Parfum selber machen – so geht’s!
Einfach ein paar Parfumöle zusammen mischen, mit Alkohol auffüllen und fertig? Zugegeben, ganz so einfach, wie es in manchen Blogs oder YouTube-Videos dargestellt wird, ist das herstellen von Parfum nicht. Gerade dann, wenn man einen gewissen Qualitätsanspruch an seine Duftkompositionen stellt.
Die Kunst der Parfümeure scheint noch immer eine Geheimwissenschaft zu sein, zu der nur ein sehr kleiner Personenkreis Zugang hat. Tatsächlich gibt es auch nur wenige Tausend Profi-Parfümeure auf der ganzen Welt. Doch aller Geheimniskrämerei zum Trotz, das Internet treibt auch in Sachen Parfümerie die Demokratisierung des Wissens voran. Gleichzeitig bietet es Zugang zu spezialisierten Händlern, welche die Duftstoffe in Kleinstmengen anbieten. Damit kann die professionelle Parfumkreation endlich auch von Privatpersonen oder Selbständigen betrieben werden.
Parfum herstellen ist wie Musik machen
Das Erlernen der Parfümeurskunst ist vergleichbar mit dem Erlernen eines neuen Instruments: Zunächst geht es darum, die Noten zu verstehen, Akkorde zu spielen, um daraus eine gesamtes Stück komponieren zu können. Dafür braucht es etwas Zeit und vor allem Übung. Das gilt auch für das Komponieren von Parfums. Menschen, die sehr ungeduldig sind, werden zu Beginn vermutlich etwas enttäuscht sein, denn mit schnellen Erfolgen ist nicht zu rechnen. Andererseits macht gerade das den Reiz aus. Parfums zu entwickeln, das ist ein wunderbarer Ausgleich zu der sonst so schnelllebigen Welt, in der immer alles sofort funktionieren muss. Eine Raketenwissenschaft ist das Herstellen von Parfum allerdings auch nicht. Mit den richtigen Duftstoffen und etwas Basiswissen kann es los gehen.
Schritt 1: Duftnoten kennenlernen
Das Instrumentarium des Parfümeurs ist die Duftorgel. Darin enthalten ist eine Auswahl an Duftstoffen, welche er als seine Favoriten auserkoren hat. Theoretisch können das mehrere Hundert sein, der Hobbyparfumeur wird allerdins mit einer deutlich kleineren Anzahl auskommen, ansonsten wäre er auch schnell überfordert. 20 Duftstoffe reichen schon, um zu starten. Welche das sind, habe ich in diesem Video verraten. Einige Händler bieten komplette Sets an, welche als Erstausstattung dienen. Allerdings muss man ein wenig aufpassen, wo man bestellt. Denn nicht überall wo Profiqualität drauf steht, ist Profiqualität drin.Tipp: Um eine Duftnote kennenzulernen, tropft man den Duftstoff auf einen Duftstreifen. Für Anfänger empfiehlt sich eine Verdünnung der Rohstoffe, beispielsweise auf 20%, teilweise auch weniger, je nach dem, wie intensiv der Duft ist. Der Duftstreifen wird mit dem Namen des Duftstoffs sowie mit der Uhrzeit beschriftet und dann mehrmals am Tage beschnuppert, um den Duftverlauf kennenzulernen. Die Dufterfahrung kann in einem Notizbuch (analog oder digital) festgehalten werden: Wonach riecht das? Womit lässt sich der Duft vergleichen? Welche ganz persönliche Assoziation habe ich zu dem Duft? Danach erfolgt die „offizielle“ Kategorisierung als zitrisch, floral, holzig, balsamisch, würzig, krautig, grün, etc. In der Regel kann man diese Information auch der Produktbeschreibung des Lieferanten entnehmen.
Schritt 2: Duftakkorde entwickeln
Hat man die Duftnoten genauer studiert, kann man erste Akkorde ausprobieren. Damit sind Kombinationen gemeint, welche zusammen neue Duftnoten ergeben. Beispielsweise kann man die Duftstoffe Fructone und Ethyl Maltol miteinander kombinieren, um einen Erdbeerduft zu erzeugen. Auch Phantasie-Duftakkorde sind möglich. Sie entstehen, wenn die eingesetzten Duftstoffe nahezu ausgewogen sind, also die Ursprungsorten als solche nicht mehr wahrnehmbar sind. Da nicht jeder Duft die gleiche Intensität besitzt, können die Anteile der einzelnen Duftstoffe in einem Akkord völlig unterschiedlich ausfallen.
