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Imels Blog
vor 12 Jahren - 25.09.2012
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Vom Kommentar zum Duft

Der reinlich praktische Nutzen der Kommentarfunktion auf Parfumo besteht, allein nur von mir gesprochen darin, je nach meinen Präferenzen, Pröbchen auszuwählen, mich hinreichend zu informieren welcher Duft mir gefallen und welcher lohnenswert zu testen, welcher mir vielleicht auch nur interessant erscheint oder aber welcher schlichtweg gar nicht meinem Geschmack entspricht. Und an diesem Punkt muss ich bemerken das ich nur aus Vorurteilen heraus entscheide. Angefangen damit das ich männlich bin, gefallen mir demnach ledrige, harzige, rauchige, animalische Düfte, und das tun sie auch wirklich. Gerade eben genieße ich Kurkdjians Pour le Soir Absolue auf der einen, Epic Man auf der anderen und Lui auf der dritten Armbeuge und den gestrigen Tag über konnte ich mich an Vierges et Toreos nicht satt riechen. Trotzdem glaube ich das Frederic Malles Carnal Flower ein Meisterwerk und Futur von Piguet ohnegleichen ist. Mehr und mehr schätze ich jeden Duft, ja sogar Geruch, egal ob er stinkt oder nach Rosen duftet, beides mag ich eigentlich nicht aber ich rieche es trotzdem gern, einfach um des Riechens willen. Und so probiere ich alles aus, angefangen das ich mich ins Gras lege und meine Nasenspitze in den Erdboden drücke (auf einer Wiese riecht jeder Quadratdezimeter vollkommen anders, ich sage das ohne zu übertreiben), den Duft blümeligen Damenparfüms genieße (solange sie gut gemacht sind versteht sich) bis zur Kuhmistgeschwängerten Landluft. Was ich sagen will, dass lesen von Kommentaren hat mich stets eingeschränkt, in meiner Erwartung, aber vor allem in der Auswahl meiner Vorlieben. Und dabei Vernachlässigt man die Dinge die man nicht kennt, auch weil es bequemer ist bei dem zu bleiben was man mag und gewöhnt ist. Es ist mir eine grundlegende Frage geworden, inwieweit der Kommentar zum Duft tatsächlich hilfreich oder wie ich meine sogar tragisch-unnütz wenn nicht sogar grundlegend schlecht zu beurteilen ist. Manchmal lese ich sie ja doch wieder selbst, eher überfliegend als der Spur der Worte wirklich folgend; aber eigentlich sagen mir selbst die geschliffenen, klarsten oder bilderreichen Beschreibungen nichts über den Duft aus. Weder über ihn selbst als konkret-abstraktes Kunststück, noch über das Spiel meiner Nase und des Geistes wenn sich beide über meine beduftete Haut beugen. Meiner eigenen Erfahrung nach hat mich ein Duft stets überrascht, nie könnte ich dem Text auch nur schemenhaft das Erleben gegenüberstellen, der Kommentar ist nicht einmal Schatten des zu beschreibenden Werkes (in der Philosophie des Geistes ist es das Problem der Qualia). Er ist vielmehr etwas künstlich hinzu gestelltes, wie der pure Intellektualismus mit dem Musikwissenschaftler Kompositionen beschreiben (man verwechsele hier nicht die theoretische Auseinandersetzung mit der Kunst anhand eines konkreten Werkes wie es beispielsweise Adorno und Nietzsche anhand von Mahler und Wagner tun, mit dem Gekritzel, dass man es auf Schallplattenhüllen und in Zeitungen abgedruckt findet). Und es ist stets ein missglückter Versuch der Worte, Kunst zu transferieren. Es gibt sie nicht, die „Kunst“, sondern nur nebenher Literatur, Filmkunst, Theaterkunst, Parfumerie, Dichtung, Malerei, Architektur, Skulptur, die Kunst der Mode und so weiter und so fort. Man geht falsch in der Annahme, es gäbe eine allgemeine Kunsttheorie und das Bemühen eine solche in den Bereich der Parfumerie mit eben allgemeinen Begriffen zu tragen, Begriffen wie man sie beispielsweise der Philosophie oder der Theorie der bildenden Künste entnommen hat, muss fehlschlagen. Einzig eine neue Idee könnte dem Erleben durch die Nase, der Wahrnehmung des Riechens und dem Handwerk der Parfumeure, eine Wissenschaft, wenn man so will Lehre geben. Das heißt eine Lehre die dem Fach selbst dynamisch entwächst mit ihr wandelbar und formbar bleibt, als Parameter wie als Instrumentarium. Eine solche Idee kann nur an der Nase beginnen und nur ihr folgen, wie die Theorie des Films stets am Auge beginnt und an der Leinwand endet. Dazwischen liegen Welten und sitzt der Mensch. Und ich glaube es ist eine gute Grundlage von der Bedeutung des Riechens für eben diesen auszugehen, wenn es um eine Theorie der Parfumkunst geht.

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