Kamil

Kamil

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1 - 5 von 6
Kamil vor 4 Monaten 9 8
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Zwei Bilder…
… die mich in meinen Erinnerungen an diesen Duft Begleiten.

Bild 1
Fast die ganze Nacht haben wir gequatscht, obwohl wir uns nicht so selten sehen. Als die Augen nicht mehr mitmachen wollten, stellten wir fest, dass es besser ist, wenn ich bei ihr, meiner guten Freundin, dieses Mal übernachte. Schnell organisiert sie alles, was eine Frau bei ungeplanter Übernachtung brauche - Zahnbürste, Abschminkzeug, Schlafhemd…
Der Junimorgen Anno 1986 kam viel zu schnell, ich jammerte, was solle ich ohne meine Schminksachen, frischen Klamotten und vor allem ohne meinen Chanel No 19, tun, ohne ihn fühle ich mich nackt und verlassen…Auf ihrer Kommode sind einige Düfte in unterschiedlichen Farben aufgereiht. Ich greife ohne viel nachzudenken nach einem grünlichen in sehr edlem Flakon, in der Hoffnung, dass er nicht süß ist und mich nicht erwürgt.
Hat er nicht.
Bis zum späten Nachmittag konnte ich die Duftentwicklung verfolgen und das gefiel mir. Nicht mehr an den Duft gedacht habe ich erst, als ich in ein spannendes Gespräch mit einem charmanten Mann versunken bin…Dieser Duft hat mich dann in diesem Sommer oft begleitet, denn ich habe ihn mir gekauft.

Bild 2
Es ist Samstag Morgen im Juni 1993.
In einem ganz anderen Land, in einem Leben, nach dem ersten Leben.
In einem ganz anderm Film, in dem ich in einer Jeans Latzhose über einer Seidenbluse, mit der Jacke von meinem Bruder geliehen, die Hochstraße runter laufe. Ich halte das Händchen der Tochter des charmanten Mannes aus dem Bild 1, die zufälligerweise auch meine Tochter ist. Straßenmusiker, sehr wahrscheinlich mein Landsmann, auch Flüchtling, spielt Akkordeon und singt den Namen meiner Mutter: „O, Jelo, Jelo, Jeeeleeenaaaaa…“. Ich versuche die Tränen herunterzuschlucken und eile davon, nach dem meine Tochter 1DM in die Schale gelegt hat.
Auf der linken Seite Douglas, die Schaufenster neu, sommerlich dekoriert. Und viele Schachteln und Flakons von dem grünen Duft aus dem Bild 1- O de Lancome (diese Häckchen über dem O kriege ich nicht hin, sorry). Im Angebot für 29,90 DM. Ich schaue nach, in meinem Portemonnaie sind noch 30,00 DM. Und bis Monatsende sind noch 5 Tage… unangenehm gerührt eile ich weiter…Meine Gedanken aber wollen nicht mit, verharren vor dem doofen Douglas und machen mich kirre…
Durch den Kopf schnellen mir die Bilder von dem Junimorgen 1986, der ersten Begegnung mit dem Duft.
Von dem Nachmittag diesen Tages und erster Begegnung mit dem Vater meiner Tochter.
Bilder aus einem ganz anderen Leben, das mir jetzt wie ein schöner Traum vorkommt…
Ich drehe mich um, eile zu Douglas, eine im letzten Leben selbstbewusste Frau schreitet jetzt unsicher und fast verschämt in den duftigen Laden rein, spricht leise die stark geschminkte Verkäuferin mit der pinkfarbenen Bluse an. An den Kasse gehen die letzten 30DM zu der Kassiererin, die kleine Tüte mit dem Duft und einem Pröbchen ist endlich in meinen Händen!
Ich lächle die Kassiererin mit dem alten, selbstbewussten Lächeln, straffe meine Schulter mit dem hoch erhobenen Kopf und begegne der Straße wieder, aber jetzt mit glänzenden Augen. Als ob ich etwas völlig Verbotene aber wunderschönes gemacht habe.
Und denke - wir überleben doch, ich und meine zwei Kinder, trotz meiner Unvernunft.

Und ja, da bin ich nach 30 spannenden, traurigen und wunderschönen Jahren, in dem Land, das mittlerweile meine richtige Heimat geworden ist, und möchte noch etwas über diesen Duft aus den Jahren 1986 und 1993. schreiben.