Tipp: Eine hilfreiche Möglichkeit, um mit Duftakkorden zu experimentieren, bietet die Jean Carles Methode des gleichnamigen Parfümeurs (1892–1966). Angenommen, man möchte aus Jasmin und Rose einen ausgewogenen Akkord erzeugen, dann nimmt man 9 Gefäße und füllt sie mit der folgenden Tropfenanzahl Jasmin: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9. Mit dem Rosenduft verfährt man nun genau umgekehrt. Man verteilt die Tropfen folgendermaßen: 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1. Im ersten Gefäß befinden sich dann 9 Teile Jasmin und 1 Teil Rose, im zweiten Gefäß 8 Teile Jasmin und 2 Teile Rose, usw. Nun prüft man, in welchem Gefäß die Duftstoffe sich zu einer „neuen“ Note verbunden haben. Interessanterweise spielt die Ausgewogenheit der Akkorde für Jean Carles gar nicht die Hauptrolle. Vielmehr sollen Parfümeure durch seine Methode in die Lage versetzt werden, sich systematisch einer Duftkomposition zu nähern.
Schritt 3: Parfum komponieren
Um ein gesamtes Parfum entwickeln zu können, bedarf es grundlegender Kenntnisse über Kopfnoten, Herznoten und Basisnoten. Kopfnoten sind leicht flüchtige Duftstoffe, welche auf der Haut schon nach 10 – 30 Minuten verfliegen. Herznoten sind ca. 2 Stunden wahrnehmbar und die Basisnoten verbleiben noch mehrere Stunden auf der Haut. Jean Carles empfiehlt, bei der Parfumkomposition mit einem Basisakkord zu starten, denn dieser legt die grundsätzliche Duftrichtung des Parfums fest. Ein Chpyre-Parfum basiert beispielsweise auf dem Duft von Bergamotte und Eichenmoos, der häufig mit Labdanum und Patchouli kombiniert wird. Doch die meisten Basisakkorde haben den Nachteil, in der Kopf- und Herznote nicht so angenehm zu duften, wie am Schluss. Deshalb werden Herznoten eingesetzt, im Fachjargon auch „Modifier“ genannt. Damit wird die Basisnote in eine angenehme Herznote transformiert. Dann werden die Kopfnoten hinzugefügt. Sie sind für den allerersten Eindruck wichtig, beispielsweise wenn man das Parfum frisch aufsprüht.Tipp: Mit der Jean Carles Methode wird zunächst ein Basisakkord aus zwei, drei oder vier Duftstoffen entwickelt. Damit das Parfum eine ausreichende Haltbarkeit aufweist, sollte der gesamte Duft zu 55% aus Basisnoten bestehen. Der Basisakkord wird dann mit Herznoten modifiziert. Sie machen ca. 20% der Duftkomposition aus. Die restlichen 25% sind für die Kopfnoten reserviert. Übrigens: Bergamotte als Kopfnote passt zu nahezu jedem Parfum und ist gleichzeitig ein hervorragender „Blender“, harmonisiert also die gesamte Duftkomposition. Allerdings sollte heute nur noch das furocumarin-freie Bergamotte-Öl verwenden werden, das meist unter der Bezeichnung „FCF“ geführt wird. Furocumarine wirken nämlich phototoxisch und verursachen in Kombination mit UV-Strahlung dunkle Flecken auf der Haut. Zum Schluss wird das Parfum mit kosmetischem Alkohol und etwas destilliertem Wasser aufgefüllt und in einen Flacon bzw. Zerstäuber gefüllt:
- Parfum: 15–30% Duftstoffe in 96% Alkohol (= 4% dest. Wasser)
- Eau de Parfum: 10–15% Duftstoffe in 90% Alkohol (= 10% dest. Wasser)
- Eau de Toilette: 5–10% in 85-90% Alkohol (= 10–15% dest. Wasser)
Und was kostet das?
Zum Schluss noch ein Wort zum Geld. Parfum selber zu machen, das ist sicher kein günstiges Hobby, gerade dann, wenn man exklusive Inhaltsstoffe verwendet. Daher empfiehlt es sich, in der Lernphase zunächst nur mit günstigen Duftstoffen zu arbeiten, beispielsweise indem man bestimmte natürliche Rohstoffe durch synthetische ersetzt. Mit rund 200 ,- Euro sollte man zu Beginn rechnen.
Wenn ihr mehr zum Thema Parfum selber machen erfahren wollt, freue ich mich über deinen Besuch auf meinem YouTube-Kanal und vielleicht irgendwann auch mal auf einer ausführlicheren Website :-).Liebe Grüße
David Heinsson