Dunkelblau68

Huch? Nejma ist kein Unisex-Duft?
Ich glaube, ich würde Nejma sehr gerne auch an einem Mann riechen. Ja, er ist orientalisch, süß, hat aber auch eine ordentliche Portion Würze.

Den Start bildet bei mir ganz eindeutig eine sehr spritzige Grapefruit, mir viel lieber als zu saure Zitronen, weil sie frisch und bitter ist.
Gleichzeitig ist da noch eine süßlich-herbe Note, die ich so nur von Tabak kenne. In den 80ern haben wir unseren Zigarettentabak mit einer Sorte namens "Buccaneer" aufgepimpt, einem Tabak mit Whiskey-Aroma. Die Zigaretten schmeckten zwar nicht unbedingt besser, aber sie rochen besser, nämlich nach Pfeifentabak. Auf jeden Fall bildete ich mir ein, meine Eltern hätten mein heimliches Rauchen (ich war 16! Schande!) nicht mehr ganz so unmittelbar anhand des Qualmgeruchs über dem Waschmittelduft meiner Jeansjacke identifiziert. Pfeife rauchend oder gar Whiskey trinkend konnten sich meine Eltern ihre Tochter wohl nicht vorstellen...
Nun, ich rauche schon eine Ewigkeit nicht mehr, aber besonders diesen gar nicht aufgeführten Tabakduft, und zwar den des frischen, noch feuchten Tabaks, rieche und mag ich sehr gerne in Nejma.

Genug vom Rauchen, denn beim Parfum geht's ja auf meinem Handgelenk noch weiter, nämlich mit Kakao. Mit warmem Kakao. Haben wir auch als Jugendliche oft getrunken. 2,50 DM, heiß und mit Sprühsahne drauf (dazu natürlich geraucht, ging ja in den Kneipen noch ;0) ).
Die Grapefruit hat sich jetzt von meinem Handgelenk verabschiedet, und dieser Tabak-Kakao-Duft macht sich mächtig breit. Wahrscheinlich ist es Neroli, die das Ganze noch mit einer süßlichen Frische auffüttert und dafür sorgt, dass es nicht etwa muffig wird, sondern die Anfangsfrische der Grapefruit in ähnlicher Form bleibt. Kokosnuss nehme ich nur schwach wahr, vielmehr wandelt sich der Kakao- in einen Kakaobutterduft, cremig und sauber.
Es dauert ein Weilchen, bis die holzigen Noten und der Moschus ihren Auftritt haben und ich glaube, zum ersten Mal bewusst Oud zu schnuppern. Mmmhhh!

ich mag den Duftverlauf von Nejma 7 sehr gerne, er erinnert mich immer wieder an meine sehr junge Jugend. Dieses olfaktorische Zusammenspiel hatte ich so lange nicht in der Nase: Heimliche Zigaretten, heißer Kakao, eine frisch gewaschene Jeansjacke, die ich noch immer habe und ein paar Tropfen Möchtegern-Patchouli-Öl (es war niemals echt) aus dem Teeladen hinterm Ohr.
Ich würde jetzt, nach Mitternacht, am liebsten alte Freunde anrufen.

Aber: Nejma ist bestimmt kein 80er Jahre-Duft.
Die habe ich viel, viel schwerer in Erinnerung; an mir hält er ordentlich und bewahrt sich eben bis zum Schluss diese schöne Frische.

Leider oder zum Glück kann ich mir für den Preis eines Flakons viele Grapefruits, Tabakpackungen (nur zum Riechen!) und sogar eine Jeansjacke kaufen, Kakao mit Sahne bestellen sowieso...
Deswegen nehme ich mit meinen Erinnerungen und meiner halbleeren Probe vorlieb.

