Eyris

Eyris

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 31
Eyris vor 7 Monaten 3 3
6
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Blühende Seele einer Frau
Ein opulenter Blumenstrauß für eine leidenschaftliche, stolze Frau – das ist die Assoziation, die mir bei April 3rd als erstes in den Sinn kommt.
Dabei muss ich zugeben, dass ich nicht allzu viel erwartet habe nach dem Testen des doch recht übersüßten Ambre Tabac und dem einfallsreicheren, aber ebenso übersüßten Black-Widow-Patchouli.

Doch mit April 3rd ist Daniel Josier meines Erachtens ein kleines Meisterwerk gelungen, denn er vollbringt darin einen komplizierten Spagat zwischen klassischen, opulenten Damendüften mit dem dazu passenden Hauch Animalik und einem moderneren Duft mit frischen Akzenten und einer weichen Süße.
Die einzelnen Blumen-Noten sind für mich kaum voneinander zu trennen, ergeben für mich in ihrer Gesamtheit aber ein üppiges Bouquet, da in den lebendigsten Farben strahlt. Von den Blättern perlt eine leichte Limettenfrische ab wie Morgentau und verleiht dem Duft eine jugendliche Spritzigkeit, die einen wunderbaren Kontrast bilden zu den leicht animalischen, würzigen Basisnoten. Ich fühle mich in einen Garten versetzt, in dem alles wie wild sprießt, grünt und blüht, voller Leben und Kraft. Dicht und üppig, aber dennoch frisch, saftig, verjüngend. Würdevoll.

Daniel Josier soll April 3rd für seine Mutter entworfen haben. Zu gern wüsste ich, was für eine Person sie wohl sein mag, dass sie ihn zu so einem kraftvollen Duft zu inspirieren vermochte. Eine schöne Seele muss das sein. Fast habe ich beim Tragen das Gefühl, ihm gar nicht gerecht werden zu können.

P.S.: In seiner Opulenz erinnert mich April 3rd durchaus an einige Werke von Roja Dove und auch die Qualität wirkt überraschend hoch – vor allem, wenn man bedenkt, dass er im Gegensatz zu sämtlichen Rojas für gerade einmal 125€ zu haben ist.
3 Antworten
Eyris vor 3 Jahren 21 11
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Die wiedergefundene Zeit
"Loslassen – Setz dich an einen Bach und sei einfach da. Das Lied des Wassers wird deine Sorgen aufnehmen und sie hinab zum Meer tragen."

Diese schönen Worte stammen von Marcel Proust, französischem Autor und Namensgeber des vorliegenden Duftes. So schön ich dieses Zitat auch finde, leider haben meine literarischen Ambitionen nie ausgereicht, um mir sein Anfang des. 20. JH erschienenes Hauptwerk "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" zu Gemüte zu führen - denn es umfasst schlappe 5200 Seiten. Da bekommt die Zeit wirklich eine andere Bedeutung!

Proust beschrieb darin jedoch ein Phänomen, dass vielen Parfümliebhabern bestens bekannt sein sollte, nämlich wie Gerüche oder Geschmäcker völlig unwillkürlich intensive (Kindheits-)Erinnerungen auslösen können - der sogenannte Proust-Effekt. So erlebte Proust - die vermutlich berühmteste Szene des gesamten Werkes - beim Genuss von Madeleines, eingetunkt in Lindenblütentee, eine Deja-vu-artige Erinnerung an einen verloren geglaubten Moment seiner Kindheit, und ich vermute, dass einige von euch hier aus ihrer Erfahrung ähnliche Beispiele aufzählen könnten.

