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vor 4 Jahren - 01.03.2020
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Body Mist für Pretty Doll - Dufteindrücke aus Thailand, Teil 2.

Herzlichen Dank vorab für die freundlichen Repliken zum Teil 1 des olfaktorischen Reiseberichts. Und der Hinweis, dass ich Thailand und die Thailänder eigentlich mag. Manches, wie die kindliche Unterwürfigkeit unter das Königshaus und die Unfähigkeit, einfachste mathematische Berechnungen durchzuführen (wenn etwas 450 Baht kostet und man gibt 500, wird der Taschenrechner rausgeholt um das Wechselgeld zu berechnen, und das ist weder ein Witz, noch ein Einzelfall, glaubt es mir) ist dort etwas schräg beziehungsweise gewöhnungsbedürftig, aber anderes ist auch sehr schön und man würde es sich auch für Deutschland wünschen, und damit meine ich nicht nur das leckere Essen und die traditionelle Thai-Massage, sondern z.B. auch die - wohl auch religiös bedingte - außerordentlich erfreuliche Höflichkeit und innere Kultiviertheit der Menschen. Es soll also bitte nicht so rüberkommen, als ob ich abfällig über das bereiste Land schreiben würde. Und was den mehrfach geäußerten Wunsch angeht, lieber etwas über Japan lesen zu wollen: JA KINDER, DAS LEBEN IST KEIN WUNSCHKONZERT! Ich blas doch nicht eine Megatonne CO2 in die Stratosphäre, um nach Japanien zu reisen, wo ich sonst nix tu nun hab, nur um euch was von den nipponischen Rasierwässern erzählen!

So, jetzt aber weiter. Nachdem das mit den After Shaves sich also als Satz mit X erwies und ich an den Prin-Lomros-Düften vorbeilief, dachte ich, ich schau mir mal die klassische globalisierte (also im Wesentlichen ja doch immer noch französisch-italienisch-englische) Parfümerieszene an, mit schönen Flakons der klassischen Marken in herkömmlichen Parfümerien bzw. Parfümerie-Abteilungen. Auch hier musste ich feststellen, dass es in Thailand da etwas anders zugeht als erwartet, und zwar scheint die entsprechende Szene extrem klein zu sein. Ich würde mal die Aussage riskieren, dass es so etwas wie inhabergeführte Parfümerien, wo man ein nettes Sortiment an Guerlain-, Dior- und Bulgari-Düften in 100-ml-Flakons, ein oder zwei Nischenmarken und vielleicht drei thailändischen Labels kaufen kann, in Thailand nicht gibt. Wenn es eine Stadt gibt, wo ich intensiv danach suchen würde, dann die "westlichste" Großstadt (knapp Großstadt) Chiang Mai, aber da war ich dieses Jahr nicht. Es gibt klassische Parfümerien, aber ich habe solche nur in drei Kontexten gefunden.

Erstens in den Flughäfen, insbesondere natürlich in Bangkok, zweitens als Parfümerie-Abteilung der großen Kaufhäuser, die in die großen Malls integriert sind. Hier möchte ich als Beispiel den derzeit wohl größten Konsumtempel Bangkoks, "Central World Plaza" nennen, in den das japanische Kaufhaus "Isetan" eingebaut ist. Dieses wiederum hat eine schöne klassische Parfümerieabteilung, nicht ganz so groß wie die des KaDeWe, aber übersichtlicher, geräumiger und schön nach Marken sortiert. In derartigen Läden ist das Sortiment wenig überraschend und damit für europäische Duft-Kenner letztlich auch ein bisschen langweilig. Lokale Besonderheiten (wie vielleicht chinesische oder japanische Label) konnte ich nicht entdecken, da war eigentlich alles so wie daheim, vielleicht mit etwas mehr Gewicht auf Marken, die in Europa eher Nische sind (Jo Malone zum Beispiel ist in solchen Abteilungen immer und mit riesiger Auswahl vertreten). Unterstreichen möchte ich, dass es selbst in den riesengroßen Malls und Plazas von Bangkok soweit ich gesehen habe, keine Stand-Alone-Parfümerien gibt, also nicht einmal so etwas wie eine "Douglas"-Kette, geschweige denn inhabergeführte individuelle Parfümerien.