Ich habe in meinem Garten eine Kletterrose; nach dem Namen musste ich gerade nochmal googeln:
"New Dawn". Ja, das ist sie. Groß, hellrosa, fluffig-puschelig wegen der vielen Blütenblätter. Und unter vielen Fotos, die auftauchen, ist zu lesen: " extrem frosthart".
Jetzt muss ich grinsen, denn es passt zu meinen Rosen, die wirklich bis in den tiefsten Winter blühen, und es erinnert mich an For Her. Dazu später, vor allem zu der Frosthärte. ;0)

Im Spätsommer, wenn unser Rosenbogen sich fast verbiegt ob der Blütenpracht, stehe ich oft abends da und stecke meine Nase ganz tief in diese Blüten. Das ist für mich der perfekte Blütenduft: zart-süß, irgendwie klar und doch dunkel, auf jeden Fall so unendlich tief, unschuldig, vornehm und doch sexy. Ich weiß nicht, was mit meinen Synapsen in dem Moment los ist, aber wahrscheinlich ein kleines Feuerwerk.

Wegen dieser Rosenleidenschaft bin ich auf For Her gestoßen. Es war nach einem Urlaub, auf der Durchreise in Como, in einem ziemlich noblen Kaufhaus. Mann und Kinder, die nur in die Lebensmittelabteilung wollten, vorneweg, ich hinterher. Ahhhh! Parfum! Oh! Schöner Flakon, rosarot! Stopp! Pffffft...
Ohhhhh, die Rose! Morgen sind wir nach drei Wochen zu Hause, dann kann ich wieder im Garten schnuppern gehen.
For Her mochte ich also sofort wegen der Rosenouverture, den Übergang zu Moschus und ein bisschen Patchouli empfand ich im Hochsommer als perfekt. Er war mir aber egal, weil es einfach ein EdP war, das auch an unserem Rosenbogen hätte hängen können. Rose pur.

Wieder in Deutschland bestellte ich ihn sofort.
Jetzt allerdings entpuppte er sich etwas anders.
Die Rosen aus der Kopfnote bleiben bei mir bis der Duft abgeklungen ist, was sehr lange dauert und mich eigentlich glücklich machen sollte, ich schätze satte 12 Stunden lang. Aber sie bleibt auf meiner Haut ein bisschen... säuerlich? Der Pfirsich sagt zu Beginn Hallo, verschwindet aber bald wieder. Nach einigen Stunden, wenn die warmen Facetten von Patchouli und Sandelholz es sich bequem machen, wird er ganz kuschelig.

Aber: Ich glaube, an anderen Frauen kann er noch viel, viel mehr. Der Duft wirkt bei mir etwas - wie soll ich es beschreiben - ausgebremst, oder er bremst mich aus, wenn ich ihn im falschen Moment trage.
Er erinnert mich manchmal an eine englische Dame, selbstbewusst, in edle Materialien gehüllt: ein zartes Cashmere-Jäckchen, die Bluse in den Rock gesteckt, auf dem Sofa immer sitzend, nie liegend.
Ab und zu zieht sie aber die hohen Schuhe zu Hause aus und freut sich, wenn sie barfuß durch ihren Garten läuft und auf ihre allmählich ältlichen Tage feststellt, dass sie Rockmusik mag. Das sollten die Nachbarn aber weder sehen noch hören, denn die Dame ist disziplinierter als sie es in Wahrheit sein möchte, etwas zu frosthart eben.
For Her trage ich selten und äußerst sparsam dosiert, da er nur selten zu meiner Stimmung passt.
Aber wenn der richtige Momemt gekommen ist, ist er stark, großartig, rosig, und der einzig Richtige.

Ich glaube, diesen Duft würde Juliette während ihres wöchentlichen Bauch-Beine-Po-Kurses tragen.
Ihr Gewehr hätte sie im Spind gelassen, und sie würde auch nach 45 Minuten im Gegensatz zu den anderen Schwitzenden in der Halle so riechen, als habe sie bereits schon geduscht: sauber, frisch, gut gelaunt, noch bereit für einen langen, fröhlichen Abend, während die anderen vorm Fernseher liegen.
Im Ernst: Anyway duftet auch an mir, als wäre ich gerade aus der Dusche gekommen. Das Duschgel könnte hellgrün oder leuchtend blau sein und "Morning Booster 2in1 Men" heißen.

