Florecilla

Florecilla

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 16
Florecilla vor 2 Jahren 9 7
6
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Rückkehr in den taufrischen Garten
Offen gestanden habe ich mich sehr lange nicht getraut, meinen Neuzugang, also den "Muguet | Yves Rocher" mit dem Vorgänger ( "Un Matin au Jardin - Muguet en Fleurs / Lily of the Valley | Yves Rocher" ) zu vergleichen, der schon seit mehreren Jahren in meinem Besitz ist. Mit dem erstgenannten Parfum verbinde ich nämlich einige schöne Erinnerungen und mag einfach diesen frischen unbeschwerten grünen Maiglöckchenduft (für mehr Details könnt ihr gerne meine Rezension dazu lesen). Kein Wunder also, dass ich lange gezögert habe – auch manche Statements und Kommentare ließen mich zaudern, die dem Nachfolger-Duft eine synthetische Brandreifen-Note bescheinigten.

Aber vor kurzem habe ich ein kleines zauberhaftes Sträußchen aus dem Vorgarten meines Schwiegervaters bekommen, den Duft frisch gepflückter Maiglöckchen genüsslich eingeatmet und beschlossen, den Vergleich zwischen den beiden Düften anzustellen. In der Armbeuge links der eine, in der Armbeuge rechts der andere – möge der Beste gewinnen :)

Erstaunlicherweise funktioniert der neue Duft genauso gut wie der Vorgänger an meiner Haut. Er startet vertraut spritzig-frisch, die Maiglöckchen sind sofort da – realistisch, natürlich, unverkennbar. Ich bin zurück in den Frühlingsgarten, wo taufrische Blumen und zartes grünes Blattwerk in all ihrer Strahlkraft mich empfangen.

Zum Glück nehme ich die besagte Brandreifen-Note nicht wahr – der Duft bleibt frisch, hell, grün. Die Cremigkeit bleibt bei mir aus, und das ist okay so, denn gerade diese durchgehende typische Maiglöckchen-Frische schätze ich am Yves Rocher-Duft sehr. Die relativ kurze Verweildauer auf der Haut ist eben der niedrigen Duftkonzentration geschuldet. Bei dem Vorgänger hatte ich die Haltbarkeit mit 5-6 Stunden angegeben, hier meine ich den Duft minimal kürzer wahrzunehmen, allerdings wird er in beiden Fällen nach ca. 3-4 Stunden bei mir hautnah.

Wobei aber deutlich Unterschiede zwischen zwei Düften bestehen, ist natürlich das Behältnis, sprich der Flakon, obwohl man angesichts des radikalen Design-Downgrades tatsächlich vom „Behälter“ sprechen sollte. :) War der Flakon vom "Un Matin au Jardin - Muguet en Fleurs / Lily of the Valley | Yves Rocher" tatsächlich noch mehr oder weniger formschön und sehr ansprechend durch das smaragdgrüne Glas und das hübsche grazile Relief, haben wir hier mit dem Fall von brutaler Zweckmäßigkeit zu tun. Der Flakon ist selbstverständlich nicht hässlich, aber leider auch nicht mehr schön in meinen Augen. Er erfüllt seinen Zweck – bewahrt die Duftessenz auf und sprüht diese beim Bedarf – that's all… Über die Kappe und den Sprüher aus weißem anscheinend kostengünstigem Kunststoff sollten wir lieber den Mantel des Schweigens ausbreiten. :) Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass diese Designentscheidung von Yves Rocher, die ja Produkte aus mehreren Duftlinien trifft, ganz dem ökobewussten minimalistischen Zeitgeist entspricht und natürlich ihre Daseinsberechtigung hat.

