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vor 5 Jahren - 13.01.2019
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Duft-Grundausstattung für junge Herren (mit begrenztem Budget) - Teil 2

Nachdem wir in Teil 1 die beiden ersten Flaschen in den 10 Plätze findenden "Für-den-Job-Duftschrank" unseres jungen Herren eingeräumt haben und uns dabei aus dem Bereich "deutsche Beiträge zum Weltkulturerbe" mit "Tabac Original Cologne" (danke, liebe Girlain und Anosmia für die Bestätigung, dass dieser Klassiker sehr wohl für junge Männer passt; I really appreciate it!) und aus dem Bereich Rasierwässer mit "Caldey for Men After Shave" bedient haben, stehen nun zunächst einmal drei weitere Düfte an.

In meinem theoretischen Intermezzo habe ich die kühne These aufgestellt, dass auch der wackere Jungrecke der heutigen Zeit ein offenes Ohr für die Erzählungen der alten weisen Duftmänner am Lagerfeuer hat und vielleicht sogar eine gewisse Sehnsucht nach "Klassizität" hat. In diesem Sinne meine ich, dass drei der zehn Düfte echte Klassiker sein sollten.

Da das Budget hier stets eine entscheidende Rolle spielt, sollten wir uns die "Mainstream-Klassiker" anschauen, die zwischen 50 und 100 Euro den 100-ml-Flakon kosten, aus erstklassigem, untadeligen Hause stammen, einige Jahrzehnte auf dem Buckel haben und einen gewissen Ruf, wenn nicht Ruhm aufweisen. Dies sollen die drei Düfte sein, mit denen der junge Mann beweisen kann: ich bin nicht nur Individualist, ich beherrsche auch die Konventionen, ich kenne mich in der Duftwelt aus und weiß nach ihren Regeln zu spielen.

Man liegt nicht falsch damit, wenn man von diesen drei Düften zwei aus dem Kreise der großen französischen Dufthäuser und einen von der anderen Seite des Kanals auswählt. Dieses 2:1-Verhältnis entspricht, verzeiht mir, oh ihr Anglophilen, nach meinem Dafürhalten der objektiven Bedeutung dieser beiden Duftnationen, und zwar, ja, es ist so, selbst bei den Herrendüften. Die Italiener würde ich hier, wenn eine so harte Beschränkung erforderlich ist, überspringen. Ein brutaler, aber aus meiner Sicht notwendiger Schnitt, trotz solcher ultraklassischer Marken wie Acqua di Parma, trotz meiner eigenen Schwäche für viele italienische Düfte und obwohl ich weiß, dass mich mindestens ein Drittel der Leser ab jetzt hassen wird.

Sehr, sehr lange stand Antaeus von Chanel auf meiner Shortlist für einen der beiden Franzosenplätze. Und ich halte ihn noch immer für eine exzellente Wahl. Ein enorm (modern-) klassischer Duft, in unglaublicher Weise jugendliche Kraft und Stärke ausstrahlend, nicht nur für den Beruf, sondern auch fürs Date geeignet und in gewisser Weise ein Brückenduft zwischen dem Klassiker Kouros von YSL auf der einen Seite (zu brutal-animalisch für einen Berufseinsteiger im Büro) und Héritage von Guerlain auf der anderen Seite (wundervoll, ein bisschen so etwas wie mein Signaturduft, aber vielleicht schon etwas zu heiter-freundlich für unseren jugendlichen Draufgänger). Ich halte Antaeus auch noch immer für mehr als bedenkenswert für den "ersten Franzosenplatz", und wer meine Empfehlung, die gleich kommt, nicht mag, der kann Antaeus nachrücken lassen. Letztlich habe ich mich, auch im Sinne eines guten harmonischen Trios, für einen anderen Ultraklassiker entschieden:

Duft Nr. 3: Eau Sauvage von Dior Eau de Toilette (unter 100 Euro)

Hier ist es zunächst einmal ganz wichtig, sowohl beim Einkaufen als auch wenn wir drüber reden, was wir da tragen, keine Verwechselung mit "Sauvage" von Dior zuzulassen, einem Duft, der weder gut, noch klassisch ist, sondern eine modische Eintagsfliege. "Eau Sauvage" hingegen ist vielleicht der klassischste (französische) Herrenduft, den es überhaupt gibt, und einer der schönsten dazu. Er deckt paradigmatisch das Feld der zitrisch-grünen Sommerdüfte (aber mit einer fein durchkomponierten Basis) ab und bedient damit auch die offene "italienische Flanke". Mit diesem Duft ist man im Grunde immer, zu jeder Tages- und Jahreszeit und zu jeder Gelegenheit gut angezogen; bevorzugt allerdings im Frühling und Sommer, und im Sinne eines Kontrastprogramms im kalten Winter (im Herbst vielleicht am wenigsten). Der Duft strahlt Heiterkeit und Gelassenheit, Freiheit und Klarheit aus, er ist jung (geblieben) und hat zwar die Reife des Klassikers erlangt, aber keine Patina angelegt. Als Alternativen kommen übrigens der Flanker "Eau Sauvage Extreme" (den habe ich in meinem Duftschrank) und der mir unbekannte, aber hier auf Parfumo vielgelobte Dupe-Duft Putting Green in Betracht.

