Klopfnote

In Flames war ein spontaner Blindkauf an einem Tag mit viel zu viel Zeit in der Drogerie. Ich kannte Olympea nicht - das offensichtliche Vorbild dieses Duftes. Ich nahm ihn mit, weil er nach Urlaub und Sommer, Sonnenstrahlen riecht und ich mich damit sofort unglaublich sexy fühlte ;)
Aus meiner Sicht ist es einer der besten Düfte von La Rive. Er riecht überhaupt nicht billig und ist gut haltbar - keineswegs schlechter als das Original. Ich finde, für einen fruchtig-aquatischen Sommerduft sind 6-8 Stunden eine echt gute Zeit, in der In Flames auch noch klar wahrnehmbar ist.
Er startet angenehm zitrus-fruchtig und schon ein wenig warm-gourmandig - der Meersalz-Touch ist von Anfang an dabei. Dabei bleibt er immer auch elegant und frisch. Im Gegensatz zum Original ist In Flames dazu viel harmonischer und ein wenig süßer.
Am Wichtigsten: Es fehlt auch ganz die beißend-schweißige Note, die einen bei Olympea die erste halbe Stunde umgibt. Dazu empfinde ich Paco Rabannes Version als sehr kantig und unausgegoren, gar maskulin - wenn auch ungewöhnlich und neuartig. Für diesen Störeffekt dürfte beim Original die „Grüne Mandarine“ verantwortlich sein, was auch immer das sein soll. In Flames bügelt diesen Geburtsfehler mit einer sanften, saftigen Orange aus, ist damit, auch durch die präsenteren Blumen, femininer und viel alltagstauglicher.

Wie das alles sein kann? Es ist mir ein Rätsel, zumal bei dem Preisunterschied. Ich habe mir Olympea vor einigen Wochen gekauft, da ein Galeria Räumungsverkauf machte. Da dachte ich, was im Dupe schon so gut ist, muss im Original umwerfend sein… denkste! Ich bleibe bei La Rive. Olympea werde ich wohl verkaufen. Sorry, Paco! ExzentrikerInnen werden mit seiner Version sicher weiterhin glücklich werden.

Heute ausprobiert, es ist HP täuschend ähnlich. Die Fülle des Duftes, die Wärme, die Süße, die Tiefe der Vanille, die subtile Erotik - alles da. Auch das Verhältnis von Mandel, Vanille und Hölzern stimmt! Sogar die Reihenfolge der Pyramide haut aus meiner Sicht hin. Dazu rieche ich nichts Künstliches (und das ist echt schwer bei diesem Gourmand, der bei anderen Dupes schnell in HubbaBubba Gebiet abdriftet), auch nichts Stechendes, der Duft ist harmonisch und rund und duftet tatsächlich hochwertig. Natürlich ist er nicht genau so haltbar wie HP und mit kleinerer Sillage. Einen Tod muss man wohl sterben bei dem Preis…
Für mich ist es der beste HP Dupe, den ich bisher probiert habe.

Man soll Düfte nicht kaufen, ohne sie getestet zu haben. Das habe ich mit Wish gelernt.

Die behaupteten Duftnoten gefielen mir so gut, die Rezensionen machten mir als Gourmand-Liebhaberin große Lust auf den Duft! Der Duft musste doch einfach toll sein! Da meine Mutter gerade auf Helgoland war und fragte, was sie mitbringen solle, sagte ich also begeistert: Wish!

Dann die Ernüchterung. Ja, er duftet schon gut… er duftet auch so, wie angegeben. Aber trotzdem trage ich ihn überhaupt nicht. Anscheinend habe ich mir etwas anderes ganz anderes vorgestellt.
Warum passt er nicht zu mir, warum nervt er mich nach wenigen Minuten, wenn in meinem Schrank doch fast nur Kuschelgourmands stehen?

Die Antwort ist wohl: er ist zu eindeutig 90er. Ich fühle mich zwanzig Jahre älter, wenn ich ihn trage, und irgendwie aus der Zeit gefallen. Wie Dauerwellen und CD-Rom. Irgendwie ist er nicht so gut gealtert wie andere Altersgenossen.

