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vor 4 Jahren - 22.10.2020
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Bergtouren und Düfte, Teil 1: Im Salzburger Land

Die zweite Welle rollt an. Wahrscheinlich werden lokale Lockdowns in der nächsten Zukunft zum Alltag gehören und wir werden viel Zeit drinnen verbringen. Höchste Zeit also, um virtuell an die frische Luft zu kommen! Dieser kleine Roadtrip durch die Alpen besteht aus drei Bergtouren, die ich so oder so ähnlich in diesem Sommer erlebt habe. Nur nicht direkt nacheinander, aber dieses kleine Detail wollen wir geflissentlich ignorieren. Genauso sind die Bilder nicht alle am selben Tag entstanden, da ich meine Lieblingstouren öfters gehe.

Los geht’s!

Wir beginnen unsere Reise im Reich von Bergbauernmilch und Watzmann, dem Berchtesgadener Land. Um an unser erstes Ziel zu gelangen, fahren wir auf der B 21 in Richtung Süden. Vorbei an nervenzehrenden Baustellen bei Schneizlreuth geht es über das „Kleine deutsche Eck“ in den österreichischen Pinzgau. In diesem Bezirk des Salzburger Landes gibt es nicht nur leckere Kasnocken, sondern auch sehr aggressive Autofahrer. Deshalb müssen wir uns hier trotz einer Geschwindigkeit von 10 km/h über der Begrenzung mit nervösen Lichthupen und gefährlich dicht auffahrenden SUVs herumschlagen.
Doch schon nach wenigen Kilometern gewöhnen wir uns an die lästige Gesellschaft und können uns voll auf die Landschaft konzentrieren. Und die hat einiges zu bieten! Beinah kitschig blitzen die Loferer Steinberge zwischen den bewaldeten Hügeln des Saalachtals hervor. Wir rauschen daran vorbei, Saalach aufwärts, und durchqueren das Saalfeldener Becken. Hier kann der Blick weit schweifen, von den schroffen Felsen des Steinernen Meeres über die grasigen Hügel der Salzburger Schieferalpen bis zu den Kitzbüheler Alpen. Ganz im Süden leuchtet schneeweiß der Gletscher des Kitzsteinhorns. Direkt darauf fahren wir zu. Zumindest bis wir den Umfahrungstunnel bei Zell am See verlassen, denn dann geht es links weiter gen Osten.
Rechts und südlich von uns sehen wir nun den Alpenhauptkamm, der sich gänzlich von den jäh aufragenden nördlichen Kalkalpen unterscheidet, in denen wir bisher unterwegs waren. Sanft und gemächlich steigt er an, bedeckt von Wald und Wiesen, an die sich Bergbauernhöfe klammern. Gekrönt wird er von Gipfeln, auf denen man auch im Sommer Schnee und Eis findet. Im Dörfchen Taxenbach nehmen wir die schmale Straße nach Rauris. Kurvig und sehr steil geht es immer weiter bergauf, bis sich das Blickfeld wieder weitet.

Rauris im Salzburger Land

Vor uns liegt ein grünes Hochtal mit hübschen Bauernhäusern und saftigen Wiesen. Vorbei am Hauptort Rauris fahren wir immer tiefer ins Herz der Hohen Tauern. So weit, dass nicht einmal mehr die Wellen von Hitradio Ö3 zu uns finden. Schließlich ist der Wanderparkplatz erreicht.
Nach der Fahrt von ca. anderthalb Stunden sind wir froh, aus dem Auto zu kommen. Die Luft ist klar und würzig, die Sonne scheint. Wir schlüpfen in die Bergschuhe und verteilen großzügig Sonnencreme, genau wie die holländische Familie nebenan.
Entlang eines Gletscherbachs führt der sogenannte Knappenweg sanft durch Wiesen und Nadelwald. Der Gletscherbach heißt Hüttwinklache und rauscht mit enormer Kraft über Felsbrocken und Stromschnellen. Das Ufer besteht aus Felsen und Flusskieseln in allen erdenklichen Schattierungen von kristallweiß über rostbraun bis schiefergrau, eingebettet in golden glitzernden Sand. Wir dürfen nicht vergessen, beim Rückweg ein paar davon mitzunehmen.

