Cmk00
Cmk00s Blog
vor 2 Jahren - 02.03.2023
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5 Sinne

Welche Daseinsberechtigung hat Parfum?

Eine Frage vor deren Hintergrund ich die Welt der Düfte, die Parfumindustrie und nicht zuletzt mich selbst in letzter Zeit kritisch hinterfragt habe. Im Angesicht stetig wachsender Parfumsammlungen wurde die Frage nach dem Warum immer präsenter. Einige meiner Gedanken dazu möchte ich mit euch teilen.

Die Erfindung des Parfums (angeblich 3000 v. Chr. durch die alten Ägypter) war offensichtlich der Start einer nachhaltigen Erfolgsgeschichte. Menschen mögen es, begeistern sich dafür, erfreuen sich daran. Das Ausmaß variiert natürlich. Manch einer verbindet gar seine eigene Person damit, während es für andere nur Nebensache ist. Dennoch, jeder kann sagen, ob ihm gefällt wie jemand oder etwas riecht. Auch wenn es meistens schwer fällt zu definieren, was genau einen Geruch ansprechend macht.

Aber woher kommt dieser natürliche Bezug zu Parfum?

Eigentlich eine obsolete Frage. Viel merkwürdiger wäre es doch, diesen Bezug nicht zu haben. Das wäre gleichbedeutend damit, den Bezug zu einem der menschlichen Sinne zu leugnen. Dem Riechen. Parfum stimuliert die olfaktorische Dimension unserer Sinne. Wir kennen für jeden unserer Sinne Wege, diesen anzusprechen und haben auf jeder Sinnesebene Möglichkeiten gefunden, um uns zu stimulieren. Das Auge erfreut sich an Kunst, Gemälden, eindrucksvollen Landschaften. Das Gehör erfreut sich an Musik die gefällt, an Klängen der Natur und vermittelt Emotionen über die Stimmlage eines einfühlsamen Gegenübers. Der Gaumen erfreut sich an den nahezu unbegrenzt erscheinenden Geschmäckern der Küchen dieser Welt. Wir lassen uns Massieren, liebevoll berühren und kleiden uns tagtäglich in Stoffe, die uns ein gutes Gefühl auf der Haut geben. Da ist es nur natürlich, dass es auch den Geruchssinn danach sehnt, befriedigt zu werden.

Was viele nicht wissen ist, dass Schmecken eigentlich mehr Riechen als Schmecken ist. Klingt im ersten Moment befremdlich. Aber wie sonst sollten wir so unterschiedliche Geschmäcker wahrnehmen? Süß, sauer, salzig, bitter, scharf, umami. An diese Richtungen denken die meisten wenn es um Geschmack geht. Aber mit jedem Bissen riechen wir unser Essen auch. Dieser Geruch ist mindestens genauso wichtig für das Geschmackserlebnis. Nicht umsonst schmecken Dinge oft so wie sie riechen. Und nicht umsonst schmeckt alles blass wenn man erkältet ist. Statt nur sechs Richtungen, wie sie der Geschmackssinn kennt, steht dem Geruchssinn eine schier endlose Zahl an Duftnoten zur Verfügung. Gerüche sind durch und durch komplex. In ihrer Beschaffenheit, wie auch in ihrer Wirkung.

Tragen wir also Parfum um uns selbst zu stimulieren? Mit Sicherheit. Aber bei weitem nicht ausschließlich. Denn, wie sicherlich die meisten bereits zur genüge erfahren durften, ist jede noch so positive Emotion, die ein Duft, der einem selbst gefällt, hervorruft nur allzu schnell vergessen, wenn das Umfeld einem eindeutig signalisiert, dass diese positive Emotion ein einseitiges Vergnügen ist. Natürlich haben auch solche Düfte ihre Daseinsberechtigung. Sei es im kleinen Kreis, für sich selbst, oder sei es auch nur, dass es sie nach dem richtigen Umfeld, den richtigen Voraussetzungen, dem passenden Träger verlangt.

Wäre es nicht dennoch schön, wenn ein Duft nicht nur den olfaktorischen Vorlieben des Trägers zusagt, sondern auch denen des Umfeldes von besagtem Träger? Die stumpfe Attitüde, man trage einen Duft zu allen Zeiten nur damit er einem selbst gefällt, empfinde ich als wenig zielführend. Es ist natürlich einfach und verlockend sich einzureden es sei einem egal wie man auf sein Umfeld wirke. Eventuell gelingt es dadurch sogar, eine oft nicht in diesem Ausmaß tatsächlich vorhandene, Charakterstärke vorzutäuschen, oder, fast noch schlimmer, sich selbst diese vorzugaukeln. Sie scheint mir umso eindimensionaler, je länger ich darüber nachdenke.

Wenn man so möchte, kann Parfum also auf zwei Ebenen seinen Träger beflügeln. Indem es die eigenen Vorlieben erfüllt und indem es bei dem Umfeld des Trägers etwas bewirkt, was dann wiederum dem Träger selbst zugutekommt. Dieses Etwas kann dabei verschieden sein und vom Träger selbst gestaltet werden. Harmonie, Gelassenheit, Provokation, Professionalität, um nur einige Beispiele zu nennen.

Vor diesem Hintergrund erfüllte ein guter Duft also zwei Kriterien. Er förderte auf direktem Wege, über den Geruch, positive Emotionen beim Träger selbst und hälfe diesem gleichzeitig positive Emotionen, aus der Interaktion mit seinen Mitmenschen, zu generieren.

Ein Duft definiert sich zugegebenermaßen nicht ausschließlich über den Geruch. Zusätzlich interferieren Haltbarkeit, Projektion, Präsentation, Prestige und viele weitere Dimensionen miteinander, bis sie letztlich in der hochgradig subjektiven Bewertung des Duftes als solchem münden.

