Josefka

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1 - 5 von 16
Josefka vor 2 Jahren 20 17
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Außen - Tag - Pool
Es gibt für mich zwei Düfte, die in meiner Nase Manifestationen des perfekten Sommertages sind. Einer davon ist Neroli Portofino, gerne auch in der Forte-Version mit verstärktem Jasmin, der andere ist Oliver.

Prin Lomros ist nicht nur begnadeter Parfümeur, sondern auch Film- und Musikfan. Daher widmet er mehrerer seiner Düfte Filmcharakteren (z. B. Gheorghe oder Burning Ben, beide ebenfalls bei Strangers zu haben). Mit Strangers Parfumerie versucht er, Dufteindrücke aus seiner Kindheit in Thailand, aber auch von seinen Reisen in andere Länder umzusetzen. Seine Düfte sind selbst Reisen, auf die man sich begibt, während man bequem zuhause auf dem Sofa sitzt.

Für diesen Duft stand der Amerikaner Oliver aus „Call me by your Name“ Pate. Zunächst ist da eine sehr realistische Zitrusnote, von Beginn an durchmischt mit dem Eindruck nahegelegener Zypressenwälder. Irgendein Gewässer ist auch in der Nähe, der salzige Geruch des Meeres wird vom Wind herübergetragen. Jemand hat Salbei angepflanzt. Etwas Minzig-medizinisches kommt hinzu und prickelt richtig auf der Zunge. So bleibt das stundenlang, es ist ein Traum.

Und hier das Kopfkino:

Sofort nach dem Aufsprühen ist man in einen sonnigen Sommertag am Mittelmeer gebeamt, es ist Morgen, der Tag liegt noch vor einem, aber die Sonne ist schon so kräftig, dass man die nahende Hitze spürt. Ein lauer Wind trägt den Geruch von Kräutern aus einem nahegelegenen Garten herüber. Vom Frühstück sind noch Früchte übrig. Aber was ist das? Dieses leise Plätschern? Ah, vor dem Haus gibt es einen Pool, und jemand dreht dort bereits ihre Runden. Schön, erstmal entspannen, im Liegestuhl breitmachen und die Augen schließen. Nichts zu tun, keine Termine, die Vögel singen, das Leben ist problemlos. Nach einigen Minuten aber schiebt sich was vor die Sonne, man spürt den Schatten auf den Augen. Was ist jetzt passiert? Du öffnest die Augen und die Frau aus dem Pool steht vor dir, du kannst den Geruch ihres Badeanzugs riechen, ihr Haar ist nass, die Kühle ihrer Haut kannst du fühlen ohne sie zu berühren, sie beugt sich über dich und die Nässe tropft auf deine nackten Oberschenkel. Huch!

Das ist unglaublich sexy. Fotorealistisch, wirklich.

Was der Tag, was die Hitze noch bringen wird, steht nicht fest, alles ist im Fluss, wirklich alles kann passieren an diesem Tag. Kann sein, dass du dich später mit Wehmut an ihn erinnerst. Aber es wird einer deiner schönsten gewesen sein.
17 Antworten
Josefka vor 2 Jahren 21 8
10
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Da zieht's dir alles zusammen
Als großer Fan von Hermès hatte ich doch mit den Kompositionen der aktuellen Hausparfümeurin Christine Nagel lange Zeit Schwierigkeiten. Da war zwar gleich zu Beginn unserer (sehr einseitigen) Bekanntschaft meine Begegnung mit Galop, diesem tollen Lederduft mit der sehr ausgefallenen Quittennote, den ich sofort in mein Herz schloss. Ab Eau de Citron Noir allerdings entfremdete ich mich etwas von Mme Nagel - irgendetwas war mir hier viel zu synthetisch, abgestanden und fast zuwider, die Hermessencen Agar Ebène und Cèdre Sambac gaben mir nichts, den Vetiver-Flanker von Terre fand ich überflüssig (und ich sage das als Vetiver-Aficionada!) und auch mit H24 fremdele ich noch. (Über das Eau Givrée von Terre sage ich vielleicht an anderer Stelle noch was, das mag ich nämlich.)

