Klischee

Klischee

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1 - 5 von 16
Klischee vor 9 Jahren 18 7
7.5
Flakon
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Like a Stop in Youth
Wir befinden uns kalendarisch im Herbst, die Zeiten stehen auf Umbruch - überall wird mit "Übergang" geworben, egal ob bei Klamotten, Essen oder Kosmetik. Doch was trägt man dufttechnisch während dieser Spanne? Ich war schon Mitte August ganz hibbelig auf meine Lieblinge der kälteren Tage, darunter Black Orchid, Chanels N°5 Eau Première oder L'Eau de Tarocco von Diptyque. Wenn es draußen klirrend frostig ist und die Gedanken höchstens um den nächsten Glühwein kreisen, dann mache ich bei solchen Hammerdüften auch keinen Unterschied, ob es nun Tag oder Nacht ist. Mein Gammer auf Black Orchid war vor ein paar Tagen so groß, dass ich ihn für einen Lerntag in der Uni aufgesprüht habe - ein großer Fehler. Ich liebe das Steckenpferd aus dem Hause Tom Ford, doch um ihn richtig würdigen zu können müssen die Umstände allesamt bis ins kleinste Detail stimmen. Vielleicht hat mir aber auch nur die unromantische Bibliothek der Kulturwissenschaften einen Strich durch die olfaktorische Rechnung gemacht, denn unser erstes Date für dieses Jahr war dann doch eher ernüchternd. Zu was greift man als Parfumliebhaberin also dann, wenn sich weder das Wetter, noch das eigene Gemüt richtig entscheiden kann?

Ichnusa! Das italienische Traditionshaus Profumum Roma, das von Celestino Durante und seiner Frau Luisa gegründet wurde, habe ich schon lange auf dem Schirm. Es muss vor circa drei Jahren gewesen sein, da landete eine Probe Battito D'Ali in meinen Händen. Mit herzigen Labelhintergründen kriegt man mich ja immer und als mir eine liebe und sehr kompetente Verkäuferin in einer wahnsinnig hübschen Parfümerie verriet, dass bei Profumum Roma hinter jedem Parfum eine kleine Geschichte steckt, war es um mich geschehen. Schon als Kind habe ich es unheimlich geliebt, wenn mir meine Eltern abends vorm Schlafengehen noch etwas vorlasen, das war ein richtiges Ritual bei uns. Und noch heute verbinde ich mit so vielen Düften Erinnerungen, Erlebnisse und Reisen, so dass mich dieser Firmenansatz einfach wahnsinnig in den Fingern gekitzelt hat! Meine erste Fullsize-Flasche aus Rom trägt den Namen Ichnusa. Ichnusa nennen die sardischen Bewohner ihre Insel (und ein gleichnamiges Bier gibt es dort wohl auch) und gleich war da wieder die Story in meinem Kopf. Auf Sardinien verbrachte ich mit 15 und 16 Jahren jeweils drei Wochen Sommerurlaub mit meiner besten Freundin, bis heute geht es mir beim Gedanken an diese Zeit einfach herrlich gut und automatisch huscht mir ein breites Grinsen über die Lippen. Doch wie duftet dieses mediterrane Stückchen Erde? Sardinien ist meine absolute Lieblingsinsel im Mittelmeer, ich habe mich gleich am ersten Tag unsterblich in das kristallklare und helltürkise Wasser verknallt. Die kargen Berghänge stehen voll mit trockenen Lorbeerbüschen und riesigen Kakteen, über allem hängt der salzige Geruch des Meeres. Es riecht nach vollreifen Tomaten, Sonnenmilch auf gebräunter Haut, gegrillten Sardinen und Fior di Latte-Eiscreme. Sardinien ist ein Paradies für die Sinne und in all seinen Facetten so überaus natürlich, dass ich mich gerade frage, wieso ich eigentlich nicht einfach dort geblieben bin? Dort ticken die Uhren noch anders, die Menschen bauen Gemüse selbst an und melken die eigenen Schafe, aus deren Milch später überaus köstlicher Pecorino entsteht. Beim Betreten dieser Insel kam es mir so vor, als hätte ich das alles schon einmal erlebt. Wunderbar vertraut und wie ganz selbstverständlich und noch heute spüre ich den lauen Sommernachtswind auf meinem Gesicht, als wir aus dem Flugzeug traten und uns in unserer enthusiastischen Jugend bei der langersehnten Ankunft so ehrlich umarmten, dass mir ein warmer Freudenschauer über den Rücken läuft. Ich rieche die würzigen Olivenhaine, die sich kilometerlang an Landstraßen erstrecken und spüre die sanfte Nachmittagssonne auf meinen Wangen. Ichnusa imitiert dieses Gefühl nahezu perfekt. Essenzen aus Feige, Myrthe, Kräutern und einer Spur Erdbeere vermischen sich zu einer abenteuerlichen Symbiose, die klarer kaum riechen könnte. Es ist der Strand, es ist die Luft, der Sand und die brechenden Wellen.
