Glumschy
Glumschys Blog
vor 14 Tagen - 03.07.2025
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Liegt der Reiz im Limit?

Früher war die Duftwelt für mich ein Regal in der Drogerie. 100 ml Parfum für 10 €, am besten noch im Bundle mit Aftershave oder Deo. Mehr musste es nicht sein. Die meisten meiner Düfte habe ich mir nicht mal selbst gekauft, sondern schenken lassen. Unter 20 €, völlig ausreichend.

Doch irgendwann kam der Gedanke: Ich will mal was "Richtiges".

Also ging ich zu Douglas und testete mich durch. Das war mein erster Schock: 100 Euro für ein "duftendes Wasser"? Ich konnte es kaum fassen und kaufte es trotzdem. Ein 100 ml Dior Homme Sport (2017) für 95 €. Dazu kam noch ein 200 ml Cool Water Eau de Toilette für 30 €.

Dann entdeckte ich Parfumo. Ich bestellte erste Abfüllungen, tauchte tiefer ein, testete mich durch Duftrichtungen, Noten und suchte den richtigen Anlass.
Und irgendwann sah ich sie: die Preise.

150 Euro. 250 Euro. 300 Euro.
Ich war fassungslos. Wer gibt so viel für ein "duftendes Wasser" aus?

Und dann, Stück für Stück, schlich sich ein neues Denken ein: Oh, der kostet ja "nur" 150 €.
Was passiert da mit einem? Wie sehr verschiebt sich Wahrnehmung?
Ich lebe als Student sparsam, spüre jede Preiserhöhung im Supermarkt. Wenn die Krankenkasse die Beiträge anhebt, ist das nicht nur eine Zahl auf dem Papier. Ich arbeite in den Semesterferien Vollzeit. Nicht, um mir teure Parfums zu leisten, sondern um überhaupt Luft zu haben. Und trotzdem war irgendwann der Gedanke da: Dafür gönne ich mir einen Duft.

Heute besitze ich ein paar hochpreisige Flakons. Ich freue mich über sie, aber ich liebe auch meine günstigen Düfte. Vielleicht sogar ein bisschen mehr. Denn sie erinnern mich an eine Zeit, in der ich mit begrenzten Mitteln auf die Jagd ging. Nicht nach Luxus, sondern nach dem perfekten Fundstück. Wenn man mit 10 Euro einen Duft findet, der einen begeistert, ist das fast wie ein kleiner Schatz.
Mit 500 Euro den perfekten Duft zu finden? Klar, das geht, aber fühlt es sich gleich an?

Vielleicht liegt der Reiz tatsächlich im Limit. Vielleicht bedeutet Mangel nicht nur Verzicht, sondern auch Fokus. Sorgfalt. Entdeckung. Vielleicht verlieren wir genau das, wenn alles möglich wird: den Zauber, der entsteht, wenn wir nicht alles haben können und trotzdem etwas finden, das uns wirklich berührt.