Dabei ist er eigentlich ein Vorreiter. Die Liste der Duftnoten könnte so auch in einer Erscheinung aus 2017 stammen. Die wirklich erfolgreichen Neuerscheinungen der letzten Jahre hatten ja alle irgendwie eine karamellige oder Vanillenote, flankiert von ein paar Beeren und Früchten und allerlei Blumen. Trotzdem riecht Wish ganz anders. Johannisbeere ist eben nicht gleich Johannisbeere und Vanille nicht gleich Vanille.

Vielleicht fällt Wish genau deshalb so als deutlich älter auf, weil er in die selbe Richtung will, aber es ganz anders macht. Weil er harmonischer ist, schwerer und weniger frisch, während die neuen Gourmands oft kontrastreicher sind, oft viel süßer, aber gleichzeitig leichter, fruchtiger, frischer, frecher, sexier.
Sexy und frech ist Wish nicht. Wish ist lieb, angepasst, trägt einen Kuschelschal überm mütterlich-vollen Dekolletee und meint es gut und ernst mit dir. Eigentlich ein sehr weiblicher, sehr sympathischer Duft. An einer anderen Frau würde ich ihn sicher sehr mögen. Nur ich muss wohl noch reinwachsen.

Ich bin ein ausgesprochener Gourmand-Fan. Mit Blumen, Aquaten und Zitrusnoten habe ich es einfach nicht so. In LPRN hatte ich mich daher vor einigen Jahren spontan verliebt: Kirsche, alles voller Kirsche! Frisch gebacken und warm, wie wenn man morgens früh die erste Kirschtasche beim Bäcker abstaubt. Aber elegant, feminin, ein bisschen sexy und nicht künstlich - das findet man nun wirklich selten! Kirsche ist schließlich kompliziert, schnell ist man da auf Haribo Happy Cherry Gebiet, was wohl der Grund ist, warum es (meines Wissens nach) noch keinen günstigen Dupe zu LPRN gibt. Und warum dies der einzige Kirschduft ist, den ich mag. Ja, toll ist der Duft zweifelsohne. Doch da gibt es ein fettes Aber…

Als ich LPRN dann prompt zu Weihnachten geschenkt bekam, lehrte er mich schnell Respekt. Es ist mein erster Guerlain (an anderen Frauen habe ich die oft zu gut gemeinten Guerlain‘schen Sillagen allerdings bereits leidvoll erfahren dürfen). Was soll ich sagen - die Dosierung habe ich auch nach Jahren immer noch nicht raus! Jedes Mal gönne ich mir auch nur einen einzigen Stoß - und jedes Mal werde ich auch Stunden danach noch von den Menschen, mit denen ich dann Zeit verbringe, darauf angesprochen, warum ich denn so „dick aufgetragen“ hätte mit diesem „krassen Parfum“. Ja LPRN, das ist echter Parfumbombast, und das passt eigentlich überhaupt nicht zu mir. Düfte halten an mir generell nicht lange und das finde ich auch ok. Ich möchte höchstens bei einer Umarmung erschnüffelt werden - nicht über den ganzen Saal. Bottom line: Die Sillage ist einfach zu massiv, um irgendwie alltagstauglich zu sein. Und gerade bei einer Duftnote wie der Kirsche, die bestimmt noch mehr die Gemüter spaltet als Rose und Jasmin, sollte es die Möglichkeit geben, dezent zu dosieren. Wenn es die nicht gibt, kann man sich geradezu unbeliebt machen.

Seitdem bin ich sehr vorsichtig geworden mit diesem Duft - und dann kam Corona, und Nachwuchs. Und ich hatte nicht viel Gelegenheit, ihn zu tragen. Nun verstaubt er im Schrank.

Dieses Silvester überkam mich dann die Gourmand-Lust und ich wagte einen Stoß für die kommende Party - passend zum dunklen Lippenstift. Schließlich war ich ja jetzt auch ein paar Jahre älter, vielleicht geht es jetzt besser, dachte ich mir. Die Strafe folgte auf dem Fuß, als eine Freundin mir ihr Baby nicht auf den Arm geben wollte, weil „die Kleine von deinem starken Parfum vermutlich weinen wird“….

