Josefka
Josefkas Blog
vor 2 Jahren - 05.12.2021
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Warum trage ich Parfüm?

Einer meiner liebsten Parfüm-Journalisten, Dariush Alavi aka Persolaise hat neulich einen Blogbeitrag verfasst, in dem er sich die Frage stellte: Warum trage ich Parfüm? Er kam zu sehr interessanten Einsichten, und das hat mich inspiriert, mir die gleiche Frage zu stellen – warum trage ich Parfüm?

Weil es meine Stimmung unterstützen und manchmal sogar ändern kann

Es gibt Düfte, die machen mir zuverlässig gute Laune. En Passant zum Beispiel, ein Duft wie ein schöner Frühlingstag, den man sich zu jeder Jahreszeit gönnen kann. Es ist mir daher auch unverständlich, warum man leichte Düfte nur im Sommer und schwere Düfte nur im Winter tragen sollte, zumal die Witterung nachweislich Einfluss darauf hat, wie sich Düfte entwickeln, und warum sollte man auf bestimmte Nuancen eines Duftes verzichten, nur weil grade die „falsche“ Jahreszeit ist? Leichte, frühlingshafte Düfte, im Winter getragen, können einen ganzen Tag verändern, so wie sowieso jeder richtige Duft zur richtigen Zeit.

Weil ich ein anderer Mensch sein kann

Gerade erst wieder so geschehen beim Tragen von Dia Man: besonders die Düfte, die laut Deklarierung für das (vermeintlich) entgegengesetzte Geschlecht gedacht sein sollen, erwecken in mir immer eine besondere Heimeligkeit. Ich kann dann anders durchs Leben gehen, weil ich eine Seite an mir betone, die meist nicht besonders betont wird. Da geht dufttechnisch gesehen jemand neben mir, der ganz augenscheinlich nicht ich selbst bin, nicht mein tagtägliches Selbst, und mit dem ich den Tag verbringen kann.

Weil es mich an die vergessene Kindheit erinnert

Es gibt Dinge, an die erinnern wir uns, ohne es zu wissen. Es schlummert in uns, und erst ein Geruch erweckt es zum Leben (ja, Marcel Proust, keiner hat das so gut beschrieben wie du). Und ich liebe es, wenn das passiert. Beispiel White Suede von Tom Ford: Als ich ihn das erste Mal auf die Haut sprühte, war ich zurückversetzt in meine Kindheit und blickte in die Handtasche meiner Mutter, in der sie jede Menge Krams (kann man nicht anders nennen) mit sich rumtrug – Lippenstift, Bonbons, Taschentücher, lederne Geldbörse etc. Und genau dieser Duft kam mir von meiner eigenen Haut wieder entgegen. Es war faszinierend, und wird es immer wieder sein.

Weil es mich an vergangene Momente und Orte erinnert

Es gibt Parfüms, die mich sofort wieder an die Orte zurückversetzen, an denen ich sie das erste Mal getragen habe. Dior Homme Intense zum Beispiel trug ich zum ersten Mal bei einer Reise nach Prag und in den ersten Stunden dort, und das wird Duft und Stadt (und die Jahreszeit: Herbst!) für mich immer miteinander verbinden. Aus diesem Grund überlege ich manchmal auch sehr genau, welches Parfum ich in einer bestimmten Situation tatsächlich auflegen möchte, denn es ist mir klar, dass der Ausgang des Ereignisses eine nicht mehr rückgängig zu machenden Auswirkung auf meine Wahrnehmung des Duftes in der Zukunft haben kann.

Weil es mich an Orte versetzt, an denen ich noch nie war

Reisen ist im Moment eine schwierige Sache, aber auch schon vorher konnte ich nicht behaupten, schon besonders viel in der Welt herumgekommen zu sein (wenn man den Maßstab einer privilegierten Westeuropäerin anlegt). Umso besser, wenn man auch mir Düften auf die Reise gehen kann. Mit ACDD zum Beispiel fühle ich mich tatsächlich, als wäre ich in einer afrikanischen Wüste und würde heißen Wüstensand atmen.

Weil es mich an die Zukunft erinnert

Ganz toll ist es auch, wenn Düfte uns an die Zukunft erinnern. Was meine ich damit? Nun, Düfte wie die von Oliver Perfumes (sie sind einfach das beste Beispiel) geben mir den Eindruck, so könnte die Zukunft riechen – etwas metallischer, synthetischer, künstlicher als jetzt. Das muss ich im Zweifelsfall noch nicht mal mögen, um es dennoch faszinierend zu finden.

Weil ich damit in der Zeit reisen kann

Dieser Aspekt ist ein bisschen verwandt mit den vorhergegangenen. Wenn ich manche Düfte rieche, dann reise ich in eine Vergangenheit vor meiner Geburt, und dazu muss der Duft noch nicht einmal vor mir geboren worden sein. Carner Barcelonas Sandor 70s entlässt mich in eine Bar in den 70ern, als man dort noch rauchen durfte und das auch reichlich tat. Die Ledersessel knarzen unter dem Gesäß und man gönnt sich starke Drinks.

Weil ich Parfum genießen kann wie einen guten Whisky

Attars sind wie gemacht für die ganz besonderen Momente, die man nur für sich allein genießen will. Durch ihre ölige Konzentration und das Fehlen des Alkohols sind sie – so jedenfalls meine bisherige Erfahrung – stark, aber hautnah, sodass man selbst ihr bester Nutznießer ist. Daher liebe ich es, mir an Abenden einen Attar aufzulegen und diesen ganz für mich selbst zu genießen, der Parfümkunst auf die Spur zu kommen.

Weil ich damit ein Statement setzen kann

Na klar, ich werde nicht verhehlen, dass auch das mit eine Rolle spielt und Spaß macht. So wie andere ihren schönsten Schmuck zur Schau stellen oder ihre feine Garderobe rausholen, so lege ich an manchen Tagen einen Duft auf, von dem ich weiß, dass man ihn wahrnehmen wird und dass man damit meiner Präsenz schon von Weitem und noch Minuten später gewahr sein wird. Ich finde es schön (manchmal zumindest), wenn meine Kolleg*innen zu mir kommen und sagen: "Ich wusste schon, dass du da bist, es riecht hier so gut!" Oder wenn sie offensichtlich meiner Spur gefolgt sind und dann vor mir stehen: "Boah, was trägst du denn heute Geiles? Kannst gerne heute noch ein paar mal an mir vorbeilaufen!"

Und ihr? Was sind eure Gründe, Parfüm zu tragen?



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