Flaconesse
duftende Gedanken
vor 5 Jahren - 14.09.2019
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Schwarz auf Weiß

Im Urlaub ist mir etwas klar geworden, aber zunächst der Reihe nach:

Die letzten Wochen und Monate waren stressig, wir haben eine neue Behausung gesucht, schneller als geplant gefunden und dann musste alles schnell gehen. Verträge gelesen, korrigiert und unterschrieben werden, unzählige Papiere hin und her geschickt und abermals kontrolliert werden. Ich hatte gefühlt keine freie Zeit mehr. Zeit die ich gerne vor mich hin wurschtele,wie man so schön sagt. Meine Flacons anschaue, verschiedene Listen erstelle, teste, teste, teste und schreibe. All das wollte ich im Urlaub erledigen. 2 Wochen Nordsee sollten es diesmal sein, um runterzukommen, abzuschalten, nichts zu tun außer sich treiben zu lassen. Ich plante also ein prall gefülltes Probentäschchen mit allen möglichen Parfüms mitzunehmen, die ich schon immer mal und vor Allem im Sommer testen wollte. Unter anderen waren Virgin Island Water, Sunshine, Ginger Piccante und Eau parfumée au thé bleu enthalten. Und dann wollte ich schreiben: Kommentare, Blogs, Merklisten zu Luca Turins Parfümführer, vielleicht sogar andere Geschichten, denn ich werde ja Zeit haben und Input und Testmaterial. Aber dann fing ich am ersten Tag abends an mit dem Kuli in mein mittlerweile ziemlich zerfleddertes und komisch riechendes Notizbuch zu schreiben. Stichpunkte. Naja erster Tag, komm erstmal an, Morgen läufts bestimmt besser. Tat es nicht, ich musste mich regelrecht zwingen in das Ding reinzuschreiben. An Tag 3 besorgte ich mir ein schöneres Notizbuch in türkis mit Glitzer außen und innen liniert und ja, damit lief es dann deutlich besser, aber auch hier, zum Ende des Urlaubs wurde ich immer wortkarger und schrieb schließlich an den letzten 2 Tage gar nichts auf.

Urlaub ist Urlaub und sollte nicht mit guten Vorsätzen gespickt sein, dachte ich zwischendurch. Das stimmt zwar, aber erst etwas später fiel mir auf, was das eigentliche „Problem“ war. Ich kann ohne meinen Laptop nicht schreiben! Ich bin so an die Technik gewöhnt, dass ich es auf die gute alte romantische Art und Weise nicht hinkriege. Und das, wo ich doch immer auf die Leute schimpfe, die nicht von ihren Smartphones wegzukriegen sind. Ohne Blue (so heißt mein Lappi) läuft nichts. Sie sammelt alle meine Ideen, ist Tag und Nacht für mich einsatzbereit, korrigiert unermüdlich alle meine Fehler. Fast hätte ich sie mitgeschleppt, aber ich dachte, nee lies mal lieber ein Buch! Das tat ich auch und es fühlte sich gut, irgendwie entschleunigt an. Ich will es auch gar nicht zu sehr analysieren, wie weit wir technisiert sind, ob das gut oder schlecht ist, welche Chancen und Risiken das birgt. Ich hatte es nur so deutlich nicht erwartet, dass ich tatsächlich unsicher bin ganze Sätze so endgültig per Hand schwarz auf weiß auf das Papier zu bringen.

Jetzt bin ich wieder zu Hause, bei Blue und wir gehen meine Aufzeichnungen aus dem Urlaub durch, rekonstruieren Geschichten und ich merke, dass ich auch hier die richtigen Worte finden und sogar ganze Sätze bilden kann.

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