EnCiel1

Sheer heißt rein, unvermischt. Eine reine, unverfälschte Schönheit soll sich da an meinen Arm klammern? Aha. Nun, mein Schönheitsbegriff ist doch leider ein anderer, weswegen ich dafür plädiere, die andere Variante der Übersetzungsmöglichkeiten zu wählen. Vielleicht liegen wir auch falsch damit gleich die positivste Variante der Übersetzungsmöglichkeiten zu wählen. Sheer kann genauso bedeuten: dünn, durchscheinend, durchsichtig. Das passt doch schon eher. Denn von Schönheit ist hier für mich nicht mal im Ansatz die Rede!

Die Kopfnote beginnt noch einigermaßen vielversprechend (zumindest nachdem die erste starke männlich anmutende Alkohol-Eau de Cologne Note verflogen ist). Fruchtig-prickelnd. Natürlich synthetisch, aber damit komme ich noch einigermaßen klar. Es erinnert mich an die typischen Escada-Auftakte. Hier kann ich Pfirsich (auch wenn die obige Duftpyramide was anderes sagt, wird in der dazu gehörigen CK-Werbung mit diesem Pfirsich-Auftakt geworben)Bergamotte und Bellini erkennen. Doch anstatt sich für diesen durchwachsenen Anfang zu entschuldigen wird die Herznote aquatisch-beißend und erinnert mich unangenehm an Cool Water Woman (und ich mag diesen Duft nicht, brrrrrr!) Die einzelnen Blüten sind nicht erkennbar. Es ist ein purer Einheitsbrei. Das Ende ist nicht minder kläglich. Billiges Rasierwasser. Wo sind die versprochenen cremigen Hölzer auf die ich all meine Hoffnungen gelegt habe? Leere Versprechen. Leer und falsch wie der Titel und die damit verbundene Verheißung dieses Parfüms...

Süß-frisch-aquatisch-männlich. Ich habe das Pröbchen an meine Mutter weitergegeben. Sie ist eher der burschikose Typ und hat eine gänzlich andere Hautchemie. Bei ihr riechen meine Parfüms prinzipiell anders. Vielleicht hat sie ja Glück...

Die Haltbarkeit lässt bei mir auch sehr zu wünschen übrig, eine Stunde, dann ist der Spuk vorbei. Undiscoverable...

Hierbei, meine Damen und Herren, handelt es sich um einen warmen und sehr intensiven Gourmandduft! Doch der Titel ist für mich eher irreführend, da nicht die Vanille tonangebend ist, sondern die Schokolade!

Für mich ist die hier angegebene Duftpyramide fast gänzlich falsch. Denn zunächst nehme ich nur Schokolade wahr. Da verfällt man fast in einen Schokoladenrausch, so intensiv und lange bleibt dieser Geruch an einem hängen. Naja, zumindest habe ich keinen Heißhunger mehr. Danach tritt Patchoulie hinzu. Eine Annäherung an Angel ist für mich hier nur die logische Konsequenz, da diese Inhaltsstoffe auch bei Mugler für mich am stärksten hervortreten. Wo ist die angegebene Mango? Das muss das marmeladig-klebrige im Hintergrund sein. Leider empfinde ich das eher als unangenehm, doch wer Schokolade mit Gelée-Füllung mag könnte hieran seine helle Freude haben. In der Basis bleibt dann die Assoziation an einen langen Backtag in der Weihnachtszeit hängen. Butterkekse und Vanillekipferl würde ich sagen. Das Mehl hängt noch an den Wangen der erschöpften Mutter, doch die Kinder strahlen...

Mein Fall ist dieses Parfüm nicht! Doch ich bin auch ein Angel-Hasser, und zu diesem Parfüm gibt es genug Verehrerinnen. Also dementsprechend würde ich es allen Angel-Liebhaberinnen mal ans Herz legen. Natürlich ist Angel um soo vieles nuancierter und ausgeklügelter, aber diese Assoziation lässt mich einfach nicht los, also bitte nicht sauer sein, dass ich hierbei einen Vergleich ziehe.

