FvSpee
FvSpees Blog
vor 6 Jahren - 10.06.2018
14 29

So viele Düfte, so wenige Worte!

Als inzwischen einigermaßen regelmäßiger Verfasser von Duftkommentaren (dass ich das werden würde, hätte ich mir vor drei Jahren nicht einmal im Traum vorstellen können) bemühe ich mich, soweit es in meiner Macht steht, meine Rezensionen sprachlich ansprechend zu gestalten. Dazu gehört auch, dass ich versuche, sprachliche Doppelungen zu vermeiden. Und bei dieser Gelegenheit fällt mir immer wieder auf, wie arm unsere deutsche Muttersprache ist, wenn es um das geht, worum es hier generell geht, nämlich um Duft.

Wie gut haben es die Engländer, in deren Land - anders als vielleicht bei den Franzosen - das Parfum ja nun gewiss auch nicht die Rolle spielt, die der Schnee bei den Eskimos, oder von mir aus auch den Inuit, einnimmt! Da gibt es mit scent, fragrance und perfume drei (!) Worte, die weder hochgestochen noch veraltet klingen, sondern der ganz normalen Standardsprache angehören, und die jeweils sowohl Duft im Sinne von "schöner Geruch" als auch von "Parfüm" bedeuten können (so schon in Shakespeares Sonetten: "And in some perfumes there is more delight / than in the breathe that from my mistress reeks"). Alleine schon mit diesen drei Begriffen könnte man als Parfumo-Rezensent, oder sonst als Duftjournalist, wunderbar operieren. Und dazu kommen noch smell, flavour, odour, aroma und, wohl etwas selten, redolence.

Im Deutschen dagegen: Nur "Duft". Sonst nichts. Ist das nicht traurig? Und das in der Sprache der Dichter und Denker? Da muss man sich ja fast schämen. Und da muss man, beim Schreiben, furchtbare Klimmzüge machen, um sich nicht zu wiederholen. "Parfüm" kann man schreiben, aber es bedeutet im Deutschen eben nur das Fabrikprodukt, nicht (auch) einfach etwas, das gut riecht. "Geruch" - zu neutral und technisch. "Wohlgeruch", klingt in den meisten Kontexten zu poetisch oder irgendwie schräg. "Aroma", passt nur selten. Sollte man es vielleicht mal mit "Odeur" probieren? Hat aber was ironisches an sich. Wenn sich in Berlin im Hochsommer bei 35-Grad-Temperaturen (also z.B. im Mai 2018) jemand seit 2 Wochen nicht gewaschen hat und U-Bahn fährt, dann liegt in diesem Waggon ein Odeur in der Luft. Es ist zum Mäusemelken.

Weiß jemand eine Erklärung für diese peinliche sprachliche Lage? Waren, ohne dass ich es mitbekommen hätte, in Deutschland Düfte ein paar hundert Jahre lang verboten? Parfüms als welscher Tand für verweichlichte Franzmänner (der kernige Teutsche riecht allenfalls nach selbiger Seife)? Sodass man nicht mal Worte dafür zulässt? Fällt jemand ein existierender Alternativbegriff ein? Oder ein gut erfundener?

14 Antworten

Weitere Artikel von FvSpee