IrisMann

Ich war nie ein großer Freund der Sauvage-Reihe. Diese überbordende Ambroxan-Note nervt mich doch immens.

Dann entdeckte ich das Cool-Spray und fand den Flanker wirklich toll. Besonders für einen heißen Sommer der ideale Begleiter. Auch das Parfum war noch ansprechend und wurde für die Sammlung gekauft.

Jetzt war ich doch sehr auf den neuesten Ableger gespannt. Erst wollte ich einen Blindkauf wagen. Aber gut, dass ich jetzt zufällig ein Pröbchen erhielt.

Die Enttäuschund war so groß. Nach all den überschwänglichen Rezensionen erhoffte ich eine natürliche Lavendel-Lakritz-Bombe und bekam stattdessen eine sehr teures Edel-Duschgel.

Ich kann weder Lavendel noch Lakritz heraus riechen! Weder natürlich noch künstlich!

Ich rieche nur edle Duschgel-Frische. Das Ambroxan ist fast nicht bemerkbar. Sonstige einzelne Duftnoten kann ich nicht heraus riechen. Alles sehr wertig. Der Flakon sieht auch sehr gut aus. Aber für einen Duschgelduft, ist das doch zu teuer.

Die Sauvage-Reihe und ich werden nicht mehr die besten Freunde. Aber vielleicht liegt es auch an meinem fortgeschrittenen Alter, dass ich die Eau Sauvage-Reihe bevorzuge.

Hier habe ich etwas getan, was man eigentlich als Parfumliebhaber nicht tun sollte. Der Duft wird oft als herausfordernd beschrieben und ich habe trotzdem einen Blindkauf gewagt. Ich finde die gelisteten Duftnoten sehr interessant, es gibt tolle Rezensionen und mir hat der Flakon schon bei "Pour Monsieur" außerordentlich gut gefallen.

Und jetzt sitze ich hier und bin unschlüssig, ob ich diesen Duft tragen kann. Ich der Puder-, Blumen- und Orientaltyp mit Hang zu den opulenten Düften der 80er und 90er.

Die Komposition wird oft als grün und frisch beschrieben. Dem kann ich schon einmal voll zustimmen. Aber ich empfinde den Duft auch als kühl und streng. Die Hyazinthe ist auf meiner Haut dauernd präsent. Eine Frühlingsblume die im Frühjahr gerne als Topfpflanze angeboten wird. Aber Hyazinthe kann sehr dominant sein. Keine liebliche Priemel, keine goldige Narzisse. Nein, eine Hyazinthe ist äußerlich schon breiter angelegt und macht sich mit ihrem Duft auch bemerkbar.

Hier verteilt die Hyazinthe krautige Aspekte. Die zitrische Frische am Anfang ist sehr flüchtig. Das Rosenholz dient nur als Grundlage im Hintergrund. Die Basisnote ist nicht weich. Keine warme weiche Chyprebasis erwartet einen. Hier wächst das Moos auf kaltem Boden. Wenn ich Chanels Cristalle rieche, kommt mir das Bild eines Berghanges in den Sinn. Spärliche Vegetation, Moose und Flechten auf einem Bergkristall. Noch liegt eine leichte Schneedecke über dem ganzen.

Was für eine Person stelle ich mir bei Cristalle vor?

Ich sehe eine Frau, kein Mädchen! Zierliche Gestalt aber sich ihrer selbst sehr bewusst. Eine gewisse Strenge zeichnet ihre schmalen aber wunderschönen Gesichtszüge aus. Die Haut ist sehr hell. Man kann die Venen teilweise erkennen. Das Haar ist zurück gekämmt und hinten zu einem festen Knoten gesteckt. Eine selbstbewusste Frau. Wenn sie einen Raum betritt, umgibt sie eine kühle Aura. Keine Diva! Mir kommen sofort die Klischees von Balettlehrerinnen oder Klavierlehrerinnen in den Kopf.