Pascal

10 Antworten
PaleSeptPaleSept vor 12 Tagen
5
Danke für den schönen Beitrag!
Ich fand auch unglaublich, an mir selbst in sehr kurzer Zeit mitzuerleben, wie sich die Grenze dessen, was ich für Duftwässerchen bereit bin auszugeben, sehr weit nach oben verschoben hat. Leider scheint es mir selbst ziemlich unmöglich, heute noch einen Duft für 10€ zu finden, der mir wirklich gut gefällt — es sei denn, es ist ein gebrauchter Travel-Flakon eines schönen Nischendufts…
Dein Beitrag lädt aber sehr schön ein, wieder neugierig und mit Entdeckerlust auf die Jagd zu gehen. :)
Danke dafür!
BNGRBNGR vor 12 Tagen
Schwierig geradlinig zu beschreiben, es steht ja auch noch Design≠Nische im Raum was natürlich auch Preise unterscheidet. Wobei normale Größen von Eau de moe und andere Brands sich zum Teil günstiger ansiedeln als diverse "Designer";- weil Model so und so mal wieder ihre Maske in die Kamera gehalten hat.
Letztendlich steht das ja Alles in Relation.
Aber auch auf dem Weg zu meinem tollen Platz im Wartebereich vom Barber, hatte ich wieder diesen Gedanken, fühlt sich schon gut an wenn man die Hälfte vom Preis für einen 99% vollen Pana Dora zahlt. Durch souk und diverse Kontakte die sich ergeben haben ist es tatsächlich schwer einen Duft für über 300€ zu kaufen. Außer natürlich in Parfumhäusern oder ein Besuch in Mailands Innenstadt, wobei da eine gewissen Assoziation mit der Erinnerung mehr wiegt als das Geld
Kajsa5Kajsa5 vor 13 Tagen
5
Mein Limitpunkt war eine Doku, die zeigte, dass gerade die ganzen jetzt modernen Düfte extrem billige synthetische Inhaltsstoffe haben, da wurde vom Centbereich gesprochen, weil das industriell in riesigen Mengen zum Spottpreis hergestellt wird. Folglich ist mir seither einfach bewusst, dass man da halt mehr ein Gefühl kauft, (ich bin es mir wert, ich rieche was, was andere nicht riechen, ich kann mir das leisten usw...). wenn es extrem teuer wird (alles über 300.-und so Spässe wie 2000.- pro Flakon sowieso)
Es gibt vielleicht Einzelfälle, da werden wirklich die teuren natürlichen Substanzen verarbeitet (echte Iriswurzel etc.) und man zahlt ausnahmsweise tatsächlich den relativ teuren Duftinhalt. Das wurde aber letztens gesetzlich auch sehr eingeschränkt , und so gut wie alles, was neu auf den Markt kommt ist reine, sehr günstige Chemie.
Das wissend kaufe ich wirklich nur noch, was meiner Nase dauerhaft gefällt, (zB. erkennbare Haus-DNA, die ich mag) ,die Hypes interessieren mich Null.
LischkaLischka vor 13 Tagen
3
Du hast so Recht. Wir alle hier haben irgendwie den Sinn für Realität verloren. Und das Streben nach immer mehr und höherpreisigen Düften ist ja auch irgendwie dekadent, vom Suchtverhalten mal ganz abgesehen. Ich versuche mich immer ein bisschen zu mäßigen. Klappt aber nicht immer. Ich bemühe mich aber, nicht noch tiefer in den Strudel der Unersättlichkeit hinein zu geraten. Dein letzter Absatz hat mich besonders nachdenklich gestimmt und dafür möchte ich Dir danken. Auch ich habe die Zeit fast vergessen, als ich mich mit 14 Jahren total gefreut hatte, ein paar schicke Stiefel im Laden ergattert zu haben, oder einen Lippenstift, der damals nur im sogenannten "Ex" zu haben war. Ich konnte vor Freude nicht schlafen. Und heute? Dieses Gefühl gibt's kaum mehr. Alles ist im Überfluss vorhanden. Nur für welchen Preis? Und so hat jede Zeit ihre Tücken und ich wünsche Dir, dass Du auf dem Boden Deiner Möglichkeiten bleibst und Dich nicht zur Maßlosigkeit hinreißen lässt.
VerbenaVerbena vor 13 Tagen
„Wir alle hier haben irgendwie den Sinn für Realität verloren.“ Nein. Wirklich nicht. Zugegeben, es mag hier wie auch anderswo im westlich geprägten materiellen Bereich einen höheren prozentualen Anteil solcher Fälle geben. Es gibt aber durchaus auch Ex-Exen, die sich auch heute noch entsprechend gemäßigt aufs Besondere orientieren und nicht etwa von schierer Konsumsucht verschlungen, verdaut und irgendwie orientierungslos wieder ausgespien worden sind. ;)
MellowsMomMellowsMom vor 14 Tagen
3
Oh Gott ja, du hast so recht. Ich musste grade echt lachen. Man hat als Jugendlicher nach dem gerochen was Oma dir zu Weihnachten geschenkt hat (was in Wirklichkeit aber Mama besorgt hat). In meiner Jugend haben wir alle nach Axe Alaska, Cool Water und CK One gerochen ( manch einer hier kann jetzt sicher abschätzen wie alt ich bin) und wir haben es alle geliebt. Es gab gefühlt auch gar nicht soviel Auswahl. War aber trotzdem schön, vielleicht weil es einfach einfacher war.
Heute kaufe ich was mir gefällt, aber nicht zu jedem Preis. Wobei ich jetzt aus dem Stehgreif auch keinen einzigen sehr hochpreisigen Duft nennen könnte, den ich getestet hab und mir gedacht habe, den muss ich haben. Vielleicht spielt mir mein Gehirn da aber auch einfach einen Streich um mich selbst vor unvernünftigen Anschaffungen zu schützen. Who knows ???
TurbobeanTurbobean vor 14 Tagen
10
Wenn ich von "früher" erzähle, dann nenne ich DM-Preise 😂
Elisa1000Elisa1000 vor 13 Tagen
1
Hahaha, ich lach mich schlapp. 👍👍👍
Vea91Vea91 vor 14 Tagen
2
Ich kann da zustimmen, dieses Gefühl etwas zu finden was einen berührt für kleinen Preis ist wirklich unschlagbar. Mir geht es so mit der Vanille (Eau des Missions) von Le Couvent und den Byzance von Rochas. Ich vermisse auch meistens meine günstige Düfte, da man die natürlich als erstes aussortiert, weil man ja die teueren aufbrauchen möchte. Komischerweise vermiss ich sie auch am meisten
PollitaPollita vor 14 Tagen
5
Es ist doch schön, einen kostengünstigen Duft zu finden, der einen trotzdem erfreut. Das geht mir und meinem Mann genauso. Und die Drogerie beherbergt so manche Perlen. Bei uns zu Hause stehen Düfte in den unterschiedlichsten Preisklassen - von Milton-Lloyd bis Krigler. Und das ist völlig in Ordnung. Denn der Duft zählt, nicht der Preis.