Duftrebellen

Duftrebellen

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1 - 5 von 12
Duftrebellen vor 2 Jahren 15 1
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Brutales Leder
Alessandro Gualtieri, das Mastermind hinter Nasomatto, lebt sich kreativ mit seinem Nebenprojekt Orto Parisi aus und veröffentlicht regelmäßig Düfte, die polarisieren, immer wieder die Nasomatto-DNA atmen und trotzdem neue Wege gehen.

Das neueste Werk "Cuoium" versteht sich hier als Bindeglied zwischen dem Klassiker "Tuscan Leather" und den typischen Düften von Nasomatto, wie z.B. Black Afgano oder auch Stercus von Orto Parisi.

Nach dem ersten Sprüher bleibt dir sofort die Luft weg, da du ein 30 Tonnen schweres Ledersofa auf dich zufallen siehst. Ausweichen ist nicht drin, deshalb bleibt nur tapfer durchzuhalten. Ein explosiver Auftakt, der dich sofort ahnen lässt, dass du lieber den Finger vom Sprühkopf nehmen solltest.

In der Kopfnote entfaltet sich zuerst eine Scharfe Wacholdernote, die von sehr potenten Ledernoten weg gedrückt wird. Erinnerungen an Beauforts Coeur de Noir oder auch Tonnere kommen hier auf, welche ebenfalls mit brachialer Gewalt auf dich einschlagen.
Ein Hauch von Himbeere und somit eine Reminiszenz an Tom Fords Tuscan Leather ist ebenfalls wahrzunehmen. Aber auch diese wird nach kürzester Zeit zermatscht zurück gelassen und wabert nur noch am Spielfeldrand hin und her.

Herz und Basisnoten sind für mich nicht wirklich rauszuriechen, außer Leder, Wacholder und so eine Ahnung von Birkenteer, wie er in zahlreichen Beaufort-Düften zu finden ist. Schwarz, düster, brutal und vor allem hart an der Grenze zum Penetranten, was mir aber generell sehr gut bei Düften gefällt.

Habe ich schon erwähnt, dass Leder hier zu riechen ist? Und noch mehr Leder? Wildleder, Zartleder, Lederanzug, Ledersofa, Lederjacke, Ledrige Haut... You name it.

Die Projektion fällt unfassbar stark aus und wie schon gesagt, reicht ein Sprühstoß, damit dein Umfeld dich den kompletten Tag über riecht. Und das über mehrere Ecken und Räume.

Allerdings kann das auch schonmal auf die Nerven gehen, da der Duft sehr monothematisch daher kommt. Mich hat es nicht gestört.

Der Flakon ist mit einer der schönsten, die ich in meinem Parfumleben gesehen habe. Wieso das so ist?

Das Teil hat einen rostig anmutenden Deckel, der schwer in der Hand liegt, die Form des Flakons ist Orto Parisi typisch wie ein Billigfusel von der Quengelware designt und das
absolute Highlight: Ein abnehmbarer und wiederverwendbarer Bezug aus pflanzlich gegerbtem Leder! Nachforschungen haben ergeben, dass Cuoium auch ein Lederladen in Italien heißt, der
zufällig genau so Lederbezüge herstellt. Ein Zufall? Ich denke nicht!

Trotz aller Atemberaubung ist der Duft ein interessantes Projekt, das wieder Brüllt, kreischt und den Geist eines Black Afganos atmet, der zwar in seinen Nuancen spannend ist, aber im Grunde einen richtigen Brecher für Leib und Seele darstellt.
1 Antwort
Duftrebellen vor 2 Jahren 13 7
9
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
6.5
Duft
Verspe(kuh)liert
Kühe sind nicht nur lila, heißen auch nicht immer Paula sondern sie kommen auch ab und an
in Forschungen rund um Methangasausstößen vor - und, wie in diesem Fall, als Hauptfigur der
neuesten Kreation von Zoologist. Aber riecht diese Kuh auch so gut, wie das altehrwürdige
Rindvieh vom Bauernhof oder steckt hier nur abgelaufene H-Milch drin? Lasst es uns rausfinden!

Wer schonmal in den Genuss von 3 jahre alter Milch kam, die in einer Glasflasche eingefüllt war, und von seinem 13 Jährigen Ich umgekickt wurde, nur um von einen der ekelhaftesten Gerüche aller Zeiten
selbst heute noch zu zehren, wird hier aufatmen können: So riecht die Kuh von Zoologist nicht.

