Couchlock

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1 - 5 von 52
Couchlock vor 2 Jahren 38 15
7.5
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Und täglich grüßt Blue Amber...
Schon seit jahren wollte ich endlich einen Kommentar über Blue Amber verfassen, ist es doch lange einer meiner Lieblingsdüfte.

Inzwischen sind viele tolle Kommentare verfasst worden, die so ziemlich alles enthalten, das ich schreiben wollte, teilweise mit den gleichen Formulierungen und
Bildern, die mir durch den Kopf gingen.
Ich werde versuchen, soweit als möglich Redundanz zu vermeiden.

Wenn ich mir einige der neueren Kommentare anschaue, beschleicht mich die böse Ahnung, dass BA reformuliert wurde, ich beziehe mich auf meinen Flakon von 2010.

Ich bin kein Fan der Marke Montale, die für mich mehr Quantität als Qualität bietet, BA ist der einzige Duft von Montale, der mich wirklich begeistert.

Eine Probe des Duftes war neben anderen Köstlichkeiten in meiner ersten Duftpost, die ich hier von einer sehr großzügigen Spenderin erhielt. Ich habe in den knapp 8 Jahren noch viele tolle Probensendungen bekommen, aber keine enthielt soviele Treffer wie diese erste, aus der einige Flakons erwuchsen, von denen ich noch 4 oder 5 in meiner Sammlung sind.
Neben vielen Patchoulidüften sowie besagten Blue Amber war auch mein geliebtes Ambre 114 dabei. Ich kann bis heute nicht sagen, welcher Duft mir mehr gefällt und so besorgte ich mir hier im geschätzten Souk von beiden Flakons.
Getestet habe ich seitdem viele andere Amber, aber keiner konnte die beiden vom Thron stoßen. Die meisten Amberparfums sind mir zu schwülstig, zu opulent, zu kuschelig, oft auch zu feminin.

Ich kann mich noch an den ersten Test vom Blue Amber erinnern (immer ein gutes Zeichen!), da ich einen intensiven Duftflashback hatte...ich kam erst nach 1 oder 2 Stunden drauf, an was mich dieser Duft erinnerte:
Vor viele Jahren, als ich das erste Mal im Sandelholzmekka Mysore (Südindien) war, kaufte ich in einem staatlichen Store für Sandelholzprodukte ein kleines Stückchen grauen Amber, Ambergris, jenen mythischen und heutzutage sündhaft teuren Duftstoff, den Wale absondern ("Walkotze").
In meiner Erinnerung war es gräulich-beige und von harter, leicht poröser Struktur, ähnlich einem Ytongstein.
Es sonderte einen leichten & wunderbaren Duft ab, den man am besten wahrnehmen konnte, wenn man es leicht an dem Arm rieb. Dieses Amber roch dem Amber im Blue Amber sehr ähnlich, somit ist dieses Parfum ein tatsächlich authentisch duftendes, ähnlich der ersten Version von Lutens Koublai Khan, der erstaunlich akkurat Hirschmoschus imitiert.

Ambergris ist ein sehr komplexer Duftstoff, wie Oud kann es unterschiedlich duften: Frisch ausgeschieden verströmt es einen sehr unangenehmen, fäkalen Geruch. Je länger es im Seewasser treibt und der Seeluft und dem Sonnenlicht ausgesetzt ist, desto angenehmer wird es.
Christopher Kemp etwa schreibt in seinem Sachbuch „Floating gold: A natural (and unnatural) history of ambergris“, dass Ambra „wie Moschus, Veilchen, frisch geschlagenes Holz, Tabak, Schmutz, Paranuss, Farn-Gestrüpp, feuchter Wald, frisch gemähtes Heu, Algen in der Sonne, das Holz alter Kirchen, oder etwa wie so ziemlich jeder andere süße-aber-erdige Duft“ duften kann. Ich gehe davon aus, das das gekaufte Stück von hoher Qualität war, da es nicht streng, sondern einfach nur schön duftete.

Amber in einer Duftpyramide kann für verschiedene Duftstoffe stehen, weshalb es immer wieder, auch durch Übersetzungsfehler, für Verwirrung und Verwechslungen und sorgt.
Ambra bedeutet in der englischen Sprache Bernstein, der im Naturzustand geruchlos ist. Es lässt sich aber verräuchern, dabei entsteht ein harzig-aromatischen Geruch, wird aber in Parfums nicht verwendet. (Danke für den Hinweis, Camey5000!)

Hier ist mal eine Amberliste:

1. Das eben erwähnte Ambra oder Ambergris, Walamber.

2. Pflanzlicher Amber, die Rinde des als „Liquidambar“ bekannten Amberbaumes, die dem verräucherten Amber olfaktorisch ähnelt

3. Was die meisten mit Amber verbinden und am häufigsten Amberdüfte charakterisiert, ist der Amberakkord aus Benzoe, Labdanum, Styrax und Vanille.

In Blue Amber wird letzteres wohl auch duftbildend sein, eventuell ist (war?) eine kleine Prise Ambergris enthalten, im Ambre 114 soll dies der Fall sein. Andy Tauer nutzt echten Walamber in einigen seiner Parfums. Traditionell wird es in erster Linie dafür genutzt, die Haltbarkeit anderer Duftstoffe zu verstärken. Um es olfaktorisch wahrzunehmen, braucht man schon eine höhere Konzentration, was aufgrund des extrem hohen Preises einigen exklusiven Düften vorenthalten ist, der Nische der Nische. Es gibt einige Parfumeure, die mit viel Leidenschaft ausschliesslich kostbare Naturstoffe nutzen und ihre Düfte in kleinen Chargen für Liebhaber direkt vertreiben.

