Jifat

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Jifat vor 11 Jahren 16
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Duft
Ein freier Duft für einen freien Geist
François Rabelais muss ein erstaunlicher Mensch gewesen sein. Ende des 15. Jahrhunderts in eine Familie von Juristen und Gutsbesitzern im Westen Frankreichs hineingeboren, seine Mutter war eine geborene Frapin, wurde er Priester, Mönch in diversen Orden, Jurist, Arzt, Vater unehelicher Kinder und einer der größten Schriftsteller der Renaissance. Berühmt ist er bis heute für seine deftigen satirischen Romane, aus denen ein freier Geist mit "Esprit" und die mutige Auflehnung gegen mittelalterliche (scholastische) Enge, besonders gegen die Autorität der Kirche, gegen Aberglauben und Dogmatismus sprechen. Rabelais war damit auch ein führender Vertreter des Humanismus seiner Zeit.

Kein Wunder, dass die renommierte Cognac-Dynastie Frapin heute noch stolz auf ihren bedeutenden Ahnen ist. Und weiterhin kein Wunder, dass es nicht nur Cognacs aus diesem Hause gibt, die seinen Namen tragen, sondern – nachdem Frapin inzwischen eine Reihe feiner Parfüms herausgibt – auch einen Duft, der dem großen Humanisten in der Familie gewidmet ist: L'HUMANISTE (Der Humanist).

Das Thema ist also vorgegeben. Doch wie sollte man es umsetzen?
Sidonie Lancesseur, die für die Parfümmanufaktur Robertet in Grasse arbeitet und auch für den leckeren Gourmand 1270 verantwortlich zeichnet, hat eine Antwort gefunden – eine, die mit den Charakteristika des Hauses Frapin korrespondiert: Bodenständigkeit bei höchster Qualität, Selbstbewusstsein kombiniert mit zurückhaltender Noblesse.

L'Humaniste erfrischt mit einem leicht herben, zitrischen Auftakt, der durch Bergamotte, Zitrusschale und eine Reihe von belebenden Gewürzen, Kardamom, Pfeffer, rosa Beeren, Muskat, Lorbeer und Wacholder, bestimmt ist. Die Duftnoten sind so gut miteinander verwoben, dass es kaum möglich ist, einzelne zu "isolieren". Durchaus erkennbar und offensichtlich ein Tribut an die hochprozentigen Spirituosen der Marke ist ein Akkord, der an Gin, den Wacholderschnaps, denken lässt. Die Noten der Pfingstrose, fein grün und rosig, geben dem Duft eine weichere Anmutung, während Facetten von Mandeln und Tabak und eine ganz leichte Pudrigkeit der Tonkabohne zuzuschreiben sind.

Das Gesamtkunstwerk, hell, frisch und klar wie ein Frühlingsmorgen, eignet sich also besonders für die wärmeren Jahreszeiten. Als eine edlere und haltbarere Alternative zu den zahllosen Colognes ist es auf alle Fälle eine Empfehlung, durchaus auch für entsprechende Gelegenheiten rund ums Jahr und ganz ohne Frage als so genannter Businessduft - und zwar für sie und ihn gleichermaßen.

Dann einen kräftigen Sprühstoß zu Ehren des Inspirators, François Rabelais.
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Jifat vor 11 Jahren 8
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Duft
Er verlässt mich nicht
Nun ein weiterer Duft der italienischen Reihe "Histoires d'Eaux" (Duftwassergeschichten, wörtlich: Geschichten der Wässer) der Turiner Firma Aston & Cooper. Acht Parfüms mit einer charmanten Geschichte als Hintergrund, eine, die vielerlei Assoziationen zulässt: ein Chansonnier in Paris, sein Leben, seine Lieben und Leidenschaften, seine Emotionen, seine Erinnerungen...
Und jeder Duft hat ein berühmtes Chanson als Leitmotiv.

