CoraKirsch

CoraKirsch

Rezensionen
CoraKirsch vor 1 Jahr 46 29
3
Flakon
2
Sillage
4
Haltbarkeit
8.5
Duft
Spiegelei
Auch Veganer dürfen gerne weiterlesen :-)

Rezensionen schreibe ich nur, wenn‘s nicht anders geht. Und damit meine ich: Wenn es mich mehr Zeit und Nerven kosten würde, einen Text, der unbedingt in die Welt entlassen werden möchte, nicht aufzuschreiben, als es eben doch zu tun.

Ich hatte nichts erwartet von diesem Duft. Ich habe die Nummer 6 und die Nummer 9 irgendwann mal getestet, fand beide weder schrecklich noch fabelhaft, habe leider auch keine Details notiert und muss zugeben, dass beide ziemlich spurlos aus meinem Gedächtnis verschwunden sind. Dann aber hat mich neulich eine sehr geschätzte Parfuma gefragt, was ich denn von den diversen Valjues-Düften hielte… und irgendwie hat es mich gewurmt, dass ich gar nichts Ordentliches darauf antworten konnte. (Zumal die Parfums jetzt auch an mehr Orten auftauchen, zum Beispiel in den Filialen der Kette mit dem P vorne.)
Also hab ich nachgesehen, was die unterschiedlichen Kreationen darstellen möchten – und bei Nummer 12 bin ich hellhörig geworden. Einen „Frische-Wäsche-Duft“ suche ich (latent) schon sehr lange. Aber wie so vieles, was einfach scheint, hat sich das als ziemlich schwierig erwiesen bisher. Schon allein der Unterschied zwischen Waschmittel-Duft und Frische-Wäsche-Duft ist nicht jedem sofort eingängig.
(Ich will Euch nicht mit der kompletten Liste meiner Fehlversuche langweilen, aber mal 2 Beispiele: „Warm Cotton“ von Clean Reserve fand ich weder „warm“ noch „Cotton“, sondern nur unglaublich waschmittelig-scharf, wie: kopfüber in der 10-Kilo-Tonne Universal-Pulver stecken, die meine Mutter früher hatte. „The Muse“ von Zarko hingegen riecht für meine Nase nach einer sehr unschönen Mischung aus Lenor und Cool Water for Men, Letzteres in der Variante aus den 90er-Jahren.)

Nun also dieser Kandidat. Bisschen unmotiviert draufgemacht… und BÄM! Das ist – ohne Zweifel, ohne angestrengtes Kramen in Erinnerungen und ohne Umwege – der Duft, den die frisch gewaschene, teilweise gestärkte und gebügelte Wäsche in meinem Elternhaus verströmt hat. Damals: Bevor Persil (das zuhause ausschließlich im Einsatz war) zum xten Mal einer Duftveränderung unterworfen worden war.
Es wird sogar noch konkreter. Ich hab als kleines Mädchen einen gestrickten Teddy besessen, den ich sehr geliebt habe. Er hieß Spiegelei (weil Kinder ihren Kuscheltieren halt blöde Namen geben) und bestand aus Baumwoll-Garn (Körper beige; Nase, Ohren, Füße und „Hände“ dunkelbraun). Gelegentlich wurde er gewaschen und getrocknert. Wenn ich ihn wiederbekam, roch er genau wie Valjues 12. Die Essenz von Sauberkeit, Gepflegtheit, Geborgenheit, Zuhause-Sein. Persil und Trocknerluft auf 100-Prozent-Baumwollgarn, im Wäschekorb geschichtet mit irgendwas, was gestärkt worden ist.

Für diese Zeitkapsel ist absolut essentiell, dass kein bisschen Blume darin vorkommen darf. Und ich riech auch keine. Es ist eigentlich gar nichts, was ich zuordnen könnte. Gleichzeitig Cyberduft und hyper-nostalgisch.

Halten tut er wie Sau – im Sinne von schlecht. Aber (passenderweise) auf Textil besser als auf (meiner) Haut. Jetzt ist er erstmal eingezogen. Vielleicht lernt meine Nase noch, sein laborenes Herz deutlicher wahrzunehmen. Wenn nicht, sehen wir weiter. Vorläufig reicht auch die Kurzstrecke. Me, myself & Spiegelei. What a trip.
29 Antworten
CoraKirsch vor 2 Jahren 69 36
9
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Vom Suchen und Finden der Liebe
Ich schreib (eigentlich) keine Rezensionen. Aber irgendwo müssen die übermächtigen Eindrücke ja hin, also Käfigtür auf, und der Text schreibt sich quasi von alleine. Das war so:

Vorletztes Wochenende war ich unterwegs auf Entdeckungstour. Aus Lust und Freude, ohne konkretes Ziel, ohne dringende Test-Liste. (Ich hatte in der jüngeren Vergangenheit einiges gekauft und fühlte mich daraufhin relativ imprägniert gegen spontante Gelüste, aber die Neugier ruht ja nicht.) Ich habe an jenem Wochenende viele - sehr viele - Düfte probegeschnuppert.
Und die meisten hier werden ja wissen, wie das läuft: 20 Düfte auf Papier, 3-4 auf verschiedenen Haut-Partien, und irgendwann befindet man sich in einem Zustand zwischen Überdrehtheit und Agonie. Die Düfte riechen schon noch verschieden, aber spätestens ab Probe 12 (oder so) ist die Wahrscheinlichkeit, dass wirklich etwas durchdringt, nicht mehr so groß.
In diesem Modus also taumelte ich in der Düsseldorfer Breuninger-Filiale an das kleine Display, in dem die "Vestiaire"-Düfte von Yves Saint Laurent stehen. (Hatte ich gar nicht mit gerechnet, dachte, die gibt's nur direkt bei YSL...) Von ferne dämmerte es mir: "Ich hatte doch irgendwas davon auf der Merkliste..." Das Gesuchte, nämlich Babycat, war aber nicht da. Ausverkauft. Auf Nachfrage bekam ich trotzdem den Tester.
Erwartet hatte ich nichts. Einige schreiben was von Animalik. Strenge. Rauch. Männlichkeit. Mag ich alles nicht. Aber hey, der Vollständigkeit halber...

Und dann das. Diese warme, weiche Wolke, dezent gewürzig und dunkel, ohne im geringsten bitter oder streng zu sein. Absolut besonders und für mich elektrisierend, dabei überhaupt nicht krawallig. Schon der Auftakt hat mich am Haken. Vergessen sind 20 Teststreifen und alle bisher besprühten Hautpartien. Ich atme. Mit geschlossenen Augen. Die Hand unter der Nase festgetackert. Ich fühle mich - nach ein paar Minuten - entfernt an Angels' Share erinnert. Und noch entfernter an Athalia. Aber Babycat ist ein eigenständiges Tierchen, es liegt schnurrend und samtpfotig auf meiner Haut und geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Hauchzart smokey, auf die sanfteste und betörendste Weise.

Ich gehe spazieren - wie man so tut, wenn ein Duft zu testen ist. Nach einer Stunde bin ich wieder im Laden und verlange nach mehr. (Ja, das ist peinlich, weil ich wieder nach dem Tester fragen muss. Es ist mir egal.) Ich weiß, ich kann die Katze nicht gleich mitnehmen, sie ist ja ausverkauft. So wanke ich sinnestrunken mit diesem lebendigen Pelzkragen nach Hause und fange an, zu suchen.

Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich das Kätzchen gefunden habe. (Ich hatte das große Glück, dass eine liebe Parfuma ihres zur Adoption freigegeben hat, als ich gerade in den Souk geguckt habe.) Im Zuge meiner Suche habe ich noch zwei andere Parfumas mit dem Fieber angesteckt. Jetzt ist ein Flakon unterwegs zu mir. (Und zu den beiden anderen Verliebten auch.) Und es ist berauschend, zu wissen, dass das Herzklopfen nicht aufhört, wenn der Paketbote klingelt. Dann fängt es erst richtig an.
36 Antworten
CoraKirsch vor 2 Jahren 29 12
3
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Teile und herrsche
Es gibt da diesen Duft, der dem Namen nach bereit ist, mit den Engeln zu teilen (bzw. ihnen ihren Anteil zuzugestehen). Es ist ein extrem gehypter, sehr teurer und sehr häufig ausverkaufter Duft. Und man kann unmöglich über "Angelic Elixir" sprechen, ohne jenen anderen zu erwähnen, denn es ist ein offenes Geheimnis, dass das Elixir von Dua ein Nachbau ist. Nicht: "inspiriert von", sondern wirklich "so gut kopiert, wie wir nur konnten".
Ich hätte den Dua nicht eigens in den USA bestellt, wenn ich die Haltbarkeit und Sillage des Originals überzeugend gefunden hätte. Ich hab' aber so doofe Haut, die zieht alles in null Komma nix weg, und dafür ist der Kilian einfach zu teuer. (Ich habe eine Abfüllung, damit habe ich es ausprobiert: Wenn ich nicht 2 x über den Tag großzügig nachsprühe, komme ich nicht von nine to five.)

Kurz zum Kilian (zu dem eigentlich alles gesagt ist, siehe dort): Ich finde ihn wundervoll. Überhaupt nicht zu maskulin, überhaupt nicht zu boozy, zu zimtig, zu irgendwas. Einfach wunderschön, anziehend, genüsslich süß, ohne sirupig zu werden; gewürzig, ohne zu essbar zu sein. Und erstaunlicherweise für zu Hause genauso gut geeignet wie für draußen. Wirklich ein Kunstwerk, mit den o.g. Problemen.
Als ich hier gelesen habe, dass "Angelic Elixir" sehr nah dran sein soll, aber in stärker, musste ich es ausprobieren.