B.A. und Ambre 114 sind auf meiner Haut bei allen Unterschieden nicht sooo unähnlich. Beide sind eher würzig und nicht sonderlich auf meiner Haut. (Ich weiß, das Thema Hautchemie wird kontrovers diskutiert, nach meiner Erfahrung ist sie ein Faktor...)

Ambre 114 ist das komplexere Parfum, die Komposition ist raffinierter und es ist das wohl wertigere von beiden.
B.A. hat keine große Duftentwicklung, nach der knarzigen Kopfnote geht der Duft nach kurzer Zeit in die Basis über, die dann montaletypisch ewig hält.
Mir gefällt das gut, bei vielen Düften würde ich mir eine olfaktorische Pausetaste wünschen, um den Duft an einer Stelle einzufrieren. Auf dem Handgelenk mag ich abgefahrene Duftverläufe, beim Tragen möchte ich nicht jede halbe Stunde das Gefühl haben, einen neuen Duft aufgesprüht zu haben.

Es dominiert der Amberakkord, perfekt unterlegt und verwoben mit unsüsser und natürlich duftender Vanille. Der Duft ist in seiner Gesamtheit her herb als süsslich.

Ja, er ist irgendwie schmal, das schwarze Schaf und der wohl maskulinste Amberduft, ein olfaktorischer Nachthimmel...

Mit B.A. fühle ich mich stets sehr wohl, es ist einer der wenigen Düte, die beim Tragen gefühlt zu einem Teil von mir werden und mit meinem Innersten in Resonanz treten.

By the way: Das Gefühl beim Tragen ist mir inzwischen weit wichtiger als z.b. Duftverläufe oder Qualität der Duftstoffe, es muss passen. Nicht jeder auf dem Handgelenk begeisternde Duft fühlt sich beim Tragen gut an...

Die Farbe dunkelblau ist gut gewählt, ich persönlich assoziiere ein tiefes, sehr dunkles Purpur.
Die passende Jahreszeit für B.A. ist der Winter, zudem ist es für mich ein Duft für die Nacht.

Hier ist weniger mehr, dezent dosiert verleiht dieser Duft dem Träger eine Aura, die, so kitschig es klingt, irgendwie mystisch und geheimnisvoll, aber auch anziehend und sinnlich ist.
Neben dem alten! Dia Man wurde ich auf keinen anderen Duft so oft angesprochen, stets positiv.

BA ist für mich auch erotisch , nicht plump sexy, sonder wie erwähnt sehr sinnlich, dies unisex, aber speziell für Männer perfekt!

Nun aber zur Auflösung der seltsamen Überschrift:

Als wir vor einigen Jahren in London waren, nahm ich meinen B.A. Flakon mit, es war November und kalt.
Im Hotel angekommen, packten wir aus und ich bemerkte sofort einen intensiven Duft, der aus meiner Tasche kroch...zweifelsohne BA.
Irgendwie war war eine gewisse Menge aus dem Flakon in meinen Kulturbeutel ausgelaufen oder der Sprühkopf wurde durch Druck mehrfach betätigt.
Ich wusch den Beutel sofort aus, aber trotzdem roch es intensiv, das ganze Hotelzimmer duftete nach BA.
Besagter Beutel duftet noch nach Jahren leicht nach diesem Duft, das nenne ich mal Haltbarkeit!
Auch heute nehme ich einen Hauch wahr, wenn ich an dem Beutel vorbeigehe, BA grüsst immer noch täglich;-)

Mission accomplished!




15 Antworten
Couchlock vor 7 Jahren 38 16
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Eine Zeitreise mit Paco: Vom Studio 54 in die Jetztzeit...
P.R.p.H ist ein klassischer Herrenduft mit Bedeutung, sowohl für die Parfumwelt als auch für mich persönlich
Als Mutter bzw. Vater der aromatischen Fougeres hat er diese Duftgruppe quasi eingeführt und war u.a. die Inspiration für das einige jahre später erscheinende und noch erfolgreichere Azzaro pour Homme.

Der Duft war in den späten 70ern bei den männl. Besuchern des mythischen Studio 54 sehr beliebt, jenes sehr exclusiven Clubs in NYC, den Ikonen wie David Bowie und Andy Wahrhol regelmässig besuchten. Dort wurde zu Discomusik getanzt, viel Kokain konsumiert und freie Liebe praktiziert...und Paco getragen!

Ich kann nur spekulieren, welcher Duft Jean Martel zur seiner meisterlichen Kreation bewegt hat. So unwahrscheinlich es klingt, kann ich mir vorstellen, daß es Sir Irish Moos war. Dieses Aftershave, roch in den frühen 70er Jahren dem alten Paco so ähnlich, daß man es wunderbar mit einem Vintage Paco kombinieren kann. Es hat nur sehr wenig mit dem grellgrünen Synthetikwässerchen von heute gemein und enthielt viel natürliches Moos, dem wohl wichtigsten Duftstoff vom Paco.
Wenn man sich überlegt, daß R.Wirtz (Tabac Orginal) direkt an der Kreation von Azzaro pour Homme beteiligt war, ist diese Vermutung vielleicht nicht sooo abwegig...

