DarkWinterCS
DarkWinterCSs Blog
vor 5 Jahren - 15.05.2019
13 33

Tom Ford Private Blends - Zwischen Mode, Brillen und Parfüm oder wie man(n) es schafft die Masse von Luxusdüften zu begeistern

Als Designer und Künstler mit eigenem Namen auf dem Firmenschild heute noch die Massen anzusprechen ist bekanntlich nicht leicht. Gerade wenn die Hauptzielgruppe gefühlt dieselbe ist, wie die der Modemarken in den 80ern und 90ern. Heute stechen vor allem Labels hervor, die der Generation YouTube durch andauernde Beschallung und PR durch Größen der YouTube-Szene kaum Spielraum zur Style-Definition und -Erprobung lassen. Wenn man als renommierte Marke mitspielen möchte, so ist es quasi unumgänglich das eigene Sortiment zu hinterfragen und moderner aufzulegen.

So sind die Stars der Szene Marken wie Off-White (welche schon wieder abflauen, da der Designer zu Louis Vuitton gegangen ist), Gucci (welche erfolgreich einen Wandel vollzogen haben) und oftmals Brands, die von erfolgreichen YouTubern selbst gegründet wurden.

Gegen diese Bewegung strotzt erfolgreich Tom Ford. Nicht, weil er keine Veränderungen möchte, sondern weil er erstens seiner Designlinie treu bleibt (die Ihn so erfolgreich gemacht hat) und zweitens ein Sortiment gefunden hat, welches er zum erfolgreichen Standbein aufgebaut hat. Dieses begeistert die Massen so sehr und ist so gut, dass selbst YouTuber und der Durchschnitt der Bevölkerung davon schwärmen und weiter empfehlen und das trotz des hohen Preises.

Dabei war das Konzept für Tom Ford selbst nicht neu. Auch in der Zeit bei Gucci hatte er begonnen sich auf andere Teile der Mode- und Beautywelt einzulassen, was schließlich dazu beitrug, dass Gucci wieder erstarkte und erfolgreich wurde. So war er bei Gucci u.a. am Parfum "Envy" beteiligt, welches exemplarisch großen Erfolg hatte.

Nachdem TF Gucci verließ und seine eigene Marke gründete, wurde recht schnell deutlich, dass er das Erfolgskonzept aus den Gucci-Zeiten kannte und entwickelte. Somit wurden die Standbeine aus Mode, Brillen/Sonnenbrillen und Düften aufgebaut.

Dabei wurde der Erfolg der Duftlinie vor allem durch zwei Faktoren bestimmt. Zum einen, wurden am Anfang Parfüms kreiert, die auch die Masse zufrieden stellen konnten und nicht zu komplex waren. Sicher, die ersten beiden Düfte Parfüms gehörten nicht zur Private Blend Reihe, trotzdem wurde "Black Orchid (Eau de Parfum)@Tom Ford" und "For Men (Eau de Parfum)@Tom Ford" einiger Erfolg zuteil. Der Duft, der aber Tom Ford in aller Munde brachte, war "Oud Wood (Eau de Parfum)@Tom Ford". Nicht nur, dass er mit dem benannten Adlerholz eine recht neue Zutat der Masse etablierte, sondern dass der Duft solche eine Harmonie für die Nase war und die Menschen bis heute begeistert. Er hat sich mittlerweile zu einem regelrechten Must-Have entwickelt und das trotz des stolzen Preises.

In einem Interview hat TF mal zum besten gegeben, für wen seine Produkte sind und für welches Klientel er seine Produkte designt. Was dann kam, würde ich nicht als überraschend beschreiben, denn wer aufmerksam verfolgt, wie liberal sich der Geschmack und Stil geändert hat, wird nur Bestätigung finden. Und so erkennt man auch warum sich seine Düfte so gut verkaufen. Dieser Grund ist die deutliche Verjüngung der Gesellschaft bezogen auf Stil und Verhaltens- und Kaufweisen. So konnte man früher deutlich am Kleidungsstil erkennen in welcher Altersgruppe die Person unterwegs ist. Seit den 2000er Jahren ist die Verjüngung sehr zu erkennen, weshalb TF seine Zielgruppe im Alter von 25 und 70 ausgemacht hat. Die entstandene Schnittmenge ist deutlich größer geworden und der Fashionbezug hat sich an ein jüngeres Niveau angeglichen. Das gleiche ist auch bei den Düften zu erkennen, da es keine Düfte mehr in der Masse gibt, die einer bestimmten Altersgruppe zugeordnet werden kann. Nur die Assoziation an bestimmte Noten lassen noch Reste an ein altes Schubladendenken erkennen. Eine gute Entwicklung wie ich finde, da auch die jeweiligen Produkte so eine größere Schnittmenge haben und die Auswahl sich vergrößert.