NE ME QUITTE PAS (Verlass mich nicht), einer der größten Erfolge des legendären flämischen Sängers Jacques Brel, weckt in mir die Neugierde, seine Duftinterpretation kennenzulernen. Das Lied, eine Hymne auf eine leidenschaftliche Liebe und gleichzeitig ein verzweifeltes Flehen, ein Aufbäumen gegen die bittere Realität: Verlass mich nicht! Ne me quitte pas!

Brel singt nicht, er lebt dieses Drama, er liebt und leidet tatsächlich, in seiner kraftvollen, rauen, sonoren Stimme liegen alle Emotionen dieser Welt, liegen das Pathos großer Gefühle ebenso wie Verletzlichkeit, Melancholie und Resignation.

Ist das nicht zuviel Anspruch an ein Parfüm? Nein, wenn man weiß, was man erwarten kann und was nicht.

Der Duft zum Chanson hat sehr wohl Kraft und Intensität, man könnte es "dramatische Präsenz" nennen. Der zitrische, leicht herbe Auftakt, bald gefolgt von der fast narkotischen Süße des Jasmin-Absolus, umhüllt von leichter Pudrigkeit, entsprechen einem klassischen Muster. Doch beim Leitmotiv dieser Kreation, das wir ja schon (ein bisschen) kennen, kann es kein reines, süßes Glück geben. Balsamisch-tief, weich und holzig ist der "melancholische" Basisakkord aus Patchouli und Labdanum, der die Komposition ab- und umrundet. Im Gegensatz zu seinem "Geschwister-Wasser" La Maladie d'Amour ist er ein kraftvoller und gut haltbarer Duft.

Nach meinem Empfinden eine geglückte Umsetzung des vorgegebenen Themas.
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Jifat vor 11 Jahren 10
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Duft
"Et qui n'oubliera plus ce parfum qui volait..." ("...der den vorüberziehenden Duft nie vergessen wird...")
Die Krankheit der Liebe, la maladie d'amour, gehört wahrscheinlich zu den am meisten in Romanen, Gedichten und natürlich Liedern besungenen Tatsachen des Lebens. Sie ist auch der Titel eines bekannten und sehr gefühlvollen französischen Chansons, interpretiert von Michel Sardou und anderen: La Maladie d'Amour.

Franfan20, dem ich die acht Proben der neuen Duftreihe der italienischen Marke Histoires d'Eaux (etwa: Duftwasser-Geschichten) verdanke, hat uns schon von der charmanten Idee hinter diesen Parfüms berichtet (s. Forum): Düfte, die den Gehalt des jeweiligen Chansons widerspiegeln.

Nun muss man wissen, dass die klassischen französischen Chansons keine Trällerliedchen sind, sondern, wie es Kurt Tucholsky einmal formulierte, "Welttheater in drei Minuten", also gehaltvolle, oft anrührende dramatische Geschichten mit Tiefgang und einer Botschaft, nicht zuletzt solche mit gesellschaftspolitischem Anspruch. Man denke nur an Lieder von Edith Piaf, Jacques Brel, Juliette Créco, Georges Moustaki usw.

Und hier ... die Liebe, ein Welttheater für sich (wie wir alle wissen).

„Elle foudroie dans la rue cet inconnu qui passe
Et qui n'oubliera plus ce parfum qui volait.“
(Ungefähr: "Wie ein Blitz trifft sie den Unbekannten auf der Straße
der den vorüberziehenden Duft nie vergessen wird...")

Wie schön, dass uns der Text eine Brücke zu unserem Thema schlägt, dem Parfüm. Wonach duftet die Liebe, die bekanntlich schönste Sache der Welt? Und wonach diese "Krankheit", unter der die Betroffenen schlimmer leiden, als an der Grippe oder gebrochenen Gliedern? Liebe und Leiden, die zwei Seiten derselben Medaille. Am schlimmsten, am schmerzhaftesten ist es aber, so das Chanson, wenn man von dieser Krankheit geheilt ist.