Fazit: Bei dem Nachfolger sehe ich so gut wie keine Unterschiede zum Vorgänger, möglicherweise minimale Einbüße an „Fülle“, wobei ich mich auch täuschen kann. Auf jeden Fall bin ich froh, dass der Duft uns erhalten blieb. Er ist immer noch ein anmutiger reiner frischer grüner Maiglöckchenduft. Aber – ich gestehe wieder mal ganz offen – es gibt für mich den dritten Duft im Bunde, der ein wahrer Gewinner ist, und das ist der Duft der frischgepflückten Maiglöckchen aus dem Vorgarten meines Schwiegervaters :)
7 Antworten
Florecilla vor 2 Jahren 11 6
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Quelque chose sur l'amour
Diese Rezension erblickt das Licht der Welt am Valentinstag, und das verpflichtet, möchte man meinen. Aber seid gewarnt – ihr findet diesen Duft weder in den unzähligen Top-Ten-Listen der besten Sexy- Date-Düfte, mit denen wir schon Tage vor dem 14.02. zugespammt werden, noch wird er bei den üblichen Verdächtigen mit 14% Valentinsrabatt angeboten. Selbst ich weiß immer noch nicht, ob ich diesen Duft liebe.

Dennoch auch er hat eine Bewandtnis mit dem Fest der Liebenden und sogar in mehrfacher Hinsicht :)

Zuallererst – weil er uns in die Stadt der Liebe schlechthin entführt, und zwar nach Paris. Diese Floskel ist vielleicht eine der wenigen, die im Laufe der Jahrzehnte kein bisschen abgenutzt hat und wahrscheinlich es nie tun wird. „Paris, mon amour“ – diese Liebeserklärung währt ewig und gilt für uns, Parfumos, in doppelter Hinsicht, denn dieses Parfum-Mekka wird immer das Ziel unserer Pilgerreisen sein:)

Allerdings ist das Parfum, das heute im Rampenlicht steht, allem Anschein nach gar nicht in Paris entstanden. Die Hinweise im Internet sind rar gesät, deuten aber darauf hin, dass für die Entstehung des Duftes ein deutsches Unternehmen zuständig war. Ein mutiges Unterfangen – die frischgegründete Parfummarke „Fleur de Paris“ zu nennen und sich somit mit ganz Großen der Branche messen zu lassen.

Böse Zungen würden meinen, das sei ein Marketingtrick gewesen. Aber lasst uns darin lieber ein Liebesgeständnis an die schönste Stadt der Welt sehen, zumal die Idee dahinter war, die kreierten Düfte einzelnen Arrondissements von Paris zu widmen. Dieses durchaus attraktive aber gleichzeitig gewagte Projekt fand abrupt ein Ende. Es existieren lediglich 2 Parfums, beide 2017 erschienen. Eins ist dem 1. Arrondissement zugedacht – einem der ältesten Stadtbezirke von Paris, berühmt durch den Louvre, den Jardin des Tuileries, die Place Vendôme und das Palais Royal. Der Duftcharakter dieses Parfums entspricht wohl dem Image des 1. Arrondissements – klassisch, elegant und blumig-gefällig. Wahrscheinlich hätte ich an ihm mehr Gefallen gefunden, aber wie der Zufall so will, lief mir das zweite Parfum der Marke über den Weg, und zwar "18. Arrondissement | Fleur de Paris"

Bei diesem Parfum dreht sich alles um Liebe, und zwar um ihre verruchte und sinnliche Seite, denn der Duft bringt uns nach Monmartre, ins Künstler-, Vergnügungs- und Rotlichtviertel. Schon die Verpackung bereitet uns darauf vor, das verbotene Terrain zu betreten – den Flakon ziert nebst den Umrissen des 18.Arrondissements ein Kussabdruck in verführerischem Rot. Die Duftnoten kündigen ebenfalls ein sinnliches olfaktorisches Feuerwerk an: in der Kopfnote ist – zusammen mit Mandarine, Bergamotte und Petitgrain - würziger Safran anzutreffen, das Herz besteht aus Jasmin, roter Rose und amerikanischer Wildpflaume (die beim Reifen purpurrot statt lila wird), die Basis sollte dunkel und süß anmuten, da sie Patchouli, Amber, Weihrauch, Bourbon Vanille und Karamellzucker vereint.

Wie ihr seht – alle Ingredienzen für einen verführerischen, sinnlichen, sinnesberaubenden Duft sind da. Wirkt denn der Duft genau so auf mich? Die Antwort lautet – leider nicht ganz. Mir fehlte hier vor allem die Süße, die ich persönlich mit Sinnlichkeit verbinde. Ich vermisse die blumige Süße, die von Jasmin und Rose stammen sollte, die fruchtige Süße der Pflaume, die ambrierte vanillige zuckrige Süße der Basis. Der Duft kommt in dieser Hinsicht überraschenderweise zurückhaltend daher. Ich würde ihn nicht mal als „blumig-cremig“ (so Parfumo) beschreiben, sondern eher würzig-balsamisch mit leichten süßen Anklängen. Die Hauptakteure sind hier für mich Patchouli mit Weihrauch und eher unsüßer Vanille, dazu gesellen sich sehr entfernt wahrnehmbare süß-säuerliche florale und fruchtige Akkorde.