Nun wäre es für meinen Kommentar nur allzu schön, wenn "L'Heure de Proust" genau einen solchen Erinnerungsblitz in mir auslösen könnte; bedauerlicherweise ist dem nicht so ;)
Eine Assoziation habe ich aber dennoch: wie ich als Kind bei Spaziergängen durch den Schwarzwald Heidelbeeren vom Wegesrand genascht habe. Blaubeerbüsche am Saum eines Nadelwaldes.
Nun haben (intakte) Heidelbeeren als solche meines Erachtens gar keinen sonderlich intensiven Geruch, aber trotzdem kann ich den Heidelbeerduft in diesem Parfüm sofort dem Geschmack der Frucht zuordnen.
Glücklicherweise ist diese hier nicht allzu süß geraten, sondern durch aromatisch-grüne, frische Noten zu einem unglaublich entspannenden, leichten Wellnesserlebnis verwoben. In Kombination mit dem herberen Guajakholz und Leder im Hintergrund muss ich dabei tatsächlich an einen hellerleuchteten Nadelwald denken, obwohl der Duft keinerlei knarzig-harzige Note enthält.
Auch Teenoten lassen sich erkennen und schenken mir noch eine zusätzliche Portion Entspannung.
"L'Heure de Proust" wirkt stimmungsaufhellend und ausgleichend auf mich, so wie man sich nach einem völlig stressfreien Wellnesstag fühlt. Nimm dir Zeit für dich, lass alles los.
Er vermittelt gute Laune, ohne einem "HAB JETZT GUTE LAUNE!" entgegenzubrüllen, wie manch andere Düfte es zuweilen tun um damit aber genau den gegenteiligen Effekt zu erzielen.
Am besten passt er in den Frühling oder Sommer, aber ich liebe es auch jetzt, zwischen Schnee und Eis, ein wenig in Erinnerungen an schöne Momente in der ergrünten Natur zu schwelgen.

Wer wie ich ab und an gesagt bekommen muss: "mach dir keine Sorgen, alles wird gut!", wird vielleicht in diesem Duft einen unkomplizierten, wunderschönen Seelenstreichler finden, der einem den Tag erhellt.
11 Antworten
Eyris vor 3 Jahren 14 5
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Gartenfest in lauer Sommernacht
Zunächst einmal muss erwähnt werden, dass von Reckless zwei verschiedene Versionen existieren: eine ältere, mit hellgelber Flüssigkeit und deutlich von Aldehydem geprägtem Duft, und die neue Variante, von eher rötlicher Farbe und einem schweren, süßlicheren Geruch. Da es zur alten Version bereits einen sehr guten Kommentar gibt, möchte ich mich im Folgenden auf die momentan erhältliche Reformulierung konzentrieren.

Der Auftakt ist ungewöhnlich: es deutet sich zwar bereits an, dass bald ein opulenter Blumenstrauß vor uns erblühene könnte, doch für einige Minuten dominiert eine Würzigkeit, die ich am ehesten als moosig, leicht erdig und bittergrün beschreiben würde. In einem Onlineshop las ich einmal Eichenmoos als angebliche Basisnote, und obwohl meine Nase dies sehr gern glauben möchte, bestätigt ein Blick in die offizielle Duftpyramide dies nicht, sodass mein Verdacht auf den Koriander fällt. Im EdP fällt mir dieser Effekt übrigens noch deutlicher auf - und für meinen Geschmack hätte dieser unkonventionelle Beginn ruhig noch ein wenig andauern können, denn er ist so konträr zu dem, was danach folgt.

Denn diese Phase hält kaum an, nur kurze Zeit später explodiert die Blumenvanillebombe, deren einzelnen Bestandteile ich schwerlich ausmachen kann. Neroli sticht noch am deutlichsten heraus, verschwimmt aber mit Mairose und Jasmin zu einem Gesamteindruck, der hier oftmals als tuberosenähnlich bis kaugummiartig beschrieben wurde. Dies kann ich gut nachvollziehen, glaube hier aber nicht tatsächlich an Tuberose, sondern vermute eher das Zusammenspiel von Neroli, Mairose und der ziemlich süßen Vanille als Ursache dieses Dufterlebnisses - in jedem Fall fehlt aber der strenge, durchdringend-indolische Teil der echten Tuberose, sodass diejenigen unter euch, die jener Blüte eher abgeneigt sind, nicht zwangsweise reißaus nehmen müssen.
Im Hintergrund schwingt eine leichte Seifigkeit und ein Fünkchen bitteres Gartengrün mit, sodass der Duft, so füllig er ist, für mich auch wunderbar in den Sommer passt.