Die Bedeutung für mich persönlich liegt darin, daß mir P.R.p.H. meine Liebe zu fougereartigen, grünen Düften offenbarte.
Ich roch Paco bewusst zum ersten Mal vor ca. 2,5 Jahren, da meine Gattin immer wieder vom Paco schwärmte. Auf die Idee es zu testen wäre ich alleine kaum gekommen, dachte ich bei dieser Marke doch an Invictus und den Goldbarren...
Es erinnert sie immer an Schwimmbäder der 70er Jahre , was ich sofort nachvollziehen konnte, auch wenn diese Assoziation eher eine indirekte ist.
Ich war damals seit langer Zeit auf der Suche nach einem Parfum für warme Tage, bestand doch meine damalige Sammlung fast ausschliesslich aus Winterdüften. Keine einfache Mission, da mir Aquatik immer und zitrusdominate Düfte meistens zuwider sind. Mit P.R.p.H wurde ich endlich fündig und es begann eine fast zwanghafte und obzessive Beziehung zu diesem Duft.
Er ist nicht mein absoluter Favorit, aber ich habe zu keinem anderen Parfum mehr recherchiert und meine Neugier war erst befriedigt, als ich von allen Editionen/Formulierungen einen Flakon hatte, plus diversen Aftershaves.

Eine Riesenhilfe boten mir diverse Threads im Forum von Basenotes, es gibt dort eine Gruppe, die P.R.p.H. fast kultisch verehrt.
Ich habe mir erkaubt, eine Aufzählung der verschiedenen Editionen zu übernehmen, um den weiteren Text verständlich zu halten (Quelle: Thread: Paco Rabanne Pour Homme (EDT) – Vintage Dating/Buying Guide):

1st Edition – 1973 - 1986: 100%
2nd Edition – 1986 - 1992: 97%
3rd Edition – 1991 - 1995: 92%
4th Edition - 1996 - 2002: 75%
5th Edition – 2002 - 2010 : 50%
6th Edition – 2010 - heute: 20%

Die Prozentangaben sollen angeben, wie weit die entsprechenden Editionen mit der Orginalformulierung übereinstimmen, sie sind natürlich subjektiv. Die 75% für die 4. Edition stammen von mir, der Autor hatte keinen Flakon dieser Edition zur Hand, offenbar ist sie sehr rar.

(Kleiner Einschub: Dem geneigten Käufer von Vintage Paco wird es im Vergleich zu anderen Vintageflakons einfach gemacht. Zum einen werden regelmässig alte Flakons in die virtuelle Bucht gespült, daher ist die Auswahl recht hoch und die Preise sind niedrig. (Ich habe für keinen meiner Flakons mehr bezahlt als für die aktuelle Version verlangt wird.) Wahrscheinlich wurden oft Flakons verschenkt und stand dann oft ungenutzt in irgendwelchen Badezimmerschränken rum und werden nun nach und nach von den Erben/Enkeln verkauft, die oft gar nicht wissen, was für Perlen sie da anbieten.
Zum anderen scheint der Duft so gut wie nie zu kippen, ausgenommen Minis, die 40 jahre im Licht standen. Selbst mein 40 Jahre altes Paco ist bis in die Kopfnoten perfekt erhalten.)

Für mich ist es ein fast magischer Moment, wenn ein 30 oder 40 Jahre alter Flakon zum ersten Male geöffnet wird und das von mir, ein Erlebnis/eine olfaktorische Zeitreise und die Freude über ein gut erhaltenes Vintageparfum ist GROSS.

Wenn man weiß, auf was man zu achten hat, ist es leicht, die verschiedenen Editionen zu unterscheiden.
Der Flakon, die OVP, das Logo, die Farbe des Parfums samt Inhalt haben sich immer wieder verändert. So ist z.B. die erste Edition anhand des silbernen Logoaufklebers, die neuste an dem großen "R" zu erkennen.

Wie man sieht, ist P.R.p.H. mindestens 6 mal reformuliert worden, die krasseste ist sicherlich die letzte gewesen, die den Duft entkernte, ihm seiner Basis beraubte und ihm das Genick brach. Bezüglich Duftcharakter, Sillage und Haltbarkeit enstpricht sie mehr einem AS und besteht fast nur aus Kopfnoten und einem halben Herz....tatsächlich sind Paco Aftershaves der ersten 3 Versionen signifikant intensiver als das heutige EdT.
An WIRKLICH heissen Tagen trage ich diese Lightversion gerne, zusammen mit dem wunderbaren Deo ist das ein Frischekick jenseits von Zitronen und Aquatik.
Zudem kann man sie nutzen, um einem Vintagepaco, das etwas dumpf geworden ist, spritzig-grüne Kopfnoten zu verpassen.

Die 5. Edition (Flakon wie oben) ist schon viiieel besser, natürlicher und wertiger duftend.

Ganz allgemein gesagt wurde der Paco mit den Jahren immer grüner und frischer. Meine Lieblingsversion ist die 3. Edition. Für meine Empfindung unterscheidet sie sich wahrnehmbar von der Orginalformulierung, die von der Basesnotes Paco Kultgemeinde am meisten verehrt wird. Für mich hat das Paco der frühen 90er Jahre mehr Tiefe, ist noch runder und durchläuft Kopf-Herz- und Basisnote wie im Lehrbuch, dabei sind alle Übergänge und Phasen höchst harmonisch und wohlriechend. Seinen Reiz hat der Duft für mich durch den Kontrast aus krautig-grünen, frisch-seifigen und warmen ambrierten Nuancen. Die Basis ist einfach ein Traum, das weicheste Moos ever, gepaart mit in Honig eingelegten Tabak, der ihm eine ganz leichte Süsse gibt. Sehr natürlich duftend, hier riechts nichts synthetisch oder scharf.
Die rare 4. Version ist das Bindeglied zur 5. Version, die aufgrund der damals neuen Bestimmungen viel weniger Eichenmoos enthält. In der aktuellen Version fehlt dieser für den Duft so wichtige Duftbaustein fast völlig. (Die erste Regulation bezüglich Eichenmoos in Parfums kam übrigens schon1978.)