Da ich Patchouli in sehr wenigen Parfums mag, ist es durchaus möglich, dass die Süße einfach durch diesen Umstand von meiner Nase ausgeblendet wird, das gebe ich zu. Für mich waren nämlich manche Beschreibungen von meinen lieben Parfumo-Mitrezensent*innen gar nicht so nachvollziehbar: "süß, romantisch, fruchtig, blumig, lieblich, sommerlich, leicht, charmant, elegant, bezaubernd"… Das alles nehme ich bei diesem Duft nicht wahr, was aber nichts heißen soll, weil jede Duftwahrnehmung ja subjektiv ist.

Also, was ist dieser Duft letztendlich für mich? Ist das Konzept der Kreateure aufgegangen? Nun, ich würde sagen, man könnte diesen Duft tatsächlich im 18. Arrondissement verorten, aber dann wäre er eher für eine Künstlerin (wir denken an Monmartre!) geeignet, als für eine lustvolle Verführerin. Ja, der Boheme-Geist von Paris hätte durchaus Pate für dieses Parfum stehen können, wobei ich hier etwas mehr Extrawaganz und Charakter wünschen würde.

Sehr beachtlich finde ich die Performance – sowohl die Haltbarkeit als auch die Sillage sind top, der Duft hält bis morgen, wenn man eine aufregende Nacht ohne Schlaf verbracht hat:) Lobenswert ist auch die Aufmachung des Parfums, das in einer Art Schatulle statt schnöder Umverpackung daherkommt, diese ist mit Samt ausgelegt und sogar mit einem „Zugbändchen“ versehen, damit man das Flakon leicht entnehmen kann. Der Flakon ist wertig verarbeitet – schweres Glas, ein massiver Deckel aus glänzendem Metall. Man merkt, dass die Kreateure mit Liebe dabei waren, auch wenn ihr Plan nicht vollends aufgegangen ist.

Der Duft genießt auf Parfumo eine relativ hohe Bewertung, was ich schön finde, denn alle Blumen sollen blühen, und wahre Liebe soll erwidert werden. Bei mir dauert es allerding ein Weilchen, bis ich den Duft ins Herz schließe…

PS. À propos: wenn man einen Duft sucht, der dunkle Sinnlichkeit verkörpert und trotzdem zugänglich ist, wäre es der für mich: "My Burberry Black (Parfum) | Burberry" .
6 Antworten
Florecilla vor 2 Jahren 21 13
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
„… als welkten in den Himmeln ferne Gärten…“
Ambraliquida – dieser nach einem Zauberspruch klingende Parfumname faszinierte mich seit längerer Zeit. Und jedesmal, wenn in einem Harry-Potter-Film "Avada Kedavra!" zu vernehmen war, musste ich an den "Ambraliquida" denken:) Keine Sorge - der Duft ist keineswegs so morbide, wie der Todesfluch aus dem J. Rowling-Universum, sondern überraschend gut.

Überraschend - weil es nämlich ein Blindbay war. Es gab für mich damals keine Möglichkeit, die Düfte von L'Erbolario zu testen, daher musste ich den Ambraliquida blind bestellen. Und da die sympathische italienische Marke ihre Produkte für absolut akzeptable Preise anbietet, fiel mir die Entscheidung leicht.

Warum ich den Duft überhaupt bestellt habe? Wegen des Namens (s. oben), und wegen meines Wunsches, etwas abseits der floralen Schiene auszuprobieren. Was wäre da am besten geeignet, wenn nicht ein Amberduft, ein Duft also, dessen Hauptsubstanz seit Jahrtausenden ihre Verwendung in Parfums findet – nämlich der flüssige Amber, das Harz des Amberbaumes.

