Derailroaded

Derailroaded

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1 - 5 von 8
Derailroaded vor 8 Jahren 26 14
8
Flakon
4
Sillage
7
Haltbarkeit
6
Duft
Fäulnis: Was nur erzählt und nicht gemessen werden kann
Herr im Himmel, Ostara stinkt so reif! Recht so, könnte man einwenden, denn mir fehlt es tatsächlich manchmal an der nötigen sittlichen Reife. Ich meine aber den Zustand kurz bevor man vom Baum abfällt.
Einigen Pflanzen in voller Blüte ist schon der Geruch des Verwelkens immanent, solches weiß ich in freier Wildbahn sehr zu schätzen, weil es für mich sehr tröstlich und ästhetisch den Zusammenhang von Neubeginn und Vergänglichkeit abbildet. Im Flakon dagegen riechen diese Blüten nur nach Zersetzung, Ostara macht da keine Ausnahme.

Das mitriechende Kind nimmt eine ganz kleine Narzissennote wahr, ansonsten sei die Angelegenheit leicht faulig, süßlich-herb und würde einer exotischen Pflanze aus dem Gewächshaus von Planten un Blomen ähneln. Ich selber bin überwältigt von dem authentischen Narzissenduft, eine ungeheure helle Blumigkeit ist das - allerdings gepaart mit leichter Fäule. Anfangs ist es grüner, später wird es wärmer und süßer, verwelken tut es durchgehend. Wenn ich meine Fotoalben chronologisch durchblättere, sieht das da erstaunlich ähnlich aus.

Zum Schluss wird es ganz gelb, denn Ostara riecht auf einmal nach Eierlikör, das wird auch vom Kind bestätigt. So kriegt der Karfreitag doch noch die Kurve. Die Zeit bis dahin habe ich mit Friedrich Rückerts von Gustav Mahler vertonten Kindertotenlieder verbracht, wo "zur süßen Kost der Bienen Gräberblumen dienen." Und das ist in freier Wildbahn, tröstlich, nicht wahr?

Ostara, da ist doch (schon) der Wurm drin...
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Derailroaded vor 9 Jahren 23 13
Geschichten aus dem Wienerwald
Zwar ist das Testen von Parfum keine klassische Tranceinduktion, aber bei meiner Sitzung mit Teazzurra assoziierte ich in etwa so frei vor mich hin:

Als kleinem bronchitischen Kind rückte mir meine Großmutter immer mit Wick Vaporub zu Leibe. Zur Erfrischung meiner siechen Gestalt wurde Kölnisch Wasser verschüttet, ich lag im großelterlichen Bett auf einem Rosshaarkissen, es roch nach alten Leute und Mottenkugeln im Schrank. Auf dem Nachttisch standen ein wächsernes Jesuskind, das Glas für die dritten Zähne und eine Tasse Tee. Gerne mit heilsamer Kamille.

Nachdem der Duft das kindliche Krankenlager verlassen hat, wird er wärmer, vanilliger, sanfter und zitrischer und lässt meine Großmutter und die Erkältungssalbe weit hinter sich. Dankenswerterweise wurde ich früher bis zur vollständigen Genesung sanft mit warmen Mehlspeisen gepäppelt, aber dabei fehlten die Vanille und die zitrische Brise durch die geriebene Zitronenschale. Meiner Familie war die Verwendung von "Guerlinade" in der Küche nicht bekannt, das schuf täglich neues Leid und Ungemach bei den Mahlzeiten.

Der Beginn einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Teazzurra und der Patientin....
13 Antworten
Derailroaded vor 9 Jahren 15 6
Der Signaturduft der Walzenspinne
Ungefähr um diese Zeit letzten Jahres eilten das Kind und ich ins Tropeninstitut in Hamburg, das anlässlich der "Nacht des Wissens" geöffnet hatte. Ein kleiner Umweg über L'Occitane, wo wir uns mit goldenem Blumenduft vorbereiteten, dann ging es auf zu Leishmaniose, Ebola, Malaria und diversen anderen Erregern und Krankheiten. Es war sehr interessant, man konnte durch's Mikroskop sehen, Vorträge wurden gehalten und unter einem Netz flogen Moskitos herum.