Ich stelle mir vor, dass es für einen Parfümeur eine Herausforderung darstellt, das große Drama der Liebe und der von ihr verursachten Leiden in einer Duftkomposition einzufangen. Ich selbst dächte wohl an zarte, glockenhelle Schmetterlingstöne, kraftvolle Farbexplosionen, wie auch melancholische Elegien.
Wahrscheinlich ist es ungerecht, diesen Maßstab anzulegen, denn Maladie d'Amour ist gar nichts davon. Wie sollte es auch.

Die Zutaten lassen mich an ein Gericht denken, das ich gerne esse, das aber wenig Dramatik enthält: Currygeschnetzeltes in Kokosmilch mit Früchtereis.
Curry, Zimt, Gewürznelke, Banane, Früchte, Kokosmilch... Das duftet alles sehr appetitanregend und ein bisschen exotisch, die Hölzer schaffen noch die weiche Basis. Sehr hübsch, keine Frage. Von den großen Gefühlen allerdings, denen wir Menschen ausgeliefert sind, keine Spur. Der Anspruch war wohl etwas zu hoch.

Ein Manko ist außerdem die extrem schlechte Haltbarkeit. Die würzigen Früchtchen machen sich flugs aus dem Staub... so etwas wie eine Duftentwicklung ist daher gar nicht feststellbar.
So leid es mir tut: Maladie d'Amour hat sein Thema verfehlt, hätte es wahrscheinlich nie erreichen können. Als netter, fruchtig-exotischer Alltagsduft kann er dennoch Freunde/innen finden.

Zusatzbemerkung: Wer Lust hat, die Düfte dieser Reihe ebenfalls kennenzulernen, dem schicke ich sie in Kürze gerne zu.
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Jifat vor 11 Jahren 1
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Duft
Weiche Fruchtigkeit mit Saubernote
Von den zur Feier des Parfumo-Kommentar-Jubiläums gestifteten Parfüm-Deosprays der Marke Casino Parfuem Saxonia hat mir das freundliche Losglück ein Exemplar zugesprochen:
CASINO ACTION FOR WOMAN.

Ich hatte mich beworben, obwohl oder vielleicht weil ich, mit wenigen Ausnahmen, selten Deosprays verwende. Meistens sind sie mir zu intensiv, zu künstlich, zu "billig" und reizen die Nase. Dezent oder gar nicht duftende Roll-ons sind mir lieber.
Ein Parfüm-Deo, das nicht nur parfümiert, sondern selbst als Parfüm gedacht ist, darf ich allerdings nicht so einfach abtun.

Casino Action for Woman wird seit 2011 angeboten von einer (wiederbelebten) Traditionsfirma der DDR, Casino Parfuem Saxonia Fritzsche & Enders GbR, die einst als staatliches Unternehmen den legendären "Duft der Chefsekretärin" Casino de Luxe produzierte und jetzt wieder im Programm hat.

Das Wesentliche gleich vorweg: Dieses Parfüm-Deospray unterscheidet sich tatsächlich von Rexona, Fa, 8x4 & Co., das heißt, es hält, was es verspricht, nämlich ein Parfüm zu sein.

Von den angegebenen Duftnoten Schwarze Johannisbeere, Maiglöckchen, Ylang-Ylang, Zitrone, Blätter und Moschus, kann ich einen aromatischen, dunkelfruchtigen Akkord in der Art einer Waldbeerenmarmelade ausmachen, selbstgemacht von ausgesuchten, reifen Früchten versteht sich. Die "Blätter", welche es auch immer sein sollen, sorgen für den frischen Gegenpart, um erst gar nicht den Eindruck "süß und schwer" aufkommen zu lassen. Blumige und zitrische Noten kann ich nicht gesondert wahrnehmen. Nein, die Süße ist angenehm, keineswegs aufdringlich, warm und weich.