Bevor wir zur duftenden Essenz übergehen, ein paar Worte schon jetzt zur Verpackung und zum Flakon - ein virtuelles Unboxing also:), denn ich finde die Gestaltung von Beidem durchaus gelungen. Besonders der Flakon hat mir bereits auf Werbefotos angetan – dieses satinierte dunkelbraune Glas passt sehr gut zum Duftcharakter und hat sich haptisch ein Handschmeichler erwiesen. Der Schriftzug sowie die Kappe – beides in Bronze gehalten – ebenfalls durchaus passend. Den weißen Karton zieren die goldgeben Blätter des besagten Amberbaumes, was erstens sehr ansprechend und zweitens sehr authentisch aussieht – drin ist, was drauf ist.

Was ist denn nun drin? Nach meinem Empfinden – genau das, was Pinkdawn in ihrer lesenswerten und treffenden Rezension geschrieben hat: als „…wenn man eine nach langer Zeit wiedergefundene Schachtel öffnet, auf der Herbst steht“. Der Duft ist warm, weich, trocken, leicht würzig, deutlich balsamisch. Styrax und Labdanum spielen hier die Hauptrollen. Obwohl ich dem Duft zunächst seine Süße abgesprochen habe, würde ich ihm diese jetzt doch noch attestieren. Allerdings ist das weder die klebrige Süße einer orientalischen Nascherei noch die Süße modrigen Blattwerks, sondern die dezente Süße, die uns der Wind an einem milden Oktobertag samt anderen herbstlichen Aromen bringt.

So riecht nämlich für mich der „Ambraliquida“ – nach einem Herbsttag, der nicht unbedingt von der Sonne, sondern eher von herrlich goldrotem Laub erleuchtet ist. Dieser Duft lässt mich verschlungenen Wegen in einem herbstlichen Park entlangwandern, wo der harzig-balsamische Wind trockene Blätter um mich herumwirbelt… Ach was - man wird SELBST zu einem Herbstblatt und ist bereit, entlang des Pfades vom Wind getrieben zu werden! Und das liegt ebenfalls an dem Duftcharakter – er ist nämlich einnehmend, durchdringend-ummantelnd (für Amberdüfte durchaus charakteristisch, wie ich jetzt gelernt habe). Und da die Haltbarkeit und Sillage ordentlich abliefern, sollte man mit dem Sprühen vorsichtig sein.

Der Ambraliquida ist für mich ein schöner „Stimmungsduft“, der – so wie der Gris Clair - eher für den inneren Gebrauch bestimmt ist. Kein „Show-off“-Duft, obwohl sehr präsent in seiner Erscheinung. Er ist weit entfernt von lieblichen bzw. verfüherischen floralen "Komplimentmagneten" und trotzdem ist er mir lieb :)

PS. Ich zitiere in der Überschrift die wunderbaren Zeilen von R.M.Rilke („Herbst“ aus dem "Buch der Bilder" 1906)
13 Antworten
Florecilla vor 3 Jahren 33 16
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Elixier des Teufels. Die Femme Fatale des Serge Lutens
„Datura fastuosa (Der schöne Stechapfel)“ – so heißt eine Erzählung von E.T.A. Hoffmann, einem der bekanntesten Schriftsteller der deutschen Romantik. In der Novelle geht es um einen naiven Jüngling namens Eugenius, der in die geheimnisvollen Machenschaften des teuflischen Grafen Angelo Mora verwickelt wird. Die titelgebende Pflanze Datura fastuosa spielt in der Intrige um Eugenius eine zentrale Rolle und wird in der Erzählung zum Symbol der Versuchung und des schönen Trugs.

Da E.T.A. Hoffmann zu meinen Lieblingsautoren zählt, konnte ich natürlich nicht umhin, den Duft auszuprobieren, dessen Name mich an die hoffmannsche Novelle erinnerte. Damals (vor einigen Jahren) wurde ich als allererstes von Parfumnamen hingezogen, nicht von Duftnoten. Wenn der Name mich ansprach und neugierig machte, musste das Parfum getestet werden. Und bei Serge Lutens-Düften fand ich die seltsamsten und faszinierendsten Wortkreationen! Nach vielen Tests sind vorerst drei Parfums von ihm nacheinander bei mir eingezogen – unter anderem das wunderschöne geheimnisvolle Datura noir.