Als Fußnote sei hier eingefügt, dass an dem Gerücht, das ich gehört hatte, nämlich dass "4711" sich in Thailand einer großen Wertschätzung erfreut, anscheinend etwas dran ist. In der marmor-ausgelegten Parfüm-Abteilung des Isetan gab es nämlich zwischen den Verkaufsinseln von Acca Kappa und Tom Ford auch eine ebenso nobel aufgemachte des Kölner Unternehmems, was ich schon irgendwie lustig fand. Verkauft wurden dort witzigerweise nun auch nicht die aktuellen "schicken" Düfte des Hauses wie die Acqua-Colonia-Reihe, sondern nur zwei Düfte, nämlich das klassische olle "4711" und das als genauso angestaubt geltende "Ice", beide aber in Riesenflaschen und mit dem Vermerk "Top-Seller" von der Leitung des Kaufhauses. Tja, andere Länder, andere Sitten. Und in der Dauerhitze macht sich so ein klassisches Frischewasser ja auch gut; und auf Haltbarkeit kommt es da sowieso weniger an, weil auch die haltbaren Düfte sich in der Hitze viel schneller verflüchtigen.

Nun hatte ich ja gesagt, dass ich klassische Parfümerien an drei Orten gefunden habe, bisher habe ich aber nur Flughäfen und Bangkoker Mega-Malls erwähnt. Der dritte Ort ist etwas schräger Natur. Uns war zu Ohren gekommen, dass es bei Mae Sot, einer Grenzstadt zu Burma (Myanmar) im bergigen Nordwesten Thailands, wo wir sowieso vorbeikamen, die Möglichkeit gibt, auch abseits der offiziellen Grenzbrücke mal kurz "rüberzumachen", und zwar ohne Pass- und Zollkontrollen per Fähre, was wir dann auch taten. Ob das alles eigentlich legal war, weiß ich bis heute nicht, die Theorien gehen von einem offiziellen "Sonderzonenmodell" bis zu einer krummen Nummer, die aber von der Polizei von Thailand betrieben wird, weshalb niemand dagegen einschreitet. Von thailändischer Seite sieht das so aus:

Man setzt mit den langen Booten dann die paar Meter über und auf der anderen Seite gibt es im wesentlichen - soweit wir das gesehen haben - drei Etablissements. Wenn man die große Freitreppe geradeaus hoch geht, kommt man zu einer Spielhölle, vor der ein Schild angebracht ist "Schusswaffen und Fotografieren verboten!". Wir sind reingegangen, haben aber nicht gespielt. Die Atmosphäre fanden wir eher gespenstisch. In Thailand ist Lotterie ja Nationalvergnügen, aber Spielcasinos sind verboten, und so finden die Thais (neben den allgegenwärtigen chinesischen Bisnesmeny und den myanmarischen Regime-Prinzlingen) dann auf formal burmesischem Territorium die Möglichkeit, das in Jahrzehnten für die Familien ersparte Geld unter der Aufsicht blutjunger, wahrscheinlich gerade vom Reisfeld geholten, Burmesinnen in kurzen Röckchen am Roulette-Tisch zu verjuxen. Das finde ich weniger schön, und da werde ich dann auch zum Anhänger von sehr massiven Verboten.

Links davon befindet sich eine Bierbar (an den deutschen Farben erkennbar) und noc links davon ein Duty-Free-Shop (man kann das "Duty" auf dem Bild sehen), wo man sich Weine, Whiskys, Zigaretten und eben Parfüms kaufen kann. Allerdings habe ich den Sinn nicht verstanden, denn die Preise sind nicht niedriger als in Bangkok in der Mall. Die Mengen scheinen nicht begrenzt zu sein, man kann den Jungs vom Duty-Free auch sagen, macht mir mal drei Säcke davon fertig, und dann kriegt man das sogar auf die andere Seite geschippert, damit man es nicht selbst schleppen muss. Die dortige Parfümerie war wirklich ganz interessant, nicht absolut weltbewegend, aber ich hab da ein paar Ableger und Seltenheiten der großen französischen Dufthäuser zu ganz interessanten Vor-Ort-Tests gefunden. Weil mir die ganze Umgebung zu suspekt war, hab ich nichts gekauft. Und auch nichts fotografiert. Ich wollte nicht, dass einer, der das Verbot "keine Schusswaffen" vergessen hat und die Geltungsreichweite des anderen Verbots "keine Fotos" irgendwie verwechselt hat, mir die Birne wegbläst. Tod in der Lasterhöhle, das muss jetzt nicht sein. Hier dafür noch ein Bild vom Boot aus:

Ganz rechts scheint auch noch ein Hotel gebaut zu werden.