Dass dieser doch auch so akzeptiert wird lag sicherlich auch an der Mundpropaganda, da viele, gerade junge Leute vernommen haben, wie viele ihrer Lieblings-YouTuber, -Rapper und andere Promis den Duft zeigen, vorstellen und tragen. Dies ist der zweite Faktor für den Erfolg. Dadurch ist der Weg einen schon überzeugten Kunden ein weiteres Parfüm aus der Reihe zu verkaufen deutlich kürzer.

Wie TF selbst mal in einem Interview sagte, hat er nie jemanden dafür bezahlt seine Produkte zu verwenden und zu bewerben. Seine Produkte sprechen oft für sich selbst, auch wenn ein Großteil der Konsumenten sich die Produkte nicht leisten kann oder will. Denn Exklusivität zählt. Nicht umsonst stattet Ford "James Bond" mit Klamotten aus und betreut nur einen Prominenten pro Auftritt pro Gala. Es ist aber schön das dieses Talent auch für "noch" bezahlbare Parfüms verwendet wird.

Ich selbst bin erst über die Sonnenbrillen und Brillen auf die Marke aufmerksam geworden. Denn auch hier hat TF einzigartige Designs, die ein schönen Mix aus Moderne und Retro bietet. Schnell kam ich dann auch zu den Düften, die mich schon durch den Flakon sehr angesprochen haben.

Für die Gestaltung bzw. endgültige Zusammensetzung der Düfte hat sich TF einige bekannte Parfümeure zur Seite geholt, die seine Vorstellungen umsetzen. So haben wir bekannte Namen wie z.B. Calice Becker. Relativ häufig greift er dabei auf Yann Vasnier und Shyamala Maisondieu zurück, die für einen großen Teil der Reihe zuständig waren.

Nun kommen wir mal zu den Düften selbst, die teilweise modern, teilweise bekannt daher kommen. Niemand streitet ab, dass die Düfte zum Großteil sehr gut sind und auch großartig. Genauso sollte man nicht abstreiten, dass die Düfte auch gerne mal etwas zu viel für das gebotene kosten. Bei "Neroli Portofino" wird niemand sagen, dass der aufgerufene Preis gerechtfertigt ist. Teilweise kommt die Behauptung auf, die Düfte wären Kopien anderer. Nun, die Intention ist beim kreieren der Düfte bestimmt nicht, dass ein bestimmtes Parfüm kopiert werden soll. Bei der Masse an Düften, die bereits existieren und denen die jedes Jahr erscheinen, ist es so gut wie unmöglich etwas zu erschaffen, was sich grundsätzlich von anderen unterscheidet. Es ist eher die Suche nach Harmonie, ausgewogener Balance, besonderer Qualität und Quantität oder Perfektion. Daher halte ich selbst nicht viel von der Behauptung, das TF aktiv Kopien produziert.

Wenn ich meine aktuellen Lieblinge aus der Private Blends Reihe anschaue, dann kann ich ohne Bauchschmerzen sagen, das ich das Geld für die se gerne ausgegeben habe, da ich eine tolle Qualität bekomme und Düfte, welche eine Harmonie und Ausgewogenheit besitzen, die ich oft gesucht habe.

Bezüglich des Preises und Luxus hat TF etwas sehr triviales gesagt. Denn Luxus definiert sich nicht mehr über den Preis, sondern über die subjektive Einstellung dem Produkt gegenüber. So ist wahrer Luxus die Gewissheit, das qualitativ gute Inhaltsstoffe verwendet werden und sich durch das Produkt chic und gut fühlt. Wenn man diese Gewissheit hat und man sich bestätigt fühlt, so ist es den Preis auch wert.

