FrieMo

Er pflückt einen Stängel Pfefferminze.
Er zerschneidet eine Limette.
Er öffnet die Flasche Rum und gießt ein.
Er zwirbelt den Pfefferminzstängel zwischen den Fingern.

Die Flasche ist offen, der Rum verfliegt.

Er hohlt eine Zigarre hervor.
Er dreht sie zwischen den Fingern.
Er sitzt in der Sonne.
Er sitzt auf Holz.

Der Tabak und die Pfefferminze und ein Schluck Rum.

Der Rest ist warme Luft und blauer Dunst, denn es ist zu warm für eine Revolution.
Alles andere ist unwichtig.

Irgendwo im englischsprachigen Internet las ich mal (sinngemäß), von Sierstorpff, das deutsche Creed.

Allerdings gibt es einerseits das Bad (Driburg) und gab es andererseits den angeblichen Kreateure von Sierstorpff. Ob dieser den Duft tatsächlich komponierte und ob die zufällig entdeckte Formel den gegenwärtigen Freiherr tatsächlich so lange umtrieb und fesselte sei dahingestellt, aber ein bisschen Mythos und Geschichte ist doch nett.

Beim öffnen kommt mir ein Duft entgegen, der mich erstmal entsetzt. So hatte ich den aber nicht in Erinnerung! Das hab ich nicht erwartet und nicht haben wollen. Doch auf der Haut ist er anders.

The Scent of a Gentleman beginnt mit einer spitzen Zitronennote. Nein, das ist Bergamotte und dahinter Neroli, ein Vorgeschmack auf den Rest. Ist die Citrusspitze verschwunden macht sich neben der Nerolinote Geranie breit.
Dieses unertträglich harmonische Blumenduo wird glücklicher Weise von einer leichten Dissonanz gestört, die ich erstmal nicht einordnen kann.
Könnte das wirklich Eukalyptus sein? Ein Blick auf die Rückseite dess (nebenbei ansehnlichen) Kartons bestätigt das. Quasi von Unten kommt ein bisschen Pour Monsieur durch. Eine würzig weiche Kardamomnote trägt den Rest.

Die Blümcheneukalyptuskombo tritt nach und nach (nach reichlich Zeit) den Rückzug an, bleibt aber noch ein bisschen am Kardamom hängen.
Als endlich die Basis zum Vorschein kommt hab ich schon fast vergessen welcher Duft das doch gleich war.
Da fällt mir auf, die Basis hatte auch vorher schon versucht durch zu kommen. Tabak und ein bisschen Vetiver fallen mir auf. Der Tabak war schon mit dem Kardamom da. So verklingt der Duft.

Namentlich erinnert mich der Duft an Gravel - A Man's Cologne. Aber er ist ihm sehr fremd.

Offenbar kam der Duft nicht gut an. Erst war er extrem rar verteilt und teuer. Dann wurde er verbreiteter, bis er nach und nach wieder verschwand und (zumindest die "Travel" Variante) bei Douglas im Ramschregal neben Playboy und Co wieder auftauchte.

Vor einiger Zeit habe ich mir die Proben dieses Herstellers zuschicken lassen (sie waren schließlich umsonst, haben sich allerdings auch als komische Auftupfdinger herausgestellt).

Als ich das teil aufriss kam mir erstmal die obligatorische Alkoholnote entgegen, aber nun gut, ist halt so.

Der Duft errinnerte mich sofort an irgendwas...
Jaaa da kommt Terre d'Hermes durch, aber ein bischen amerikanisiert. Ein bisschen frischer, ein bisschen glatter, ein bisschen mehr linearität und in der Beschreibung tolle Duftnoten. Fertig.

Kommt allerdings in keiner Hinsicht an das offensichtlichen Vorbild heran.

Verfolgt die Firma also eine ähnliche Strategie wie Bond?

So unentschlossen und wage der Name, so eindeutig und unverblümt der Duft.

Unverblümt ist schon das richtige Stichwort, denn dieser Duft ist einfach unblumig.
Die zentralen Duftnoten sind Harze. Der Duft hat einige Parallelen zu Harzen. Er verändert sich nur wenig und langsam, aber stetig.
Geruchlich ist er sehr holzig/harzig, wie könnte es anders sein.

Zum Schluss noch ein paar Worte zum Weihrauch: mit diesem Inhaltsstoff kann ich nichts anfangen. Von allen Weihrauchdüften wurde mir immer schlecht. Am besten gefiel mir bis jetzt Incense Extrême von Andy Tauer, aber wie der Name schon sagt war der mir zu extrem. Genau diese Weihrauchrichtung ist auch in If zu erleben, aber in einer viel erträglicheren Dosis, in einer wunderbar unterstreichenden Dosis.

Eigentlich wollte nur schon wieder No. 19 ausprobieren (ich war mir immer noch nicht sicher). Weil ich schonmal dabei war, habe ich mir auch gleich noch einen anderen Chanel-Klassiker zu Gemüte geführt.

Ich dachte "TVC15 hat ihn in seiner Sammlung, also kann er nicht so schlecht sein".

Zitrone mit grüner dreckiger Unterstützung.
Die Herznote kommt und geht wieder. Es ist deutlich das da eine Herznote ist, aber die ist so gut eingefügt, dass ich nichts differenzieren kann.
Eichenmoosig erdige Holznote mit Vetiver Anklang.

Meine ersten Eindrücke finde ich in der Duftpyramide bestätigt. Ich kann den aufgelisteten Kardamom nicht erkennen.


Entweder ist mein Duftempfinden hinsichtlich "moderner" Düfte kaputt, oder aber dieser Duft ist ein zeitloser Duft der wunderbar in dieses Jahrzehnt passt.

Ich denke beides ist der Fall.

Nachtrag:
Nachdem ich mir eine Ladung Kardamomkapseln in Referenzqualität durch die Nase reingezogen habe muss ich Die Nases Anmerkung, dass Kardamom deutlich warzunehmen sei bestätigen.

Je öfter ich den Duft benutze, desto besser und genialer finde ich den Duft. Vor allem die wunderbare Basis.