Nachdem es also auch mit den klassischen Parfümerien nicht so dolle aussieht in Thailand, kommen wir mal dazu, was es denn dafür gibt, soweit die Thais überhaupt nach irgendwas duften was nicht sie selbst sind.

Also nach meinen Beobachtungen gibt es eine RIESEN-Szene von 10-ml-Flaköngchen und 10-ml-Abfüllungen. Die wären dem durchschnittlichen Touristen jetzt wohl eher nicht aufgefallen, aber weil ich gezielt nach Parfüms die Augen offengehalten habe, hab ich sie überall, aber auch wirklich überall, gesehen:

In Supermärkten in entsprechenden Regalen. Im "Vorbereich" der großen Supermärkte, wo es selbstständige kleine Imbisse, Apotheken, Verkaufsstände usw. gibt, in Form von Ständen oder Buden. In Malls als kleine Verkaufsstände. Auf Nachtmärkten. Das Verrürckteste war, dass ich so einen "Pröbchen-Verkaufsstand" auch in einem ziemlich süß-mädchenmäßig eingerichteten Café (die Thailänder lieben Kaffee und Cafés, sie sind so etwas wie die Italiener Asiens in dieser Hinsicht, und in jedem Dorf im Dschungel bekommt man mehrere Sorten Latte Machiato; und sie lieben hübsch designte Interieurs) mitten zwischen "Nichts" und "Tiefster Provinz" an einer Landstraße. Als Kundschaft kamen eigentlich nur die Bauern von den Reisfeldern, die LKW-Fahrer von der Landstraße und, das wohl am ehesten, die Lehrer einer Grundschule aus der Nachbarschaft in Betracht. Dass es dort ein "Prenzlauer-Berg-Café" gab, war schon absurd genug, aber dass es in diesem neben dem Kaffee und Kuchen auch (Plüschtiere, einiges andere und eben) Duftabfüllungen gab, hat dem Fass den Boden ausgeschlagen.

Die Beschriftungen usw. sind bei solchen Ständen fast immer nur in Thailändisch, das ich weder lesen noch sprechen kann, ich vermute aber, dass diese Stände sich im Grenzbereich von legal und nicht ganz so legal bewegen und dass dort neben Dupes von Düften westlicher Firmen auch ganz normale lokale Parfüms, die eben nicht in 100-ml-Flakons abgefüllt, sondern (nur) als 10-ml-Röhrchen vertrieben werden, sowie Eigenmischungen aus Duftölen im Angebot sind.

Hier ein Beispiel für diese "Abfüllungsbuden" aus einer Mall. Es gibt auch größere, auch kleinere, auch luxuriösere, auch schäbigere. Dieses hier ist Durchschnitt und bietet auch leere Abfüllungsröhrchen an. In der Mitte hängt eine große Urkunde mit thailändischen Staatswappen, die wohl für Legalität bürgen soll:

Diese "Szene" müsste man nochmal mit besseren Sprachkenntnissen gründlicher erforschen. Was ich aber jedenfalls erkannt habe: Die Thais nutzen durchaus Düfte, aber sie scheinen eben kleine Mengen zu lieben und eine andere Abfüllungs- und Etikettierungskultur zu haben als wir Europäer. Und, trotz der Sprachbarriere wurde mir klar, dass anscheinend auch bei diesen Läden etwas weniger die aus dem Westen bekannten klassischen Parfüms und Toilettenwässer vertreten sind, als "Body Colognes" und "Body Mists". Ist ja auch irgendwie "ganzheitlicher", sich insgesamt einzusprühen, als nur den Hals und das Dekolleté, oder? Zur Illustration hier noch so ein paar 10-ml-Röhrchen, diesmal auch mit englischem Text, und diesmal aus dem Supermarktregal:



Nun weiß ich nicht, was für euch als Leser unangenehmer ist: Kilometerlange Texte zu lesen oder mehrere Teile. Nachdem nun aber auch das hier (mit Bildern) wieder ganz schön lange geworden ist, mache ich noch eine Pause, bevor ich zum dritten und letzten Teil über die nun wirklich "echte" thailändische Duftszene komme, die sich wo ganz anders als bei den Parfüms und Eau de Toilettes abspielt!

Fortsetzung folgt

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