Beim ersten Sprüher wird einem sofort klar, wo man sich befindet: Unter einem Apfelbaum mit einer Flasche Wasser in der Hand, das die Geschmacksrichtung "Apfel - extra synthetisch" hat. Nebenrum stehen ein paar Apfelbäume und vielleicht auch mal 2, 3 Grashalme. Weshalb diese Kuh sich in so einer Umgebung niedergelassen hat, weiß wohl nur Nathalie Feisthauer, die Schöpferin diesen Duftes.

Nachdem die Kuh etwa 30-50 Minuten eine Äbbelwoi-Party veranstaltet hat, verzieht sie sich auf die Wiese und wälzt inmitten von paar Blümchen wie Maiglöckchen, Jasmin aber vor allem Heliotrop ihren zarten Körper über das Grün. Das perfekte Leben unter dem blauen Himmel. Die Luft riecht angenehm frisch, sauber und alles ist einfach super.

Nun wird es aber Zeit, die Kuh zu melken! Der manische Manfred, Bauer aus Leidenschaft und Tirol, kommt ganz sachte und gemächlich mit seinem kleinen Holzhocker zu seiner eierlegenden Wollmilchkuh und legt Hand an.
Die leicht säuerlichen Komponenten der Milch steigen in seine Nase. Unterstrichen wird diese säuerliche Note durch die zahlreich plattgetrampelten Äpfel, deren Reste die Kuh an ihren Hufen mitgebracht hat.

Als fertig gemolken wurde, begibt sich Manfred zurück auf seinen Hof und nimmt die zarte Milch mit.
Bessy, wie er seine Lieblingskuh getauft hat, bleibt schmatzend zurück, blickt auf die Wiese und fragt sich nur noch, wie sie diese Apfelreste von ihren Hufen bekommt.

Hier endet die Geschichte von Bessy.

Leider empfinde ich die Apfelnote als ziemlich einnehmend, nervig und sie übertüncht die großartigen anderen Duftnoten wie den Milchakkord, der nur teilweise durchscheint. Heliotrop untermalt diese milchige Cremigkeit, aber wird trotzdem einfach platt gewalzt und lässt dem Duft nicht genug Platz zum Atmen.

Das Konzept zur Abbildung eines Habitats einer Kuh wird hier leider nicht komplett getroffen. Bei anderen Zoologists wie z.B. dem Panda, Bieber oder auch der Libelle wird einem durchaus bewusst, wieso die Duftkomponenten so gewählt wurden und werden diesen Tieren auch gerecht.

Die Kuh ist sehr ähnlich zu dem Macaque, in dem die Apfelnote auch dominant ist. Dort habe ich diese meditative Aura sehr geschätzt, die zudem durch grüne Teenoten erzeugt wurde. Bei der Kuh wurde eine ähnliche Richtung eingeschlagen, ohne eine gewisse Eigenständigkeit zu besitzen. Das Milchthema wird zu sehr von einer relativ synthetischen Apfelnote überstrahlt und erinnert zu sehr an die Ursprungsversion des Affen aus Asien.
7 Antworten
Duftrebellen vor 3 Jahren 26 8
9
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Der LKW unter den Lastkraftparfums
Der Black Afgano von Nasomatto ist zweifelsohne eines der stärksten Parfums der Welt - und das nicht ohne Grund. Als Parfumextrakt ist es stärker als gewöhnliche Parfums und geht mit dunklen grünen Tönen in der Kopfnote sowie Cannabis einen einzigartigen Duftweg. Mit Tabak, Harzen und Hölzern in der Herznote erhält der Duft einen noch tieferen Charakter während ihn Agarholz und Weihrauch in der Basisnote sehr einzigartig festigen.

Die Haltbarkeit und die Sillage dieses Duftes ist so brachial und gewaltig wie ein 40 Tonner auf der A1 Richtung in Richtung Buxtehude Kreppelbach. Jeder bemerkt ihn bereits hunderte Meter entfernt, keiner kommt an ihm vorbei und einmal in Gang gesetzt hält ihn nichts und niemand mehr auf.

Dieser Duft ist der LKW unter den Düften.

