Duftsucht

Duftsucht

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1 - 5 von 137
Duftsucht vor 10 Monaten 20 11
10
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Kräutergarten am Meer
Der Sommer kann kommen. Wenn die Hitze flirrend über den Feldern steht und die eigenen Lippen salzig schmecken, dann ist die Zeit für Eau de Gloire Cologne gekommen.

Es umhüllt mich mit vielfarbiger Zitrik, in der sich Süße, Säure und Bitterstoffe perfekt die Waage halten. Diese Harmonie, die für mich große Parfümeurskunst ist, behält der Duft bis zum Schluss. Andere mögen es langweilig finden, wenn ein Duft von Anfang bis Ende seinen Charakter beibehält – ich habe aber zu oft schon schwer geseufzt, wenn ein an sich schöner Duft urplötzlich und unmotiviert abbog, um es sich in wattig-süßem Moschus gemütlich zu machen oder in einer Ladung Sägespänen zu versinken.

Bei meinem schönen neuen Liebling aus dem Haus Parfum d’Empire ist das nicht der Fall. Es gesellen sich fast unmittelbar wunderbar natürliche Kräuternoten zu der anfangs bestimmenden Zitrik. Kräuter, wie sie im mediterranen Klima gedeihen, mit einer leichten Bitternote, die dem Duft herrliche Frische verleiht. Es ist nur eine Assoziation, der Duft ist weit davon entfernt, salzig oder aquatisch zu sein, aber für mich riecht es wie wilde Kräuter in einem aufgelassenen Hain von Zitrusfrüchten, hoch oben in karger steiniger Landschaft mit Blick aufs Meer.

Etwas Körper erhält Eau de Gloire Cologne durch einen Hauch von Weihrauch, der den Duft eventuell etwas länger präsent bleiben lässt, ohne ihm von seiner wunderbaren Leichtigkeit zu nehmen.

Für alle unter euch, die Granville von Dior kennen: Dieses neue Sommerkind von Parfum d’Empire geht in eine ähnliche Richtung, löst bei mir aber weniger Assoziationen von Küchengarten aus. Ich finde Eau de Gloire Cologne eleganter, schlanker, weniger erdig und einen rundherum gelungenen Duft für heiße Tage.
11 Antworten
Duftsucht vor 2 Jahren 17 5
8
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Sommerwiese in flirrender Hitze
Sorgfältig muss ich mein Plätzchen in der Wiese wählen - erfüllt doch das Summen unzähliger Bienen und Hummeln, die vom voll erblühten wilden Thymian magisch angezogen scheinen, die Luft. Wenn ich mich dann mit meinem Buch in der Hand endlich vorsichtig niederlasse, werde ich vom Duft der wilden Wiesenkräuter, der in der gleißenden, stehenden Hitze des Hochsommertags wie eine Decke über der Erde liegt, umhüllt. Das ist für mich "Granville". Lange hatte ich überlegt, ob ich den Duft wirklich kaufen will, denn in der Tat: er ist mit seiner Anmutung von üppigen Kräutergarten oder Gewürzmischung kein Parfum, das ich normalerweise tagsüber tragen würde. Für mich ist die schöne Bergamotte, die ganz zu Beginn einen frischen Zitrusduft verheißt, innerhalb von Minuten verflogen und es bleiben herbbittere Kräuter und eine Spur harzverklebtes Holz.
Und dennoch: sind es nicht genau die Düfte, die Erinnerungen heraufbeschwören, die uns am meisten begeistern? Als ich las, dass Dior diesen Duft einstellen wird und mein (jahrelanges) geduldiges Warten auf einen kleineren Flakon wohl umsonst sein wird, bestellte ich zum ersten Mal eine der überdimensionierten großen Flaschen. Seitdem verwandelt sich mein Bett am Abend magisch in die ursprüngliche rauhe Blumenwiese meiner Kindheit, damals, als die Sommer noch endlos schienen und die Stunden träge verrannen, ohne, dass wir sie zählten.
5 Antworten
Duftsucht vor 3 Jahren 13 6
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Flakon
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Sillage
4
Haltbarkeit
8
Duft
Die Handschrift des Meisters…

… sie ist schlicht, schnörkellos und etwas distanziert. Ich habe einige Düfte von Jean-Claude Ellena in meiner Sammlung – es mag ein Zufall sein, aber alle haben eines gemeinsam. Sie wirken auf mich wie die stark stilisierte Umsetzung einer Idee aus der Natur. Ich denke an Ikebana, die kunstvollen japanischen Blumengestecke mit ihrem präzisen Minimalismus, der sich strengen Regeln unterwirft. Eine freiwillige Selbstbeschränkung auf das Wesentliche, die mir sehr gefällt.

