Chrisniburg

Zugegeben, ich habe niemals den "alten Gaultier² besessen. In der Zeit, als dieser Duft populär war, hatte ich andere Vorlieben hinsichtlich Düfte. Dennoch war mir klar: Düfte von Gaultier haben ein immenses Potential Best-Seller zu werden. So hofften viele, dass das Re-Release 2022 die guten alten Zeiten wieder herbeiruft.

Startend mit der Verpackung ist bereits zu erkennen, dass sich diese Version an der ursprünglichen Version anlehnt. Die OVP sieht ähnlich aus, aber doch unterschiedlich. Und so geht es auch beim Flakon weiter. Die gewählten Farben sind ähnlich, das Design jedoch anders.

Kommen wir zum Duft....

Das Opening
Die Kopfnote startet mit einer sehr dominanten Jasminnote. Ergänzt wird diese florale Komponente mit einer leichten Holznote, einer süßlichen Note und (auch wenn nicht gelistet) einer leichten Mandelnote. Man bekommt den Eindruck, als könnte es eine leichtere (und nicht metallische) Version von "Pegasus | Parfums de Marly" sein. Es entsteht das Bild einer Mandelmilch.
Zusätzlich erinnert er mich ein Wenig an "Le Mâle Le Parfum | Jean Paul Gaultier" : Etwas dunkel, eine gewisse Tiefe und eine Verwandtschaft zu JPG.

Der weitere Duftverlauf:
Die Jasminnote bleibt nach wie vor dominant und steht über allem. Die Holznote bleibt nach wie vor eher dezent im Hintergrund. Stattdessen kommt für meine Nase eine leichte Kaugummi-Note wie etwa in "Ralph's Club | Ralph Lauren" hinzu. Sehr gefällig und nie zu jugendlich.
Dieses Gesamtbild bleibt bis zum Schluss und ist entsprechend linear. Das macht diesen Duft für mich zu keinem Schlechten. Eher im Gegenteil: Es muss nicht immer Ecken und Twists geben, sondern ein Duft kann von (fast) Beginn an gut riechen.

Gaultier2 ist ein toller Duft geworden, aber sicher nicht das nächste große Ding. Auch muss ich festhalten, dass mit Le Male Le Parfum ein ähnlicher Bereich abgedeckt wird. Es liegt also am Ende bei euch, welche Grund-DNA euch besser gefällt.

Da ist er nun, der neue Flanker aus der Reihe TDH. Die Wachablösung für den sehr geschätzten Eau Tres Fraiche. Hohch sind die Erwartungen, da gerade diese Linie aus dem Hause Hermes für herausragende Duftkreationen steht. Doch kann er diesem gerecht werden ?!

Fangen wir mir dem Äußerlichen an. Der Flakon wirkt stimmig wie eh und je. Doch, was ist das? Wo ist der bekannte Drehverschluss hin? Dieser wurde durch eine meattlischanmutende Kappe ersetzt. Hm...kann man machen, ist für mich aber bereits jetzt schon das erste Zeichen von Eigenständigkeit.

Gehen wir weiter zum Duft. Er startet sehr belebend, als würde man ein klein Wenig kalte Luft einatmen. - Top Marketing von Hermes. - Diese Luft wird ergänzt durch leichte zitrische Noten. Diese Kombination kommt mir bekannt vor, doch nur von was ?!

Kurz nach dem Start nimmt dieses eisige Gefühl jedoch ab und der Duft bleibt zitrisch mit leicht grünlichen und metallischen Anklängen. Gemäß dessen merkt man die Handschrift von Christine Nagel, die auch bereits H24 kreiert hat.

Über den restlichen Duftverlauf von ca. 7 Stunden bleibt der Duft unverändert und daher sehr linear. Er besitzt für mich nur noch wenig Ähnlichkeit mit der "Terre d'Hermès (Eau de Toilette) | Hermès" DNA, geschweige hat er was mit dem "Terre d'Hermès Eau Très Fraîche | Hermès" zu tun. Eau Givree ist sehr eigenständig. Wenn man eine Ähnlichkeit suchen möchte, hätte er besser als Ableger zu "H24 | Hermès" gepasst.

Kommen wir noch mal kurz zur bekannten Duft DNA zu sprechen. Dieser Duft riecht für mich wie das Sport-Duschgel Ice von Rituals. Gleiche zitrisch-fruchtiger Aufbau mit kühlendem Effekt. Vielleicht lag hier die Inspiration?!

Wer kann, sollte Ausschau nach dem Eau Tres Fraiche halten, für mich die bessere Sommer-Variante eines TDH.