Ich bin immer wieder erstaunt, dass so günstige Düftchen, doch so viel hergeben. Für so wenig Geld kann man ja auch nicht so viel falsch machen, also wer auf der Suche nach einem winterlich-gourmandigen Schokokeksduft mit Patchoulieanklängen ist sollte ihn mal testen!

Dieser Duft stellt einen Dupe von Hugo Boss' "Orange" dar. Und ich finde er ist sehr gut gelungen, wenn er auch kleinere Abweichungen aufweist. Die in der Überschrift erwähnten Assoziationen müssen aber dem Original zugeschrieben werden. Doch "Colour" weckt eben die selben Bilder in meinem Kopf. :)

Die Herznote beginnt für mich mit einer starken Pfirsich-Vanille Note. Ein Hauch Frische (wohl ein Gruß der Orangenblüten) ist auch wahrnehmbar. Ein großartiger Duftverlauf geht bei mir nicht von Statten. Der Pfirsich nimmt sich nach einer Weile etwas zurück, bleibt aber bestehen. Die Vanille wird im Verlauf hin zur Basis immer wärmer. Hölzer kann ich keine wahrnehmen. Stattdessen meldet sich der in der obigen Duftpyramide als Kopfnote genannte rote Apfel zu Wort und gesellt sich in der Basis zur Vanille.

Für diese Preisklasse bin ich mehr als positiv überrascht, vor allem die Haltbarkeit ist für dieses EdT erstaunlich. Denn es hält wirklich einen ganzen Tag und bleibt auch für andere Menschen wahrnehmbar.

Für mich ist es eine tolle und vor allem preisgünstige Möglichkeit mich ab und zu mit diesem doch sehr schönen Frühlingsduft einzunebeln. Für das richtige Boss "Orange" war die Begeisterung doch nie groß genug, denn er ist zwar schön, aber nicht unwerfend. Ein schöner Allrounder, der in seinem Verlauf fast angenehmer auf mich wirkt als das Original.

Ich hatte hierzu schon einmal einen Kommentar verfasst, den ich allerdings wieder gelöscht habe. Hierin stand, dass dieser Duft zwar früher mein absoluter Favourit war, es heute aber nicht mehr ist und er mir heute leider zu bissig geworden ist...die Antwort wieso er so anders auf mich wirkte war simpel: Der Duft war gekippt.

Deswegen habe ich beschlossen noch einmal von vorne zu beginnen und dem Duft unvoreingenommen noch einmal gegenüber zu treten und siehe da! Hallo geliebter Freund! Ich habe dich wieder! Nein noch besser! Ich habe einen alten Freund wieder und ihn zu meinem Geliebten gemacht!

