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vor 6 Jahren - 19.07.2018
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Wenn Namen Schall und Rauch sind und auch das Auge nicht mitisst - ein Blindtest zum Mitraten

Angeregt durch einen Dialog über meinen Kommentar zu Monoï Eau de Vahinés und den Blindtestblog von FrauLohse, fasste ich den Entschluss, selbst öfter völlig blind zu testen. Da man das allein schlecht bewerkstelligen kann, hat sich FrauLohse freundlicherweise angeboten und schickte mir zu diesem Zweck 6 kleine, nummerierte Abfüllungen. Ich hatte sie gebeten, die Düfte ohne Auflösung anbei zu schicken. Auch habe ich die Idee, Euch an meinen Blindtests teilhaben zu lassen, indem Ihr die Möglichkeit habt, mit mir mitzuraten.


Ich schreibe diesen Blog also immernoch ohne zu wissen, was ich getestet habe, hänge mich somit weit aus dem Fenster und kann natürlich auch völlig falsch liegen mit meinen Ideen zu Duft Nummer 1:

Spontan assoziiere ich eine Frucht, außerdem Orange, jedenfalls eine Zitrusfrucht, mit Zesten, nur leicht säuerlich plus etwas sehr zart Rauchiges. Das Zitrische schwindet mit der Kopfnote. Zurück bleibt ein leichter Duft von Zesten, die andere Frucht und ein Hauch von Rauch. Beim zweiten Test meine ich auch kurz einen Unterton von Feige zu erkennen.

Der Duft hat eine leichte, herbe Süße.

Schnell kommt etwas Blumiges dazu, schon beim ersten Test, denke ich an Gardenie, beim zweiten ist der Eindruck von Gardenie noch stärker. Gleichzeitig entfaltet sich die Frucht in voller Üppigkeit.

Im Verlauf bildet die Herznote eine weiche, fruchtig-pudrige Melange. Welche Frucht ist das? Das ist schwierig zu erkennen. Es geht am ehesten in Richtung Pfirsich, insofern könnte die Frucht gar keine Frucht, sondern auch Osmanthus sein. Blüten sind so oder so dabei, aber das Gardenienstelldichein dauerte zu meiner Freude nur wenige Minuten. Anstelle dessen erscheint nun eine weitere Blüte: Pfingstrose?

Weiterhin ist der Duft eher süß, aber nicht maltolsüß, auch nicht honigsüß, sondern viel dezenter blütensüß. Auch bleibt im Hintergrund die Ahnung von Harz, vielleicht auch Tee, so dass der Gesamteindruck ausgewogen ist und nicht in süßlich-fruchtige Beliebigkeit abfällt. Dieser immer pudriger werdende Harz-und-Tee-Hauch könnte auch auf ein wenig Iris hindeuten. Iris kommt in meiner Nase manchmal so an.

Zusammengefasst empfinde ich die Herznote als eine Wohltat pudrigen Pfirsich/Osmanthus Tees, der im Verlauf weniger süß und etwas herber wird.

Gen Basis findet keine wesentliche Veränderung mehr statt, außer, dass die Intensität schnell schwindet und das Fruchtige als erstes in den Hintergrund tritt bis dieses Erlebnis sanft-pudrig und ganz minimal rauchig-holzig ausklingt.

Der ganze Duft wirkt sehr natürlich, freundlich, kultiviert und hochwertig.

Er ist in Kopf- und Herznote intensiv, aber kein Wummser und ich kann ihn mir sowohl an Frauen als auch Männern vorstellen.

Die Haltbarkeit von etwa 4 Stunden, leichte, spätere Reste von Puder nicht mitgerechnet, war für mich nach der fulminanten und wandlungsreichen Einstiegsphase dann doch erstaunlich kurz.

Allerdings habe ich den Duft nach 12 Stunden bei einem Händewaschen, bei dem auch die Unterarme nass wurden, plötzlich wieder sehr deutlich in der Nase. Vielleicht braucht er ein wenig mehr Luftfeuchtigkeit als an diesen beiden Sommertagen mit Temperaturen um 30 Grad? Vielleicht sind Verlauf und Haltbarkeit bei weniger extremen Temperaturen und Regenwetter etwas anders?

Zu bedenken ist auch, dass unter meinen Lieblingsdüften, die ich oft trage, viele mit enormer Haltbarkeit sind und damit mein innerer Maßstab vielleicht ein wenig verschoben ist.

Überhaupt solltet Ihr vielleicht vor dem Mitraten noch etwas über meine Riechbesonderheiten wissen:

- Cashmeran, künstlichen Sandel und die meisten modernen Moschusersatzstoffe, tendenziell auch Weihrauch, nehme ich offensichtlich intensiver wahr als viele andere, so sehr, dass sie für mich manchmal alles andere überblenden.

- "Rose" erkenne ich in Düften oftmals nicht als solche.

- Ich habe, soweit ich weiß, keine Anosmien.

- Die alte "Guerlinade" nehme ich an mir selbst als unangenehm muffig-animalisch wahr, an anderen duftet der gleiche Guerlain für mich seltsamerweise oftmals völlig anders.

- Viele moderne Fruchtdüfte haben in meiner Nase einen Anklang von Vergorenem, den andere nicht oder nicht so intensiv zu riechen scheinen.

Das war ein traumhafter Start meiner Blindtestreihe, konnte ich doch gleich mit einem Duft beginnen, den ich sehr schön finde, und den ich sehr gern getragen habe, sogar am Arbeitsplatz und ohne anzuecken.

Ich habe den Duft No. 1, eben zuhause angekommen, ein drittes Mal testen wollen, aber ich merke, dass ich wohl anfange, Gespenster zu sehen, bzw. zu riechen. Ich fragte mich nämlich gerade, ob anstelle der Gardenien oder Feige doch Maronen mit dabei seien. Nein, ich glaube, wenn ich jetzt weiter teste, versteige ich mich. Meist ist der erste Eindruck auch langfristig am stimmigsten. Jedenfalls für mich selbst.

Danke, FrauLohse, für diese treffliche und motivierende Wahl!

Und nun dürft Ihr alle miträtseln:

Welcher Duft könnte das sein?

Ich weiß es selbst noch nicht.

Nur FrauLohse wird an ihrem Rechner sitzen und sich amüsieren. Sie ist die Einzige, die die Lösung kennt.

Irgendwann wird sie uns aufklären!

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