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vor 5 Jahren - 11.08.2019
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Ein junger Schneider und seine drei Düfte

Wer mich kennt, weiß um mein Faible für klassische Herrenkleidung; neben Parfums und undergroundigem Heavy Metal meine dritte große Leidenschaft. Ein in diesem Zusammenhang etwas eigenartiger Umstand ist, dass ich bislang keinen einzigen Anzug besitze - sieht man einmal von meinem uralten Abiball-Anzug ab, einem polyesterglänzenden Meisterstück von Angelo Litrico (*hust*). Da ich in keinem klassischen Anzugberuf arbeite, besteht meine Garderobe bislang ausschließlich aus Kombinationen, sprich: Jacketts, die mit kontrastierenden Hosen getragen werden. Dabei mag ich Anzüge (d.h.: Jackett, Hose und evtl. Weste werden aus dem exakt gleichen Stoff gefertigt) und möchte diese erhebliche Lücke in meinem Kleiderschrank gerne schließen. Von der Stange bzw. Vintage ist dies nur leider schlecht zu bewerkstelligen: Ich spiele für's Team Oberschenkel, weshalb meine Hosen stets ca. eine Nummer größer ausfallen müssen als das Sakko. Herkömmliche Konfektion kommt somit kaum in Frage; es muss also mindestens Maßkonfektion sein.

Bei meinem letzten Besuch in Berlin vor wenigen Tagen habe ich zu diesem Zweck das Atelier des blutjungen Schneiders bzw. Maßkonfektionärs Maximilian Mogg besucht. Dieser war mir schon vor Längerem über seine Homepage, diverse lobende Erwähnungen in der internationalen Fachpresse und vor allem sein Instagram-Profil aufgefallen: Auf der einen Seite extrem englische, klassische Schnitte, zugleich jedoch versehen mit einem Schuss "70's Drama", was die Anzüge und Hemden bei aller Formalität unbestimmbar sexy wirken lässt. Kein Wunder, hat Herr Mogg doch u.a. bei der Maßschneiderlegende Edward Sexton gearbeitet, der in grauer Vorzeit bereits die Beatles und die Stones eingekleidet hat...

Man unterhält sich gut, trinkt Kaffee, fachsimpelt, erörtert die Stoffauswahl für einen möglichen künftigen Auftrag - da fällt mein Blick auf drei kleine 10ml-Flakons, die unscheinbar auf einem Beistelltischchen stehen. Stimmt, vor einigen Wochen wurde da etwas angekündigt... Es stellt sich heraus, dass diese drei Düfte in Zusammenarbeit mit Urban Scents (die ihr Hauptquartier praktischerweise schräg gegenüber auf der Bleibtreustraße bezogen haben) entwickelt wurden und demnächst lanciert werden sollen. Natürlich hat mich brennend interessiert, was für eine Duftsignatur sich ein junger, aufstrebender Schneider mit einem derart distinguierten Hausstil komponieren lassen würde. Ich wurde herzlich zu einem Test der drei Noch-Unikate eingeladen. Leider stützen sich meine Dufteindrücke allein auf die Erinnerung, aber interessant (im Parfumo-Sprech "beachtenswert") war das Gebotene allemal:

Duft # 1 hört auf den Namen "Berlin Lavender": Eine aufgebohrte Version von Caron pour un Homme (Yes, please!). Lavendel auf einer stärker gesüßten, moderneren Vanillebasis. Trotz des Breitwandformates durchaus ausgewogen und edel. Man merkt, dass Urban Scents bei der Auswahl der Riechstoffe nicht ins Billigregal greifen. Herr Mogg kannte den entsprechenden Duft von Caron nicht - Ich hoffe also, dass ihn mein Vergleich nicht irritiert hat: Diese Variante roch nämlich verdammt gut!

Duft #2 ("Smexy Vetiver"): Ein gottlob dezent eingebundener Vetiverduft, mit diversen anderen Hölzern recht "angezogen" abgemischt und nach dem voluminösen Lavendelduft vielleicht einfach nur zu leise. Den muss ich wohl nochmal im Einzeltest verriechen.

Duft #3 ("Gentle Grey"): Laut Herrn Mogg der erklärte Liebling von Freunden, Mitarbeitern und Kunden. Zudem soll er von "Grey Flannel" inspiriert sein. Nun, "inspiriert" höchstens im Sinne des Themas "Flanell", denn der Duft hat objektiv wenig mit Geoffrey Beenes Klassiker am Hut. Der mit Abstand speziellste der drei Düfte ist er aber allemal (und insofern doch verwandt mit dem idiosynkratischen Grey Flannel): Ich hatte meine Nase noch lange nach Verlassen des Ladenlokals an der entsprechenden Hautpartie und konnte nicht ganz eindeutig bestimmen, was ich da rieche. Irgendwie "stoffig", wie Baumwolle (4711 hat zur Zeit ein Acqua mit Baumwoll-Note im Portfolio), verbunden mit etwas Ätherischem, fast Oudigem. Liest sich auf dem virtuellen Papier schräg-modern, roch aber ganz und gar klassisch, bei aller Präsenz sehr reserviert und zugleich interessant. Mit dem Lavendelduft sicherlich mein Favorit und womöglich derjenige, den ich mir als erstes kaufen würde.

Ich weiß nicht, wann genau und unter welchem Label die Düfte erscheinen werden ("Maximilian Mogg"? "Urban Scents"? "Maximilian Mogg by Urban Scents"?), aber ich weiß, dass ich Herrn Mogg für seine kleine Hausserie viel Erfolg wünsche. Der Anzug wird übrigens aller Voraussicht nach im Frühjahr in Auftrag gegeben. ;)

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