Bei mir beginnt der Duft grün und dunkel. Er ist nicht wirklich frisch, aber auf eine interessante Weise unterschwellig zitrisch-bitter. Ein bisschen wie eine Limone...ja ich bekomme die Assoziationen eines eiskalten Caipirinha. Das Eis knackt in der Hitze. Der Drink steht auf einem dunklen Holztisch auf einer Terrasse. Der Blick schweift über einen dichten Urwald. Die Tropenluft flimmert. Man riecht das Grün der Umgebung, den erdigen Grund...die Lotusblüte kommt für mich schon in der Kopfnote zu tragen und über dem Ganzen ist eine herbe Holzigkeit wahrzunehmen. Diese Empfindung bleibt lange erhalten und wechselt nach 3 Stunden zu einem weich-pudrigen, und doch orientalischen Blumenakkord. Meine geliebte Orchidee. Weiblich. Sinnlich. Umschmeichelnd. Der Duft verliert ein bisschen an Intensität, wird gleichzeitig aber wärmer und süßer. Die Farben wechseln zu einem satten Schokobraun und samtigem Dunkelviolett. Ja, einen Hauch Bitterschokolade und Leder meine ich zu vernehmen. Auch etwas Rauch tritt zu dieser Empfindung hinzu. Ich sitze in einem hochlehnigem, ledernen Clubsessel. Habe eine Zigarre in der Hand und lasse den Rauch aus meinem Mund gleiten. Langsam. Genießend. Der Raum liegt im Halbdunkeln. Die Nachmittagssonne schickt durch die zugezogenen dicken Vorhänge ihre Lichtstrahlen. Neben mir ein Single-Malt-Whiskey. Er wird von den Strahlen erfasst und leuchtet bernsteinfarben. Die Entwicklung hin zur Basis dieses Parfüms ist mein besonderes Highlight. So nach 6 Stunden habe ich sie endlich erreicht und sie bleibt bei mir bis lange in den nächsten Tag hinein. Sie ist cremig-gourmandig und einfach luxuriös. Ich sitze in einem teuren Restaurant. Sehe von meinem Platz aus auf den vom Mondschein beleuchteten Privatstrand des Hotels und esse genüsslich meine Crema Catalana. Die Wellen brechen sich. Die Nacht ist erfüllt von den Farben Mitternachtsblau und Schwarz. Ich rieche einen Hauch des Salzwassers in der Luft. Danach gehe ich in den Loungebereich, wo schon der Kamin angezündet worden ist. Ein gutes Buch in der Hand und einen Yogitee mit Milch und Honig neben mir stehend lasse ich den Abend ausklingen. Er endet cremig-milchig-rauchig. Das muss der Amber sein. Auch eine wunderbare holzig-fruchtige Note tritt am Ende hinzu. Ich erkenne sie nicht, aber sie ist einfach bezaubernd! Für mich ist dieser Duft eine Reise der Sinne. Er ist Luxus, er ist exotisch und in seiner Form einzigartig.

Doch zu diesen für mich so perfekten Assoziationen tritt noch meine persönliche Geschichte, die mit diesem Duft verwoben ist:
Als ich zarte 15 Jahre war, bin ich ihm das erste Mal begegnet. Es war Liebe auf den ersten Schnüff. Dieser Duft war so sinnlich-orientalisch, so reif, so tiefgründig und gleichzeitig extrovertiert in seinem Auftreten. All das, von dem ich in meinen Teenagerjahren geträumt habe und noch soooo weit entfernt war. Ich war unsicher und mit mir selbst noch nicht im Reinen. Ich war ein typischer Teenie, schwankend von einer Identität zur nächsten. Trotz meiner eigentlichen Schüchternheit war ich jedoch weit entfernt davon ein Mauerblümchen zu sein. Ganz im Gegenteil, war es mir deswegen um so wichtiger, mich von der Masse abzuheben, anders zu sein, aufzufallen. Vielleicht war das paradox und dieser Duft nur ein weiteres Paradoxon in meiner Vita...
Und heute scheine ich endlich in ihn hinein gewachsen zu sein. Ich bin zu einer selbstbewussten, sinnlichen jungen Frau herangewachsen, die weiß, was sie im Leben will. Doch gibt es natürlich auch die andere Seite in mir. Natürlich bin ich ab und zu unsicher, ab und zu verzweifelt und garantiert nicht immer das Bild einer reifen und unabhängigen Frau. Das kann frau einfach nicht rund um die Uhr sein, denn das Leben hat viele Seiten. Dieses Parfüm erinnert mich an meine unsichere Teenagerzeit und ich muss einfach lächeln. Ich würde zu gern meinem kleinen Ich aufmunternd auf die Schultern klopfen und sagen: "Hey, Kopf hoch, sieh was aus dir geworden ist, sieh wohin dein Weg dich führt, hab keine Angst, du wirst glücklich sein!" Dieses Parfüm ist ein Symbol in meinem Leben geworden, denn das hässliche Entlein hat sich zu einem schönen Schwan entwickelt.

Bei diesem Duft werde ich an ein Gemälde von John Everett Millais erinnert. Nämlich an "Ophelia". Hierbei wird die Szene aus Shakespeares Hamlet dargestellt, in der sie von Blumen gesäumt im Fluss treibt um bald darauf zu ertrinken.