Eine klare Entwicklung in Richtung der Basis kann ich, mit Ausnahme weiter zunehmender Süße, auch nach Stunden nicht ausmachen; Blumen und Vanille bleiben die Hauptakteure und überdauern mit Leichtigkeit 10 Stunden bei anhaltend guter Sillage, die bei vorsichtiger Dosierung jedoch nicht mit der Keule um sich schlägt.
In meiner Fantasie sehe ich Reckless an einer lebensfrohen Frau, die sich in einer lauen Sommernacht auf einem Gartenfest verliebt - oder zumindest mit dem Gedanken ans Verlieben spielt.
Aber keineswegs darf man sich Reckless als unschuldig-blümeliges Wässerchen vorstellen, vielmehr duftet er extrovertiert, weiblich und bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Verspieltheit und Verlockung, der diesen Duft für mich so reizvoll macht.
5 Antworten
Eyris vor 3 Jahren 24 11
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Extrait vs. EdP Intense
Heute möchte ich für euch das allzu bekannte Mon Guerlain EdP Intense mit dem schwer erhältlichen, weniger verbreiteten Extrait vergleichen - bei einem Preisunterschied von gut 500€ eine kaum vermeidbare Auseinandersetzung. Auch wenn ich sonst vielleicht literarisch etwas anspruchsvollere Kommentare bevorzuge, möchte ich mich in diesem hier einmal ganz pragmatisch einer kurzen Gegenüberstellung widmen . :)

Duft
Das EdP startet fruchtig, die Mandarine spielt hier ganz vorn mit und verweist den Lavendel erst einmal in den Hintergrund, die Vanille hingegen ist sofort präsent und verbreitet seine intensive, guerlaintypische Süße. Im Verlauf kommt immer mehr Patchouli zum Vorschein, welches den Duft mit einer hauchdünnen Staubschicht belegt. Ein schmeichelnder Schleier, weich, für mich fast mütterlich sanft, aber auch ein wenig verspielt.
Das Extrait dagegen katapultiert mich direkt in das Herz des Duftes - von Patchouli keine Spur, hier dominieren ganz klar Lavendel und Vanille. Der Lavendel hat hier jedoch einen etwas weniger süßen Charakter als im EdP Intense, seine trocken-krautigen, grünen Noten kommen stärker zur Geltung, bleiben dank der Vanille jedoch stets weich und geschmeidig, strahlend. Die anderen angegeben Blüten vermag ich nicht auszumachen, auch einen großartigen Verlauf kann ich ebenso wenig feststellen, aber das ist auch gut so; der Duft startet und endet genau so, wie ich ihn liebe, wie ich ihn in mich aufnehmen, in ihm baden möchte. Im Gegensatz zu seiner etwas schrilleren, extrovertierteren kleinen Schwester ist das Extrait erwachsener, ausgeglichener, strahlt eine fast meditative Ruhe aus - ein wahrer Entspannungsduft, der mich schon so manchen Abend in den Schlaf gestreichelt hat.

Haltbarkeit und Sillage
Trotz des gewaltigen Preisunterschieds kann ich in der Perfomance der beiden Varianten kaum Unterschiede ausfindig machen. Zumindest auf meiner Haut ist die Sillage vergleichbar, beim EdP Intense in den ersten Stunden sogar ein wenig intensiver. Dies stört mich jedoch nicht, da ich das Extrait bevorzugt abends zur Entspannung trage, einfach nur für mich; da braucht es zum Glück keine allzu aufdringliche Sillage.
Die Haltbarkeit beläuft sich jeweils auf ca. 6h - zumindest vom Extrait hätte ich mir hier ehrlich gesagt doch etwas mehr Ausdauer erhofft.

Fazit
Ignoriere ich für einen Moment das Preisschild, würde ich das Extrait jederzeit bevorzugen - nicht aufgrund seiner Qualität, Haltbarkeit oder Sillage, sondern allein aufgrund des harmonischeren Duftes, der auf mich unweigerlich ausgleichend und beruhigend wirkt. Das EdP Intense muss sich daneben aber keineswegs verstecken, fände bei mir jedoch eher Anwendung außerhalb meiner eigenen vier Wände wie bei gesellschaftlichen Anlässen, zu denen mein Duft etwas "normgerechter" und gefälliger ausfallen soll. Die Grundidee aus Lavendel und Vanille ist für meine Nase im Extrait aber deutlich konsequenter und harmonischer umgesetzt.
Wer genauso pleite ist wie ich, sei hiermit jedoch getröstet: bis zum nächsten Lottogewinn oder einer überraschenden Lohnerhöhung ist das EdP Intense eine wirklich schöne Überbrückung (oder für euch vielleicht sogar der passendere Duft, falls ihr es etwas fröhlicher und verspielter mögt).
Für mich bleibt das Extrait das schönste und nebenwirkungsärmste Beruhigungsmittel, auf das es sich vielleicht sogar zu sparen lohnt!
11 Antworten
Eyris vor 3 Jahren 29 8
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Only after dark
Watching her
strolling in the night so white
wondering why
it’s only after dark

