Ephelide

Ephelide

Rezensionen
Ephelide vor 2 Jahren 15 7
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Ein Quader Geleekonfekt
Eines gleich vorweg: Häufig passiert es mir, dass in meinem Denken beim Testen von Düften Bilder bzw. Eindrücke von Konsistenzen, Oberflächenstrukturen, Materialien samt deren Wärmeleitkoeffizienten und/oder Temperaturen entstehen. Das Ausprobieren eines Parfüms spielt sich dann nicht nur auf der olfaktorischen Ebene ab, sondern stellt sich mir gleichsam als haptisches Erlebnis dar. Ich denke außerdem erstaunlich oft darüber nach, wie ein Duft den mich umgebenden Raum verdichten oder weniger dicht machen, den bei Bewegung bemerkbaren Widerstand verändern würde, in etwa so, wie ich mir damals, vor acht oder neun Jahren, die Auswirkung mit Masse behafteter Körper auf die Raumzeit vorgestellt habe. Ich habe hiermit meiner Auffassung nach meinen Informationspflichten bzgl. dessen, was kommt, Genüge getan. Es schließt an: eine Darlegung meiner Assoziationen zu „Vanitas“ von Profumum Roma.

Assoziierte Adjektive: self-indulgent, dekadent.

Ich verbinde mit „Vanitas“ ein kleines Stückchen Geleekonfekt. Dieses Zeug, aus dem das Innere von Gelee-Bananen gefertigt ist, bloß quaderförmig und in einer Farbe zwischen Orange und Gelb. (Die Grundfläche des Quaders misst 2,2 cm × 1,3 cm. Fragt nicht, woher ich das weiß. Die Höhe ist mir unklar.) Die Oberfläche ist von Zucker körnig, das kann man mit den Fingern fühlen, und natürlich schmeckt das Konfekt nicht nach Banane, sondern orangig-süß. Es wandert, von einer filigranen Hand geführt, in den Mund einer kecken Prinzessin, eines feingliedrigen Wesens, bei dem ich mich immer frage, wie ungezügelter Süßigkeitenkonsum wohl mit ostentativer Federleichtigkeit einhergehen kann. Doch die Prinzessin weiß, wie’s geht. Sie hat das mit dem Dolce Vita ganz und gar raus. Sie liegt so da, mit seidenen, unbeschwerten Kleidern über ein edel ausschauendes Liegemöbel drapiert, und frönt dem Genuss. Neben ihr ein silbernes Tablett, auf dem besagte Quader aus Geleekonfekt lose zu einer Pyramide gestapelt sind. So. Und die Prinzessin isst. Und sie isst. Und sie isst. Aber immer alles dolce und so. Der Spaß hört schlicht nicht auf. So wie der Duft. Alles toll, alles dolce, alles edel, und ja, okay, vergänglich, doch he – für uns als Konsumenten ist das doch nur ein Grund mehr, den Genuss zu zelebrieren.

Für mich ist „Vanitas“ verführerisch und süß, bis zum Schluss, und eben wie Geleekonfekt, an dem ich mich nicht überessen kann. Der Duft lädt ein zur Schwelgerei und schlägt zugleich einen interessanten Spannungsbogen zu seinem eigentlichen Thema, der Vergänglichkeit: Man wünscht sich, der Moment möge bleiben. Das geht natürlich nicht. Aber derart von Sinnen glücklich klingt Sterben auch ganz okay. Manchmal werden Orgasmen ja auch als kleine Tode bezeichnet. Für „Vanitas“ würde ich mehrfach sterben. Hihi.
7 Antworten
Ephelide vor 2 Jahren 6 2
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Ausflug in den Winterwald
Es ist ein eisiger Vormittag im Februar. Wir betreten den Wald...

Der Auftakt des Dufts erzeugt bei mir Assoziationen von feuchtem Waldboden. Abseits der schon ausgetretenen Pfade erwartet mich der Anblick von Schnee, durchbrochen von nassschwarzem Holz und vereinzelten Flecken Erde. Hier und da sind Schneeglöckchen-Keimlinge zu sehen, sie sind Kleckse satten Grüns in der sonst so reduziert gehaltenen Landschaft. Hier mischt bereits die Iris mit: staubig-trockene Süße, der blasse, leicht ins Lila gehende Blauton ihrer durchscheinenden Blütenblätter fügt sich hervorragend ins Bild. Etwas entfernt im Geäst sitzt eine Schneeeule und überblickt wachsam das Dickicht. Der tauende Schnee tropft von den Bäumen.

Das Wasser setzt sich funkelnd vom weißlichen Himmel ab.