"Es neigt ein Weidenbaum sich übern Bach
Und zeigt im klaren Strom sein graues Laub,
Mit welchem sie phantastisch Kränze wand
Von Hahnfuß, Nesseln, Maßlieb, Kuckucksblumen.
Dort, als sie aufklomm, um ihr Laubgewinde
An den gesenkten Ästen aufzuhängen,
Zerbrach ein falscher Zweig, und nieder fielen
Die rankenden Trophäen und sie selbst
Ins weinende Gewässer. Ihre Kleider
Verbreiteten sich weit und trugen sie
Sirenen gleich ein Weilchen noch empor,
Indes sie Stellen alter Weisen sang,
Als ob sie nicht die eigne Not begriffe,
Wie ein Geschöpf, geboren und begabt
Für dieses Element. Doch lange währt’ es nicht,
Bis ihre Kleider, die sich schwer getrunken,
Das arme Kind von ihren Melodien
Hinunterzogen in den schlamm’gen Tod."
(4. Aufzug, 7. Szene)

Aber zurück zum Gemälde: Wer das Bild vor Augen hat, wird sich der gedämpften Farben bewusst. Die Farbpalette weist einen Hang zu Braun- und Gelbnuancen auf. Doch trotzdem scheint über allem ein Grau-Blau-Schleier zu liegen, passend zu der gedrückten Stimmung. Dem traumähnlichen Zustand Ophelias. Dazu sie, elfengleich zart, mit entrücktem Gesichtsausdruck. Sie hält in ihrer rechten Hand Blumen, die einzigen wirklichen lebendingen Farbtupfer in blau und rot.

"Je Revien" ist auf seine Art wunderschön und seidig weich.Dieser Blumenduft ist, wie schon zur genüge erwähnt, ein Duft, der an alte Zeiten erinnert. Doch er hat etwas Anziehendes, das es wert ist näher erforscht zu werden. Bei mir will sich kein wirklicher Duftverlauf einstellen, eigentlich bleibt er auf meiner Haut von Anfang bis Ende gleich...vielleicht wird er weicher und zurückhaltender, skinniger. Es dominieren Flieder und die Gewürznelke nach meinem Empfinden, doch da haben andere mehr Ahnung als ich und diejenigen haben auch schon gute Duftbeschreibungen von "Je Revien" geliefert. Ist da nicht auch ein Büschel Lavendel versteckt? Der Rest der Duftpyramide verbindet sich zu einer sehr schönen und harmonischen Einheit. Es ist ein Blumenstrauß schwimmend in einem Fluss. Der Duft der Blüten wird um die Düfte des Flusses und der Pflanzen um ihn herum erweitert.

Dieses Parfüm passt wohl am Besten zu einer reiferen Frau. Ich stelle mir eine sehr elegante und distinguierte Frau vor, wie sie in einem Chanelkostüm Tee trinkt. Ich sehe ihre goldene Brosche mit einer Rosa Perle. Ihre Hände, man sieht ihnen die regelmäßige Pflege an, sind mit teuren edelsteinbesetzten Ringen geschmückt. Ich kann mir aber diesen Duft aber auch an ihrer Enkelin vorstellen. Gerade anfang Zwanzig. Ein vertäumtes, hübsches Ding. Doch natürlich nutzt sie dieses Parfüm nicht im Alltag, wie ihre Großmutter. Sondern nur zu besonderen Anlässen. An einem schönen Sommerabend auf einer Gartenparty ihrer Eltern zum Beispiel. Wäre es nur eine Party mit ihren Freunden, wäre der Duft wohl wieder unpassend.
Somit plädiere ich dafür, dass dieser Duft auch von der jüngeren Generation getragen werden sollte. Denn er ist schön. Er wird wohl schwerlich zu jeder jungen Frau passen. Dafür wäre er auch zu schade, denn er transportiert Charakter. Gibt der Trägerin eine Aura der Zartheit und Melancholie. Ich würde mit Freude eine junge Frau kennen lernen wollen, zu deren Charakter solch ein Geruch passen würde!