Duftsucht
Duftsuchts Blog
vor 5 Jahren - 20.12.2018
16 49

An Tagen wie diesen…

… da stehe ich in der Früh auf, mit vom ungenügenden Schlaf verquollenen Augen, taumel zur Kaffeemaschine, nur, um festzustellen, dass die Kaffeesatzlade voll ist. Auf dem Weg zum Abfalleimer und zur Spüle stolpere ich über einen Stuhl, den irgend jemand am Vorabend nicht ordentlich zurück an den Tisch geschoben hat. Mich beschleicht auf der Stelle der Verdacht , dass es sich beim Übeltäter auf jeden Fall nur um einen meiner drei männlichen Mitbewohner gehandelt haben kann.

Beim Auffüllen des Wassertanks bin ich durch den elenden Schmerz in meiner kleinen Zehe, die, weil ich barfuß durch die Wohnung tappte, in einem ganz sicher physiologisch so nicht vorgesehenen Winkel nach außen gebogen wurde, so abgelenkt, dass der Wasserstrahl die Kante des Behälters trifft und von dort mit ungebremster Kraft abprallt – mir mitten ins Gesicht. Heißa, nun bin ich wenigstens wach, sehe aber nicht mehr viel durch den kleinen Wasserfall auf meiner Brille.

Mein kleiner Sohn hat erste Stunde Ausfall – ich muss ihn aber trotzdem aus dem Haus kehren, weil um 8.00 Uhr die Möbellieferung mit seinem Überraschungs-Weihnachtsgeschenk aufkreuzt. Der Kleine ist beleidigt, weil er den Ausfall der ersten Stunde nicht ordentlich zelebrieren kann – es schwebte ihm ein Frühstück mit Eierspeise und Schinken vor – serviert von seiner ihn liebenden Mutter. Mit Müsli zwar gesättigt, aber nicht befriedigt, verlässt der erste mit säuerlicher Mine das Haus. Der 15jährige hat offenbar das andere Geschlecht entdeckt und lässt sich weder durch Locken, Drohen oder an die Türe Trommeln dazu bewegen, die Dusche vor Ablauf von mindestens 20 Minuten zu verlassen.

Mein Mann verlässt das Haus, nicht ohne mir eine Liste zu hinterlassen mit allem, was noch bis Freitag in Sachen Weihnachten erledigt werden muss, wie zum Beispiel stapelweise Briefe zur Post bringen (die er dankenswerter Weise schreibt), die aber in drei Kontinente verschickt werden müssen und die bei unserem lokalen Postamt jedes Mal wieder zu großer Verwirrung führen. Meinen etwas bissigen Vorschlag, ob er sich bis zum nächsten Weihnachtsfest nicht als Hobby Langstrecken-Brieftaubenzüchten zulegen könnte, um von der Post unabhängig zu werden, nimmt er mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck und einen gemurmelten „Sehr witzig“ zur Kenntnis, nur, um mir umgehend die rhetorische Frage zu stellen, ob ich noch in Erinnerung hätte, dass er am Abend bei der Weihnachtsfeier ist. Ha, natürlich hatte ich das vergessen und während ich fieberhaft überlege, wie ich meine Arbeit umorganisieren kann, damit die Kinder nicht einen dritten Abend hintereinander von Nudeln mit Käse leben, kommt der Große endlich die Stufen hinuntergeschlapft – um mit grießgrämiger Mine zu fragen, wo der Stollen für die Weihnachtsfeier in der Schule hinterlegt sei. Ja, wo denn bloß: NA NIRGENDS!!! Nach dem üblichen Kritikgespräch „Aber Mama, das habe ich dir sicher gesagt!“ „Ja, natürlich bin ich selbst dafür verantwortlich, aber ich hatte kein Geld“, „Ja, um Geld hätte ich dich fragen können, aber du bist ja nie da“bis zur ultimativen Moralkeule „Dann bin ich halt das einzige Kind, bei dem sich die Eltern um NICHTS kümmern“ , ist erstaunlicherweise mein schlechtes Gewissen wegen der abendlichen einseitigen Ernährung meiner Söhne auf den Nullpunkt GESUNKEN. Das Pubertier verlässt das Haus, ausgestattet mit Geld und der Information, dass der Bäcker bereits geöffnet hat und einer selbständigen Stollenbeschaffung seinerseits nun nichts mehr im Wege stünde, ebenfalls mit säuerlichem Gesichtsausdruck.

Tja, das schaffe ich nicht an jedem Tag, innerhalb von einer knappen Stunde gleich alle drei meiner männlichen Mitbewohner zum gleichen Gesichtsausdruck zu verleiten!

Ich eile in die Dusche, um 3 Minuten später festzustellen: Es gibt sie tatsächlich, die überpünktlichen Handwerker! Nass und nackt hüpfe ich aus der Dusche, brülle ein hektisches „Einen Moment bitte“ in Richtung Haustüre und versuche, gleichzeitig mit der einen Hand ein T-Shirt überzuziehen und mit der andern Hand in eine Jogginghose zu schlüpfen. Diese akrobatische Einlage überfordert meine koordinativen Fähigkeiten und ich knalle unsanft mit dem Ellenbogen gegen die Wand. Natürlich genau an der Stelle, wo man Sternchen sieht. Notdürftig bekleidet öffne ich zwei feixenden Handwerkern die Türe – die sich aufgrund meines Schmerzensschreis gefolgt von Ausdrücken, die im amerikanischen Fernsehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem PIIIEP überblendet werden, mit Sicherheit ziemlich genau ausmalen konnte, was auf der anderen Seite der geschlossenen Türe los war. Die beiden (mit Zipfelmützen ausgestatteten) Männer betreten mit ihren Paketen die Wohnung – der eine um ein Haar auf meinen BH, den ich bei meinem „Akrobatik für Anfänger“ offenbar mit dem Handtuch vom Sessel fegte. Nun bin ich auch noch knallrot im Gesicht, während ich kniefallartig mit einem gemurmelten Nasowas das schöne Stück vor den Männerfüßen inSicherheit bringe. Die Männer feixen noch mehr, während ich mich mit den kläglichen Resten meiner Würde in ein Nebenzimmer zurückziehe, um mich etwas repräsentabel zu machen.

Das Weihnachtsgeschenk für den Filius ist aufgebaut, die Zipfelmützenträger haben das Haus verlassen und ich hoffe, dass ich das Schlimmste vom Tag nun schon hinter mir habe.

Viel zu spät dran für die Arbeit, beschließe ich spontan, den Tag einfach noch einmal für mich zu beginnen. Ganz in Ruhe richte ich mir meine erste Tasse Kaffee, schlendere zu meiner Parfumschublade, nehme einzelne Flakons in die Hand, rieche bei zweien am Sprühknopf, entscheide mich doch dagegen, trinke einige Schluck Kaffee –und dann wird meine Hand angezogen von einem Flakon, der erst gestern bei mir landete: Amber von Roja.

Beim ersten Testen gestern Abend entlockte er meinem 15 jährigen ein überraschtes „Wow, dass riecht geil, voll nach Schoki!“, ließ meinen 12jährigen ganz nahe an mich herankuscheln, um auch etwas von dem Duft zu erhaschen und zauberte dem besten Ehemann von allen ein freudiges, genießerisches Lächeln auf die Lippen.

Und so ist die Welt plötzlich wieder im Lot, auch an einem Tag, der wie dieser hier begann!

Euch allen hier frohe Weihnachten!

Eure Duftsucht

16 Antworten

Weitere Artikel von Duftsucht