Mein sechzehnjähriges Ich und die auf dem Markt erworbenen Lederespadrilles. Haufenweise frisches Basilikum mit einem kleinen Stich Weißweinsäure und dabei schaukelt das Feigenblatt alle Komponenten immer wieder auf der balanceverliebten Waage in Richtung Mitte. Ich würde am liebsten in Ichnusa baden und wünsche mir, dieses Parfum hätte mich damals auf meiner Reise begleitet. Denn es war eine meiner schönsten, nur den passenden Duft, den hatte ich in Deutschland stehen lassen. Wer sich nach erfrischender Herzlichkeit, warmen Holzakkorden und kräuterigen Ausschweifungen sehnt, dem lege ich dieses erinnerungsstarke Fläschen ans Herz.
Der puristische Glasflakon passt hervorragend zur ideellen Stimmung im Inneren, die der eigenen Gedankenwelt so viel Raum zur Interpretation und Füllung lässt. Ein Parfum wie ein Urlaub - leicht und agil aber dabei so herzergreifend, dass es den Träger niemals mehr loslassen wird.
7 Antworten
Klischee vor 9 Jahren 16 6
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Stiller Erfrischer
Le Jardin de Monsieur Li ist das Ergebnis einer intensiven Chinareise Ellenas, die ihm die olfaktorischen Geheimnisse dieses berauschenden Landes gelehrt hat. Ein Garten zwischen Realität und Fantasie, ein Ort der Meditation und des Nachdenkens. Ähnlich verhält es sich mit dem Parfum selbst - denn Le Jardin de Monsieur Li ist ein wenig extravaganter, als die gewohnten Bouquets. Die Zusammensetzung scheint recht simpel und ist bei genauerem Riechen doch der eigentliche Knackpunkt. Bittere Kumquat und süßlicher Jasmin halten sich die Waage, Spritzigkeit liefert ein Hauch Minze, der an die kühlende Nässe nach einem Monsun erinnern soll. Meine Nase war ob der wenigen Inhaltsstoffe anfänglich etwas unterfordert. Man versucht hier vergeblich, eine Duftpyramide bestehend aus Kopf-, Herz- und Basisnote ausfindig zu machen, was aber eigentlich europäische Tradition ist. Ein subtiler zitrischer Schleier legt sich um den Träger (der meiner Meinung nach auch ohne Problem männlicher Natur sein kann) und umgibt ihn mit einer verwirrenden Aura. Das Umfeld wird nicht unweigerlich an Parfum denken, wenn ihm die bitteren Kumquat-Noten in die Nase steigen, doch auffällig ist diese Kreation allemal. Erfrischend wie ein Sommerregen, unaufgeregt wie ein weißes Leinenkleid und immer passend wie ein gestreiftes Bretagneshirt. Eine androgyne Hommage an die sommerliche Leichtigkeit, gemacht für Minimalisten und Liebhaber einer dezenten Sillage.