Ich bin das alles nicht! Aber ich werde Cristalle trotzdem tragen. Ich warte auf einen kalten sonnigen Morgen. Raureif liegt auf den Feldern im Münsterland und dann werde ich mich mit der unnahbaren Aura von Chanel Cristalle umgeben.

Eine wunderbare olfaktorische Erfahrung.

Endlich habe ich es heute mal direkt in unsere Provinhauptstadt Münster geschafft. Es gibt dort ja nicht nur eine der türkisen Filialen. Ich wollte doch auch mal dieses heiß diskutierte Duftwässerchen testen.

Also direkt auf das Gucci-Regal zugesteuert. Die schöne Verpackung lächelte mich schon an. Dieser schöne Grünton mit den goldenen Sternchen wirkt schon sehr vintage. Sieht so nach 50er aus. Doch der Tester war verschwunden. Die sehr nette Verkäuferin schien nicht nur fachliche Kompetenz zu haben sondern fand auch das Objekt der Begierde schnell wieder. Ein schöner klassischer Flakon der ebefalls mehr an die 50er als an die Hippiezeit erinnert.

Dann mal rauf auf den Teststreifen und auf die Haut. Und eröffnet wird der Duftreigen mit einer Tasse lauwarmen Kamillentee mit Honig. Den Geruch kenne ich noch aus meiner Kindheit. Das Hausmittel bei starker Erkältung. Die Kopfnote hält ca. eine halbe Stunde. Dann erscheint die Herznote und erinnert stark an feuchtes neues Papier. Ich glaube, dass Herr Morillas doch ein bisschen bei Herrn Frédéric Malle und dem dort erschienenen "Une Fleur de Cassie" abgeschaut hat. Bei diesem High-End-Duft findet man auch ein wenig diese Muffigkeit, die sich da aber in tiefster Melancholie auflöst. Bei der Basisnote griff Herr Morillas auf eine andere Kreation aus der Edition Malle zurück, nämlich auf "Geranium pour Monsieur". Beide Basisnoten ähneln sich zum verwechseln.

Der Duft ist mal was anderes. Das freut mich ja schon. Die Haltbarkeit der Basis ist gar nicht schlecht. Sie liegt bei mir schon bei über 6 Stunden. Die Sillage ist dafür grottig. Der Duft bleibt sehr hautnah.

Fazit! Für ein Label wie Gucci, dass in letzter Zeit doch oft durch mittelmäßige Mainstreamware aufgefallen ist, ist diese Duftkomposition sehr gewagt. Man sieht es auch an den sehr kontroversen Diskussionen und sehr unterschiedlichen Kommentaren und Statements. Aber endlich wird überhaupt mal wieder etwas gewagt. Natürlich kann man dabei auch auf die Nase fallen, aber nur immer die gleiche synthetische Duftgelpampe oder der zuckersüße leicht blumige Beliebigkeitsduft sind mir in den letzten Jahren genug auf die Nerven gegangen. Loben wir die Verantwortlichen bei Gucci doch mal für eine vielleicht nicht so einfache Entscheidung diesen Duft zu lancieren. Es kommt ja nicht mehr so oft auf dem Parfummarkt vor. Am Ende soll mit dem Produkt ja Geld verdient werden. Die großen Zeiten der Modeschöpfer die einem einen luxuriösen Traum verkauften sind leider vorbei.

So langsam trauen sich die Firmen und die Parfümeure wieder etwas. Nach L´Envol von Cartier und ein paar anderer dunkler und/oder pudriger Duftneuheiten wagt nun auch Givenchy mal ein bisschen was.

Gentleman Givenchy Eau de Parfum beginnt in der Kopfnote kräuterfrisch. Kein saures Obst knallt einem um die Ohren sondern Lavendel und eine leichte Portion Pfeffer machen die Nase frei. Ungewöhnlich nach den ganzen synthetisch-frischen Wässern der letzten Jahre.