Es sei noch bemerkt, daß man P.R.p.H. unbedingt sprayen sollte, der Duft entfaltet sich so besser. Vintage heisst oft Splashflakon.

Die verschiedenen Versionen zeigen ein Problem der Bewertung, was auch viele andere Klassiker betrifft: Meine Wertung bezieht sich auf die Vintageversionen vom Paco. Ich weiss, daß es den Rahmen sprengen würde, aber es wäre wünschenswert und sinnvoll, wenn man aktuelle und Vintageversion getrennt bewerten könnte.
Wie auch immer, Paco Rabanne pour Homme ist ein sehr besonderer Duft für mich, er ist ein Grund, warum ich heute ein absoluter Fan von Vintagedüften bin. Alte Versionen klassischer Herrendüfte sind meine Duftnische geworden, in der ich mich am wohlsten fühle.
Charakterdüfte.

Apropos Nische: Viele klassische Vintagedüfte waren mal Mainstream und sind heute aufgrund ihres DuftCHARAKTERs, ihrer meist hochwertigen und oft natürlichen Duftstoffe, ihrer guten Haltbarkeit und Sillage heutzutage eigentlich Nische, die manchen sogenannten Nischenduft von heute alt aussehen lassen, zumal der Reformulierungswahn auch im Exklusivbereich angekommen ist.

Fazit: Der alte Paco ist der Beste!
16 Antworten
Couchlock vor 8 Jahren 33 10
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
(M)ein eleganter Begleiter in allen Lebenslagen
Zu den Düften von Chanel habe ich ein zwiespältiges Verhältnis:
Unter ihren Damendüften gibt es einige, die ich sehr schätze, hochwertige und sehr elegante Parfums, von denen ich einige bestimmt tragen würde, wäre ich als Frau mit gleichen Duftvorlieben geboren. Meine Gattin ist ein ABSOLUTER Chanelfan, das legendäre No.5 (EdT) begleitet sie den grössten Teil ihres Lebens als definitiver Signaturscent, ergänzt von Coromandel an kälteren Tagen.
Beide Düfte liebe ich an ihr, auch die zwei oder drei anderen Chanelparfums aus ihrer bewusst reduzierten Sammlung rieche ich sehr gerne.

Bei den Herrendüften sieht (riecht) das ganz anders aus: Die meisten wie die Allures und das Bleu de Chanel empfinde ich als wirklich langweilig und nichtssagend, wobei ich diesen Parfums natürlich ihre Berechtigung zuspreche und deren Liebhabern keinen schlechten Geschmack unterstellen möchte. Es gibt weitaus schlechteres, wenn man olfaktorisch nicht besonders auffallen oder gar anecken und im allgemeinen Sinne "gut duften" möchte oder berufsbedingt kein extravagantes Parfum tragen kann. Antaeus mag ich persönlich als überhaupt nicht, mit Egoiste bin ich nie warm geworden. Beide sind sehr eigen, haben Charakter und sind zurecht Klassiker, keine Frage.

So hatte ich Chanel für mich eigentlich schon abgeschrieben, bis mir eines Tages meine Gattin eine Miniatur vom Pour Monsieur Concentrée zum Testen gab, die sie beim Aufräumen wiedergefunden hatte. Da sie es sehr schätzt, gab ich eher ihr zuliebe und ohne große Erwartung ein paar Tropfen auf mein Handgelenk und war positiv überrascht, der Duft sprach mich sehr an und ich fragte mich, ob ich mit ihm endlich mal ein Parfum für wärmere Tage gefunden hatte, das mir wirklich gefällt. (Die Suche nach einigen Sommerdüften war für mich eine lange olfaktorische Odysee, inzwischen habe ich einige für mich entdecken können, was wohl auch an einer veränderten/erweitertenDuftwahrnehmung liegt.)

Ich las dann, daß das Concentrée mindestens einmal reformuliert wurde und entschloss mich, erst einmal die aktuelle Version zu testen, bevor ich mir einen Flakon besorgen würde, da die Miniatur noch aus den 90er Jahren stammt.
Dazu kam es dann nicht mehr, da mir meine Gattin einen Flakon vom damals gerade neu erschienenen und das Concentrée ablösende Pour Monsieur EdP schenkte, das mich vollkommen zufrieden stellte.

Beide Parfums teilen die gleiche DNA und sind in meiner Nase recht ähnlich. Den grössten Unterschied gibt es für mich in der Kopfnote, da in dem altem Concentrée zitrische Noten gänzlich fehlen und höchstens zu erahnen sind.
Das EdP ist auch insgesamt heller, strahlender und irgendwie freundlicher.

Ich spare mir hier, den Duft in olfaktorische Einzelteile zu zerlegen, da dies nicht meine Stärke ist. Ich nehme Düfte als ganzes wahr und habe ehrlich gesagt auch keine großen Ambitionen, ein großer Parfumanalyst zu werden, das können einige hier viel besser!