Bergamote von The Different Company macht für mich da keine Ausnahme. Im Zentrum steht, kunstvoll ins Licht gerückt, die namensgebende Bergamotte. Nun könnte man etwas sarkastisch bemerken, das war’s eigentlich, aber damit würde man diesem ätherischen Duftgebilde dann doch Unrecht tun. Der Bergamotte wurden vom Meister des Understatements einige zart-pastellene Helferlein zur Seite gestellt, ein Pinselstrich von Ingwerschärfe, ein Tupfer Grün, ein Hauch Blume, ein Anflug von Säure.
Diese zusätzliche Säure ist das, was ich an dem Duft am wenigsten mag. Zu Beginn wirkt sie fast essig-sauer, die Pyramide identifiziert sie als Rhabarber, mich erinnert sie lustigerweise im Verlauf mehr an den Geruch von Gemüseaspik. Nach einiger Zeit rückt diese für mich unerwünschte Komponente in den Hintergrund und es bleibt ein transluzenter, zurückhaltender Duft zurück.
Aufsehen wird man mit ihm wohl kaum erregen, die Sillage schätze ich als praktisch nicht-existent ein. An Tagen, an denen ich etwas duftmüde bin oder nach einer unruhig durchwachten Nacht ist er aber ein perfekt ausgeglichener und damit beruhigender Begleiter.
6 Antworten
Duftsucht vor 3 Jahren 27 16
8
Flakon
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Sillage
4
Haltbarkeit
9
Duft
Die duftenden Schatten der Vergangenheit

Als mich meine damals 70jährige Mutter in Washington D.C besuchte (eine Reise, für die sie tatsächlich extra Englisch lernte und das so gut, dass es für Konversation vollkommen ausreichte!), kam irgendwie die Rede aufs Älterwerden. Der schönste Satz, der damals fiel und den ich nie vergessen werde, kam aus ihrem Mund: „Weißt du Kind, ich denke, nun kann ich ja wohl doch allmählich für mich in Anspruch nehmen, langsam erwachsen zu werden…“ Es liegt also vielleicht einfach in der Familie, dass älter werden auch für mich normalerweise gar kein Thema ist. Aber letzthin durchfuhr mich urplötzlich die Erkenntnis, dass tatsächlich die Hälfte meines Lebens bereits hinter mir liegt. Auslöser dafür war ausgerechnet dieser schlichte Duft.
Chèvrefeuille kaufte ich als Gymnasiastin von meinem nicht sehr üppigen Taschengeld. Die Parfums von Yves Rocher, die damals auf den Markt kamen, habe ich allesamt in eher verklärter Erinnerung, aber dieses eine ist es, das mich beim Abschrauben des Deckels mit einer Vehemenz in die Vergangenheit zurück katapultierte, die fast schmerzte. Denn nicht nur schöne Erinnerungen kommen da zutage, sondern auch einiges, was damals im Tumult der Pubertät schrecklich und nicht wieder gut zu machen erschien: etwa der erste „feste“ Freund, der sich dann als doch nicht so haltbar entpuppte wie gedacht…
Chèvrefeuille war der Duft dieser Sommer, er begleitete als Konstante das Auf und Ab der Gefühle. Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich immer, wenn ich den Schüttflakon aufschraubte (ich hatte noch den mit dem nach oben gedrehten Deckel, der auch als Referenzfoto hier auf der Seite ist), zuerst das Fläschchen direkt an die Nase hielt und tief einatmete. Es gibt Parfums, bei denen man das besser nicht macht – außer, man möchte sicherstellen, dass man danach für einige Zeit gar nichts mehr riecht. Bei diesem zarten und präzise gearbeiteten Duft ist es der reinste Genuss! Ich liebe den Duft der Natur: Flieder, Rose, Lavendel, Narzissen, Veilchen – eigentlich wartet alles Blühende meiner unerschütterlichen Überzeugung nach nur darauf, dass ich meine neugierige Nase hineinstecke. Bei Parfums bin ich allerdings meist eher ein Fan komplexer Düfte und habe etwa mit zu deutlichem Flieder - oder Veilchenanteil meist ein Problem.
Das Geißblatt, das in diesem Flakon wohnt, ist eine Ausnahme. Die Spur Zitrus, die besonders zu Beginn für etwas Frische sorgt, nimmt die normalerweise honigartige Süße des Geißblatts zurück und schenkt dem Duft fröhliche Leichtigkeit. Doch eigentlich ist hier der Name Programm: Wundervolles echtes Geißblatt pur vom Beginn bis zum (raschen) Ende. Für mich eher kein Parfum, sondern wirklich ein natürlicher Duft, den ich gerne auch bei großer Hitze trage, wenn viele andere Düfte mich überfordern.

