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vor 4 Jahren - 29.06.2020
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Das süße Gift

Süße kommt in vielen verschiedenen Formen daher, was sich genauso vielfältig in Parfums widerspiegelt. Ob in Gourmands, fruchtigen, floralen oder harzigen Noten – ab einem gewissen Grad der Süße wird es zu viel für mich und diese Grenze ist bei mir wohl schneller überschritten, als bei vielen Duftliebhaber(inne)n, wenn man sich so die Trends der letzten beiden Jahrzehnte anschaut.

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ethylmaltol)

Ein Duftstoff, der für mich als Synonym dieser Entwicklung genannt werden muss, ist Ethylmaltol. Er findet auch in der Lebensmittelindustrie Verwendung und lässt sich als zuckrig, karamellartig beschreiben – für mich die mit Abstand schlimmste Süße. Sollte tatsächlich jemand von euch nicht wissen, welche Art von Duft ich meine, dann schnuppert mal an Lancomes La Vie est Belle oder Paco Rabannes Pure XS. Es lassen sich noch viele andere Beispiele dafür finden – im Nischenmarkt etwa die beliebten Layton von Parfums de Marly und Baccarat Rouge 540 von Maison Francis Kurkdjian –, die ich als gleichermaßen abstoßend empfinde und mich an Karies, Diabetes und Adipositas denken lassen*. Zu viel Zucker ist eben nicht gesund...

(*Anmerkung: Ich möchte mit dieser Aussage natürlich niemanden diskriminieren, sondern nur meine persönliche Assoziationen wiedergeben.)

Über die letzten Jahre habe ich sukzessive meinen Zuckerkonsum reduziert, indem ich so gut wie keine Schokolade mehr esse, auch nur selten die von mir geliebten Gummibärchen und stattdessen als Snack zwischendurch, oder mit dem morgendlichen Müsli und ungesüßten Joghurt/Skyr, Obst und Nüsse. Limonaden, Cola und dergleichen trinke ich ebenso nicht mehr regelmäßig, sondern habe sie durch Wasser und Tee ersetzt. Dabei konnte ich feststellen, wie sehr der Körper an eine bestimmte Zuckermenge gewöhnt – regelrecht süchtig danach – ist und dass deshalb die Entwöhnung nur schrittweise funktioniert. Aber die Umstellung lohnt sich für die Gesundheit!

Und wahrscheinlich auch aufgrund dieser Veränderung reagiere ich mit viel Ablehnung auf besonders süße Düfte. Es ist für mich einfach schwer vorstellbar, dass man wie ein Desert auf zwei Beinen, wie einen wandelnde Süßigkeit wahrgenommen werden möchte. Frauen, die solche Düfte tragen, finde ich dadurch keinesfalls mehr zum Anbeißen. (Der grottige Wortwitz musste sein.)

Doch möglicherweise ist es gerade die süchtig machende Wirkung des Zuckers, die Gourmands für Viele attraktiv macht. Und da Süßigkeiten normalerweise als besonderes Extra, mit dem damit verbundenen Belohnungseffekt verzehrt werden, heben sie sich auch vom Status 'Grundnahrungsmittel' ab.

Für mich steht jedenfalls fest, dass ich nur bestimmte Arten von Süße in einer gewissen Dosis als angenehm empfinde. Honig gehört nicht dazu, weil er oft leicht urinös daherkommt. Vanille ist sicher zurecht eine der beliebtesten Noten – in natura riecht sie ja auch nicht so stark süß, wie es leider in manchen Düften der Fall ist, und hat eine viel wärmere, anschmiegsamere Textur als Ethylmaltol. Bestimmte Harze, wie Benzoe, das auch Bestandteil von Amber ist, und Myrrhe, bringen ähnlich warme Facetten mit und sind aus vielen orientalischen Düften nicht wegzudenken. Opoponax, die 'süße Myrrhe', ist mir hingegen schon zu viel. Fruchtige Noten wirken oft zu synthetisch oder sind zu vordergründig eingesetzt, können aber genauso gut als Kontrast zu herberen oder ergänzend zu floralen Noten verwendet werden.

Der Blick auf meine eigene Sammlung zeigt mir, dass sich bei so einigen Düften davon eine mehr oder weniger süße Seite in verschiedenen Formen wiederfindet. Doch es gilt auch hier: Die Dosis macht das Gift.


Wie steht ihr zu süßen Düften/Noten?

Unterscheidet ihr bei dem Grad der Süße, die ihr noch als angenehm empfindet zwischen den Geschlechtern?

Habt ihr auch Duftstoffe, die ihr so abstoßend findet, wie ich Ethylmaltol?

21 Antworten

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