6 Antworten
Klischee vor 9 Jahren 15 3
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Sommerlicher Küstenchic
Ich liege am Strand, Stunde um Stunde zieht unbemerkt an mir vorbei, ich bin völlig zufrieden mit dem, was mir das Meer von Natur aus gibt. Sanftes Wellenbrechen, eine aquatische Brise, Salz auf der Haut, das bei jeder Bewegung leicht kitzelt, der Wind im gelockten Haar. Offline und befreit von jeglichen Alltagspflichten genieße ich das Leben, die Ruhe in mir selbst und könnte glücklicher nicht sein. Ab und an steigt mir der Duft meiner Lieblingssonnencreme leicht in die Nase, wenn ich mich beim Lesen vom Rücken auf den Bauch drehe - oder umgekehrt. Ein Leben in Slowmotion und im Sinnesreich doch so viel intensiver, als es die hektische Arbeitswelt jemals sein könnte.

Genau so riecht Tom Fords Mandarino Di Amalfi für mich. In der exklusiven Private Blend-Serie erschienen, schreit alleine der hellblaue Glasflakon schon Luxusurlaub at its best. Ich liebe es, das kleine Designobjekt gegen das Sonnenlicht zu halten und dem fantastischen Lichtspiel zuzuschauen, das sich daraus ergibt. Es erinnert mich an kalabrische Lagunen und die Weiten der Ozeane und lässt mich immer wieder sentimental vom Meer träumen. Dabei ist Mandarino Di Amalfi keineswegs einer dieser typischen Sommerdüfte, die man zuhauf in den Regalen großer Parfümerien antrifft. Tom Ford wollte mit dem Parfum das Flair weißgewaschener Villen an der chicen Amalfi-Küste einfangen, ihre Reinheit in eine olfaktorische Botschaft transformieren und sie mit der Spritzigkeit reifer Zitrusfrüchte aufleben lassen. Was ihm auch gelungen ist - die Citrusnoten in der Kopfnote sind deutlich wahrnehmbar, nicht stechend aber eben sehr vitalisierend. Was für mich den besonderen Reiz dieses kostbaren Duftes ausmacht, sind Herz- und Basisnote aus Thymian, Minze und Wildblumen. Eine eher ungewöhnliche Kombination, die aber so herrlich mit den einzelnen Akkorden harmoniert, dass es eine Wohltat für die Sinne ist. Mandarino Di Amalfi ist ein Sauberduft, aber keiner dieser Weichspüler-Sorte. Er riecht nach erfüllten Träumen, Freiheit, unendlich viel Wind in den Segeln und purer Lebenslust. Zitrusdüfte haben oft etwas von einfachen Colognes, dieser hier ist viel komplexer und auch die Sillage kann mit der eines schwereren Parfums durchaus mithalten. Wer auf der Suche nach dem ultimativen italienschen Lebensgefühl ist und dringend eine Brise La Dolce Vita zum Aufsprühen braucht - hier wird man fündig!
3 Antworten
Klischee vor 9 Jahren 17 3
7.5
Flakon
7.5
Sillage
5
Haltbarkeit
8
Duft
Verliebt in Clémence
Obwohl ich in olfaktorischer Hinsicht eigentlich ein Nischenliebhaber bin, kann mich in manchen Fällen doch auch zum Glück noch ein besser bekannter Duft aus den Latschen hauen. Zuletzt so geschehen bei Chloés Neulancierung Love Story. Ich liebe den Klassiker des Hauses und kenne nur wenige Damen, die nicht auf das pudrige Wässerchen stehen. Als ich die wunderschöne Werbung mit einer herrlich authentischen Clémence Poesy zum ersten Mal sah, wusste ich: das wird eine Lovestory. Wie sie so leicht und französisch an der Seine flaniert, mit diesem romantischen Flakon in der Hand, hach..! Florale Essenzen aus Orangenblüten und Neroli gepaart mit sanftem Zedernholz, das klingt im ersten Augenblick nicht gerade wie die bahnbrechendste Komposition. Und ich schätze, das will Love Story auch gar nicht sein. Es ist ein unheimlich klarer Duft, sanft und mädchenhaft, sehr rein und edel. Trete ich in den letzten Tagen aus der Dusche, schießt mir sofort durch den Kopf: heute werde ich Love Story tragen! Das Parfum ist so herrlich unkompliziert und frisch, genau das richtige Maß an Duft, das man tagsüber gerne tragen möchte und auch abends beim Tanzen noch aufregend findet. Ich würde wirklich allzu gerne wissen, woher meine Liaison mit diesem Flakon rührt, ob es wohl die schöne Clémence war? Oder das fast kitschige Setting des perfekten Werbespots? Ich weiß es nicht, aber eines ist klar: bei meinem nächsten Date will ich genau so duften! Nach zarten, frisch aufgeblühten Blumen, die sich subtil ins Näschen setzen und dort die ganze Zeit über ein wohliges Lächeln hervorrufen. Ein Parfum, wie gemacht zum Verlieben und vielleicht der Anfang einer ganz großen Love Story?