Zweifellos hat sich Serge Lutens – genauso wie damals E.T.A. Hoffmann - von dem Ruf der Datura als einer narkotisierenden halluzinogenen Pflanze inspirieren lassen, von diesem „Teufelskraut“, das seit eher in der Alten und Neuen Welt in so genannten Hexentränken und Initiationsritualen verwendet wurde. Auch heute wird die Beschreibung dieses Nachtschattengewächses in jedem Nachschlagewerk mit dem Hinweis auf seine hohe Giftigkeit versehen.

Wurde denn der Duft diesem „teuflischen“ Ruf gerecht? Riecht das Parfum so, als würden seine blumigen Ingredienzen aus einem hoffmannesken Garten stammen? Der Duft gilt ja allgemeinhin als schwer, süß, blumig-opulent (was auf viele abschreckend wirkt), obwohl auch andere Stimmen auf Parfumo anzutreffen sind, die den Duft als hell, cremig und zahm beschreiben. Der Kreateur himself hat allerdings die Datura als die Verführerin des Zwielichts („séductrice du crépuscule“) betitelt und somit sind wir alle berechtigt, einen betörenden (gar sinnesraubenden) Effekt zu erwarten:)

Nun, der Datura Noir hat für mich diesen Effekt, aber auf eine subtile – ja eben zwielichtige - Weise. Er ist für mich die olfaktorische Verkörperung der Femme Fatale, eines Frauentypus, der seit der Antike in der menschlichen Wahrnehmung und somit in der Kunst und Literatur präsent ist (wie wir ihn zum Beispiel aus dem Film Noir der 40er Jahre kennen). Eine geheimnisvolle Frau, deren Schönheit rätselhaft und bedrohlich erscheint, aber immer beinahe hypnotisch anziehend ist. Eine Frau, die sich durch Intelligenz, gewisse Gefühlskälte, Machtstreben und Drang nach Selbstbestimmung auszeichnet und daher sehr oft als dämonische todbringende Verführerin wahrgenommen wird.

So ist für mich der Duft - weder schwer noch übermäßig süß, aber unverkennbar charakterstark und sehr attraktiv. Er ist blumig, aber auf eine wunderbar elegante und erwachsene Weise - und bitte erwachsen nicht mit reif verwechseln! Wie bei einem anderen Serge Lutens, den ich besitze, versagt hier mein auch ohnehin unzuverlässiger Duftnoten-Kompass – ich kann beim besten Willen nicht die genaue Abfolge von blumigen Noten und allen anderen Ingredienzen aufzählen, da diese hier so kunstvoll miteinander verwoben sind. Der Duft ist für mich auch keineswegs düster, sondern tatsächlich hell, oder besser gesagt transparent. Ja, er besitzt für mich trotz der warmen cremigen Noten eine gewisse glasklare Kühle, die ihn distanziert wirken lässt.

Er ist weder anhänglich noch oberflächlich, er ist nicht alltäglich, aber alltagstauglich, er schlägt keine großen Kurven im Verlauf, sondern bleibt seiner Linie treu ohne langweilig zu werden – all das dank seiner Komplexität und Anziehungskraft. Ja, er ist wahrlich eine Femme Fatale, früher als gefährliche Verführerin verschrien, heutzutage einfach eine Frau, die weiß, was sie will und ihren eigenen Weg geht:)

PS. Und was hat das letztendlich mit E.T.A. Hoffman zu tun? Nun ja, wahrscheinlich wird es euch nicht wundern, dass es auch in der besagten Novelle eine Femme Fatale gibt - als weibliches Pendant zur Datura aus dem Garten des geheimnisvollen Grafen - und zwar die wunderschöne mysteriöse Gräfin Gabriela, deren Reize dem armen Haupthelden beinahe zum Verhängnis wurden. Aber keine Sorge – er hat ihrer Faszination und hrer Verführungskünste entfliehen können. Ich bin der Anziehungskraft des Serge Lutens-Duftes allerdings restlos verfallen:)
16 Antworten
Florecilla vor 3 Jahren 13 7
7
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft
Von Findelkindern und Weinreben
Ging es in einer meiner letzten Rezensionen um einen Xerjoff-Duft, also die Creme de la Creme der Luxus-Parfümerie, nehme ich mir heute ein absolutes Gegenstück vor – einen Cheapie unbekannter Herkunft ohne edle Abstammung.