Deswegen nur kurz: Nach einem zitrischen Auftakt geht das Edp in eine holzig-würzige, leicht vanillige Pudrigkeit über, die auf mich "seidig" wirkt, eine olfaktorische Eigenschaft, die ich sehr schätze.
Ich empfinde dieses Parfum als sehr elegant, niemals aufdringlich und zeitlos-klassich. Es ist kein besonders auffälliger Duft, für manche ist er bestimmt langweilig oder zu konservativ oder gar "spiessig".

Mit dem Pour Monsieur kann man kaum etwas falsch machen, es kann überall und immer getragen werden, dezent dosiert auch an heissen Tagen. Ein Immergeher im positivem Sinne, der keinem weh tut und schon Richtung Crowdpleaser tendiert, zumindest bei Menschen jenseits der 30.
Vor kurzem hat mich auf der Post eine mir fremde Dame angesprochen, daß ich unverschämt gut riechen würde, was bei meinen Düften nicht soooooft geschieht:-)

Das Pour Monsieur EdP hat für mich diejenge Eigenschaft, die mir bei Parfums mit der Zeit die allerwichtigste überhaupt geworden ist: es fühlt sich für mich beim Tragen einfach gut an! Ich fühle mich sehr wohl mit diesem Parfum und das ist mir viel essentieller als olfaktorische Raffinessen oder abgefahrene Duftverläufe, im besten Falle kommt beides zusammen.

Im Laufe meiner Beschäftigung mit Düften war es eine wichtige Erfahrung festzustellen, daß nicht jeder Duft, der mich beim Testen auf dem Handgelenk begeistert, auch beim Tragen funktioniert und wirklich passt. Es bedufte einiger Fehlkäufe, um zu dieser Einsicht zu kommen. Das Gefühl beim Tragen ist so zum wichtigsten Kriterium geworden, ob es ein Parfum schafft, in meine Sammlung zu kommen oder nicht, mein Bauchgefühl ist da ausschlaggebend.

Zum Pour Monsieur EdP greife ich gerne an warmen und sonnigen Tagen, wenn ich olfaktorisch unentschlossen bin oder eher unauffällig und "einfach gut" für mich und die meisten meiner Mitmenschen duften will. Es gibt mir durch die zitrische Kopfnote ein zunächst frisches und erfrischendes, später ein elegant-gepflegtes Gefühl, das ich sehr mag.

Die meisten Düfte meiner Sammlung sind recht markant und gefallen nicht jedem, und obwohl ich sie sehr liebe, ist mir nicht immer danach.

So bin ich sehr froh, dieses einfach schöne und wohlriechende Parfum dank meiner chanelligen Gattin mein eigen zu nennen. Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich es mir selbst gekauft hätte, aber inzwischen möchte ich es nicht mehr missen und es ist zu einem meiner meistgetragenen Düften geworden.

Die Haltbarkeit wird hier von einigen kritisiert, sie ist auf meiner Haut gut: 7-8 Stunden ist es von anderen und mir selbst deutlich wahrzunehmen, um dann langsam auszuklingen. Das EdT war beim Testen dagegen eine sehr flüchtige Angelegenheit und hat mich nicht so beeindruckt.

Die Sillage ist für einen solchen Duft perfekt, nie too much, aber auch nicht zu hautnah.

Weniger ist für mich mehr, was Düfte angeht, was sowohl die Anzahl der Parfums als auch die Dosierung betrifft. Von dominanten und starken Düften reicht mir meist ein Sprüher, beim Pour Monsieur EdP kann es auch etwas mehr sein, das Parfum wird so schnell nicht aufdringlich für andere.

Das Pour Monsieur EdP war längere Zeit die Nummer eins der Herrendüfte, das war gewiß ein bisschen zuviel der Ehre, dafür ist es ein wenig zu gewöhnlich.
Diese "Schwäche" ist für mich persönlich aber auch seine Stärke: Es ist einfach immer und überall tragbar, hat aber Stil und Charakter und ist für mich nicht so ausdruckslos wie einige andere der Chanel Herrendüfte.

Pour Monsieur EdP ist mein allerliebster Chanel Herrenduft und wird wohl auch der einzige in meiner Sammlung bleiben.
10 Antworten
Couchlock vor 8 Jahren 83 29
8
Flakon
7
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Die olfaktorische Heimreise: Geborgenheit aus einem Flakon
Muscs Koublaï Khän ist die wundervollste Entdeckung, die ich durch Parfumo machte, und die größte olfaktorische Überraschung, hatte ich doch beim erstem Test Raubtierfütterungen, das letzte Hemd eines Obdachlosen, tote Tiere und Schlimmeres im Hinterkopf! Doch es kam ganz anders...

Moschus in der Duftpyramide ist eine schwammige Angabe, gibt es doch viele synthetische Riechstoffe, die unter diesem Namen gelistet werden. Es gibt den sauberen weißen Moschus, den extrem intensiven schwarzen Moschus, den "Jovan Musk" usw.

Der echte Moschus aus der Duftdrüse des Moschushirsches ist ein extrem teurer Duftstoff, man findet ihn heutzutage fast nur noch in exklusiven arabischen Parfums, die keinen Regulationen unterworfen sind. Und dann gibt es die Nische der Nische, die Natural Parfumery. Wer im Netz sucht, findet kleine Firmen, die in Kleinstmargen Duftöle anbieten, die ausschliesslich hochwertige Naturstoffe wie echtem Ambergris, Sandelholz- und Oudöl und Hirschmoschus enthalten und pro ml oft mehr kosten als ein Nischenflakon.

