mehr in Zukunft hoffen, zumal Düfte wie Garut Leatheroud unverkennbar und absolut speziell sind.

Mellifluence ist eine Marke mit extrem vielen Werken. Mehr als 100 davon mit thailändischem Oud. Allgemein kauft der Eigentümer die Ouds selbst zu, veräußert diese zum Teil, sofern nicht für eigene Kreationen genutzt. Die Marke wird meist hoch bewertet, was daher rührt dass diese eher weniger zum Einstieg genutzt wird. Ein Blick auf das Kommentatorenfeld veranschaulicht dies. Bekannte Gesichter, meist ouderfahren oder mit Faible für eben jenes. Sessile haftet die Aura eines feuchten Waldbodens an, Royal Green III bietet statt schwülem Dschungelklima einen Twist mit Weihrauch und Zitrik, Asiya Imperial kombiniert fruchtige Noten mit nassen Gräsern und moderatem, holzigem Oud. Tongana fand ich schön konstruiert, Tannennadel-Oud, auch Beyond The Hills III fand bei mir aufgrund der Bleistiftzeder-Note Anklang. Vielschichtige Ouds, dunkler Wald, viel Harz, was will man mehr? Zilonis und Malaika seien noch genannt, hier haben wir balsamisches Beiwerk, ambriertes Oud, fast schon zu harmonisch aber sehr gelungen.


Ein paar spannende Marken, die ich hier nicht einzeln bespreche, die zuletzt durch konstante Releases auf guten Niveau aufgetreten sind, sind wohl Habzoud, Ahom/Agarwood Assam, welche Verbindungen zu Dixit&Zak haben sowie eigentlich auch Al Hashimi, wobei diese wohl aktuell einen Restart zu probieren scheinen. Lange war es ruhig, zuletzt gab es in Foren Lebenszeichen. Agar Aura habe ich hier gar nicht besprochen, da vergessen, ebenfalls eine Marke mit vielen guten Releases. Daher bin ich sehr gespannt, auch was allgemein das Thema anbelangt. Wovon ich allerdings Notiz nahm: je mehr dieser Marken und Düfte hier gelistet sind, umso eher mal ein Sharing, eine Sampler-Bestellung so dass man exotisches Label aus ferneren Ländern hier häufiger besprochen findet. Häufig ist relativ, das ist klar, doch rund 200 Bewertungen zu einer Marke wie Dixit&Zak aus Indien, welche sehr jung ist, welche absolut nischig unterwegs ist und bei der man eben im weiteren Ausland zu höheren Preisen ordern muss, das ist kein schlechter Beginn.

Insofern mal schauen ob irgendwann ein zweiter Teil dieses Blogs folgt. Mir ging es nur darum, auch mal andere Marken als Ensar aufzuzeigen. Natürlich ist die Qualität bei ihm gut, einige Parfumeure kaufen Ouds für die eigenen Kreationen bewusst bei ihm, siehe Pomare's Stolen Perfume (Rasa Redwood Limited Edition) oder Centauri Perfumes (Shambho). Dennoch gibt es mehr. Ich meine sogar, Jinx kauft bei Jinkoh Store zu, bin mir aber nicht ganz sicher.

Aktualisiert am 25.03.2023 - 02:34 Uhr
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