Mission INCIpossible - auf der Suche nach Naturparfums
Es gab eine Zeit, in der wir als Verbraucher noch wussten, was wo drin wir. Unsere Oma strickte Socken, der Papa backte Brot und Milch gab's vom Bauern nebenan. Naja, nostalgisch, ich weiß. Aber diese Transparenz ist uns mit der Zeit verlorengegangen. Und in den letzten Jahren scheint sich die Entwicklung umzudrehen. Apps wie CodeCheck, Ingred oder ToxFox lassen uns Produkte scannen und Inhaltsstoffe einsehen, schnelle INCI (International Nomenclature Cosmetic Ingredients)-Datenbanken lassen uns diese Inhaltsstoffe zu einem gewissen Grad verstehen.
In vielen Bereichen (Kleidung, Essen) sind wir Verbraucher sensibler geworden. Wie steht es denn beim Parfum?
Das Problem
Interessehalber habe ich mal ein paar meiner Düfte untersucht und das Ergebnis macht mich zornig: Wieso steckt da so viel Gift drin? Nichts gegen Synthetik an sich, aber wieso krebserregend, wieso hormonell wirksam, usw.?
Na, eine Antwort kennen wir doch alle: Weil wir es kaufen. Wir schnuppern dran, finden es toll - der Rest ist uns nicht so wichtig. Eine weitere Antwort: Weil Chemie meist nur einen Bruchteil der natürlichen Zutaten kostet. Und drittens: Weil die Alternativen weniger häufig vertreten und entsprechend weniger bekannt sind.
Am ersten und dritten Punkt können wir sinnvoll anpacken.
Der Plan
Eine Wanderpaketsreihe mit festen Teilnehmern, denn wir brauchen vergleichend testende Parfumos, um Sichtbarkeit zu schaffen und die entstehenden Kosten zu teilen. Nicht jeder der angeschriebenen Kandidaten konnte mitmachen, aber ich freue mich, dass die Mehrzahl engagiert zugesagt hat: Yatagan, Morgaina, KayLiz, KingLui, Bellemorte, Mamski, Waldvogel und ich, Fluxit. Die ersten Bestellungen und Einzeltests laufen bereits, ihr könnt also in den nächsten Monaten - ja, ein langes Projekt mit Bestellungen aus den Staaten plus zahlreichen Versandaktionen untereinander - mit Statements & Co rechnen. Einen riesigen Dank an Jumi, die es uns möglich gemacht hat, auch US-only Düfte in die Hände zu bekommen!
Vielleicht schaffen wir es außerdem, ein Meinungsbild zu den einzelnen Marken abzustimmen, um grob aufzuzeichnen, was ihr von den Düften unserer Meinung nach in etwa erwarten könnt.
Die Recherche
Zum Glück gibt es hier bereits gute Quellen, allen voran der teils veraltete, aber nach wie vor sehr wertvolle Naturduft-Blog von Blauemaus. Danke für die Vorarbeit, inklusive eurer Empfehlungen dort.
Wir haben weiter recherchiert, uns stundenlang umgesehen und Marken hinzugefügt, die erschwinglich und interessant wirkten. Hier die Liste, beginnend mit den von uns zu untersuchenden Marken:
Marken im Test
Von diesen Marken haben wir uns Probensets bestellt. Aufgepasst: Nicht alle sind reine Naturduftmarken, manche bieten nur spezielle Kollektionen an.
Soweit zumindest der Plan. Ich mach nochmal ein Update, wenn die Bestellungen durch sind.
Ungetestete Marken
Von diesen Marken haben wir nichts bestellt. Manche kannten wir bereits und nicht zuletzt ist es eine Budgetfrage, denn die Sets oben waren ja nicht gerade umsonst.
Solltet ihr weitere Empfehlungen haben, erzählt gerne davon in den Kommentaren. Ich möchte sie nicht hier im Artikel ergänzen, weil die Tabellen nur unkomfortabel editierbar sind. Unterschätzt das trotzdem nicht, der Blog von Blauemaus samt Kommentaren ist immerhin satte 4 Jahre alt ist und ist dennoch enorm hilfreich gewesen.
Das Resultat?
Wird sich zeigen. Generell können wir jetzt schon sagen: Unser Experiment ist natürlich kein seriös wissenschaftlicher Test. Beispielsweise schwanken die Sicherheitsstandards (z.B. bei Anwendung ätherischer Öle) je nach Land stark. Deutschland und Australien haben strikte Standards, während die USA locker unterwegs ist - danke an Annette Neuffer für diesen Hinweis.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Kriterien, die man unterschiedlich priorisieren und meistens nur mit Mühe oder nicht komplett herausfinden kann. Yatagan listet als sinnvolles Ideal:
- ökologische, nachhaltige Produktion
- keine Ausbeute seltener Ressourcen (Palmöl etc.)
- fairer Handel
- keine gesundheitlichen Bedenken
- keine Tierversuche
- (Fluxit ergänzt:) keine Tierschmerzprodukte (Zibet etc.)
Wichtige Punkte. Man darf leider bezweifeln, dass selbst Naturparfums alle diese Kriterien durchgehend immer erfüllen. Und schließlich kann man auch kritisch anmerken, dass Schlagworte wie krebserregend oder hormonell wirksam zwar gerne von der Presse verwendet werden, es dort aber große Unterschiede gibt (z.B. ob das Krebsrisiko von 0.1% auf 0.2% steigt oder auf 10%). Interessant wäre hier, wie einflußreich Kosmetik im Vergleich zu Kleidung, Nahrung, ... abschneidet. Immerhin: Wir reden von Produkten, die uns täglich über Stunden begleiten und damit über viele Jahre in Kontakt mit den enthaltenen Stoffen bringen.
Letztendlich muss es wie immer jeder selber wissen, wieviel er sich und seiner Umwelt zumuten möchte. Da hilft es auch nicht, sich mit anderen zu vergleichen, sondern besser mit seinem Ich von Gestern.
Der Aufruf
Ihr wollt auch etwas tun? Das geht. Ihr könnt zum Beispiel weitere unbekanntere Marken testen und über sie schreiben. Besser noch, sogar ohne finanziellen Einsatz: Ihr könnt etwas Zeit investieren und bei CodeCheck eure Düfte und deren Inhaltsstoffe eintragen, damit andere Menschen sie finden und der Druck auf die Hersteller wächst. Und ihr könnt generell einfach kritischer hinterfragen, was ihr unterstützen wollt. Unser Geld ist unsere Stimme für die Produkte der Zukunft.