Meinen ersten Kontakt mit Hirschmoschus hatte ich in Manali, als ich 1992 während einer halbjährigen Indienreise 2 Monate in Himachal Pradesh verbrachte. Manali liegt auf ca. 3000m Höhe im Kulutal in den Ausläufern des Himalaya und ist ein beliebtes Ziel für Inder, die der Hitze des Subkontinents entfliehen möchten und ein Mekka für Kiffer. Cannabis wächst dort ÜBERALL und man kann handgeriebenes schwarzes Hasch von höchster Qualität (Charas) problemlos zu für uns lächerlichen Preisen erwerben, zufällig war ich dort während der Erntezeit:-) (Für Interessierte: Die beste Qualität (Malana Cream) gibt es im nahe und seehr abgelegenen Bergdorf Malana, das man nur durch einen beschwerlichen und abenteuerlichen Aufstieg auf 4500m Höhe erreichen kann, die Strapaze lohnte sich aber...)
Nach ein paar Tagen entfloh ich dem Trubel und fuhr weiter in das viel ruhigere Parvatital, dort verbrachte ich in der kleinen Pension eines Lehrers in einem wunderschönen kleinem Dorf wundervolle 2 Monate.

Ich schweife ab...in Manali bot mir ein Junge mal zur Abwechselung kein Dope, sondern ein rundliches und leicht behaartes Objekt an, das ich damals irrtümlich für einen Tierhoden hielt. Ich muß ihn wohl sehr irritiert angesehen haben und er sagte "Good Smell". Er nahm das Teil in seine Faust und strich mit seinem Handrücken über meinen Arm, was einen wunderschönen Duft auf meiner Haut hinterliess. Ich dachte natürlich, daß er ein Parfum auf seiner Hand hatte und probierte es selbst aus, es hatte den gleichen Effekt! Es klingt verrückt und ich weiß bis heute nicht, wie es funktionierte...

Der Duft faszinierte mich und ich kaufte es ihm für 1,50 DM ab. Heute weiß ich, daß es die Duftdrüse eines Moschushirsches war, diese enthält durchschnittlich 30 gr des Moschusgranulates. Ein Jäger bekommt aktuell ca.1500 Euro dafür, weit mehr als ein indischer Jahreslohn. Wahrscheinlich war die Drüse "abgeernetet" und wieder zugenäht. Die Preise waren damals wohl niedriger, aber er hätte bestimmt viel mehr dafür bekommen können.

Dann bekam ich letztes Jahr von einem sehr großzügigen Parfumeur, der auch Parfumomitglied ist (danke nochmal, wenn du das liest!), Miniproben von Ölen mit echtem Ambergris und Hirschmoschus. Zudem lernte ich durch einen Ebay-Kauf einen lieben Menschen kennen, der sich mit dem Handel mit Duftstoffen sein Studium in Pakistan, nahe der indischen Grenze und dem Gebiet im Himalaya, in dem ich mich Jahre vorher aufhielt, finanziert. Bei einem Besuch brachte er neben Oudölen und Amberbris Hirschmoschusgranulat mit, einen Teil hatte er in Sandelholzöl und einem White Musk Parfum eingelegt.

Purer Moschus riecht nicht gerade lecker, erst durch Verdünnung oder Kombination mit anderen Duftstoffen wird es für viele Menschen angenehm. Zumeist wird es in Parfums benutzt, um die Haltbarkeit anderer Duftstoffe zu erhöhen und dem Parfum das "gewisse etwas" zu geben. Es ist einer der komplexesten natürlichen Duftstoffe und der am stärksten duftende.

Nach diesem langen Intro komme ich nun endlich zum eigentlichen Thema, dem Muscs Koublaï Khän:

Der erste Test ist mir noch in sehr guter Erinnerung: Ich saß in unserer Küche, nicht weit von Waschbecken und Seife entfernt, hatte ich doch aufgrund der Kommentare wirklich böses erwartet. Ich hatte mir fest vorgenommen, dem Parfum eine Chance zu geben und es zumindest 1-2 Stunden auf der Haut zu lassen, da in einigen Kommentaren zu lesen ist, daß das Parfum nach krassem Start schöner wird.

Mutig aufgesprüht...den Arm langsam der Nase genähert...und ein wundervoller Duft stieg in meine Nase, mehr noch: ich spürte sofort, daß ich olfaktorisch zu Hause war. Dies war der Duft, den ich nie bewusst gesucht, aber lange herbeigesehnt hatte. Es roch unglaublich vertraut, ein Gefühl von tiefer Geborgenheit überkam mich... ich war beschützt, getragen und von Wärme umhüllt. Und dann wurde der Duft immer schöner, nicht unangehmes oder gar ekliges konnte ich wahrnehmen, nur olfaktorische Schönheit.

Ich bin nicht gut in der Analyse von Düften. Original Musk Blend No. 1 von Kiehls's ist hier als Duftzwilling aufgeführt, dem ich eine gewisse Ähnlichkeit attestieren würde. Am ehesten erinnert es mich bei allen Unterschieden an das Absolue Pour le Soir. Jemand schrieb in einem Kommentar auf Fragrantica, daß Muscs Koublaï Khän "Jovan in a limousine" ist, was ich nachvollziehen kann, das Jovan Musk geht gaaanz grob in eine ähnliche Richtung.
Es gibt aber doch einen Duftzwilling: es ist die Hirschmoschusprobe, die ich von dem lieben Parfumeur bekam. Es ist nicht nur der Moschus im Muscs Koublaï Khän, das dieser Probe gleicht, der Hirschmoschus weist fast alle Facetten dieses Parfums auf. Hier wurden alle Duftstoffe so kombiniert, um eine verblüffende Annäherung an den Orginalstoff zu erzielen, für mich eine absolute Meisterleistung der Parfumeure!

