Learnings aus einem Jahr Parfumomitgliedschaft
Auch, wenn ich hier schon bedeutend länger mitlese (um ehrlich zu sein, kann ich mich an keinen Duft erinnern, den ich jemals gekauft habe, ohne hier ausgiebigst zu recherchieren und sämtliche Kommentare und Statements studiert zu haben), so war es doch jener schicksalshafter Tag vor einem Jahr, als ich beschloss, mich endlich anzumelden. Und hui, was eröffnete sich mir da für eine Welt, davor hatte ich keine Ahnung vom Forum oder dem Souk gehabt.
Anfangs ging es mir wie wahrscheinlich einigen anderen auch (abgesehen von den extrem Beherrschten hier natürlich), die Sammlungswut kickte voll rein und ich häufte, zusätzlich zu meinen bereits vorhandenen 60 Flakons, innerhalb eines Jahres 60 weitere an. Dass der Großteil des Jahres 2021 im Lockdownnebel verschwamm, spielte mir da natürlich in die Karten, denn andere Ausgaben wie beispielsweise für Urlaub oder Unternehmungen gab es ja kaum.
Irgendwann wurde mir dann aber klar, dass meine Parfumkäufe fast schon etwas rauschhaftes hatten, bei jeder neuen Rabattaktion fand ich etwas, von dem ich mir einbildete, es zu brauchen. So tummelte sich nach kurzer Zeit einiges in meiner Sammlung, was bei näherer Betrachtung gar nicht so unbedingt heiß von mir geliebt wurde.
Es begann also die Zeit des Ausmistens, bzw. dauert sie noch an. Denn: Es schadet nie, Düfte vor Neuerwerb wirklich auf Herz und Nieren zu prüfen UND: Geschmäcker ändern sich. Düfte, die ich vielleicht vor 5 Jahren toll fand, gefallen mir jetzt gar nicht mehr unbedingt so gut, dass sie unbedingt einen Platz in meiner Sammlung verdient haben. Und sie dann nur aus nostalgischen Gründen aufzubewahren hat sich für mich nicht bewährt, ich finde es schöner zu wissen, dass sie auch wirklich getragen werden.
Was ich ebenfalls gelernt habe: Ich bin kein Sammler. Also, in gewisser Weise schon, aber ich sammle nicht um des Habens willen und weil ich meinen Gästen einen möglichst vollen Parfumschrank präsentieren möchte, sondern weil ich manche Parfums einfach so gern mag, dass ich sie gern als Flakon besitzen möchte und mir eine Abfüllung nicht reicht. Ich bin immer noch dabei, rauszufinden, welche Düfte das genau sind, und mit welchen ich eventuell auch in kleinerer Menge auskommen würde. Ich bin absolut kein Minimalist, deswegen wird meine Sammlung nie so klein und ausgewählt wie die mancher Mitglieder hier, die ich immer wieder für ihre Konsequenz bewundere - aber wenn ich es schaffe, sie bis Ende des Jahres auf 100 Düfte runterzubrechen, dann bin ich schon sehr stolz auf mich.
Was ich außerdem festgestellt habe: Ich sprühe zu zaghaft, um Düfte
aufzubrauchen, insbesondere bei der Menge an (Mili)litern die ich mein
eigen nenne. Bei 2 Sprühern täglich bin ich da ganz schön lange
beschäftigt, bis sich irgendwo der Boden zeigt. Mehr Sprühen
widerspricht allerdings der Rücksichtnahme auf andere, sodass mir das
Homeoffice hier sehr entgegen kommt.
Wenn ich nun einen Duft endlich
aufbrauchen will, wird sich damit morgens erstmal ordentlich
eingedieselt, damit, wenn ich dann im Laufe des Tages doch unter Leute
gehe, der Großteil schon wieder verschwunden ist. Klappt aber natürlich
trotzdem nicht bei jedem Duft, sondern eher bei zitrischen
Leichtgewichten. Überhaupt aufbrauchen, da ich die Abwechslung liebe,
ist das eh eine Mammutaufgabe für mich, denn über einen längeren
Zeitraum täglich den gleichen Duft zu tragen ödet mich ganz schön an, da
kann ich ihn noch so gern haben.
Weiteres Learning: Ich kann Düfte noch so lieben, mich intensiv damit beschäftigen und voll in diesem Hobby aufgehen und es dennoch extrem unangenehm finden, 3 Stunden Zugfahrt neben jemanden zu verbringen, der es morgens beim Einsprühen zu gut gemeint hat.
Man liest hier immer von Sillage, Performance und Beastmode, aber ich wünschte wirklich, die Leute wären bei der Parfümierung teilweise etwas rücksichtsvoller. Wenn es mich als Parfumliebhaberin schon stört, so penetrant gegen meinen Willen beduftet zu werden, wie muss es dann erst Menschen gehen, die wahrhaft duftsensibel sind? Vielleicht liegt diese Abneigung gegen eine zu starke Duftaura aber auch in der Familie, mag von meinen Verwandten doch niemand sonderlich gern Parfum, sodass ich mich da immer schon zurückgehalten habe und Düfte eigentlich ausschließlich für mich trage.
Zudem bekomme ich von einigen Düften Kopfweh, was insbesondere in Situationen, in denen man vor dem Trigger nicht fliehen kann, wie zum Beispiel eben im vollbesetzen Zug, wirklich eine Tortur sein kann.
Zum Thema Blindkäufe: Geht selten gut, macht dennoch irgendwie Spaß und werde ich wohl auch in Zukunft nicht völlig von weg kommen, aber das ist ok für mich. Ich habe mittlerweile einen guten Weg für mich gefunden, dieses dufte Hobby auszuüben und bin sehr froh, hier gelandet zu sein und so viele tolle Leute kennengelernt zu haben. DANKE für das Erweitern meines Dufthorizonts, danke für jeden Kommentar unter einer Rezension, für liebe Beigaben bei Soukkäufen, die Organisation von Sharings und einfach dafür, dass das hier so eine wunderbare Welt voller völlig unterschiedlicher Menschen ist, die in ihrer Duftaffinität vereint sind :).