Jetzt ist der Duft da, und ich bin total geflasht. Wer sich auf jeden Arm einen der Düfte (Original & Dua) sprüht, kann sicherlich im Verlauf hier und da kleine Nuancen finden, die nicht genau übereinstimmen. Mir geht es aber nicht um eine spezifische Note, sondern um die Gesamtkomposition, und die ist einfach brutal überzeugend. Der Dufteindruck ist annähernd 1:1.

Die Sillage finde ich bei beiden Düften nicht all zu kraftvoll, aber das ist für mich eher ein Pluspunkt: Gerade bei dieser Art von warm-schmeichelnden Parfums muss gar nicht jeder mitkriegen, dass ich die trage. Die Welt ist voller sonderbarer Gestalten, und auf die muss ich nicht aus vielen Metern Entfernung einen liebenswerten Eindruck machen :-)

Angesichts des Preises ist die Frage der Haltbarkeit hier nicht mehr so dramatisch, aber sie ist tatsächlich besser. Und weil ich diese gute Nachricht nicht für mich behalten wollte, hab ich dem Elixir seine erste Rezension spendiert.

Wenn Dua die Güte hätte, diesen Duft ohne die bekannten Klimmzüge mit dem europäischen Markt zu teilen, würden sie die Bestsellerlisten beherrschen, wetten?
12 Antworten
CoraKirsch vor 2 Jahren 26 13
5
Sillage
5
Haltbarkeit
9.5
Duft
Nemesis
Nachdem ich mich jetzt wochenlang mit diesem flüchtigen Traum von einem Duft herumgequält habe, möchte ich meine Erkenntnisse teilen - vielleicht tröstet es diejenigen unter Euch, die ihn ebenfalls ein bisschen unglücklich lieben?

Hier das Tragische:
Ich gehöre zu denen, die Baccarat Rouge 540 als unvergleichlichen, ätherischen Zuckerwatte-Traum riechen. (Außer beim allerersten Mal, da roch er 10 Sekunden süß, danach nach muffiger Männerkleidung. Da hab ich mal ein Statement geschrieben. Jetzt spüre ich die Rache der Flasche!) So betörend, so überirdisch schön, dass man am liebsten schwer atmend in der Wolke sitzen und mehrere Stunden auf Flugmodus schalten möchte. Einfach nur sein, einfach nur schnuppern, immer wieder aufs Neue entgeistert, dass es so ein Parfum überhaupt geben kann. ABER ich gehöre auch zu denen, die nach sehr kurzer Zeit von ihm verlassen werden. (Je nach Tagesform nach 5 oder 30 oder allerspätestens 90 Minuten.) Dann sitze ich - statt in einer Wolke - mit Schnappatmung am Schreibtisch, immer in der Hoffnung, dass mich gelegentlich ein Fetzchen anweht, das mir bitte nicht entgehen darf. Und das geschieht auch dann und wann, aber man kann sich vorstellen, wie strapaziös das ist.

Ich habe (mit Singles-Day-Rabatt) sowohl das EdP als auch das Extrait bestellt und wollte dann entscheiden, welches ich behalte. (Abfüllungen habe ich von beiden, danke, Parfumo!) Das Extrait ist etwas haltbarer (in meiner Wahrnehmung), hat aber eine Störnote, ist nicht so pur anbetungswürdig wie das EdP. Außerdem finde ich 2 Stunden Duft für 260 Euro (reduziert!) immer noch keinen guten Deal.

Ich habe manisch Videos geguckt und Erklärungen gesucht. Dabei rausgegkommen ist die Erkenntnis, dass die synthetischen Duftstoffe, die hier massiv verbaut sind, einfach extrem individuell wahrgenommen werden. Von manchen gar nicht, von manchen nur kurz (seufz), von manchen nur teilweise (Stichwort Krankenhaus). Und von einigen auch brutal intensiv. Es gibt Ratschläge, dass man sich den Duft nicht an den Hals sprühen soll (also in Nasen-Nähe), weil die Nasentaubheit dann schneller einsetzt. Ich hab's ausprobiert, aber geholfen hat es nicht viel. (Es gibt auch den Tipp, zwischen den "Anwendungen" mehrere Tage Pause zu machen. Dies nur für diejenigen unter Euch, die größere Mengen besitzen und das mal ausprobieren möchten.)

Das Ende vom Lied: Ich hab erst den einen eingepackt und wollte ihn zurückschicken, dann das Paket wieder aufgeschnitten und getauscht, um den anderen zu behalten. Und dann das Paket wieder aufgeschnitten und beide reingepackt und zurückgeschickt. Mit einem Gefühl wie Liebeskummer. Und obwohl das objektiv richtig war, bereue ich es jetzt. Irgendwann wird Baccarat Rouge bei mir einziehen. Nicht wegen der Komplimente (von denen habe ich genau 0 bekommen. Mein Mann riecht den Duft gar nicht...), sondern weil ich von Zeit zu Zeit diese himmlische Zuckerwatte haben muss, und sei es nur für eine halbe Stunde. Das Leben ist zu kurz.
13 Antworten