Zwei Sprühstöße halten bereits Tagelang an euch und über eine Woche an eurer Kleidung. Selbst nach dem duschen riecht ihr diese dunkle und mysteriöse Essenz noch. Für mich zweifelsohne das stärkste Parfum der Welt und ein ewiger Platzhalter in der Top 5 meiner besten Düfte.

Guten Riecher.

A.
8 Antworten
Duftrebellen vor 3 Jahren 10 3
8
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Die Schwarze Kirche
„Auf die Pferde!“ Schreit unser Führer. Wir satteln los gen Transsylvanien. Ein Gebiet mit großen Ländereien für uns alle. Ein Gebiet, das wir erobern werden. Weiden und Laubwälder dominieren das Landschaftsbild. Reiche Blumenwiesen prägen die Szenerie. Eine schöne Idylle für uns und unsere Sache.

Wir reiten und reiten, wir kampieren und essen. Wir haben Spaß, sind aber immer darauf bedacht, uns das zu holen, was uns zusteht.

Nach geraumer Zeit ziehen wir weiter und riechen immer mehr die lieblichen Blumen auf den weiten Wiesen dieses Landes. Immer mehr wird uns dargeboten, was bald unser sein wird. Sultan Mehmed ist sich seiner Sache sicher und wir noch mehr. Ich bin froh, einer seiner Reiter zu sein, die mit aller Kampfkraft versuchen, den Frieden unter unserem Propheten Mohammed herbeizuführen.

Rosen, Jasmin, Tuberose...All diese herrlichen Düfte, in Kombination mit unseren Pferden, den frischen Hölzern, Gras – Tödlich vereint mit dem kalten Stahl unserer Rüstungen, Schwertern und Pfeilen. Ein Konglomerat aus Gerüchen, die wir nie mehr vergessen werden.

Es fehlt nur noch der süße Geschmack des Sieges.

Nicht mehr weit zu den Stadtmauern. Dieser Vlad soll ein grausamer Herrscher sein, dem Einhalt geboten werden muss. Wir sind sein Tod.

Endlich sind wir da. Wir werden am Fuße eines Hügels nächtigen und so diesen Tyrannen belagern. Unser Angriff wird nicht mehr lange dauern. Ich esse etwas mit meinen Kameraden.

Es wird dunkel.

Ich wache auf und höre nur Schreie, metallisches Klirren und rieche Feuer. Ich schnappe mir sofort meinen Krummsäbel, ziehe mir notgedrungen meinen Harnisch über und springe aus dem Zelt heraus.

Vor mir dunkle Gestalten, im Lichte der Fackeln sehe ich nicht, ob Freund oder Feind.

Ich sehe nur noch im Augenwinkel einen Keule oder Knüppel auf mich zurasen.

Dunkelheit.

Als ich aufwache spüre ich 7 Jahre Schmerzen, konzentriert auf einen Punkt im Unterleib. Panisch sehe ich mich um. Überall dicke Speere. Pfosten. Pfähle. Angespitzt. Nicht angespitzt. Blut, Gedärme, Wimmern um mich herum. Ich hänge in der Luft. Neben mir meine Kameraden. Ich lebe – noch.

Der süße Geruch des Sieges. Nicht für uns. Nur der bittere, metallische Blutgeschmack im Mund. Der Tod ist gekommen um uns zu holen. Nicht diesen Tyrannen. Sondern uns, die doch nur den lieblichen Geruch der Blumen riechen wollten, die Früchte unserer Arbeit ernten wollten. Unsere geliebten Pferde auf den weiten Wiesen ausreiten. Diese Erde wird nicht unser sein. Sie wird nur mit unserem Blut getränkt werden.

Ich wollte nur etwas reicher sein als die anderen. Ich wollte nur etwas mehr haben, als das, was man zum Leben benötigt. Ich wollte mit meinen Freunden & Kameraden Geschichten und Legenden schreiben.

Aber alles was mir bleibt ist nur dieser Holzpfahl.

Hier, über allem schwebend sehe ich wenigstens, wie dieser grausame Bastard selbst seinen Kopf verliert. In Honig eingelegt wird er unserem Sultan dargeboten. O, du süß-bitterer Geschmack von Vergeltung. Jeder bekommt das, was er verdient. Der eine mehr, der andere weniger.