Was einen guten Duft ausmacht, empfindet sicherlich jeder anders. Ebenso das Zusammenspiel der verschiedenen Dimensionen. Eine interessante Richtung, in die sich meine Gedanken beim Schreiben dieses Beitrags entwickelt haben, ist die, dass unsere Düfte tagtäglich etwas für uns leisten. Vielleicht findet sich hierin auch ein Weg zu mehr Wertschätzung in der schnelllebigen Welt rund um Parfums…

Aktualisiert am 06.03.2023 - 14:03 Uhr
17 Antworten
GreenGorillaGreenGorilla vor 2 Jahren
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Schön recherchierter Beitrag, Danke
Cmk00Cmk00 vor 2 Jahren
Ich danke dir. Die Recherchearbeit hielt sich allerdings stark in Grenzen😂
JoHannesJoHannes vor 2 Jahren
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Danke für den Denkanstoß!
JoHannesJoHannes vor 2 Jahren
1
Und zu der Frage/Aussage was einen guten Duft ausmacht: die könnte ich so nicht stellen/beantworten, weil wir uns da zuerst auf die Kriterien einigen müssten: Qualität der Rohstoffe, Komposition, etc. … und das kann bzw. will ich auch nicht. Duft ist für mich subjektiv. Ich könnte da nur mit Ich-Aussagen darüber philosophieren.
JoHannesJoHannes vor 2 Jahren
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Duft ist erstmal (und fast ausschließlich) für mich da. Quasi als interaktiver Teil meines aktuellen So-Seins. Und somit sehr aufrichtig in der Interaktion.
Duft ist niemals Mittel zum Zweck im Aussen. Das kann mMn nicht funktionieren, außer in dieser momentanen, künstlich aufgeblasenen Welt (von TikTok bis Statussymbolen), in der nur noch wenige Menschen so auftreten wie die wirklich sind (mein naiver Traum).
JoHannesJoHannes vor 2 Jahren
Ich würde dir bei der Bedeutung der Wirkung (d)eines Duftes auf das Umfeld widersprechen wollen: wer/was ist denn das Umfeld? Und was, wenn eine zentrale Person dieses Umfeldes eine schlechte Erfahrung mit genau diesem deinen Duft gespeichert (Trigger) hat?
Für mich heißt Duft, dass ich den mag und trage - und damit gehe ich als Gesamterscheinung (Aussehen, Wesen, Art, Klamotten, Habitus, Duft, …) zu meinem Umfeld. Und dann erkennt/akzeptiert man mich genau so wie ich bin.
Cmk00Cmk00 vor 2 Jahren
Danke für deinen Kommentar. Deine Anregungen haben mir zu denken gegeben. In meinem neuen Blog Artikel habe ich versucht Antworten auf deine Fragen zu formulieren.
ExUserExUser vor 2 Jahren
Ich finde deine Ausführungen schon beinahe akademisch philosophisch und doch pragmatisch. Wundervoll zu lesen. Dankeschön dafür - Talent kann man nicht kaufen! 👍🏆
Cmk00Cmk00 vor 2 Jahren
Vielen Dank. ☺️☺️☺️☺️
ExUserExUser vor 2 Jahren
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"In der Welt der Parfums" ist es für mich sehr wohl so wie.. "über den Wolken.. 🌦 ..muss die Freiheit wohl G R E N Z E N L O S sein.." 🎶🌤☀ 🛩
No Limit.
Herzlichen 💕 Dank für deinen Beitrag.
Cmk00Cmk00 vor 2 Jahren
Danke für diese musikalische Untermalung ;)
FrauMiezeFrauMieze vor 2 Jahren
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hab ich gerne gelesen, und stimme dir zu, sicherlich ist die Aussage "Ich trage den Duft nur für mich" ein bisschen geflunkert, wie du schon sagst, oft will man unterbewusst doch irgendwas damit erreichen, manchmal auch einfach nur eine Unterstreichung von Charaktereigenschaften oder zur Darstellung einer Lebenseinstellung. .. oder Vorspielung falscher Tatsachen.. die Gründe sind verschieden, selbst bei mir wenn ich so darüber nachdenke.. .
Cmk00Cmk00 vor 2 Jahren
Ich möchte hier niemandem böswillige Absichten unterstellen. Die Gründe sind wie du sagst verschieden.
CH1492CH1492 vor 2 Jahren
2
Sehr schöner Beitrag. Ich glaube, jeder bzw. jede, der oder die sich für Parfum begeistert, muss sich immer wieder mit dem Unverständnis anderer Menschen hinsichtlich dieser Leidenschaft auseinandersetzen. Und häufig fehlt mir darauf eine wirklich gute Antwort, um zumindest ein wenig Verständnis zu erhalten. Und gerade für diese Fälle war dieser Beitrag zumindest für mich Gold wert. Der Erklärungsansatz über das Ansprechen eines unserer Sinne gleichgesetzt mit Ästhetik (in jeglicher Form), Klängen oder gutem Essen (wobei, wie du ja sagst, der Übergang zum Geruchsinn fließend ist) ist genau die Antwort, die ich selbst immer gesucht habe und doch nicht finden konnte. Obwohl so naheliegend. Vielen Dank also :)
Cmk00Cmk00 vor 2 Jahren
Freut mich, dass meine Gedanken dir helfen konnten.
Scharlih82Scharlih82 vor 2 Jahren
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Sehr schön und treffend geschrieben. Stimme dir voll und ganz zu 👍
Cmk00Cmk00 vor 2 Jahren
Freut mich. Danke :)