Muscs Koublaï Khän polarisiert wie kaum ein anderes Parfum. Ich glaube, daß hier die Hautchemie eine große Rolle spielt. Das Thema ist umstritten, aber ich konnte schon oft feststellen, daß ein Parfum auf der Haut eines Freundes anders duftet als auf meiner eigenen. Ich bin blond, meine Haut ist hell, er ist ein dunkler Typ. Vielleicht besänftigt meine Hautchemie Zibet und Bibergeil, ich mag auch andere Parfums mit diesen Duftstoffen.

Für mich ist dieses Parfum absolut tragbar, ich benutze es sogar in der Arbeit, keiner meiner Kollegen sah mich komisch an oder sagte mir, daß ich wie ein ungewaschener Mongolenkrieger dufte. Meine Gattin mag Muscs Koublaï Khän ebenfalls an mir und sie ist kein Freund krasser Düfte.

Es gibt kein anderes Parfum, daß ein solch tiefes Wohlgefühl in mir auslöst. Vielleicht roch die Haut meiner Mutter ähnlich, als ich ein Baby war, vielleicht trug sie ein Parfum, da ähnlich roch...irgendetwas ist olfaktorisch in meiner Vergangenheit verankert, das diese positiven Gefühle in mir auslöst, dieses zutiefst vertraute. Ich schätze alle Düfte meiner Sammlung, viele liebe ich wirklich, aber es sind höchstens eine Handvoll Parfums dabei, die mich ganz tief ansprechen und mich wirklich in meiner Seele berühren. Muscs Koublaï Khän schafft dieses am intensivsten und so ist es in dieser Hinsicht wirklich essentiell für mich.

Die Haltbarkeit auf meiner Haut ist übrigens extrem: Auf dem Handgelenk kann ich es noch nach 40 Stunden wahrnehmen!Die Sillage ist perfekt für mich, wahrnehmbar, aber nicht raumfüllend.

Lasst Euch nicht abschrecken und testet den Mongolen selbst!
29 Antworten
Couchlock vor 8 Jahren 32 12
7
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Gods own Perfume und die olfaktorische Zeitmaschine...
Diese Woche war ich mit meiner Gattin anlässlich des Massive Attack Konzertes ein paar Tage in Berlin. Das Konzert fand ich nicht so toll, aber mit unseren Besuchen bei Harry Lehmann und der "mekkanischen Rose" gab es für mich dann auch Highlights neben dem Aufenthalt bei einem lieben Freund.
Die mekkanische Rose war ein Tip von einem Berliner Parfumo, ist nicht allzuweit von Lehmann entfernt und entpuppte sich als ein wunderbar individuelles und sehr interessantes Dufthaus, das mehr Aufmerksamkeit verdient und das ich an dieser Stelle allen Parfumos wärmstens empfehlen möchte.

Der Besuch bei Lehmann war sehr schön, das Geschäft ist bodenständig wie eine Eckkneipe und die Kombination aus Parfums, Kunstblumen und Plastikpalmen herrlich skuril:-) Es ist der komplette Gegenentwurf zu den auf Hochglanz getrimmten Parfumerien, hier ist alles auf das Wesentliche reduziert: Hochwertige Parfums ohne SchickiMicki. Durch Verzicht auf teure Werbung und BlingBling-Flakons sind die Preise für die Düfte sehr günstig (was auch auf die oben genannte Rose zutrifft), zudem kann man sich die Wunschmenge aussuchen. Was will man mehr?

Herr Lehmann war persönlich anwesend, es entspann sich ein entspanntes und interessantes Gespräch und er traf mit seinem beiden Empfehlungen aufgrund unserer genannten Duftvorlieben voll ins Schwarze, Vamos und Sminta werden bei uns einziehen:-)

Ich hatte die Marke Lehmann für mich schon fast abgehakt, nachdem mich keiner der getesten Düfte der Marke so richtig begeistern konnte. Dann bekam ich vor ein paar Wochen eine Probe vom Russisch Juchten, in das ich mich sofort verliebte. Als mir dann meine Frau etwas später einen kleinen Flakon vom Lehmannsche Oud mitbrachte, das mich ebenfalls begeisterte, war es Zeit für einen Besuch und weiteren Tests!

Das Patchouli kaufte ich mir blind, was bei dem geringen Preis und meiner Liebe zu Patchouli kein Risiko darstellte. Aufgrund meiner Begeisterung schrieb ich sogleich ein Statement, möchte aber hier noch etwas genauer auf das Lehmannsche Patchouli eingehen.

Es ist eigentlich nichts besonderes: Patchouliöl in Alkohol gelöst, also ein Single Note Parfum, das man auch selbst ansetzen kann.
Aufgesprüht versetzt es mich sofort in meine Jugendzeit, Anfang bis Mitte der 80er Jahre, als ich Patchouli kennen und lieben lernte und es im jugendlichen Überschwang schamlos überdosierte, so daß ich den Spitznamen Patchouliman verpasst bekam. Es kam in einem Doppelschlag und sehr nachhaltig in mein Leben, da ich mich augenblicklich unsterblich in den Duft als auch seiner Trägerin verliebte. Das Mädchen wurde viel später nach einer hollywoodreifen Geschichte meine Frau und Patchouli könnte man als Leitthema meiner Parfumsammlung beschreiben, ist es doch in fast allen meiner Düfte mehr oder weniger dominant vertreten.

