Klarseherin

... Wir befinden uns in der Gegenwart. Dies sind die Abenteuer der Klarseherin, die täglich Parfum testet, um fremde Welten zu entdecken, unbekannte Duftkompositionen. Die Klarseherin dringt dabei in Galaxien vor, in der erfreulicherweise auch andere Duftverrückte unterwegs sind.
Bracken ist ein Duft, der mich sofort in seinen Bann gezogen hat, irritierend, faszinierend, fesselnd.
Beim Schnüffeln am Sprüher nahm ich zuallererst die Waschmittelnote wahr. Aha, also ein sogenannter Sauberduft. Nun gut, der kann etwas warten, dachte ich mir. Bei meiner Duftsuche heute morgen wollte ich ihn etwas genauer unter die Lupe nehmen und merkte schon beim klitzekleinen Sprüher auf den Handrücken, dass der Duft eine Wundertüte ist. Ganz anders als erwartet. Eine Wäscheassoziation hatte ich aber auch, allerdings von Wäsche, die noch etwas feucht weggeräumt wurde und somit ein bißchen müffelt. Nein, das kann doch nicht sein. Ich versuche es später nach dem Duschen noch einmal. Gesagt getan und weiter mit dem morgendlichen Programm im Bad. Oha, Leder und gar nicht mal wenig, aber nur, wenn ich mit der Nase ganz dicht herangehe. Ansonsten entsteigen meinem Handrücken entzückende Duftwölkchen, die mich tatsächlich auch sehr an Eden erinnern. Eine sehr freundliche blumige Interpretation des Geruchs nach Dschungel. Ich hatte erst einmal die Gelegenheit, den Geruch des Dschungels wahrzunehmen. Für mich roch es süßlich etwas schwülstig, animalisch, pflanzenartig und zumindest so bedrohlich, dass man kein Verlangen spürte, in diesen Dschungel zu gehen. Bei Bracken ist das anders, man fühlt sich willkommen und irgendwie vertraut.
Kurze Unterbrechung in meinem Gedankenkarussell … habe ich eigentlich schon Festiger in mein Haar getan … ich weiß es wirklich nicht … Bracken hält mich gefangen. Egal, nehme ich nochmal Haarfestiger … die Gedanken kreisen, der Duft beschäftigt mich.
Ich steige ins Auto, schnell weg aus dem Eisregen und wieder in meinen freundlichen wohlriechenden Dschungel. Bin ich eigentlich schon vorbei an der stinkenden Biogasanlage? … Ich wollte doch auf Umluft schalten … ach ... schon vorbei. Der Duft fesselt meine Gedanken, ich fühle mich sanft umschlungen von grünen Lianen. Diese treten wie in 3D hervor, getragen von dem blumigen Herzen des Duftes. Unglaublich, welche Bilder dieser Duft bei mir evoziert. Das beeindruckt mich und macht ihn für mich zu einem kleinen Meisterwerk.

Da das Statement doch zu kurz ausfällt für meine Eindrücke, wird das hier ein kurzer Kommentar. Anubis kommt bei mir sofort nach dem Aufsprühen zur Sache: Leder pur! Kopf- und Herznote werden übersprungen. Das Leder empfinde ich nicht so hart wie in Irish Leather, aber auch nicht so weich wie Italian Leather von Memo. Die Sillage ist durchaus als kräftig zu bezeichnen, im weiteren Verlauf aber mit abnehmender Tendenz.. Nach ca. einer Stunde verschafft der Safran sich erstaunlicherweise lautstark Gehör und lässt das Leder in den Hintergrund treten, was ich fast ein wenig schade finde. Nach ca. 1,5 Stunden nehme ich einen äußerst angenehmen, runden und gefälligen, warmen Weihrauch wahr zusammen mit Leder. Opoponax kann ich nicht herausriechen. Dafür ist meine Nase aber auch noch zu ungeübt. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser seinen Beitrag zum jetzigen Schmeichlercharakter von Anubis leistet.
Fazit für mich, sehr schöner Duft mit abwechslungsreicher Entwicklung. Ein Haben-Muss-Reflex stellt sich aber nicht ein. Gottseidank bei dem Preis.