Nach drei Stunden befinden wir uns in einem Gebiet des Waldes, das ausschließlich Bäume und Moos beherbergt. Der Atmosphäre fehlt es nun an Süße, die zuvor ohnehin schon kaum vorhanden war. Hier regiert nun die Zeder, der Duft verändert sich hin zum Erdig-Schmutzigen, zum Dreckigen. Das Tauwetter setzt hier merklich ein: Der Schnee verschwindet. Die namensgebende Schneeeule hat sich davongestohlen, ist sie nun doch nicht mehr gut getarnt. Doch einen Teil ihres Federkleids hat sie zurückgelassen: drei Federn mit weißem Schaft, deren Fahnen ein Muster aus braunen und weißen Querstreifen ziert. Von den Federn geht ein tierischer Geruch aus, der bis zum Schluss an die Heimat der Schneeeule erinnert.

Nach sechs bis sieben Stunden zieht es mich in die Wärme meiner Wohnung zurück. Was ich vom Ausflug in den Winterwald zurückbringe, sind nasse Erde, Federn, Fetzen von Moos. Ein bisschen von dem Dreck, den man des Winters nach einem Spaziergang im Grünen unwillkürlich an seinen Sneakern heimträgt. Und irgendwann, wenn die Feuchte sich verzogen hat, fällt auch dieser letzte „Dreck“ von einem ab.

Der Duft lässt mich ratlos zurück. Für den Alltag ist er für meine Belange zu avantgardistisch, und allgemein fällt mir kein Anlass ein, zu dem sich „Snowy Owl“ gut tragen ließe. Zugleich erzeugt diese Feststellung bei mir Neugierde: Was sind es für Persönlichkeiten, die gerne diesen Duft tragen? Und wann machen sie das? Die ersten drei Stunden des Verlaufs gefallen mir am besten. Und auch wenn mir der grün-erdige, leicht schmutzige Duft, der „Snowy Owl“ in meinen Augen nun einmal ist, nicht ganz zusagt, sehe ich in ihm die gelungene Umsetzung eines spannenden Konzepts.
2 Antworten
Ephelide vor 3 Jahren 13 2
6
Sillage
6
Haltbarkeit
7
Duft
Wilder Spaziergang
Immer, wenn ich „Balade Sauvage“ auftrage, muss ich an zwei Dinge denken: die Küste und den Strand. Das Meer wogt in tiefem Grau, die Wellen branden an den Strand. Die Gischt schäumt auf. Der Sand ist nass. Es tost. Es rauscht. In diesem Bild ist die Luft stets diesig: Feuchtigkeit wie feinster Sprühregen berührt meine Haut, durchzogen von einem salzigen Hauch. Heute gibt es Wetterlagen, da sage ich zu mir: „Die Luft sieht aus, wie ‚Balade Sauvage‘ riecht.“ Und gleichsam schaut sie an solchen Tagen aus, wie ich mich beim Tragen von „Balade Sauvage“ fühle.

Mit der Zeit klart der Himmel auf. Wir riechen: Zitrik, Feige. Dann nur mehr Feige. Im Endeffekt gibt es keinen wirklichen Duftverlauf. „Balade Sauvage“ wird lediglich leiser und verschwindet. Sobald die Sonne zu sehen ist, sind da Dünen, wandere ich durch Sand. Eine Abwandlung der Jever-Werbung, die Farben entsättigt, Menschen und Leuchtturm fort. Nicht bloß fort – sehr weit fort. Der Himmel ist nicht strahlend blau, sondern blass. Weiß. Die Sonne ein Kreis aus hellerem Weiß. Verwaschen. Ich bin allein, nur Strandhafer und -flieder sind da. Dieses Gefühl von Alleinsein, von Umherstreifen am Strand, von Wind in meinem Haar und salziger Luft an meiner Wange ist wunderbar, transportiert allein durch den Duft. Wenn ich den Duft trage, bin ich mir selbst genug.

Nach fünf bis sechs Stunden ist der Spaziergang vorbei. Die Beine sind erschöpft, der Körper müde. Wir gehen heim.

Das Gute kann so einfach sein.
2 Antworten
Ephelide vor 3 Jahren 16 2
9
Haltbarkeit
9
Duft
Oah ja!
Der Winter stand vor der Tür, um nicht zu sagen schon halb in meiner Wohnung drin, mein Vorrat von Kilians „Intoxicated“ neigte sich dem Ende zu und eigentlich wollte ich lediglich eine weitere Abfüllung meines Lieblings-Kaffee-Kardamom-Duftes für die nächsten Monate haben – aber dann kam alles ganz anders und am Dienstag hielt ich, an dieser Stelle geht mein Dank an Kloop, eine DIN C6-Versandtasche mit zwei (!) statt einer Parfumprobe in der Hand. „Oajan, PdM, 8-19“ stand in kleinen Buchstaben auf dem handbeschriebenen Etikett des kleineren der beiden Zerstäuber. Parfums de Marly, aha, so, so, dann findet das Label ja auch einmal seinen Weg in meinen Duftschrank. Zielstrebig die Verschlusskappe abgemacht und geschnuppert: Honig, Zimt, … und irgendwie Pflaumen? Mit Schwips? I like. Besser mal die Verschlusskappe wieder draufmachen und die Duftpyramide recherchieren. Bei Parfumo, wo sonst. ;)

Da stehen keine Pflaumen drin, nirgends. Habe ich mich etwa getäuscht? Die Duftpyramide gefällt mir jedenfalls gut. Für heute trage ich noch kein Parfum auf meiner Haut und wenn nun doch schon Winter, die Duftpyramide nicht blümelig, nicht fruchtig ist und obendrein noch diesen leckeren Honig-Pflaumen-Zimt-Akkord, zu den Pflaumen kommen wir später, enthält – warum nicht? Also ab geht der Test.