3 Antworten
Klischee vor 9 Jahren 10 6
Skandinavische Sommerkühle
„Solaris wurde von der Mitternachtssonne inspiriert, die während des Sommers im Norden niemals untergeht. Frisch, warm und mit sphärischer Rundheit im Übergang der Noten ist dieser Duft magisch wie die niemals endenden Sonnenuntergänge." Aus Liebe zum Duft hat die wohl schönsten Worte für dieses eigenartige, aber herrliche Parfum gefunden. In der Kopfnote bestechen spritzige Akkorde aus Petitgrain, Pink Grapefruit, Zitrone, Mandarine, Schwarzer Johannisbeere und Pfeffer, die einen unglaublich vitalen Auftakt vollbringen. Ich fühle mich belebt, optimistisch und will mich eigentlich nur noch ins Auto setzen und in Richtung Norden fahren, um dort eines dieser wunderbaren Sonnenspiele zu bestaunen. Die Herznote kommt ein wenig sanfter, beinahe balsamartig daher. Pfirsich, Ingwer und Galbanum strahlen einen wohligen Sanftmut aus, der mich träumen lässt und meine Gedanken innerlich beruhigt. Die Basisnote ist kontrastreich und holzig, Patchouli, Ambra, Tonkabohne und Benzoeharz lassen den Duft ausklingen und machen ihn fast herb, aber auf eine sehr angenehme Art und Weise. Was ich jedoch am meisten an Solaris schätze, ist die Kopfnote. Diese fröhliche Stimmung, die mich voller Tatendrang aufspringen lässt und tatsächlich nach Urlaub riecht - das ist das, was wahre Parfumkunst für mich ausmacht. Erinnerungen in komplexen Kreationen einfangen zu können, die beim Träger immer und immer wieder eine emotionale Bilderflut auslösen. Solaris ist für mich die Inkarnation des schwedischen Middsommars, genauso stelle ich mir die skandinavische Leichtigkeit um die Sonnenwende herum vor. Und eines habe ich mir geschworen: bei meinem nächsten Schweden-Besuch, wird dieser Duft mein Begleiter sein. Dann verbinde ich noch viel mehr mit diesem wunderbaren Label und fühle mich wie eine der nordischen Schönheiten! Ich werde in meinem weißen, knielangen Leinenkleid mit einem üppigen Blumenkranz auf dem Kopf umher tanzen und literweise Lingon-Saft mit Kanelbullar verdrücken, bevor ich mich spät nachts in mein weiches Moosbett in einer der unzähligen märchenhaften Schärengärten bette. Genauso riecht Solaris. Nach skandinavischer Lebenskunst voller Unbeschwertheit mit einer Prise Kindheit. Frisch und wohlig, wie die Wolldecke, die uns nach einem ausgiebigen See-Schwimmchen bei Regen einhüllt und so vertraut riecht. Der Duft besteht nicht aus Essenzen, die sich künstlich auf den Träger legen. Es sind Moleküle, die die individuellen Erinnerungen auslösen und das Empfinden auf das Positivste beeinflussen.
6 Antworten
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