Die Düfte selbst sind in 9 Duftarten eingeteilt, die eine bestimmte Eigenschaft oder Duftnote widerspiegeln. Eine Einteilung wie bei Xerjoff, bei denen ganze Collections veröffentlicht werden, wird bei bei TF nicht gemacht. In den Kategorien erscheinen immer mal vereinzelt neue Düfte und alte laufen teilweise aus. Jede Kategorie besteht aus 2 bis 4 Düften. Diese Kategorien sind:

Citrus

Oriental

Floral

Woods

Tobacco

Green

Fougere

Leather

Musk

Was mich persönlich beeindruckt wie das Marketing dafür aufgebaut ist, wie es funktioniert und welcher Erfolg dabei am Ende heraus kommt. Denn statt, wie viele große Parfümhersteller auf große Namen zu setzen, werden die Private Blend Düfte Gentlemen-Like präsentiert. Ich verstehe sowieso nicht, nach welchem Muster TV-Spots der Parfümwelt den Endkunden überzeugen sollen. Klar einige werden anspringen, sobald Charlize Theron für Jadore aus einem Goldbad entsteigt und im Hintergrund Flashlights von Kanye West abgespielt wird. Das empfinde ich eher als Gag oder Nice-to-Have statt richtiger Werbung. Wie es besser geht, vor allem um Düfte vorzustellen, zeigt Tom Ford in diesem Video:

Tom Fords Private Blends

Denn nicht nur der Stimme von TF könnte ich stundenlang zuhören. Es wird treffend etwas vorgestellt, ohne große Effekte, dafür mit klarer Designsprache, minimalistisch und treffend mit Tönen hinterlegt und kurz, präzise und stilvoll. Dazu empfehle ich auch die Videoreihe von MR PORTER, bei denen TF über 3 Aspekte von Stil spricht. Unter anderem eins von den Three Rules of Fragrance.

Eine Regel davon empfinde ich als besonders spannen, da dieses Thema hier in der Community auch oft ein Punkt ist, bei denen die Meinungen auseinander gehen. Die Sprühstöße, die man auflegen sollte bzw. die Anzahl. TFs Meinung dazu "Warum sollte ich von einem tollen Duft nur wenig sprühen und ein bisschen gut schnuppern, wenn ich auch großartig schnuppern könnte. Also getreu dem Motte, dass es zu viel nicht gibt. Dass dies wohl nicht mit allen Düften funktioniert, dürfte relativ schnell klar werden, denn bei einigen intensiven Parfüms ist wohl die gefühlte Erstickungsgefahr zu groß. Bei leichten Sommerdüften kann diese Einstellung aber sicher nicht schaden.

Im Fazit meines Blogs kann man sicher sagen, das TF mit seinen Private Blends einigen Anteil daran hatte hochpreisige Düfte auch für den Massenmarkt zu etablieren. Das hat nicht nur seiner Firma Geld gebracht, sondern sie auch in dem Bereich so gestärkt, dass das ein oder andere extravagante Parfüm möglich wurde. Ob man die Preispolitik nun gut heißt oder nicht muss jeder für sich selbst entscheiden. Dass die Firma das Ursprüngliche Klientel beibehalten hat und die Düfte damit exklusiver anbieten will, würde ich nicht als negativen Punkt ansehen. Jeder der einen Duft davon kauft, weiß in der Regel was er bekommt und dass die Qualität ein gewisses Level hat. Sicher gibt es auch Ausreißer, wie Neroli Portofino, die etwas Zweifel säen. Allerdings haben Düfte wie "Oud Wood (Eau de Parfum)@Tom Ford", "Tuscan Leather", oder "Fucking Fabulous/Fabulous" das Niveau auf ein bestimmtes Qualitätslevel fest gesetzt. Ich würde mir persönlich wünschen, dass es mehr Düfte in der 30ml Größe gäbe, denn so könnte man für vergleichsweise vernünftiges Geld mehr Diversifikation in der eigenen Sammlung schaffen.

Bis dahin höre ich mir gerne noch mit Tom Fords Stimme an, wie man den perfekten Gentlemen-Style erreicht :-)

13 Antworten