Wir haben zunächst: Honig und Zimt, vielleicht noch ein Verbund von Aprikose und Marzipan weit im Hintergrund. Süß, leicht blumig, ganz dezent. Möglich, dass dies der Osmanthus ist. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, da mir hier der Vergleich zu anderen Osmanthus-Düften fehlt. Es riecht jedenfalls gut. Am Duft gefällt mir bis hierhin alles. Eher zeitnah nehme ich die beschwipste Pflaume – aka Davana – wahr. ALZD weiß diesbzgl. zu berichten, dass Davanaöl im Duft an Trockenpflaumen erinnere, bisweilen auch alkoholische Noten von Whiskey, Rum oder Cognac in sich trage. Da haben wir es ja. Doch nicht gerirrt und wieder etwas gelernt. Aus der Herznote vernehme ich im Weiteren zunächst eindeutig (Siam-)Benzoe, hernach Labdanum. Letzteres mag ich sehr gerne. Die Benzoe-Labdanum-Kombination funktionierte für mich schon bei MFKs Grand Soir sehr gut. Die Benzoe-Note nehme ich stärker als das Labdanum wahr. Hier wird der Duft allmählich balsamisch, ich assoziiere trockene Wärme (wie nackte Haut) und einen starken Arm, wobei ich es der Phantasie der Riechenden resp. hier Lesenden überlasse, ob dieser Arm an einem Männlein oder Weiblein hängt. Für mich war der Arm zunächst männlich. Das hat sich im Laufe der Tests an den darauffolgenden Tagen verändert, der Arm kann nun gleichermaßen beidem angehörig – äh, anhängig sein. Insofern ordne ich „Oajan“ (vorläufig) als Unisex-Duft ein. Der Auftakt der Basis wird deutlich von der Tonkabohne dominiert. Das kann man mögen. Mir persönlich ist dieser Teil der Duftentwicklung zu extrem. Besser wird es, sobald die Tonkabohne von Patchouli und anschließend Vanille eingehegt wird. Der Moschus arbeitet sich über die Zeit aus dem Hintergrund hervor und unterstreicht Vanille und Patchouli eher, als dass er lautstark in der Basis mitmischt. Die Basis hält sich dann recht lang. Meinem Eindruck nach verfliegt die Tonkabohne mit der Zeit, am Morgen danach rieche ich nur mehr blasse Eindrücke hauptsächlich von Moschus und Vanille, Patchouli spielt leise mit, an meinem Handgelenk. Angenehm, das.

Was bleibt zu sagen? Der Duft vereint in seiner Duftpyramide alles, was mir gefällt. „Oajan“ würde ich als intensiv mit Hang zur Schwere beschreiben, wobei Schwülstigkeit durch eine sparsame Dosierung entgegengewirkt werden kann. Balsamisch und süß, Harz-Galore, Pflaume, „mit (zeitweisem) Schuss“. Ich würde ihn nicht außerhalb des Winters tragen.
2 Antworten
Ephelide vor 4 Jahren 14
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Tag am Strand
Hier gibt es nicht des Meeres Stille,
stattdessen ballert Salzvanille
kräftig in die Nase rein -
schon okay, darf auch mal sein.

Ist doch auch ganz angenehm,
einsam hier am Strand zu steh'n
mit der Sonne, die mich blendet,
Kunststoff, der mir Schatten spendet.

Auf der Haut, da trocknet Schweiß,
die Sonne brennt, mir ist so heiß,
was bin ich froh, Du bist nicht süß,
Papp-Klebrigkeit, die wär' jetzt mies,
doch Du, Du biederst Dich nicht an!
Bist keine Frau und auch kein Mann,
ich mag, wie Du dazwischenstehst
so lässig Deines Weges gehst.

Doch irgendwann, am Ende dann,
da ist der Traum zerronnen,
kann ich mich nicht mehr sonnen
in Deinem androgynen Glanz.
Du bist jetzt nur mehr Hans.
Einfältig und stupide,
meine Liebe.

Was ich wollt, das wär' Dein Herz,
die Basis ist mehr schlechter Scherz,
doch passt das gut zum Tag am Strand - oder nicht?
Rein oberflächliches Begehren...
Ich denk', ich schreib' Dir ein Gedicht.
Und dann, hm, noch einmal verkehren?
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