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FvSpees Blog
vor 5 Jahren - 30.07.2019
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Follower

Früher gab es im Konzert- und vor allem im Literaturwesen mal Subskribenten; Leute die schon im Voraus die Abnahme eines noch nicht existierenden Werkes in Aussicht stellten, weil ihnen der Autor (oder die Bühne) so zusagten. Der Begriff Des Subskribenten ist heute etwas unüblich geworden. Schade, ist ein liebenswertes altes Wort.

Fast dasselbe ist ein Abonnent. So hießen bei Parfumo bis vor ein oder zwei Jahren noch die Follower, und das war eigentlich ein den Nagel ziemlich auf den Kopf treffender Begriff. Ich hab ein (hier bei Parfumo glücklicherweise sogar kostenloses!!!) Abo für die Beiträge eines bestimmten Autoren, und alles, was der schreibt, wird mir zugeschickt. So wie früher die Zeitung immer morgens im Briefkasten lag, bevor es E-Paper gab. Passt(e) doch.

Jetzt heißt es also Follower, und das finde ich ein bisschen schade. Weniger weil es englisch ist; wenn englische Begriffe gut und treffend sind, benutze ich sie selbst. Sondern mehr aus anderen Gründen. Erstens machen wir uns damit vielleicht ein bisschen größer und wichtiger als wir sind, umgekehrt fände ich es eigentlich cooler, Understatement (oder: Bescheidenheit) ist sexier als Großsprecherei. Wir sind hier eben nicht bei Facebook, Instagram, Pinterest und selbst unsere beliebtesten Autoren mit ihren 300 oder 500 Followern sind eben kein Rezo. Hier ist alles doch noch viel, viel familiärer.

Was ich, Einschub Anfang, in gewisser Hinsicht auch faszinierend finde. Insbesondere, dass Autoren wie unser Schoork, der mit seiner witzigen Prosa anderswo auch ein "echter" Einflüssler werden könnte oder die Arenen als Comedian füllen könnte; oder die enzyklopädischen Experten hier wie Turandot oder Yatagan, die auch für Geld eine Duftglosse in Lifestylemagazinen (oder ein Buch) schreiben könnten, ihre Zeit, ihre Kenntnisse und ihren Witz hier mit uns, "en famille", teilen; Einschub Ende.

Zweitens noch etwas anderes; ihr wisst ja, ich bin ein Sprach-Sensibelchen...: Der Begriff des "Followers" ist im Englischen mit Bedeutungen aufgeladen, die weit, weit über den sachlich-nüchternen des "Abonnenten" hinausgehen. "Follower" sind nicht nur die "Gefolgsleute", was schon etwas komisch ist in diesem elektronischen Kontext, sondern eben auch die "Mitläufer", die "Nachfolger/Epigonen", die "Getreuen/Verehrer", vor allem aber die "Anhänger/Jünger". Die Menschen, die sich Jesus Christus, oder dem Buddha, angeschlossen haben, als die noch auf Erden wandelten, waren "follower", was in diesem Kontext ziemlich synonym mit "disciples" verwendet wird: Vielleicht würde man die engsten eher als disciples, und den weiteren Kreis eher als follower bezeichnen, aber die Grenzen verschwimmen.

Für mich ist das ein bisschen starker Tobak; wenn ich jemanden abonniere, dann fange ich nicht gleich an wie ein Verehrer rumzukreischen (irgendwie muss ich bei "Follower" auch immer ein bisschen an Stalking denken) oder so stumpf wie ein Mitläufer hinter jemandem herzustapfen (obwohl es hier durchaus einige Autoren gibt, bei denen ich schon ab und zu vor Freude kreischen könnte), und wenn mich jemand abonniert, dann doch bitte auch nicht, weil man mich mit dem Messias verwechselt oder mir einen Gefolgschaftseid leisten möchte.

Also kurzum, abonnieren tu ich weiter gerne und werde auch gerne weiter abonniert, aber der Begriff des Followers ist mir ein bisschen zu dicke und zu viel Futter fürs Ego. Klar, man muss ja nicht alles essen, was rumliegt, aber bei Schokolade klappt das ja auch nicht immer.

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