Laurabla

That Girl, das morgens um 5.30 Uhr aufsteht, um vor der Arbeit noch ins Gym zu gehen. That Girl, das keine Poren hat, weil es die perfekte Hautroutine studiert hat. That Girl, das täglich mindestens 2,5 Liter Wasser trinkt und abends vor der Yogamatte noch mit dem perfekt gebrühten, genau richtig gezogenen Tee ihre Mental-Health-Meditation macht, bevor sie ohne Smartphone um 21:00 Uhr ins mit weissen Laken frisch bezogene Bett geht.

That Girl hat alles im Griff. Ihr Aussehen ist immer makellos. Sie hat immer die beste Lösung für jede Herausforderung. Sie steht immer aufrecht und ihre Nägel sind immer perfekt gepflegt und lackiert. Sie sagt nie das Falsche und macht keine Fehler. Und sie duftet Per Sē ganz gut.

Ich weiss, niemand ist unfehlbar. Auch That Girl nicht. Aber damit ich diesen Duft mögen kann, muss ich die Person die ihn trägt mit all ihren Ecken und Kanten wirklich lieben.

Die Eröffnung ist ein typisch pudrig-sauber Duft, wie man ihn bei vielen Seinesgleichen kennt. Synthetische Iris-Frische. Häufig lese ich unter solchen Düften Assoziationen wie: frisch gewaschen, weisse Wäsche, sauber, Seife.

Und das bleibt dann so.

Keine grosse Entwicklung.
Keine Überraschungen.
Keine interessanten Wendungen.

Ein weisses Bettlacken ohne Flecken.
Eine Leinwand ohne Farben.
Ein leeres Blatt Papier.

Per Sē ist das Alibi, das du brauchst, wenn du dir einen Fauxpas geleistet hast. Um besonders harmlos und unschuldig zu wirken trägst du ihn....
...an der Geburtstagsparty, bei der du mit dem Freund der Cousine der besten Freundin geschlafen hast.
...am Tag nach der Firmenfeier weil du während deinem Table-Dance vor allen in den Weinkühler gekotzt hast.
...am Familientreff, bei dem man nicht über Gefühle, dafür aber über deinen neuen Job (ja, genau der mit der Firmenfeier) spricht.

Er kaschiert alles. Per Sē versteckt alles unter diesem weissen Bettlaken.

Per Sē geht für mich nur, wenn eine fehlbare Figur wie ein Mami (mein Mami) oder die beste Freundin (meine beste Freundin) ihn trägt. Wenn ich weiss, dass die tragende Person scharfe Ecken und Kanten hat, an denen ich mich stosse. Dann könnte ich ihn mögen. Denn dann ist dieser Duft für mich eine ironische Widmung an Unfehlbarkeit.

Wenn das himmlische Himmelreich, das Nirvana, Garten Eden, die unendliche Glückseligkeit einen Duft hätte. Dann wäre es dieser.

Ich sitze im Himmel am nirvanösen Tisch mit HerrundFrau Götters. Vor uns steht eine Table reich getischt mit Dessert.

Ich erspähe eine riesige Früchteschale, getoppt und gespränkelt mit Seesam. Daneben steht die frisch flambierte Crème-Brûlée. Dann läuft mir das Wasser im Mund zusammen: Safran-Reis-Pudding!

Ein ausserordentlich wichtiger Engel mit überaus elegantem Gang serviert teuren Rum. Auf dem Goldtablett daneben liegen frische Zigarren.

Begleitet wird die Szenerie mit warmer honig-ambrierter Hintergrundmusik.

Deliziös!

Könnte man es essen: ich würds essen.
Könnte man es trinken: ich würds trinken.

Könnte man mit Ambre ausgehen....
rate mal...

Bald wirst du mein sein.
Amen.

Die Rezensionen hier liessen die Tiefe von Megamare nur erahnen. Aus reiner Neugier habe ich mir einen Abfüller bestellt. Ich wollte wissen, wie ein Duft, der so viele männliche Träger begeistert, auf mir riechen würde.

