Doppelkorn
Doppelkorns Blog
vor 8 Jahren - 22.01.2016
1 15

Was haben ein neues Auto, ein Stör (gebraten) und Musik gemeinsam?

Und noch viel wichtiger die Frage, was diese Dinge mit Parfum zu tun haben. Der Reihe nach in Kurzform muß ich wohl vorab die lange Parfumopause erklären, was leicht fällt, da ich als regieführender Kameramann über Monate hinweg in Tibet, Nepal und Japan arbeitete und erst jetzt, da ein Großteil der Filmaufnahmen abgeschlossen ist, wieder die Zeit finde, mich um die Nase und ähnliche für mich nicht ganz so dringliche Fragen zu bemühen. Zwischendurch war mir die wenige Zeit mit der Familie wichtiger, da Familie und Arbeit mir mehr bedeuten als der virtuelle Spaß. Zumal ich im Anschluß an Drehtage, oder Tage am Schneidetisch, nicht unbedingt länger als nötig auf einen Bildschirm starren möchte.

Kurz vor Weihnachten war es dann erledigt, ich stieg aus dem Flieger in Frankfurt und durfte das neue Auto bestaunen, was in meiner Abwesenheit angeschafft wurde und jetzt den Garangenplatz beansprucht. Zwei Elektromotoren und fast so schnell wie der Vorgänger. Auf nach Berlin, zu Vorträgen, Besprechungen in Babelsberg und dem Umbau der Musikanlage. Das war der Deal mit meiner Frau. Sie bekommt den Elektrowagen, wenn ich wieder eine maßgeschneiderte Musikanlage von B&W haben kann. Nicht ganz preiswert aber es lohnt.

Und so kam es, dass Potsdamer Freunde in Berlin einen großen Tisch reservierten und ich nach langer Zeit den Prenzlauer Berg wieder besuchen konnte. Wie es sich verändert hat. Das Lokal erinnert an ein Wohnzimmer, alle Tische sind reserviert, der vordere Teil schon voll belegt und nun füllen meine Freunde und einige Bekannte den hinteren Teil. Was liegen hier für Zettel? Die Freunde machen Witze. Du singst doch gern. Und die Frau aus der Küche kommt vor und kündigt an, dass der Fisch noch etwa 20 Minuten braucht und wir bis dahin bitte die Weihnachtslieder einstudieren können. Wo bin ich? Die Kinder blättern die Liedtexte durch, das kenne ich und das und das und dieses auch. Ein lautes Stimmengewirr füllt den Raum, dazu das Klappern aus der Küche und die Bar läuft auf Hochtouren. Da lößt sich aus der Gruppe im vorderen Teil des Lokals eine Gestalt und setzt sich ans Klavier. Den kenn ich sagt meine Frau plötzlich. Wen? Es wird leiser. Jazzmusik. Aus der Küche kommt Teller um Teller, auf einem Beistellwagen jetzt auch der Stör. Er ist riesig. Kartoffeln, Bohnen, Möhren, der ganze Raum ist erfüllt vom Duft und dem hektischen Treiben. Allein das Klavier gibt etwas Ruhe, wo mit Leichtigkeit Duke Ellington und Cole Porter erklingen, während da vorn immer mehr Instrumente ausgepackt werden. Wen kennst du? Meine Frau lacht. Guck mal wer da spielt. Wer? Sag mal, wer ist denn hier der Bildprofi? Jetzt kommen noch Forellen und der Herr vom Klavier ist weg. Dafür stehen 5 Leute auf und stimmen an. Das erste Weihnachtslied. Leise rieselt der Schnee. Die Kinder sind glücklich, alle singen, die Frau aus der Küche spricht mit dem Herrn der bisher Klavier gespielt hat und jetzt plötzlich die Espressomaschine bedient. Ich weiß natürlich wer es ist, doch hatte es nicht für möglich gehalten. Jetzt kommen die Espressi und meine Frau nimmt Witterung auf. Sie riechen aber gut. Was ist das für ein Duft? Ach, ich weiss nicht, den hat mir meine Freundin geschenkt. Meine Frau läßt sich ihre Handtasche über den Tisch reichen, kramt, sucht, findet, der hier? und hält eine Flasche September hoch. Dem Klavierspieler-Kellner-Gast fällt die Kinnlade runter. Hallo Herr Kormann, haben sie uns nicht erkannt? Gott wie peinlich murmelt Herr Kormann, die Flasche geht rum, alle schnuppern und Herr Kormann, ich bin doch nur hier, weil ich Musik mag, geht leise wieder weg.

Süßer die Glocken nie klingen, dazwischen Chansons, es sind wohl Freunde von Herrn Kormann, die den Abend gestalten. Sie haben sichtlich Freude, es macht Spaß und plötzlich ist meine Frau weg. Wohin? Da, na klar. Zu den Musikern, wo Herr Kormann alleine auf einem Sofa sitzt und lauscht. Sie kann es nicht lassen. Kommt erst wieder, als Herr Kormann neue Kaffees produziert und austeilt. Der Kellner schafft es nicht mehr alleine. Die Frau aus der Küche nimmt ihn in den Arm und flüstert ihm etwas ins Ohr, eine Frau die Violine spielte schiebt ihn zum Klavier. Er will nicht mehr. Spiel ein Stück für mich ruft es aus der Küche. Er gibt auf und holt hinter dem Sofa einen Koffer hervor und packt ein Saxophon aus. Meine Frau ist wieder da und steckt mir unter dem Tisch etwas in die Hand. Was ist das? Riech mal. Hmm. Stell dich nicht so an. Kenne ich. Nein, kennst du nicht. Na klar kenne ich den Geruch. Ja, den Geruch kennst du, aber nicht den Duft. Hmmm. Nein, so heisst er nicht. Nun sag schon. Es riecht wie ein Hugo. Findest du nicht? Wie was? Meine Frau fragt sich laut, ob sie sich Sorgen machen muß. Monatelang Höhenluft und zu wenig Sauerstoff sollen ja nicht gut sein. Hollunderblütensirup. Stimmt, so riechts und ganz leise spielt das Saxophon Blue Skies und ich denke, er hätte Musiker werden sollen. Nein, Parfumeur meint meine Frau und ihre Lippen formen Aero. Ich muß in diesem Moment so fragend geguckt haben, daß sie mir später im Auto erklärte, wie sehr es sie freuen würde, eine Probe von einem Parfum erhalten zu haben, was bis jetzt wohl nur als Entwurf existiert.

Das haben ein neues Auto, ein Stör und Musik gemein.

1 Antwort