Eau de Rhubarbe Écarlate ist eine andere Geschichte. Hermès hat ja mit den Eau de Colognes eine sehr schöne Reihe, die jeder für sich sehr gut funktionieren. Die Note von Rhabarber im Parfum mag ich sowieso (bitte sagt mir Bescheid, wenn es irgendwo erschwinglich die Signature von Aedes de Venustas gibt), aber ganz besonders gut funktioniert dieser Rhabarber im Sommer.
Er hat sowohl eine Wärme, die durch seine Würzigkeit entsteht, aber er kühlt auch sehr schön herunter, finde ich. Das wunderschöne rote Glas von Eau de Rhubarbe Écarlate zeigt es an, dass hier auch die Kombination von Rhabarber mit Rose eine Rolle spielt, also eine Blütigkeit zusammen mit dieser sehr distinguiert sauren Pflanze, die auch sehr sauer rüberkommt.

Auf der Haut ist das wirklich ein fotorealistischer Strunk des grünen bis rötlichen Gemüses, den man gerade in der Mitte zerbrochen hat und dessen harte äußere Haut in kleinen Limahl-Spitzen in die Luft steht. Als Kind habe ich Rhabarber oft roh gegessen, was so sauer war, dass ich aus Reflex meine Augen schließen musste wie beim Niesen, und tatsächlich läuft einem in dieser Phase des Duftes das Wasser im Mund zusammen.

Nach einer Weile wird der Duft süßer und erinnert mich ein bisschen daran, wie ich als Kind Rhabarberkompott gegessen habe, bei dem der Rhabarber mit Vanillesoße übergossen bzw. überzuckert war. Diese Gerichte gab es natürlich im Sommer, weshalb ich den auch immer mit diesem Duft assoziiere.

In der Basis erscheint der Moschus ganz deutlich, aber das dauert ein paar Stunden, und bis dahin hat man sehr, seeehr lange eine wirklich tolle Frische. Das alles funktioniert wunderbar an einem heißen Abend.

Für meinen Geschmack ist Mme Nagel mit diesem Duft eine kleine Sensation gelungen, die viel mehr Aufmerksamkeit verdient.

Nachtrag: Auch wenn ich nicht so viel auf Haltbarkeit gebe, sei es gesagt - fast 24 Stunden später kann ich trotz sich auf normalem westeuropäischem Niveau bewegender Körperhygiene noch immer den Duft, und zwar wieder das Opening, auf meinem Arm wahrnehmen, wenn ich meine Nase reingrabe. Und das ist für ein Eau de... doch schon ziemlich gut.
8 Antworten
Josefka vor 3 Jahren 22 10
10
Flakon
7
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft
Weihrauch - ein Kreis schließt sich
Mit ihrem siebten Duft, erschienen am 7.7. dieses Jahres, schließt sich für Liz Moores von Papillon Parfums ganz eindeutig ein Kreis. Denn unzweifelhaft nimmt Spell 125 Bezug auf einen der ersten Düfte dieses Hauses: Anubis.

Der Name Spell 125 bezieht sich auf den längsten Abschnitt im ägyptischen Totenbuch. In Gegenwart des Gottes Osiris wird dort die Seele des Menschen gewogen, und nur wenn sie leichter wiegt als eine Feder kann die Reise des Menschen Richtung Paradies weitergehen. Vorher muss dieser aber noch 42 (durch 7 teilbar!) andere Götter beschwichtigen. Kein Wunder, dass der Zauberspruch Nr. 125 der längste des Totenbuches ist.

Doch zurück zum Duft. Gleich zu Beginn umschwebt den Träger eine wunderbare Mischung aus Kiefernnadeln und Weihrauch. Aber ich sage es gleich, das ist nicht irgendein Weihrauch. Das ist mit der beste Weihrauch (green frankinscense oder hier: omanischer grüner Weihrauch), den ich bisher gerochen habe. Er besitzt alle Nuancen, von zitrischen Tönen zu Beginn über hellen Rauch in der Mitte bis hin zu dunkleren Tönen am Ende.

