Cubana

Schon so lange wollte ich einen Kommi zu diesem Duft verfassen, der mein Herz erst ganz leise und dann im Sturm erobert hat. Und das, obwohl ich doch „nur“ Mascara kaufen wollte…

Die erste Duftprobe auf einem Tuch fand ich dann auch relativ langweilig und nichtssagend, da ich aber den Treffpunkt 8 Uhr wirklich toll finde, habe ich mir trotzdem ein Pröbchen mitgeben lassen. Und nachdem ich den Duft dann irgendwann doch mal dem Alltagstest unterzogen habe, konnte ich plötzlich die Finger nicht mehr von der Probe lassen und schwupps, war sie leer und ein Flakon bei mir.

Doch wie ist der angebliche Zeitgeist Berlins? Definitiv nicht laut, eher zurückhaltend, aber durch die Algae dennoch ungewöhnlich, floral-leicht und dennoch mit einer gewissen Kante. Bei mir kommt die Alge am Anfang als leicht salzige Duftnote hervor, Assoziationen ans Meer und aquatisches sind nicht von der Hand zu weisen. Nicht à la Sel de Vetiver von TdC, sondern etwas entspannter, sodass man nicht direkt im Meer steht, sondern die Erinnerung daran genießt. Der Drydown ist eher ruhig, aber da sich bei mir die Alge als feine Komponente durch alle Entwicklungsschritte zieht durchaus nicht langweilig. Auf der Haut entwickeln sich zumindest bei mir auch alle Duftkomponenten deutlich interessanter und ausgeprägter als auf einem Tester. Die Haltbarkeit ist gut, auf der Kleidung sogar Bombe – 4-6 Tage übersteht er auf einem Oberteil, das danach nur noch rumhängt locker.

Ich hatte keine Erwartungen an den Zeitgeist, und habe ihn vor dem Test der Probe auch gedanklich nicht wirklich mit dem „Zeitgeist Berlins“ in Verbindung gebracht – vielleicht hat mir das geholfen, diesen Duft liebzugewinnen, ohne von seiner Leichtigkeit enttäuscht zu sein. Für mich ist er unbeschwert, luftig, gut gelaunt, ohne dabei die Bodenhaftung gänzlich zu verlieren und dennoch kein Meinstream-süßes-Blumenbouquet-am-Meer, sondern gut gemacht und ein bisschen anders. Vielleicht stellt dies nicht das dar, was die Mehrheit sich unter dem Zeitgeist Berlins vorstellt, aber meinen persönlichen Zeitgeist trifft es momentan sehr gut!

CdG 2 löste bei mir einen sehr schnellen Kaufimpuls aus. Noch bevor das Pröbchen leer war, bekam ich Panik und benötigte unbedingt einen Flakon. Dennoch habe ich immer noch nicht das Gefühl, ihn vollständig zu erfassen. Dabei würde ich momentan sagen, er hat eventuell sogar das Zeug zum Signaturduft.

Doch zurück auf Anfang. Anhand der Pyramide hätte ich CdG 2 wohl kaum getestet, bisher hatte ich mit Aldehyden so meine liebe Not. Doch hier war alles anders, beim ersten Test war es zwar noch ein Durchstehen der Kopfnote, mittlerweile liebe ich auch sie. Das Herz hat mich dafür sofort in seinen Bann gezogen, ein Reigen aus Gewürzen, so eng verwoben, dass es mir schwer fällt, sie wirklich einzeln zu benennen. Zwar erkenne ich Koriander und Pfeffer, dann Zimt, aber für alles andere bräuchte ich immer noch die Pyramide, um sicher zu gehen, dass ich nicht etwas vergesse. Ab hier entwickelt CdG 2 bei mir eine sehr holzige, würzige, unsüße Wärme, die ich als sehr weiblich, aber eben erwachsen weiblich, empfinde; ohne offenherzig-anrüchige oder gar Klein-Mädchen-Assoziationen. Während der Hitzewelle der letzten Wochen blieb CdG 2 dennoch eher im Schrank, für 35° im Schatten war er mir zu schwer. Dafür habe ich endlich einen Grund, mich über Temperaturen unter 30° zu freuen. CdG 2 geht für mich sowohl tagsüber im Büro, als auch zum Plausch mit Freunden, zum Kinobesuch genauso wie für eine durchtanzte Nacht. Die Haltbarkeit von CdG 2 macht all dies locker mit, auch bei büro-tauglicher Dosierung kann ich ihn abends noch wahrnehmen. CdG 2 hat mich, voll und ganz.
Man braucht als Frau Selbstbewusstsein, um ihn zu tragen? Shalimar mit Schnurrbart? Also ich finde ihn weit weiblicher als so manch anderen Duft, den ich in letzter Zeit getestet, erworben oder auf die Wunschliste gesetzt habe…

San Pedro de Atacama, Chile. Auf einem Salzsee wandern Flamingos, picken hier und dort Futter aus dem salzigen Nass. Rundherum nichts als Wüste. In der Ferne erblickt man die Cordillera der Anden, Vulkane und das Altiplano. Die Sonne brennt, die Luft steht. Die Weite erscheint unendlich, die Sonne und die Hitze unerbittlich. Der Schweiß verdunstet sofort auf der Haut, man merkt ihn eigentlich nicht, zurück bleibt nur ein leicht salziger Geruch.