In her eyes
a distant twilight burns bright
wondering why
it’s only after dark

Nachts sieht die Welt einfach anders aus – und nicht nur das, sogar die Persönlichkeit scheint nach Sonnenuntergang gelegentlich eine Wandlung zu durchleben. Vielleicht wird man sinnlicher, entspannter, fantasievoller oder träumt davon, auszugehen und Dinge zu tun, die man sonst nie tun würde und verfällt in eine Stimmung erwartungsvoller Neugier. Gleichsam schärft die Dunkelheit unsere Sinne, macht uns gespannt und aufmerksam, wachsam.
Black Tie verkörpert für mich genau dies – die Spannungsgefülltheit einer Nacht, aus der heraus alles oder nichts passieren kann. Passend dazu „sehe“ ich den Duft in schwarzweiß, er ist für mich völlig farblos, genau wie das Farbsehvermögen unserer Augen im Dunkeln abnimmt. Dafür spielt Black Tie mit Kontrasten und lässt die im Mondschein aschfahlen strahlende Puderiris von dunklem, trockenem Zedernholz überschatten. Vanille schenkt eine wohlige Behaglichkeit, die jedoch keineswegs in bequeme Kuschelsüße umschlägt.
Wenn ich darüber nachdenke, in was für eine Geschichte Black Tie passen würde, dann stelle ich ihn mir in einem älteren Tarantino-Film vor (an die Tarantino-Kenner: natürlich eher zu Beginn des Films, bevor letztlich das Blut spritzt), jedoch mehr aufgrund der typischen Stimmung als der tatsächlichen Handlung. Tarantinos Filme zeichnen sich für mich gerade dadurch aus, dass der Großteil des Filmzeit von teils absurd belanglosen Szenen und Gesprächen gefüllt ist, in denen aber stets die erwartungsvolle Spannung mitschwingt, dass etwas „Größeres“ bevorsteht, das man noch nicht so recht greifen kann.
Ich stelle mir Black Tie an einer geheimnisvollen Frau in schwarzer Lederjacke und Stiefeln vor, die in Begleitung einer kleinen Gruppe weniger vertrauensvoll wirkenden Bikertypen eine heruntergekommene Billardbar betritt. Doch sie ist keineswegs unschuldig oder zerbrechlich, sie beherrscht das Spielchen zwischen Gefahr und Kontrolle bis zur Perfektion, wahrt bei allem Vergnügen stets die letzte Distanz. Zwischen lautem Gelächter, Whiskey-Gläsern und Zigarettenstummeln flimmert in der verrauchten Winterluft die eigenartige Spannung, dass der Abend dunkle und wilde Geheimnisse verheißt, auch, wenn es dazu niemals kommen wird und unsere Lady am nächsten Morgen wieder nicht mehr und nicht weniger als eine ganz normale Frau sein wird, die niemals die Kontrolle verliert. Doch genau diese Kontraste machen sie anziehend, faszinierend, und so ist es kein Wunder, dass ihre Bikerfreunde ihr insgeheim zu Füßen liegen.

Alternative Duftkategorien:
(Da mir die gängigen Duftkategorien häufig auf der Duftsuche nur begrenzt hilfreich sind, möchte ich in meinen Kommentaren einige alternative Duftkategorien einführen, die in knappen Worten die Stimmung eines Duftes annähernd einfangen sollen. Freue mich auch über Vorschläge neuer Kategorien.)

Wetter: kühle, klare Winternacht
Farbe: schwarzweiß
Musik: After Dark (Tito & Tarantula)
Ort: heruntergekommene Bar
Material: schwarzes Glattleder

(Hinweis: Bitte nehmt nicht an, dass ich Biker generell als zwielichtig vorverurteile! ;) Das ist keineswegs der Fall und mein Kommentar soll niemanden in dieser Richtung diffamieren. )
8 Antworten
1 - 5 von 31