Die Waldnoten sind hier bei den Statements bereits zurecht mit einem Fichtennadelbad verglichen worden. Zusammen mit dem Weihrauch bilden sie eine niemals billig wirkende, sehr wertige Duftnote. Die Zirbelkiefer ist ja auch bekannt dafür, dass sie das Einschlafen befördern soll – auch das passt also zum Thema. Hemlocktanne ist mir als Duft bisher noch nicht untergekommen, hier ist er ziemlich betörend, und ich lasse mich davon gern in nordamerikanische Wälder entführen. Zu Beginn ist wie gesagt auch etwas Zitrik mit im Spiel, die ich weitestgehend dem hochwertigen Weihrauch zuordne. Die Myrrhe steuert zudem etwas Süße bei, aber der Duft wird niemals zu süß.

Mit Anubis und vor allem mit seiner nachmittäglichen marmeladigen Note hatte ich immer meine Probleme. Ich mag dunkle Düfte, aber das war selbst mir zu humorlos. Spell 125 nun ist für mich Anubis in etwas heller. Spell 125 ist zudem staubtrocken, wo Anubis zur Fettigkeit neigt.
Erst ab dem Nachmittag wird es auch hier etwas fettiger, amberiger und sogar ein wenig schmutzig, was ich sehr gelungen finde (aber ich stehe ja auch auf schmutzige Düfte). Bis zum Abend hat sich dieser eher verruchte Unterton zum eigentlichen Thema entwickelt – sehr gut gemacht. Nase klebt begeistert am Handgelenk, so soll es sein.

Schon lange suche ich nach dem einen Duft, der nach in der Sonne gebackenen trockenen Hölzern riecht, wie man sie von der Westküste der USA kennt. Ich werde weitersuchen, aber der hier ist wieder mal nah dran.

Fazit: Ein ganz großer Duft von Liz Moores, vielleicht ihr bester bisher.
10 Antworten
Josefka vor 3 Jahren 21 13
Gehe vom Wald durch den Tigerkäfig zum Ledersessel!
Germaine Cellier kreierte 1944 mit Bandit einen Chypre-Klassiker. 2012 wurde der Duft reformuliert auf den Markt gebracht. Nun versuchen die Marke Robert Piguet und ihr Hausparfumeur Aurelien Guichard mit Bandit Suprême die Magie des Originals wiederzuerschaffen. Ich habe weder Celliers Werk noch den 2012er bisher testen können, aber Bandit Suprême hat mich voll gepackt. Ich finde ihn grandios.
Gleich nach dem ersten Aufsprühen stehe ich nackt im Wald. Holz, moosbedeckter Boden, frisches, bitteres Ur-Grün in seiner wildesten Form umgibt mich. Und wenn ich sage bitter, dann meine ich bitter. Das hier verwendete Galbanum macht keine Gefangenen, sondern hält dir die Pistole direkt an die Brust. Das in der Zutatenliste erwähnte Neroli hingegen kann ich auf meiner Haut nicht ausmachen.
In der nun folgenden Phase des Duftes wird es deutlich animalischer, und plötzlich stehe ich mitten im Tigerkäfig. Holla, hier ist aber jemand auf Krawall gebürstet! Es riecht nach krustigem Fell und nicht mehr ganz frischem Stroh. Beim ersten Tragen bildete ich mir in dieser Phase eine Ähnlichkeit mit YSLs Kouros ein, musste aber sogleich beim direkten Vergleich revidieren: der Kouros ist süßer und tendiert mit seinem Funk eher in Richtung „öffentliche Badeanstalt“.
Die jetzt einsetzende Phase zwischen Mitte und Basis gefällt mir mit am besten, denn jetzt kommt das Leder zum Vorschein. Es ist ein animalisches, verbrauchtes Leder, wie bei einem alten, durchgesessenen Ledersessel (eher braun als schwarz), der seit Jahren in einer Ecke des Zimmers steht und auf dem schon viel gelebt wurde. Schweiß und werweiß andere Flüssigkeiten sind vom Leder aufgesogen worden, es ist aufgebrochen und fleckig. Toll! Orangenblüte und Jasmin, wie in der Duftpyramide angegeben, entziehen sich mir zwar, vielleicht aber trägt die Indolik des Jasmins zur Verruchtheit des Duftes bei.
In Richtung Basis setzt sich der Duft dann etwas, wird geschmeidiger, Patchouli, Ambroxan, Moschus und Eichenmoos übernehmen das Ruder und machen Bandit Suprême deutlich sanfter, runder und gefälliger.
Die Haltbarkeit von BS ist überirdisch. Am Morgen aufgesprüht, kann ich den Duft am nächsten Morgen unter der Dusche noch deutlich auf dem Arm riechen.