Die Herznote ist Dior Homme pur im Lavendelbett. Der Lippenstift-Akkord ist da und wird mit der leichten Brise des Lavendels ein bisschen in die herbere Richtig verschoben und bekommt somit eine maskulinere Seite.

Dann kommt relativ schnell die Basis und da musste ich in meinen Erinnerungen kramen. Der Geruch kam mir so vertraut vor. Aber kein modernes Synthi-Wässerchen riecht so samtig. Und nach einigem Überlegen kam ich auf Calvin Kleins Obsession for men. Sofort wurde ein Vergleichstest gestarten und wirklich, die Basis-Komponenten beider Düfte riechen sehr ähnlich.

Also ich meine, dass hier die 2000er auf die 80er im sonnendurchfluteten Lavendelfeld treffen.

Eine tolle Neuheit, die ruhig noch ein bisschen mehr "Wumms" haben könnte. Ich kann es ja nicht lassen! ;O) Ich bin eben ein Kind der 80er und 90er.

Ich hoffe, dass in nächster Zeit wieder mehr innovative Neuerscheinungen im mittleren Preissegment auf den Markt kommen.

An die Freunde des gleichnamigen Eau de Toilettes nur eine kleine Warnung. Das Eau de Parfum ist ein eigenständiger Duft und hat mit dem im Vorjahr erschienenen Eau de Toilette sehr wenig gemeinsam. Deshalb lieber vorher testen. Ich finde aber, dass es das Wert ist.

Ich wollte den Duft ja mies finden. "Wieder so eine synthetische Chemo-Pampe", dachte ich. Aber Dior Sauvage Very Cool Spray hat mich eingenommen. Chemisch-säuerlich-frisch ist immer noch nicht meine Lieblingsduftrichtung, aber dieser Ableger von dem Dior Sauvage Eau de Toilette ist wirklich gut gemacht.

Erst kommt die säuerliche Grapefruit mit einem Hauch von Bergamotte. Dann haut dich eine synthetische Frischenote fasst um (Ist das hier das Ambrox?). Diese Frische hält bei mir sehr lange. Das Ganze wird mit ein wenig Pfeffer unterlegt. Wenn sich der Duft beruhigt und die Basis zum Vorschein kommt, und dafür muss man Geduld mit sich bringen, erscheint eine sehr schöne Grundnote. Ich finde die Basiskomposition natürlicher als man bei dieser Art Duft erwartet. Die Rosengeranie und das Vetiver bilden einen grünen balsamischen Restduft auf der Haut.

Auch ich erhielt direkt von mehreren Frauen in meiner Umgebung Komplimente dafür, dass ich toll riechen würde. Anscheinend kommt dieser Frischekick auf Männerhaut besonders bei der Damenwelt gut an. Also alles richtig gemacht, M. Demanchy.

Das Design der Spraydose ist wirklich gut gelungen. Sieht für mich sehr modern aus. Aber ich bin auch keine zwanzig mehr. Der Sprühknopf verhält sich wie der Sprühknopf eines Deosprays. Also versprüht man mit einem Druck eine große Menge Eau de Toilette. Ich gehe hierbei davon aus, dass durch die Benutzung von einem Treibmittel die Haltbarkeit der Flüssigkeit in der Dose geringer ist als bei einem Pumpzerstäuber. Somit ist ein schneller Verbrauch vielleicht auch wünschenswert.

Ich werde Dior Sauvage Very Cool Spray an heißen Tagen benutzen. Man riecht lange Zeit sauber und frisch. Das hat mir wieder gezeigt, dass man sich nicht von seinen Vorurteilen leiten lassen darf. Es gilt immer noch das alte Sprichwort, "Probieren geht über studieren".

Das heißt nicht, dass ich nicht auch weiterhin kritisch gegen die Duftrichtung synthtisch-frisch eingestellt bin. Und wenn mir in Zukunft mal wieder eine billig gemachte Chemiekeule unter die Nase kommt, werde ich mich darüber auch weiterhin beklagen. ;O)