Der zweite Franzosenplatz sollte ganz anders besetzt sein als der erste. Einen Duft mit starkem Vetiver-Einschlag wird man von mir nicht erwarten können, da ich mit dieser Richtung meine Probleme habe und daher keine guten Tipps geben kann. Die dreckige Richtung von Habit Rouge wäre reizvoll, ist aber möglicherweise in der Tendenz doch eher für etwas ältere Semester. Etwas ganz anderes als Eau Sauvage wäre auch Opium pour Homme, laut Angua eine "duftgewordene Disco-Kugel"; ich liebe den Duft ja, aber fürs Büro vielleicht eine Spur zu heftig. Dior Homme ist ein wunderbarer Klassiker, aber für diese Liste hier zu kuschelig; der ist eher für den privaten Gebrauch geeignet. Guerlain Homme wäre eine Option, meine Empfehlung fällt aber schließlich auf

Duft Nr. 4: I'Instant de Guerlain pour homme Eau de Toilette - 100 ml unter 70 Euro

Zwar handelt es sich rechnerisch hier um keinen "Klassiker", da der Duft erst gut 10 Jahre alt ist. Ich halte ihn trotzdem für einen waschechten Guerlain-Klassiker im allerbesten Sinne. Er weist die typische Entwicklungsstärke der großen Guerlains auf; ein Duft wie eine Sinfonie; in diesem Falle heiter-frisch-blumig beginnend und erdig-warm-männlich ausklingend, doch die Übergänge sind stets fließend, harmonisch und nie abrupt, hier passt alles! Da ich ein Fan der Marke Guerlain bin, "musste" vielleicht irgendwie ein Guerlain auf diese Liste, aber das ist wirklich nicht das Entscheidende: Wir decken mit diesem Duft die ansonsten unbedeckte "Kuschelgourmand-Flanke" ab, haben also einen warmen, auch farblich braunen, typischerweise dem Herbst/Winter zugerechneten Duft, ohne in gerade für Berufsanfänger vielleicht unerwünschte Extreme wie bei Dior Homme (dessen Kakao auch hier im "Instant" enthalten ist!) zu verfallen. Also ich bin gespannt auf eure Meinung, aber in my humble opinion, diese zwei als Gegenspieler, das passt für mich!

Absolut notwendig ist es natürlich, wenn Fragen kommen, was man denn da für einen feinen Duft trage, den Namen richtig auszusprechen. Das ist nicht ganz einfach, wenn man kein Französisch an der Schule hatte, denn der Name beinhaltet unglücklicherweise gleich drei verschiedene Nasale: "Lüöhhh-stuooohhh de Gerlaaaiiihhhh". Daher sollte man, wenn man sich diese Pulle zulegt, zur Sicherheit auch noch eine Aussprache-Nachhilfestunde bei einer netten französischen Studentin dazubuchen, denn die im Beruf erforderliche Selbstsicherheit leidet, wenn man ständig in latenter Angst vor der Frage lebt, was das für ein Parfum ist.

Nun kommen wir zum Briten. Die Aufgabe ist gar nicht so leicht, da es zwar ziemlich viele britische Klassiker gibt, ich selbst aber die großen Briten meist etwas, naja, ältlich finde. Oder sagen wir reifer/steifer. Bei Blenheim Bouquet muss ich nicht nur aus historischen Gründen eher an den alten Churchill mit Zigarre (oder halt an einen Engländer mit Schirm und Melone) denken, als an einen jungen Mann. Ähnliches gilt für andere Klassiker und moderne Klassiker wie, sagen wir mal, Sartorial. Ein heißer Kandidat ist gewiss Eucris, aber er steht im Charakter dem Eau Sauvage und einem Duft, der in Teil 3 empfohlen werden wird, zu nahe, außerdem hat er bei mir eine schlechte Haltbarkeit. Eigentlich war ich irgendwie drauf fixiert, als Briten-Empfehlung hier Juniper Sling von Penhaligon's zu platzieren. Diesen parfumgewordenen Gin Tonic finde ich witzig, spritzig und jugendlich, aber er ist letztlich zu teuer, zu wenig klassisch, vielleicht auch zu kontrovers/randständig und zu wenig haltbar für diese Liste. Letztlich empfehle ich hier, tatam:

Duft Nr. 5: Elite von Floris Eau de Toilette 100 ml unter 80 Euro

Dieser Duft weist zwar die Solidität und satte Schwere eines britischen Club-Ledersessels auf und ist insoweit eher "alt", er ist aber einerseits enorm witzig und wendig und andererseits kraftvoll, kompromisslos und heftig und hat damit eben doch absolut jugendliche Charakteristika. Zu Beginn sozusagen die nasse, dunkle Version von Eau Sauvage (moosige Tannenwälder...), und dann voll eins auf die Fresse mit allem, was ordentlich kracht und laut ist: Amber, Vetiver, Patschuli, Moschus... Immer feste druff! Ich finde das enorm ansprechend, es ist ein selbstironischer, britisch-humoriger Duft, aber zugleich auch ein mutiger: Der Träger traut sich was! Von den fünf Düften hier bisher derjenige, der am ehesten "bossy" ist, das sagt ja auch schon der Name. "Oh, was tragen Sie denn da schönes, Herr Praktikant?. "Elite". Das sitzt.

Dieser Blog war auf zwei Teile angelegt, nun werden es doch drei. Die letzten fünf Düfte werden aber schnell präsentiert sein, ich verspreche es!

To be continued.

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