Auch wenn ich also die Vorgänger nicht kenne: diese Neuformulierung kommt ganz schnell auf meine Wunschliste. Luca Turin schreibt über die 2012er-Version, sie sei sicher nicht das Original, aber immer noch mehrere unbeleuchtete Straßen im Vorsprung gegenüber allen anderen Leder-Chypres. Genau das Gleiche würde ich von Bandit Suprême behaupten. Allen, die Chypres, Leder und Animalik lieben, sei ein Test sehr ans Herz gelegt.
13 Antworten
Josefka vor 3 Jahren 6 2
10
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft
Keine Vanille, dafür Blüten
Ich habe heute das dringende Bedürfnis, diesem hier doch arg zerrupften Duft ein wenig Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und ihn etwas in den Kontext zu stellen. Mein Eindruck ist, dass sein Name für viele Missverständnisse verantwortlich ist. Denn Vanille Galante (oder VG) ist vieles, aber sicher kein Vanilleduft.

Direkt nach dem Aufsprühen ist VG zunächst einmal grün, grüner, am grünsten. Ich gebe zu, meine Vorredner*innen haben Recht, wenn sie einen Tick Plastik erschnüffeln, doch dazu später mehr. Zwischen dem Grün kommen sofort auch die Blüten zum Vorschein, allen voran die Lilie. Den Duft der Lilie muss man schon mögen, um VG mögen zu können, denn er ist wirklich dominant, begleitet schon hier von etwas salzig-wässrigem, das manche vielleicht als brackiges Blumenwasser empfinden. Ich fühle mich eher an einen Tümpel erinnert an einem heißen Tag. Etwas Fruchtiges ist dabei, ich würde auf Banane tippen. Ja, eine Bananenschale liegt neben dem Tümpel. Sie ist eher nicht mehr grün, sondern liegt da schon länger. Es treten weitere Blüten hinzu, unter anderem auch das von mir sehr geschätzte Ylang Ylang.

Nach ein paar weiteren Minuten schmilzt die zuvor schon erwähnte Plastiknote mit der Banane zusammen, in etwa so, als würde man einen Becher Bananen-Fruchtzwerge ankokeln (ich weiß, bitte nicht zuhause nachmachen). Da fällt mir auf, vielleicht stammt diese Plastiknote vom Sandelholz, denn es ist ihr so eine dezente Möbelpoliturnote eigen.

Dazu gesellt sich eine aquatische Note von salzigem Wasser. Das bleibt ziemlich lange und ist, wenn man's mag, sehr sexy.

Am Ende klingt der Duft dann in einer sonnencremeartigen Süße aus, aber nicht pappig süß, sondern anschmiegsam.

Die Haltbarkeit ist, wie bei vielen der Hermessencen, wirklich sehr gut. Die häufigen Beschwerden über den ach so leichten und transparenten Ellena kann ich nicht nachempfinden. Ja, der Duft schwebt über der Haut, geht manchmal und kommt dann wieder, ist aber niemals ganz weg und lässt einen doch in Ruhe - das ist ganz große Parfümeurskunst, wenn ihr mich fragt. Klar, eine riesige Projektion darf man hier nicht erwarten, aber wenn PERFORMANCE das Ziel ist, dafür gibt es ja Millionen anderer Alternativen. VG hält locker einen ganzen Tag durch.

Wenn ich jetzt, nach etwa drei bis vier Tagen, noch einmal am Teststreifen rieche, dann ist die luftig leichte, mit Blüten bestäubte Sonnencreme immer noch da.

Fazit: Wenn ihr blumige Düfte mit insbesondere Lilie und Ylang Ylang mögt, dann gebt Vanilla Galante ruhig noch eine Chance. Nur erwartet keinen Vanilleduft, sondern ellenasche Haute-Couture.
2 Antworten
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