Ein grüner, sommerlicher Chypre, der zuerst mit starken zitrischen Noten zu der Nase steigt, die mit einer leichten herben Note unterlegt sind. Diese Noten haben aber nichts, aber gar nichts von Klo-Reiniger-Noten, die man oft in ähnlichen Düften bekommt. Die bekommen sehr schnell zu dieser herben Note, auch etwas Weiches und fast warmes im Hintergrund, ich vermute dass das Geißblatt dafür sorgt. Bald wird die im Kopf nur angedeutete krautig- herbe Note viel präsenter, Basilikum, Rosmarin und minimal Koriander machen sich bemerkbarer, verspielen und umspielen immer leiser werdende, aber noch wahrnehmbare Zitrusfrüchte, die sich in dieser subtilen Weise wie hellgrüne, glitzernde Fäden durch den Duftverlauf immer wieder melden. Da mischt aber auch eine mattgrüne Weiche mit, die alle diese Noten in eine überaus angenehme Melange eint, der Duft bekommt an Tiefe, die der Eichenmoss herzaubert. Das alles ist noch mit dem weißen Jasmin gesprenkelt, der hier in der Duftpyramide auch nicht gelistet ist, genauso wie Geißblatt in der Kopfnote. Die Basis mit dem Eichenmoos, Vetiver und Sandelholz, gekonnt verwoben und ohne merkbaren Übergang von dem Herz, machen den Duft fast balsamisch.

Die heutige Version habe ich nur einmal kurz getestet und enttäuscht gemeckert.
Das passiert mir in letzter Zeit immer wieder, leider.

8 Antworten
Kamil vor 14 Jahren 9 4
5
Haltbarkeit
7
Duft
Hochsommer Klassiker
Wer einen raffinierten untypischen Zitrusduft sucht, der erfrischt, belebt und gleichzeitig edel ist, sollte diesen Klassiker unbedingt testen. Ich habe ihn diesen Sommer nach Jahren wieder im Gebrauch und heute bei der fast unerträglichen Hitze habe ich so viele Komplimente bekommen, wie schon laange nicht- es düfte in meinem Büro so edel-frisch.
4 Antworten
Kamil vor 14 Jahren 9 5
9
Duft
Edle Sauberkeit
Ein Chypre aus 1946, unglaublich für mich, denn er hat wenig von der bei einigen agressiev empfundenen Chyprenote der alten Schule. Ein feiner, eleganter Duft, der durchaus im alltag im Sommer tragbar ist. Eine gekonnte Komposition von Aldehyden, weich-grünen Salbainoten, die ein feines cremiges Blumenherz einläuten. Die Basis wird cremig, skinig und weich ohne die Grundbotschaft von einer edlen Frische zu verlieren. Der Minuspunkt könnte nur die Haltbarkeit sein, denn nach einer halben Stunde nehme ich ihn nicht mehr war. ber muss nicht etwas mit der Haltbarkeit zu tun haben, mir geht es oft so mit den Düften, die ich sehr mag- leider.
5 Antworten
Kamil vor 14 Jahren 9 7
10
Haltbarkeit
7
Duft
Warm oder kalt?
Ich finde, der Duft legt sich im ganzen Verlauf nicht fest und das ist das, was ich an ihm vor allem mag. Ein vollblütiger aber sehr eigener Chypre, der mit einer fast scharfen, würzigen Mischung aus bourbon Pfeffer und Kardamum (?) beginnt. Die Mischung hat etwas Pfepferminziges, was immer wieder aufblitzt, jemand sagte mir, ich riche mal nach Vyck Erkältungssalbe (heißt dass ding so??).
Danach kommt sehr zurückhaltend die Rose zwischendurch und alles die ganze zeit mit einer tollen Moosnote unterlegt. Ich kann bei dem Duft die klassisch umrissene Pyramide nicht so erkennen, alle Duftnoten scheinen sich die ganze Zeit verspielt abzuwechseln und je nach dem, wer sich im Moment durchgesetzt hat, empfinde ich den Duft mal warm, mal weht aber ein Hauch von einer angenehmen, edlen Kälte in die Nase. Mich stört dabei eine Patschulienote, die bei mir und für meine Nasse den Moos und Vetiver zu oft verdrängt.
Der ist sehr ergibieg und haltbar, alles in allem ein besonderer Duft.
7 Antworten
Kamil vor 14 Jahren 1
10
Haltbarkeit
6
Duft
Kontrast
Wenn die anfängliche Pferdestall-Note verflogen ist, ein unglaublich schöner, weich-frischer Duft, das lange hält und sogar sehr tragbaar ist. Habe eine Abfüllung von einer Freundin bekommen, die viele Schätze aus Dubai bekommt und die als Raumduft benutzt :).
0 Antworten
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