Damals gab es in der nächst größeren Stadt eine Hippieladen, der neben Räucherstäbchen und indischen Tüchern die damals unvermeidlichen Duftöle im Sortiment hatte.
Es gab zwei Sorten: Eines in einem eckigen und eines in einem rundlichen Fläschchen, wobei die Form mit dem Inhalt übereinstimmte. Das "eckige" Patchouli war von sehr dunkler Farbe und hatte olfaktorische Ecken und Kanten. Das "runde" war heller und weicher im Duft und mir das liebere. Sehr intensiv waren sie beide, was Sillage und Haltbarkeit betrifft.

Das Lehmannsche Patchouli entspricht genau diesem Patchouliöl aus der rundlichen Flasche und beamt mich wie eine Zeitmaschine in diese vergangene Zeit...
Die Konzentration wird der eines Edts entsprechen, es ist keine Parfumbombe. Das ist gut, da bei reinem Patchouli weniger mehr ist und es sich so wunderbar dosieren lässt. Ein Sprüher gibt einem den ganzen Tag eine leichte Patchouliaura, wunderbar!

Was dieses Patchouli auch für Parfumos ausserhalb des inneren Kreises der Patchoulifreaks interessant macht, ist, daß ein überaus geeigneter Stoff zum Layern darstellt, speziell für Parfums, die bereits Patchouli als wahrnehmbaren Bestandteil enthalten. Das es nicht allzu stark ist, ordnet es sich eher unter, als den gelayerten Duft zu überlagern.

Mein erster Versuch mit dem Oud aus dem Hause Lehmann im Verhältnis 2:1 begeisterte mich so, daß ich diese Kombination bei besagten Konzert trug. Das Russisch Juchten der gleichen Marke wird durch das Layern mit diesem Patchouli weicher und femininer. Ganz wunderbar ergänzt es auch das Oudh Siufi von Rasasi und das Heritage EdT. Ich werde auf jeden Fall noch weitere Duftexperimente damit anstellen!

Patchouli an sich ist ein sehr komplexer Duftstoff und in sich ein komplettes Parfum mit eigenem Duftverlauf. Der Parfumeur ist in diesem Fall Gott, oder je nach persönlichem Glaubenssystem die Natur/Evolution/Zufall...somit ist Patchouli für mich in zweifachen Wortsinn ein göttlicher Duftstoff.
Die Patchouliparfums meiner Sammlung sind im Prinzip olfaktorische Kompromisse mit meiner Umwelt, da mich kein Parfum so tief in meiner Seele berührt und so betört als der pure Patchouliduft. Er ist für mich gleichzeitig geerdet als auch spirituell/geistig erhebend. Im Duftverlauf auf der Haut wird es genau wie bei der Lagerung mit der Zeit weicher und wärmer.
Durch Herkunft, Alter, Destillationsverfahren etc. variieren die olfaktorischen Eigenschaften. Wie auch Oudöl wird es immer besser, d.h. weicher und runder, je länger es gelagert wird. Ich habe eine kleine Probe eines sehr alten Vintagepatchoulis, das kaum jemanden in die Flucht schlagen dürfte. In Parfums sind es die Duftstoffe, mit denen es kombiniert wird, die die verschiedenen Aspekte betonen oder abschwächen, zumeist wird es durch Zugabe von Amber oder Vanille allgemeinverträglich "verweichlicht". Die besten Patchouliöle haben eine leichte Kakaonote, die man z.B. im wunderbaren "Patchouly" von Profumum Roma wahrnehmen kann.

Patchouli ist ein perfektes Beispiel für unsere unterschiedliche Wahrnehmung von Düften, es wird geliebt und gehasst, als sehr anziehend oder abstossend empfunden. Als ich es als Jugendlicher trug, wurde ich immer wieder darauf angesprochen, daß ich so wunderbar dufte, oder es wurde mir durch die Blume mitgeteilt, daß ich ganz übel stinke:-) (Eine Lehrerin hielt es für den Duft von Hasch und frage mich mal nach dem Unterricht, ob ich in den Pausen Joints rauchen würde, was mich sehr belustigte. Ich musste nicht lügen, denn in der Schule zu kiffen, war wirklich nicht mein Ding, da man sich dann die ganze Zeit zusammenreissen musste, damit es nicht auffiel:-))

So ist Patchouli der Duft meines Lebens, natürlich auch dadurch, daß es der Duft meiner großen und einzigen Jugendliebe war. Aber es ist auch so etwas wie die olfaktorische Entsprechung meines innersten Wesens, ein Duft, der mit mir in Resonanz tritt und mich tief bewegt. Es gibt für mich nichts, das schöner und erhabener duftet, die olfaktorische Perfektion. Wären da nicht die Mitmenschen, die das ganz anders sehen bzw. riechen, wäre reines Patchouli mein absoluter Signaturduft, so wie er es früher tatsächlich war. So war es für mich ein Traum, der wahr wurde, als ich durch Parfumo Patchouliparfums entdeckte, die dezent dosiert für mich und meine Umwelt tragbar sind.

Um wieder zum eigentlichen Thema zu kommen: Das Patchouli von Lehmann empfehle ich allen Patchouliliebhabern, die auch gerne mal Patchouli pur tragen möchten, ohne gleich andere Nasen zu terrorisieren, und den Parfumos, die experimentierfreudig sind und Lust haben, einige ihrer Parfums mehr oder weniger zu "patchoulisieren" und zu individualisieren.
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