Pierre de Lune ist für mich ein Duft, der Erinnerungen an unterbewusste vergangene Emotionen in sich trägt. Rieche ich diesen Duft auf meiner Haut, werde ich ziemlich energisch in die Vergangenheit katapultiert. Anfangs spüre ich eine deutliche Kühle und Distanz, die dieser Duft ausstrahlt. Ich kann diesen Duft eher selten tragen, weil es eben auch anstrengend ist, so abrupt mit Vergangenem konfrontiert zu werden. Ja, dieser Duft hat etwas Strahlendes, Leuchtendes, Kühles, Distanziertes. Die Kühle und Distanz ist aber nur die äußere Hülle wie die Oberfläche des Mondsteines. Entschließe ich mich, diesen Duft für einen Tag zu wählen, fühle ich mich nach kurzer Zeit wie in einem leuchtenden wärmenden strahlenden eleganten Raum, wundervoll eingehüllt.
Eine ganz wunderbar verwobene Mischung aus Iris, Veilchen und Cassis. Amber kann ich hier nicht herausriechen. Dieser Duft hat wirklich keine Kanten, wohl aber Widersprüche. Nämlich den der Distanz/Kühle und dann doch Wärme. Ich kann mir auch schlecht etwas Strahlendes ohne Wärme vorstellen, selbst nicht beim Mond.
Dieser Duft erinnert mich an etwas, was ich nicht vollends greifen kann, wohl aber erspüren. Ich verbinde ihn mit den Gefühlen, die man empfindet, wenn einem auf dem Weg ins eigene selbstbestimmte Leben die Welt offen steht, man eigene Entscheidungen fällt und die Konsequenzen davon genießen darf. Ein Gefühl von Freiheit, welches sehr wertvoll für mich ist.
Und deshalb bin ich auch sicher, dass er zu gegebener Zeit den Weg in meine Sammlung findet.
Fast hätte ich es vergessen, ich finde diesen Duft nicht unisex, sondern eindeutlich weiblich orientiert.

Habanita hat ein großes Potiential. Das Potiential, das Innere zu offenbaren. Vorsicht also, sie ist eine Verräterin. Wer dies nicht wünscht, sollte sich nicht mit Habanita einlassen. Habanita steht für Frauen mit Leidenschaft, die Leidenschaft, mit der das Leben gelebt wird. Die Leidenschaft, mit dem richtigen Menschen durch dick und dünn zu gehen, immer auf seiner Seite zu sein. Ziele mit ihm zu erreichen auch gegen den größten Widerstand.
Habanita ist die Leidenschaft einer Frau, mit der sie ihre Kinder beschützt und verteidigt.
Habanita ist die Leidenschaft einer Frau, ihre Ziele zu erreichen auch wenn der Einsatz dafür in den Augen anderer zu hoch dafür ist. Eigensinnig, dickköpfig und doch rücksichtsvoll.
Habanita kann von Frauen getragen werden, die wissen, was sie wollen und gerade deswegen elektrisierend weiblich sind.
Was den Duftverlauf betrifft, kann ich mich JOE nur anschließen.

Eigentlich hätte ich diesen Duft nie genauer unter die Lupe genommen. Wäre ich nicht durch eine liebe Userin aufmerksam darauf geworden.
Als der Duft auf den Markt kam, war er für mich ein "Tabu". Es ging mir ähnlich wie es vielen bei Hypnotic Poison oder Poison ging. Zu viele Frauen mit diesem Duft, noch dazu Frauen, die ich nicht als interessant einstufen konnte. Mir kam es so vor, als wäre dies ein Duft für Frauen, die nach Aufmerksamkeit schreien und im Mittelpunkt stehen müssen. Ich glaube immer noch, dass viele diesen Duft nur trugen, weil er so auffällig ist. Sie mochten ihn vielleicht noch nicht einmal besonders.
Heute ca. 25 Jahre später traute ich mich, ihn nochmals unvoreingenommen unter die Lupe zu nehmen. Und ich bereue nicht :-). So ein weicher, warmer, weiblicher Genuss. Bergamotte und Neroli nehme ich nur ca. 5 Minuten war, dann wandelt sich der Duft in diese schöne Weichheit und Weiblichkeit. Sparsamen Dosierung natürlich vorausgesetzt, höchstens 2 Sprüher. Die Haltbarkeit ist enorm. Ich werde diesen Duft jetzt öfter tragen und freue mich über diese Neuentdeckung für mich.
Also, an alle Traumatisierten: Traut euch, es lohnt sich :-)