Okay, ich übertreibe etwas, Einiges konnte ich über mein Findelkind in Erfahrung bringen. Das Parfum wird seit 1998/1999 im Auftrag von SPCC Paris Bleu produziert, einem Konzern, deren Geschäftspartner in Nordamerika Red Pearl Inc. hieß bzw. immer noch heißt. Im Juni 2021 hat SPCC Paris Bleu einen kompletten Relaunch vollzogen und nennt sich nun einfach SPCC - Société Parisienne de Parfums & Cosmétiques. Auf der Webseite des Unternehmens wird der Red Pearl als ein bedeutendes emblematisches Parfum gepriesen, das mit seinem überwältigenden Erfolg die Geschichte von SPCC geprägt hätte.

Wie ihr seht, hat das vermeintliche Weisenkind dennoch eine namhafte, wenn auch etwas verworrene Herkunft – ganz im Stil der Schundromane des 19.Jahrhunderts:) Man kann allerdings nicht sehr viel über die Parfums von SPCC herausfinden – man weiß nur, sie würden in Zusammenarbeit mit rennomierten (aber nicht benannten) Parfümeuren entwickelt und in Honfleur, Normandie hergestellt. Und – dass sie enorm günstig sind.

Deswegen stellt sich die Frage – kann ein Parfum für aktuell 24,99 € all das erfüllen, was man von einem anständigen Parfum so erwartet? Zumindest schön duften und haltbar sein? Oder wäre so ein Duft nur Schund? Nun ja, ich würde sagen, der Red Pearl schlägt sich wacker:) Vergesst aber nicht - ich habe noch nicht allzu viele Düfte getestet, genießt meine Bewertung mit Vorsicht. Sicherlich schwingt hier außerdem angesichts des günstigen Preises eine sehr ordentliche Portion synthetischer Duftstoffe mit.

Also, der Red Pearl ist von der Duftrichtung her feminin, fruchtig-würzig-floral und warm. Die Duftpyramide fällt weder zu üppig noch zu minimalistisch aus und mutet nicht allzu trivial an. Die einzelnen Duftnoten sind aber für mich kaum herauszuriechen, ich kann nur über die Veränderungen im Duftverlauf berichten: anfangs nehme ich eine etwas trockenere herb-süße Note wahr, die dann zunehmend an Wärme, Süße, Würzigkeit und gewisser „Saftigkeit“ gewinnt. Diese Herznote finde ich sehr attraktiv – sie wirkt umschmeichelnd, von innen wärmend und ruft eine starke Assoziation mit Traubenpunsch hervor. Und glaubt mir – der Parfumname und das Aussehen des Flakons haben mich nicht beeinflusst, ich bekam diesen Rote-Trauben-Vibe sofort nach dem ersten Test:) Orientalisch ist für mich der Duft nicht unbedingt – ich denke bei ihm eher an Weinberge in Südfrankreich, an warme Sonnenstrahlen, an goldenen Herbst und süßen Traubenmost. Im Drydown behält der Duft diese Traubensaft-Note, die allerdings an Intensität verliert und angenehm und ruhig ausklingt.

Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich: über 8 Stunden mit Projektion und Sillage und danach noch zusätzlich über 4 Stunden körpernah.

Also, ich bin mit meinem Findelkind zufrieden – es ist ein Duft, der einem Freude macht, anziehend wirkt, zu vielen Anlässen tragbar ist und – für mein Dafürhalten – nicht „billig“ riecht. Er hat sogar einen Wiedererkennungswert – zumindest für mich – und somit nicht generisch-beliebig. Ein durchaus würdiger sehr weiblicher Duft, der für schöne heimelige Stunden im Herbst sorgt, aber auch ganzjährig einsetzbar ist. Die Adoption geglückt! :)

PS. Ein kleiner Tipp: falls ihr das Parfum "live" testen möchtet, findet ihr es regulär in den Parfümerieabteilungen des großen Kaufhauses, das vor ein paar Jahren aus zwei altehrwürdigen Ketten entstanden ist.
7 Antworten
1 - 5 von 16