Den Auftakt bilden bei mir Limette und Neroli, sehr frisch, fast kühlend.
Die Herznote bilden bei mir Limette und Neroli und
die Basisnote bilden bei mir Limet... - Nein, ich weiß nicht, die Basisnote glänzt auch nach vielen Stunden auf meinem Handgelenk durch Abwesenheit, nachdem der Jasmin aus der Kopfnote nur kam um zu sagen, er müsse eigentlich sofort wieder gehen, ohne die Jacke auszuziehen.
Das ist sehr schade, nach der vielversprechenden
Ouvertüre. Den angekündigten Ambrox (ist das synthetisches Wal-Verdauungstrakt-Ihbabah?) kenne ich nicht, aber warme Moschusnoten mag ich nach einem Zitrusanfang gerne, wenn sie den Duft beruhigen und ihn wärmer machen. Und der Moschus kommt nicht. Alles bleibt zwar ganz angenehm, aber auch nur zitronig.

Wäre "Anyway" nicht so teuer, könnte ich ihn mir als Sportduft vorstellen, er macht mich richtig hibbelig.
Aber da er an mir kaum einen Duftverlauf entwickelt, finde ich ihn etwas zu langweilig und oberflächlich.
Für all diejenigen, bei denen er sich facettenreicher zeigt, gibt es zwei Riesenvorteile:
ordentliche Haltbarkeit und einen sehr schönen Flakon.

Vielleicht passiert ja auch noch etwas und Herz- und Basisnote kommen heimlich, wenn ich gleich schlafen gehe. Zu spät - Pech gehabt.

Achtung, dieser Kommentar ist weniger, nein, wenig hilfreich, denn ich beschreibe nicht den Duft...
Yendi ist eines der ersten EdP, mit denen ich mich beschäftigte. Ich muss 14 gewesen sein und kannte nur die Flakons meiner Mutter: Nr.5 von Chanel, L' Air Du Temps Von Nina Ricci und irgendwas Schwülstiges von YSL, das sie benutze, wenn meine Eltern eingeladen waren und meine Mutter Wimperntusche auftrug.
Und irgendwoher hatte ich auf einmal diese Mini-Miniatur von Yendi, ein 2cm-Flakönchen.
Ich liebte diesen Duft. Kann ihn nach all den Jahren nicht mehr einordnen, vielleicht ähnelte er ein bisschen Rive Gauche. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass eine Duftnote dominant war.
Vielleicht war es einfach eine tolle Komposition...
Ich weiß noch genau, wie ich versucht habe herauszufinden, was DAS war. Es stand nur "Yendi" darauf, vielleicht war ein kleines Etikett schon weg, die Verpackung sowieso.
Ich fragte meine Tante, als Stewardess natürlich mit diversen Düften vertraut und die potentielle Besorgerin für mich.
- Wie? Yendi? Gibt's nicht. Du meinst Fendi!
- Neiiiiiiin da steht Yendi drauf. Mit Y!!!!
- Nie gehört.
Natürlich hätte ich in eine Parfümerie gehen können um nachzufragen. Da aber meine Tante auch die Quelle meiner Düfte war (Duty Free, New York, die große weite Welt...), gab ich sehr schnell auf. Für eine Parfümerie hätte ich sowieso kein Geld gehabt, und ich dachte irgendwann, dass dieses Yendi vielleicht irgendein Möchtegern-Fake-EdP war, nichts was man an Flughäfen und in glitzernden Metropolen kauft.
Ich habe die Miniatur aufgebraucht und hätte das kleine Fläschchen damals am liebsten ausgewrungen, um an den letzten Vierteltropfen zu kommen. Was daraus wurde, weiß ich nicht mehr, aber der leere Flakon duftete noch ewig, jahrelang. Vielleicht ist er noch irgendwo im Haus meiner Eltern.
Und dann, über 30 Jahre später, entdecke ich ihn hier! Sofort am Logo erkannt! Boah!!!! Das ist echt ein tolles Gefühl.

Ob ich ihn auch am Duft wiedererkennen würde, weiß ich nicht.
Aber damals war es eine echte Leidenschaft mit mir und meinem Minimininiyendi...