Bei alldem schwebte eine gelbe Mimosenwolke über uns, süßlich wie Blütenstaub, sauber und strahlend. Der Duft macht keine große Entwicklung durch, was man vom Rinderbandwurm nicht behaupten kann. Solch ein eingelegtes Exemplar hatte es meiner Tochter besonders angetan und natürlich die Walzenspinne, die wir schon im Zoologischen Museum kennenlernen durften.

Im Anschluss erfolgte wieder der Umweg über L'Occitane, das Parfum hatte sich als tropentauglich erwiesen und wurde gekauft.

Ich mag gelben süßen Blütenduft gerne, ich verbinde damit gelbe Löwenzahnnasen, Lindenblüten, Bienen, Hummeln und Schwebefliegen - und Walzenspinnen. Das war ein wirklich netter Abend im Tropeninstitut, der lustigerweise untrennbar mit dem Duft der goldenen Blume verbunden ist.

Nachtrag: Im Gegensatz zu den tropischen Erregern, Parasiten und Krankheiten sind Zecken, Flöhe, Läuse und größere haarige Spinnen im Keller verhältnismäßig harmlose Zeitgenossen.
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Derailroaded vor 9 Jahren 4 2
7
Duft
Sucrerie de la Misty Montagne Hop
Es liegt was in der Luft... Und zwar der Geruch, der sich beim Einkochen von Ahornsaft zu Sirup und Zucker verbreitet. Pierre Faucher, der Gründer der Sucrerie de la Montagne in Quebec, wollte diesen Duft schon lange einfangen. Chantal Roux (von der französischen Parfumerie Galimard in Grasse) und er lernten sich in Kanada kennen. Daraus entstand eine Zusammenarbeit, die dazu führte, dass der flüchtige Ahornduft endlich doch noch in ein Gefäß gebannt werden konnte, allerdings in Frankreich: Das Ahornduftparfum Attire-Moi.

Ich war so angetan von der kanadischen Zuckerfabrik und der Geschichte, überhaupt ist stets Ahornsirup im Haus, da bestand sofortiger Handlungsbedarf. Bei Galimard ist Attire-Moi unter Home Scents aufgeführt und im Flakon sind 100 ml cognacfarbene Flüssigkeit.

Hoppsa! So muss Ahorn-Crème brulée riechen. Gebrannte Ahorncrème eben, die Zucker enthält, Ahornsirup, etwas Kaffee zur Abrundung des Geschmacks, ein bißchen Vanille ist auch dabei, es ist sanft würzig. Attire-Moi riecht sehr durchdringend, vergleichbar mit der Bissigkeit von Zuckerwattedüften, die ich auch als fast stechend empfinde.

Grüne Noten? Um die Nase von jedem wahren Feind der heißen Zuckersirupblasen. Es ist schon sehr speziell, dafür aber unvergleichlich. Heute morgen zwang mich die Bitterkeit der ersten Ahornattacke erst einmal in die Knie. Meine 9jährige Tochter trägt es erstaunlicherweise gerne, so reiten wir beide gemeinsam in den prächtigen Canadian Sunset.

Klebrige Stinktiere dürfen halt nicht ans Lagerfeuer.
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Derailroaded vor 10 Jahren 10 4
8
Duft
Grober Unfug
"Kalte Getränke, Gott sei Dank - wie schön, im Sommer sich zu verwöhnen.
Die Touristen werden sauer: Hier ist ja gar nicht alles frisch!
Wir wollen Schwarzbrot auf unsern Tisch!"

Aber Hilfe ist schon unterwegs: Vermittels eines Schwalls Eau des Minimes ist die gute Stimmung schnell wieder hergestellt. Es riecht erfrischend nach Limette, die zur Veredelung der Kaltgetränke ausgepresst wurde.

Wieso rieche ich keine Grapefruit?
"Weil die dick macht: 42 Kalorien auf 100 Gramm Frucht."
Blutorange?
"47 Kalorien auf 100 Gramm, geht gar nicht!"
Was ist mit der Zitrone?
"Immer noch 29 Kalorien."
Ja, aber warum rieche ich denn Limette, die ist doch gar nicht aufgeführt? Obendrein hat sie mächtige 30 Kalorien auf 100 Gramm.
"Das ist doch ganz einfach: Die Limette selber hat nur 5 Kalorien, die übrigen 25 Kalorien kommen von der Klette. Der Großen Klette."
Ach so...

Nachtrag: "Kalte Getränke" ist ein Lied der Band Grober Unfug, 1982 auf der Platte Beat und Glück erschienen.
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