Tja, schade! Da kann ein Duft noch so edel, noch so lecker sein - wenn er einen zum sozialen Außenseiter macht, sofern man ihn nicht vor dem Duschen aufträgt, dann braucht man ihn de facto nicht! All dies schreibe ich, um meine Trauer um den verstaubenden Duft zu verarbeiten - aber auch als Warnung für andere. Solltet ihr LPRN zu kaufen planen oder ihn gar schon besitzen: gaaaanz vorsichtig sein! Sonst droht Kirschbombenalarm.

Die 90er: Post Kaltem Krieg und prä Terror und Wirtschaftskrise ging es uns echt gut. Die Welt zeigte sich satt und sorgenfrei wie nie zuvor und nie wieder danach. Eine einmalige, kindlich naive Zeit, in der die Loveparade, der Neoliberalismus und die Esoterik zur Popkultur werden konnten. Während Madonna für ihr Kabbala warb, füllten sich die Läden mit Yogitee und Duftkerzen (Aromatherapie!), die Zeitschriften mit Horoskopen und die Wände der Wohnzimmer mit pausbäckigen goldenen Zinnsonnen und -Monden.
Genau aus dieser Zeit stammt SMS, wie man am Flakon erkennt, der ganz klar dem Trend dieser Zeit entspringt. Und er riecht auch genau wie die Frauen dieser Zeit, mit ihrer königsblauen Mascara und erdfarbenem Lippenstift, optimistisch, voller Reiselust und immer auf Sinnsuche. Ein duftgewordenes Loveparade-Motto.
Er dufter sehr süß und exotisch (auch im Sinne von fremdartig) durch die Ananas, aber auch schwer und bedeutungsschwanger durch seine bombastische Blumenkombination, die in ihrer honigsüßen Opulenz ebenfalls typisch für die 90er ist und die ich auch in Lancômes Poême und teilweise in Otto Kerns Ypno heraus rieche. Eine deutliche Orangenblüte bringt einen klar mediterranen Einschlag ein.

Eigentlich ein toller Duft. Eigentlich. Hätte er nicht einige handwerkliche Mängel (ich bin mir nicht sicher, ob es die reformulierte Version ist): dir Ananas ist nicht frisch oder saftig sondern sehr synthetisch, sie riecht original wie das Aromat, das wir damals im Chemieunterricht aus Buttersäure und Ethanol zusammengeestert haben. Schwer zu ertragen und gewöhnungsbedürftig. Und leider dominiert diese Ananas den Duft bei mir durchgehend, die Blumen sind nur Unterfütterung. Das Ende kommt schon nach 2 Stunden, obwohl der Duft in der ersten Stunde so intensiv ist, dass schon ein Spritzer kaum auszuhalten ist. Es ist also entweder zuviel oder zu wenig. Schlecht ausbalanciert und somit überhaupt nicht alltagstauglich meiner Ansicht nach.
So ist der Duft auch als ungeliebter Wandertaler über viele andere Besitzerinnen an mich weitergereicht worden mit den Worten: "Wenn du ihn auch nicht gebrauchen kannst, vielleicht fällt dir jemand ein, zu dem er passt." Ich finde ihn nicht mal so schlecht, aber mein Freund musste leider geradezu würgen, als er ihn an mir roch. Zu mir passt er nicht und mir fällt auch niemand ein, der ihn tragen würde. Dieser Typ Frau aus den 90er Jahren, für die er gemacht wurde, den gibt es heute einfach nicht mehr. Und so wirkt er leider ziemlich aus der Zeit gefallen.

Werde ihn wohl verkaufen. Ein bisschen schade ist es trotzdem. Ich schnüffle an meinem Handgelenk und erinnere mich an die sorglosen 90er. Dazu lasse ich Mick Hucknall zu "Fairground" seine Locken schwingen.