Einige der Düfte von Louis Vuitton habe ich bereits getestet: Sei es der derzeitige Hype-Duft Imagination, Meteore, City of Stars, Sur la Route, etc... Es gab nur wenige Düfte, die mir hier gefallen haben. Wir mir scheint, gibt es in den Düften des Hauses eine gewisse Note, die in vielen Releases zu finden ist. Vielleicht soll sie die Exklusivität herausstellen und Zugehörigkeit der Marke spiegeln.

Wie verhält sich das nun mit Afternoon Swim?! Dieser Duft ist nunmehr kein Unbekannter mehr. Gerade zur Sommerzeit steht er oftmals auf der Liste bei vielen und ich muss sagen...zurecht. Das frisch fruchtige Opening weckt direkt die Assoziation mit Sommer, mit Gute-Laune, mit Unbeschwertheit. Er versetzt mich bildlich an die spanische Küste, an jenen Teil, bei dem nicht unweit entfernt Orangenplantagen zu finden sind. Man spaziert am Strand entlang im locker lässigen Outfit und ab und zu erwischt einem leichte Brise.

Dieser Duft ist nicht wirklich komplex oder herausfordernd. Für mich ist er wie geschrieben der Gute-Laune Bringer und soll gerade an heißen Tagen erfrischen. Für eine Dauer von ca. 5 Stunden (auf meiner Haut) schafft er dies auch. - Spätestens dann sollte man eh aus der Sonne :-) -

Viele schreiben, dass aufgrund der "schlechten" Haltbarkeit der Preis nicht gerechtfertigt ist. Ich kann das nachvollziehen, da man sicherlich auch im Designer-Bereich ähnliche Düfte mit gleicher Haltbarkeit für wesentlich kleineres Geld finden kann. Am Ende entscheidet jeder für sich selbst, ob es einem das Wert ist. Für mich, aufgrund der tollen Emotionen, die dieser Duft schafft, ist er das.

Einen Blindkauf würde ich allerdings bei dem Preis nicht anraten.

Die Reformulierung hat zugeschlagen. Für viele kam dieser Wechsel etwas überraschend und ohne große Ankündigung (zumindest habe ich es quasi per Zufall mitbekommen). Oftmals verschlechtern sich Eigenschaften eines Duftes wenn er reformuliert wird. Häufig ist der Duft nur noch ein Schatten seiner selbst.

Gleich vorweg: Das ist hier nicht der Fall!

Der Duft startet tatsächlich etwas anders als die ursprüngliche Formulierung. Wesentlich mehr Pfeffer, dafür getrimmte Synthetik, unterlegt mit holzigen Noten. Erst im Drydown nähern sich die neue Version der ursprünglichen Formulierung an und es gibt nur noch marginale Unterschiede. Ich finde, die Reformulierung geht tatsächlich in die richtige Richtung. Sie führt den Duft einen Schritt weiter, ohne dabei die DNA zu vergessen.

Alles in Allem wirkt der Duft wesentlich stimmiger, handwerklich besser gestaltet. Gerade für all jene, denen die synthethischen Noten zu stark im Vordergrund standen, ist der Duft nun ein neuer Testkandidat.

Ich finde ihn als Alltagsduft für eigentlich jede Jahreszeit ziemlich gut. Er verdient auf jeden Fall eine Chance.

Parfümliebhaber diskutieren häufig, ob Klassiker "Outdated" sind oder schlichtweg nie aus der Mode kommen. So ist mir diese Diskussion auch schon häufig zu Terre D'Hermes begegnet. Gerade in der Version EdT wird häufig argumentiert, dass man es hier mit einem Altherrenduft zu tun hätte, was ich nicht wirklich nachvollziehen kann. Vielleicht ist es die Kombination von Frisch, fruchtig, erdig und mineralisch, die in Ihrer Zusammensetzung bei vielen dieses Bild erschafft.

Wie wäre es also, wenn man diesen Duft so trimmen könnte, dass er diese polarisierende Kombination etwas entschärfen könnte, ohne dabei den Kern zu verlieren (die natürliche fruchtige Note)?

Genau das hat Hermes mit diesem Flanker in meinen Augen geschafft. Er behält diese natürliche Orangennote bei, fügt Zitronenschale hinzu, trimmt das mineralische etwas runter und die erdige, grasige Note des Vetiver wird entfernt. Und siehe da, da ist er, der Tres Fraiche.

Mit dieser Änderung schafft Hermes die Kunst, einen bereits universellen einsetzbaren Duft noch eine Spur universeller zu machen. Für mich geht der Duft immer und überall, wobei seine Stärke natürlich in den wärmeren Jahreszeiten liegen.

Mit einer guten Haltbarkeit und (sofern man ihn noch finden kann) einem akzeptablen Preis empfehle ich diesen Duft in jeder Sammlung. Ich drücke euch die Daumen, dass er ihn noch findet.