Ich fühle mich gerade selbst etwas wie das tosende Meer. Die Gedanken unberechenbar und stürmisch. Der Zeitpunkt für Megamare könnte somit nicht passender sein.

Der erste Sprühstoss ist ganz süss, fast schon unschuldig und gerade als ich dieser naiven Unschuld nachgehen wollte, erfüllt Megamare den Raum und erzählt mir die Geschichte einer dunklen Sirene, die unheilvoll um zerklüftete Klippen streift.

Ein bisschen wie Arielle. Aber böse.

Die Sirene ist so kalt und scharf wie die Felsformationen der Klippe selbst. Sie ist wild, ungestüm, und erbarmungslos. Und sie ist hungrig.

Seetang klebt am salzverkrusteten Holz eines Schiffes, das gerade von den kalten Wellen zwischen den Felsen verschlungen wird. Das Wasser schlägt brutal gegen die Reling, während der rostige Rumpf des Schiffs knirschend zerbricht und Stück für Stück auseinanderfällt. Die Sirene wartet geduldig und verschlingt gnadenlos all das, was den stürmischen Fluten ohnehin nicht entkommen kann.

Erst nach endlosen Stunden beginnen sich die Wogen langsam zu glätten, es wird ruhiger und die Sirene zieht sich zurück in die kalten, dunklen Tiefen des Meeres, wo sie im dichten Seetang etwas zur Ruhe kommt – bis der nächste Sturm sie erneut ruft.

Holz. Rost. Salzstein. Seetang.
H/S super crazy. Ich muss den Abfüller fern von all anderen Parfüms lagern weil Megamare sonst gnadenlos übernimmt.

Ein sehr mächtiges Parfüm, das verlockt und neugierig macht. Ich liebe es.

Es ist ein heisser Tag in einem Dorf in Kolumbien. Es hat seit Wochen nicht geregnet. Die Luft staubtrocken. Die Mittagssonne strapaziert die durstigen Bäume und Sträucher. Die Ventilatoren sind müde, die Siesta vorüber. Ältere sitzen bei ihren Haustüreingängen auf Klappstühlen.

Mit dem Abkühlen der Luft trauen sich auch die anderen Bewohner und Bewohnerinnen auf die Dorfstrasse. Eine Abuela ruft das Dorf zum Zusammensein. Es wird gelacht, gegessen, getrunken und getanzt.

Ich tanze mit. Bin Barfuss. Mein helles Leinenkleid ist unten etwas verschmutzt, weil es den Staub vom trockenen Boden aufwirbelt.

Ausgelassen, friedlich, freudig.
Mediterraner Genuss.
Strohig, trocken, staubig, holzig.

Der Duft riecht für mich wie das Lied "Cumbia Sobre El Mar" klingt.

Ich mag keine erdigen Noten und daher eigentlich auch kein Patchouli, doch dieser Duft hat mich vollkommen in seinen Bann gezogen. Er entwickelt sich so spannend und speziell, dass ich gar nicht anders kann, als ihn zu mögen.

Für mich ist Female Christ ein klarer Unisex-Duft, doch wenn ich ihn trage, fühle ich mich wie eine Femme Fatale in der Antike. Als hätte ich gerade ein römisches Bad besucht und liege nach dem Saunagang auf kühlem, antiken Steinboden.

Kennt ihr die Serie The Witcher? In einer Szene feiert eine Hexe eine verführerische und sinnliche Party in einem Lustbad. Ich wette, sie hätte genau diesen Duft getragen. Der erdige Auftakt mit Patchouli weckt ursprüngliche Instinkte, während die süsse Vanille im Verlauf für eine spielerische, geschmeidige Wendung sorgt.

Es ist wie eine Sauna-Wechseldusche der Sinne: heiss, kalt, aufregend. Ein Spiel mit der Lust – love it!