Überhaupt ist Zurückhaltung ein Qualitätsmerkmal dieses Produkts, das nicht als Deospray wahrgenommen werden will und die Bezeichnung Parfüm durchaus verdient. Die weiche, etwas seifige Moschus-Basis sorgt dann noch für den passenden Eindruck "frisch gewaschen".
Fein und sauber duftend, was kann man mehr von einem Parfüm-Deodorant erwarten.

Die desodorierende Wirkung kann ich mit gut bewerten, als Antitranspirant ist es sowieso nicht konzipiert, kann deshalb auf die – ob zu Recht oder zu Unrecht – gescholtenen Aluminiumsalze verzichten.

Alles in allem eine empfehlenswerte Alternative, wenn man/frau Parfüm und Deo kombinieren und damit ein unerfreuliches Geruchschaos vermeiden möchte.

P.S. Gerne schicke ich das Spray an eine/n weitere/n Interessentin/en. PN genügt.
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Jifat vor 11 Jahren 11
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Duft
Sommerblütentraum
Schmetterlingsjagd... Dabei denkt man unwillkürlich an längst vergangene Zeiten, an ländliche Szenen, die eher ins 19. Jahrhundert gehören, an Kinder in Matrosenanzügen und Kleidchen mit Schleifen und Spitzen, die mit ihren Schmetterlingsnetzen den filigranen Faltern nachstellen. An eine Idylle also, Landleben, schöne Natur und üppig blühende Wiesen und Gärten, mittendrin die Kaffeetafel an der sich sonntags die Familie mit Freunden versammelt und den mit aromatischen roten Beeren bedeckten Obstkuchen genießt...

Anne Flipo, Absolventin der ISIPCA (übersetzt etwa: Hochschule für Parfüm, Kosmetik und Aromastoffe) in Versailles, die – wie über sie berichtet wird – auf dem Land aufgewachsen ist, muss wohl diese Traumszenerie im Sinn gehabt haben, als sie für L'Artisan Parfumeur den Duft mit dem poetischen Namen LA CHASSE AUX PAPILLONS schuf, der sich zu einem Bestseller entwickelt hat, und den ich in seiner Extrême-Version (also dem Eau de Parfum) beschreibe.

Diese Komposition hat ein zentrales Leitmotiv: Blüten, vor allem weiße Blüten.
Der mild-würzige, pfeffrige Auftakt, den rosa Beeren des südamerikanischen Pfefferbaums, Safran und zitrischen Noten zugeschrieben, sorgt für etwas Spritzigkeit. Gleichzeitig entfaltet sich aber das Hauptthema, ein üppiges, reichhaltiges, aber sehr lieblich duftendes Bouquet herrlicher weißer Blüten: Jasmin, Orangen- und Lindenblüte, Tuberose und Ylang-Ylang. Von der Schwere dieser Weißblüher ist hier nichts zu merken, ihre Duftnoten mischen sich zu einem Akkord mit summertime feeling, sonnig, fröhlich und beschwingt, fast mädchenhaft, mild und cremig. Dennoch ist La Chasse aux Papillons definitiv kein Girlie-Duft, hat Stil und Anspruch.

Obwohl kein Mono-Parfüm, macht er kaum signifikante Veränderungen durch. In der Basis ergänzt eine zarte Honig-Note, wie sie für den Buddleja-Flieder (Schmetterlingsflieder) typisch ist, den Blütenstrauß.
Insofern handelt es sich zwar um keinen "großen", sehr wohl aber einen bezaubernden Sommerduft, der seine/n Träger/in auch in Frühlingslaune versetzen kann (um einen Übergang zur tristen aktuellen Wetterlage zu schaffen).

Diese Schmetterlingsjagd sehe ich als eine gelungene Kombination aus Unschuld, Lebenslust und Verführung...

Was die Haltbarkeit angeht: Nachdem wir schon viel über die Unwägbarkeiten unserer Duftwahrnehmung erfahren und diskutiert haben, will ich die Haltbarkeit hier als zufriedenstellend bezeichnen, ohne Gewähr ;-)
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