Lange schon ist Chèvrefeuille nun ein Schatten der Vergangenheit – ich hatte das große Glück, hier im Souk noch einmal einen Flakon zu ergattern, der mir diese nostalgische Reise in meine Jugend ermöglichte. Nun da sich der Inhalt des Fläschchens zu Ende neigt, wollte ich ihm doch noch eine kleine Hommage widmen, dem duftenden Freund, dem Seelentröster, dem treuen Begleiter turbulenter Jahre…
16 Antworten
Duftsucht vor 3 Jahren 18 5
9
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Lockt die Frühlingssonne heraus!


Der kleine Lapsus des Wetters, nach Ostern noch einmal ein wenig Winter zu spielen, kann mich nicht davon abhalten, meine Sommerdüfte nach vorne zu räumen und bei der Gelegenheit auch gleich wieder durchzutesten.
Néroli Amara kam als Abfüllung direkt vor einem Sommerurlaub am See zu mir und wanderte ungetestet sofort mit ins Reisegepäck. An einem schwülheißen Sommertag, kurz bevor ein heftiges Gewitter Abkühlung brachte, dachte ich, die Stunde des Duftes sei gekommen. In Erwartung eines zitrisch-frischen ätherisch-leichten Duftes sprühte ich nicht vorsichtig aufs Handgelenk, sondern nebelte mich großzügig ein.
Der Beginn war, wie ich es mir an diesem stickigen Tag erhofft hatte: Frische Zitrusnoten mit einer deutlichen Bergamotte und einer schönen Prise Pfeffer, den ich in Düften sehr schätze. Und doch sind die Komponenten deutlich kompakter gebaut, als ich es mir für den Hochsommer gewünscht hätte. Von Anfang an kennzeichnet eine gewisse Dichte den Duft, die im Lauf der Zeit zunimmt und ihn cremig werden lässt. Während ich auf dem schattigen Balkon Zuflucht vor der brütenden Hitze suchte, wurde mir Néroli Amara zunehmend unangenehm. Die Orangenblüte legte sich mit nicht vorhergesehener Vehemenz wie ein zu dichter Schleier um mich, die Frische des Starts war nur mehr der Schatten einer Erinnerung. Erst als der Vorwind des Gewitters die ersten Böen schickte und den Schleier wegfegte, konnte ich den Duft wieder genießen.
Seitdem ist Néroli Amara für mich kein Sommerduft mehr, sondern wird gerne im Frühling getragen – und ab und zu im Winter an grauen, nasskalten Tagen, um in meiner Phantasie das Gefühl von Frühlingssonne und die damit einhergehende Hochstimmung hervorzurufen.
So wie heute, während der kalte Regen ans Fenster prasselt und ich, an meinem Küchentisch sitzend, mich am hellleuchtenden Gelb der Forsythien und Osterglocken in meinem kleinen Garten erfreue. Dann ist er perfekt und schürt in mir die Vorfreude auf heiße Sommertage. Die wunderbare Orangenblüte, die nicht durch Holz, grüne Noten oder gar Moos in Schach gehalten wird, schwebt sachte und durchscheinend über meiner Haut und begleitet mich über Stunden.

Ein schlichter, anmutiger Duft, der die Lieblichkeit der Orangenblüte perfekt inszeniert.
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