Begrabt mich und meine Kameraden in der Schwarzen Kirche. Dort werden wir die Zeit überdauern. Und unsere Geschichte wird hoffentlich der Nährboden für all diejenigen sein, die dieses verfluchte Land erobern wollen. Mit all seinem Reichtum und der tragischen Geschichte unseres Niederganges.
3 Antworten
Duftrebellen vor 3 Jahren 10 6
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Ein Abend in London, im 18. Jahrhundert - Alkohol, Rauch & Holzstühle
Das 18. Jahrhundert in London. Ein kleiner Abendspaziergang über die zerklüfteten Straßen, deren Schlaglöcher getränkt sind von tausenden kleinen Pfützen, in die gerne gesprungen und gefallen wird.

Ich, der Emporkömmling eines mittellosen Vaters und einer Dirne, habe nur die eine Flucht in meinem tristlosen und erbärmlichen Leben: Gin.

Mit ein paar Pennies in meinen Fäustlingen, festgekrallt, als ob sie meine Kinder wären, hechte ich nach getaner Arbeit direkt in meine favorisierte Taverne. Die Tür schlägt auf, mein Atem stockt für den Bruchteil einer Sekunde.

Rauch, Alkohol, Schweiß, ein Hauch Tierisches, vergraben unter dem hölzernen Fußboden, der schon viele dreckige Stiefel und kalte Winter erlebt hat.

Ich grüße die mir bekannten Nasen, darunter das versoffene Lumpenpack, das genau wie ich jeden Abend diesem Leben versucht zu entfliehen. Die Stimmung ist laut, trügerisch und nur der liebe Alkohol vermag es, die bittere Note in der Luft einzufangen und sich mit seiner beißenden Note darüber zu legen.

Ich setze mich an meinem Stammplatz auf den alten Harry. So nenne ich meinen treuen, aber in die Jahre gekommenen Holzstuhl, dessen Beine mehr Kerben aufweißt, als jene, die durch den ein oder anderen Tumult in die Eingangstüre geschlagen wurden.

Ich sage ja, dieser Schuppen hat so viele Geschichten erlebt, als ich Worte in meinem Wortschatz mein Eigen nenne.

An meinem Tisch sitzt noch niemand, heute möchte ich auch keinen Besuch. Ich will alleine mit mir sein. Alleine mit meinen Gedanken, die sich um die Stickigkeit des Lebens drehen.

Ich bestelle mir einen Gin. Nichts geht über Gin. Gin ist die Wurzel allen Glücks und nach nur 2-3 Drinks bin ich in einer Welt angelangt, in der alle Uhren auf 12 stehen. Alle Lichter die Fenster durchstrahlen. Alle Menschen still sind.

Endlich habe ich ihn. Ich stelle die Flasche auf meinen Tisch, öffne den Stopfen und genieße das Aroma von Wacholder, Pfeffer, zitrischen Noten und der geheimen Zutat, die meinen Atem ein weiteres Mal stocken lässt.

Die Aromen vermischen sich mit dieser alten, düsteren und lauten Taverne. Sollte ich in mein Glas einschenken? Oder direkt aus der Flasche trinken? - Die Entscheidung fällt leicht.

Ich setze die Flasche an, trinke morgens, trinke abends, trinke mittags, ich trinke und trinke. Vergesse meine Sorgen, vergesse meine Wut, ich vergesse alles, nur nicht dich - mein mir golden gewogener Gin.

Auf diesem meinen Stuhl sitze ich, die Flasche leer, die Decke strahlend, die Umgebung laut und leise. Ich versuche meine Gedanken zu ordnen, aber doch entfliehen sie meinem Kopf - Ich rufe, ich lache, ich weine, jeder einzelne Moment meiner Gedankenwelt breitet sich in dieser Taverne aus.

Langsam schließen sich die Augen. Langsam verstummen die Stimmen. Langsam entgleite ich dieser Welt.

Als ich aufwache, liege ich auf dem mir bekannten Holzboden. Eine Frau steht über mir und ich will einfach nur nicht mehr diese unbändigen Kopfschmerzen haben. Mir ist schwindelig. Ich kann kaum atmen.

Die Frau, die dort steht hält mir Babykleidung entgegen. Ich verstehe ihre Stimme nicht richtig, sie sagt nur etwas von Baby, Geld, Gin... Und ich erinnere mich daran, dass auch ich meine Pennies wie ein Baby halte.

Das ist mein Leben. Das ist mein Untergang.
6 Antworten
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