Ich habe meine wenigen Düfte, die ich hatte oder habe, noch nie ausschließlich in den damit assoziierten Jahreszeiten getragen. Im Gegenteil: in den 90ern Sun im Winter, J'Ose von Eisenberg, meinen Weihnachtsmarktduft, im Sommer.
Die liebe Süchtig aus dem Forum hat mich jetzt mit einem Fläschchen L'Eau de l'Hermine versorgt. Danke!
Ich war sehr gespannt.
Ja, ein Frühlings- oder Sommerduft ist er wohl. Das, was mir im Winter an langen Tagen fehlt, die Leichtigkeit, besitzt er definitiv.
L'eau de l'Hermine startet bei mir auch sehr, sehr spritzig-herb. Es könnte Kohlensäure darin, sein, fast bitzelt er auf der Haut... Er hat zu Beginn etwas Grünes, sogar ein bisschen Aquatisches Mag ich sonst gar nicht an mir, aber ich stelle mir vor, dass die Parfumeure von Lostmarc'h, die ja in der Bretagne direkt änder Küste ansässig sind, die Bergamotte-Früchte (oder heißt es Bergamotten? Ihhh, bitte nicht!) und Grapefruits vor deren Verarbeitung im bretonischen Meerwasser gewaschen haben und bin versöhnt.
Die Bergamotte rieche ich ganz deutlich heraus, am Anfang überdeckt sie mit ihrer Grapefruit-Verbündeten den Lavendel.
Der kommt erst später dazu und gibt dem Ganzen diese - tja, wie duftet Lavendel?...-
blumige, holzige und nicht zu süße Note. Er hilft Hermine, die Kurve zu kriegen, weg von der Limonade und dem Meerwasser.
In einem Rezept für eine französische Zitronentarte verwendet Yotam Ottolenghi auch Lavendelblüten, schon im Teig, wo sie den Walnüssen und Mandeln beigemischt werden, später auf dem Zitronentopping. Lecker! Googelt mal...
Auch deshalb ist L'eau de l'Hermine für mich ein sehr französischer Duft, der nicht zu süß wird.
Ein französischer Parfumeur wunderte sich einmal, dass der doch den Männern vorenthaltene Lavendel immer häufiger von Frauen verwendet werde. Kurzum: kein Zuckerblümchen in Hermine auszumachen, vielleicht ist er unisex. Könnte passen.
Bei mir hält sich die Zitrus-Lavendel-Note ziemlich lange, und beim ersten Testen war ich schon etwas enttäuscht, weil ich dachte, den weiteren Duftverlauf nicht mehr zu erkennen.
Aber dann, wenn die etwas vorlauten sauren Früchte sich in den Hintergrund verziehen ohne zu verschwinden, kommt für mich die wahre Qualität des Duftes zum Vorschein: der Übergang ins zart-vanillige, samtige von Heliotrop und Moschus.
Ich vergaß: An die Zitronentarte kommt natürlich auch echte Bourbon-Vanille.

Sillage und Haltbarkeit sind bei mir mittelmäßig, den Flakon mit dem kleinen Hermelin finde ich aber wunder-, wunderschön... und witzig:
Mutig, ein Hermelin in einen Parfum-Namen einzubauen. "Hermine" klingt so, wie der Duft riecht. Könnte auch ein schöner, klassischer, seltener Vorname sein, heißt aber tatsächlich Hermelin, wie das possierliche Tierchen auf dem Flakon.
Dass dessen Wasser gut riecht, wage ich zu bezweifeln. Hermelin-, Iltis-, Marderpipi,... Puhhh!
Ein Grund mehr, das EdP mal zu testen, denn es ist natürlich vollkommen anders!
Lostmarc'h traut sich was.

P.S.: Habe ganz Deutschlands Online-Parfümerien abgegrast und ihn schließlich direkt bei Lostmarc'h in der Bretagne bestellt. Beim Bestellvorgang sollte ich zustimmen, ihn in einer Recycle-Verpackung zu erhalten. Leider (oder zum Glück für die Finanzen) kein Pröbchen dabei, dafür Muscheln und Schnecken. Das passt!!!