Die erste große (Parfum-)Liebe...
Ich sage es gleich: es handelt sich um "L'air du Temps" von Nina Ricci. Und ich war 18 Jahre alt. Mit der Schulklasse in Berlin. Und abends im "River-Boat". Und wir tanzten alle wie verrückt nach dem Phili-Sound und solchen Sachen, auch nach "Everybody Was Kung Fu Fighting". Und ich roch nach diesem L'Air du Temps, nach dem heute wohl nur noch ältere Damen greifen, also mit älter meine ich einfach so 70-jährige aufwärts. Obwohl: ich bin auch nur noch einige Jahre von diesem Altern entfernt.
Dort lernte ich P. aus Hamburg kennen und wir verliebten uns auf der Stelle ineinander. Da es jedoch eine Fernliebe blieb, verlöschte sie nach einigen Monaten wieder, leider einseitig. Doch das Liebesgefühl zu P. und ganz besonders zu LDT blieb. Und auch jetzt ist der Duft in meinem Gehirn abgespeichert, ich kann ich in Gedanken riechen und frage mich gerade, wie das möglich ist.
Nun überlege ich immer wieder mal: Warum kaufe ich mir nicht einfach mal wieder diesen schönen alten Duft? Leider ist er ja nicht mehr in der 50-ml-Flasche als Splash erhältlich, dieser wunderschöne Flacon, seitlich gerundet mit einem Goldverschluss zum Aufdrehen. Vor vielen Jahren schon meinte eine Parfümeriefachverkäuferin, Splash sei "out", durch die Berührung des Fingers mit dem Duft könne sich dieser negativ verändern. Ich habe das nicht feststellen können. Eher scheint mir, dass ein Sprayflacon sich schneller verbraucht...
Natürlich erschnuppere ich LDT manchmal an einer Frau, die an mir vorbeigeht oder neben mir im Bus, in der S-Bahn sitzt. Leicht demoralisiert muss ich dann immer feststellen, dass sie eben genau in dieser Altersklasse ist, die ich beschrieben habe. Und dabei ist dieses Wässerchen doch so fein, so lieblich, so romantisch, so blumig, ein wenig nelkig-gewürzig. Ich muss gestehen, dass ich olfaktorisch leider nicht so sehr bewandert bin und schaue jetzt auch nicht nach, welche Ingredienzen LDT so unnachahmlich machen. Aber man riecht es - und man erkennt es. So einfach ist das mit einem einmaligen, großartigen Duft, der (hoffentlich) noch nicht reformuliert wurde...
Was ich jetzt eigentlich von Euch, die Ihr alle Parfumfreaks seid, ein wenig erwarte, ist, dass ich mir vielleicht einen kleinen Stoß gebt und sagt, dass es völlig normal ist, auch wieder ein "Oma-Parfum" zu benutzen, ohne Assoziationen zu Mottenkugeln und Lavendelsäckchen bei meinen Mitmenschen hervorzurufen. In der Parfümerie wird LDT jedenfalls nicht mehr "aus der Mottenkiste" hervorgeholt, da ist man ganz schnell an der Hand mit "La Vie Est Belle", zu dem ich jetzt gar nicht sage, jedes Wort wäre zuviel... Vielleicht habt Ihr ja auch ganz ähnliche nostalgische Gefühl zu Eurer ersten Parfumliebe und lebt sie einfach aus...?
Es grüßt für heute die Noch-Verliebte
Jeanne