Im Süden ragt ein gewaltiger Gipfel in den stahlblauen Himmel, der Hohe Sonnblick mit 3.106 m ü. M. Der Gedanke ist irgendwie faszinierend, dass es dahinter schon abwärts nach Kärnten geht, auf die Sonnenseite der Alpen. Wir bleiben aber diesseitig und gehen immer steiler bergauf durch den Wald, vorbei an einem weiteren Parkplatz und mitten hinein in den Nationalpark Hohe Tauern. Hier im Bergwald liegt ein charakteristischer Duft in der Luft. Schon von Kindesbeinen an habe ich diesen Geruch geliebt – eine Mischung aus Lärchennadeln, saftigem Moos und Heidelbeeren. Von letzteren sehen wir leider nur die zahllosen Sträucher und keine Früchte. Mein „Mitsouko (Eau de Toilette)“ integriert sich wie selbstverständlich in diese olfaktorische Umgebung. Auf den ersten Blick würde man Guerlain zwar weniger mit einer Bergtour assoziieren, doch Mitsouko mit ihrem zartbitteren Eichenmoos ergänzt die Düfte der Natur perfekt, ohne jemals zu stören. Das liegt vielleicht auch daran, dass ihr Eichenmoos tatsächlich an jedem dritten Baumstamm hier hinaufrankt. Generell finden viele Parfüm beim Wandern unpassend. Meiner Meinung nach kann man es durchaus dabei tragen (bzw. kann als Fanat auch gar nicht anders), solange es nur eine geringe Sillage besitzt und das Dufterlebnis intim bleibt.
Und weiter gehts.

Der Weg ist wurzelbedeckt und führt oberhalb eines hektischen Wildbachs durch den farnigen Wald bis auf eine Almfläche. Hier, an seinem Oberlauf, mäandert er zwischen Almwiesen, Stoamandln und Kühen, glitzernd und gurgelnd. Wir strecken kurz unsere warmen Füße in seine eisigen Fluten und gehen dann weiter, vorbei an der zuckersüßen Gainschniggalm.

Obwohl der Duft von Krapfen von der Terrasse herüberweht, gehen wir weiter nach oben über die Weiden. Hier stehen uralte Zirben und scheinen den spektakulären Ausblick zu genießen: Ein Kranz von Gipfeln umschließt das Ende des Tales zu unseren Füßen. Dazwischen Schneeflächen und Gletscher, aus denen zahllose Wasserfälle ins Tal stürzen.

Weiter oben sieht man das Ziel unserer Wanderung: Das Schutzhaus Neubau. Auf dem Weg dorthin brennt die Höhensonne immer stärker und wir trinken gierig aus den Wildbächen, die wir queren. Die Zirben und Latschenkiefern auf der Almwiese werden nach und nach weniger und das Gelände nimmt hochalpine Züge an. Immer höher steigen wir über Fels und Schneefelder. Der Blick nach Norden reicht bis zum Hochkönig in den Berchtesgadener Alpen.

Die Hütte rückt in greifbare Nähe. Keine Minute zu früh, denn die Hitze macht uns zu schaffen. Das Haus ist aus Naturstein gemauert und teilweise mit Holzschindeln verkleidet. Wie so viele Schutzhütten hat auch der Neubau einen kleinen See direkt vor dem Haus, in dem mittig wild das Wasser hervorsprudelt. Ein Nackedei wagt es und rennt in den eisigen Pool.

Wir holen unsere Kaspressknödelsuppe von drinnen und suchen uns einen Platz an einem der Tische, die rund um das Haus herum aufgestellt sind. Die Suppe ist köstlich und gibt uns neue Kraft, um doch noch ein paar Meter bergauf zu gehen.

Oberhalb ist ein großes Felsenkar, ausgeschliffen vom Gletscher. Mauern, Wege und die Ruine des sogenannten „Radhauses“ sind Überbleibsel der Bergwerkstätigkeit, die es hier wohl früher gab. Hier fühlt es sich noch mehr nach Ziel an. Der Blick schweift über die karge Landschaft, in der es endlich ein wenig frischer wird. Schon allein optisch, denn hier liegen Schnee und Eis. Und wir finden das Souvenir des Tages: Glitzernd-weiße Bergkristalle.
Der Weg zurück führt entlang derselben Route und wird nur von einem kurzen Kaffee in der Alm unterbrochen.

Bald geht es weiter in Richtung Westen. Kommt doch wieder mit!

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