Szenenwechsel. Ostsee, Schleswig-Holstein. Ich sitze am Strand. Der Wind peitscht das Meer auf, die Gischt schäumt. Die Wolken ziehen über den Himmel, jagen einander, und dennoch scheint die Sonne. Es ist angenehm warm, weder heiß noch kalt. Ich schaue aufs Meer, genieße den Anblick von Weite und das Gefühl unendlicher Freiheit. Der Strand ist einsam und verlassen, auf der Landseite begrenzt durch bewachsene Dünen, Strandhafer, Silbergras, Besenheide und Sumpf-Bärlapp bilden stellenweise ein Dickicht aus grünen Blättern. Doch für diejenigen, die Schutz vor dem Wind suchen, geben sie immer wieder Plätze frei, lassen Raum sich zurückzuziehen. Ich schlendere den Strand entlang, spüre die Sonne und den Wind auf der Haut, schmecke die salzige Luft und rieche diese Mischung aus Meer, Strand und grünen Dünengewächsen. Glück. Freiheit. Gelassenheit. Ruhe. Einsamkeit. Pures Wohlbefinden.

Sel de Vetiver ist nicht die Kopie dieser Gerüche. Doch die Mischung aus Salz und Vetiver erinnert mich an diese, an meine Orte; Orte der Entspannung, Ruhe, Freiheit und des Glücks.

Ich liebe Koriander. Im Essen. Und scheinbar neuerdings auch im Parfum. :P ist feinwürzig, pfeffrig und mit viel Koriander – ich war direkt begeistert. Pfeffer und Koriander gehen Hand in Hand, wechseln sich ab und passen einfach wunderbar zusammen. Durch den Harz empfinde ich es als kühle Würze, die im Duftverlauf immer harziger, grüner wird. Jasmin-Sambac sorgt im Herz zunächst noch für eine kontrastierende Wärme, die aber nicht zu blumig wird. Die feine Würze zieht sich bis in die Basis, ergänzt die harzig-holzig und macht diesen Duft außergewöhnlich.

Ein würziger, leicht grüner Duft, den ich aber aus Frauensicht nicht unbedingt mit elegant titulieren kann. :P ist auf jeden Fall unisex, hat aber mit dem Mainstream der Damendüfte herzlich wenig gemein. Oder anders formuliert: Ich glaube, dass ein paar Herren in meiner Umgebung wieder über das herbe und unweibliche (=unsüße) Parfum lästern werden, was ihn für mich wiederum zu einem perfekten Kandidaten für Situationen macht, in denen Frau ihren Mann stehen muss. Oder den Konventionen einfach die Zunge rausstreckt… :) Ich würde ihn dennoch gerne mal an einem Mann riechen und werde ihm demnächst mal meinem besten Freund „aufnötigen“.

In diesem Falle kann man das Sprichwort getrost vergessen - #S erinnert tatsächlich an beschwipstes, im positiven Sinne. Der Auftakt ist zitrisch-frisch, die Weinhefe sorgt für ein gewisses Prickeln und ja, es erinnert an die Gute Laune bei einem Glas Wein oder Sekt an einem lauen Sommerabend. Beim Testen von #S habe ich auch auch mal die Nase in eine offene Weißweinflasche gehalten, sicher ist sicher…
Die würzigen Elemente Pfeffer und Kardamom sorgen für einen spannenden Gegensatz und das Bier in der Herznote lässt einen gedanklich zu einem Sommerabend in einem Biergarten unter Kastanien, umrandet von einer Wildrosenhecke, wandern. #S Macht tatsächlich gute Laune, ist beschwingt und fröhlich. Die Basis wird etwas leiser, wie in vorigen Kommis schon erwähnt – er zieht sich zurück und lebt wieder auf. Fast so, als würde man dann und wann eine neue Runde bestellen.
Trotz der Begeisterung für den Duft kann ich mich in der Kopfnote einer leicht maskulinen Assoziation nicht erwehren. Ich werde ihn trotzdem tragen, soviel beschwipste gute Laune hilft einem auch durch den langweiligsten Büro-Tag, und den steht #S bei mir in Punkto Haltbarkeit locker durch…