These zum soziokulturellen Hintergrund der Verbreitung von süßen Gourmand- und Zuckerwatte- Vanilledüftchen:
In unserer heutigen Zeit und Gesellschaft wundert es mich nicht, dass gourmandig, süße Vanille Kuscheldüfte, die an geborgene, behütete Kindertage erinnern, Hochkonjunktur haben. Wer heute ein Studium beginnt, weis in den seltensten Fällen wo die Reise hingeht. Ein Meer voller Möglichkeiten, lässt Abiturienten oft ratlos zurück. Viele Schüler wachsen nicht mehr in einer Familie auf, sondern werden zwischen Erziehungsberechtigten hin-und hergeschoben. Moralischer Werteverfall steht einer Entwicklung zur Forderung nach einer hochindividualistischen Identitätsschaffung entgegen, die das ICH über das Miteinander stellt.
Neben Persönlichkeitsentwicklung im echten Leben betreiben Jugendliche im virtuellen Raum ein Persönlichkeitsdesign, welches in sozialen Medien ständigem Rating unterworfen ist. Was ist das Besondere an dir? Fragt die Jury beim Supertalent. Es reicht nicht super Geige spielen zu können, man muss etwas zeigen, dass noch nie so dagewesen ist, selbst wenn es schrullig ist...immer noch besser als nur gut in etwas zu sein. Du musst edgy sein, cool und vor allem du selbst! Aber wer ist denn ich selbst? Frühere Theorien gingen davon aus mit zwischen 20-25 eine voll ausgebildete Persönlichkeit entwickelt zu haben, was durch die Reifeprüfung attestiert wurde. Der Mensch findet sich jedoch im Verlauf seines Lebens in immer wieder neuen Rollen wieder, die er erst noch ausgestalten und formen muss. Z.B beim Berufseinstieg oder Wechsel. Ich beobachte, dass dieser Schrei nach maximiert individueller Selbstfindung einen starken Druck auf ein heranwachsendes Individuum ausüben kann; nie genug zu sein. Alles wird durchindividualisiert, das reicht sogar bis hin zur Ernährung. Glutenfrei ist Trend, obwohl nur die Wenigsten eine Unverträglichkeit aufweisen und wirklich drauf verzichten müssen, fügen einige gerne dies ihren Eigenschaften hinzu, welches beim nächsten social gathering gern als Gesprächsthema serviert wird. Das positive daran ist allerdings, dass viele Menschen auf Sinnsuche gehen. Wie kann, will ich mein Leben sinnvoll, nachhaltig gestalten. Kann ich etwas Gutes zur Welt beitragen, bewusster, nachhaltiger Leben.
Aber dieser Druck, etwas ganz besonderes, individuelles darstellen zu müssen wird meiner Meinung nach begegnet mit einer Besinnung auf wohlig, süße Kuscheldüfte, die beruhigend an eine Zeit erinnern, in der Entscheidungsdruck im Leben noch von den Eltern in Gänze vom Kinde ferngehalten wurde. Dieses unbeschwerte entspannte Gefühl, dass sich beim riechen dieser Düfte einstellt, tut der Seele gut. Schon Muttermilch soll ja süßlich sein und nicht umsonst heißt es Stillen. Das Kind wird beruhigt, genährt und spürt die Nähe und Sicherheit der Mutter. Dieses Urvertrauen in die Welt und ein Gefühl von Geborgenheit, welches zwischen Facebook, Tinder und Trump irgendwo verloren gegangen ist, vermögen vanillige Gourmanddüfte für viele (auch für mich), in eine Welt, die so schnelllebig ist und stets beschleunigt, zurückzuholen.