Liebertee

Dita von Teese sticht wirklich positiv hervor aus dem Drogerieregal. Im Vergleich zu den anderen berühmt(-berüchtigt)en Models und den immer neuen Stars am Pop-Himmel und ihren süßlich, langweiligen Wässerchen ist Ditas Duft weit weniger auf ein junges, leicht zu begeisterndes Publikum ausgerichtet. Ja, Zahnspangen tragende Boy-Band-Fans sollten ihr Taschengeld lieber woanders investieren. Aber ich würde nicht behaupten, dieser Duft wäre nur etwas für reife Damen. Wenn die Zahnspange draußen ist, und die Hormone den Geschmack in richtig Schock-Rocker verdreht haben, dann passt dieses schwarze Flakon doch perfekt neben das Fläschchen mit schwarzem Nagellack. Und wer mit einem komplett schwarzen Kleiderschrank sowieso schon aneckt, der kann auch unbesorgt mit einem etwas herberen Duft provozieren. Aber Kinder, übertriebt es nicht mit der Dosierung!
Bei der Preislage und dem chicken 20 ml Flakon habe ich dann auch mal zugeschlagen. Blind. Ich hatte noch Platz auf meiner keinen Parfum-Borte. Und der Name Dita von Teese hat mich auch nicht abgeschreckt. Die Frau macht ihr Geld schließlich nicht mir nervtötender Pop-Musik. Nein, sie ist zum Glück Stripperin/Erotik-Model geworden. Damit ist sie zumindest mir wesentlich sympathischer als die anderen Berühmtheiten mit nach ihnen benannten Drogeriedüften. Und dass es aus diesem Flakon deutlich verruchter riecht, ein Volltreffer. Ein Duft fast so pikant wie Ditas Nackt-Shootings und Lesben-Erotik-Filmchen aus vergangenen Tagen. Ich hoffe dieser Duft verschwindet noch lange nicht aus den Drogerien.
Von meiner Parfum-Borte wird er jedoch irgendwann verschwunden sein. Das steht schon fest. Nimm es mir nicht übel Dita, aber ich kenne andere, die spielen in einer ganz anderen Liga als du. Und da ich mehr als nur ein kleines Taschengeld zur Verfügung habe, werde ich mein Geld lieber in andere Düfte investieren. Nichts desto trotz, ich werde meine Zeit mit dir nicht bereuen. Das mit uns wird aber leider nichts langfristiges. Du wirst Platz machen müssen nur was neues irgendwann.

Ich mag dieses Parfum sehr, sehr gerne. Aber ich weiß schon, ich werde es nur selten tragen. Es ist schrill, auffällig, absolut nicht alltagstauglich. Zumindest für mich nicht. Zu meinem Alltagslook, der doch eher klassisch elegant ist (oder versucht es zu sein) passt es absolut nicht. Aber da hängt ja noch ein Petticoat in meinem Schrank. Unter mein türkises Kleid mit den schwarzen Polka Dots gehört der. So quietschbunt sieht man mich allerdings nur selten. Nur manchmal wird es so schrill bei mir. Doch dann passt dieses Parfum perfekt. Auch wenn ein Spritzer mir schon bei weitem genügt. Ja, es wird wohl ein Weilchen dauern bis mein Flakon leer wird. Es sei denn ich mutiere doch noch zur Vollblut-Rockabella.

Dieser Duft ist nichts für mich. Er duftet nicht nach mir. Er durftet nach einer anderen, mir fremden Frau. Diese Frau zieht am späten Abend ihre Bahnen durch den Pool irgendeines Hotels in irgendeiner Stadt. Sie ist eine einsame Geschäftsreisende. Sie sieht viel von der Welt, trifft viele Menschen. Sie bleibt jedoch nie lange. Allerdings ist sie absichtlich so einsam. Sie hat dieses Leben so für sich gewählt. Es macht ihr nichts aus, dort allein zu schwimmen. Vielleicht fühlt sie sich frei in ihrer Einsamkeit. Vielleicht wird sie sich später noch an die Hotelbar setzen, eine flüchtige Bekanntschaft machen, und die Nacht nicht ganz so allein verbringen. Doch sie und ihre flüchtige Bekanntschaft werden sich fremd bleiben. Unglücklich macht sie das nicht. Glücklich machen sie ihre erfolgreichen Geschäfte. Was ihre Geschäfte angeht, da hat sie den Bogen raus. Da wird bewundert, manchmal auch beneidet. Wirklich anecken tut sie aber nur selten, eigentlich fast nie. Ja, dieser Duft passt perfekt zu ihr.

...bin ich groß geworden, und lebt meine Familie auch heute noch. Bis zum Meer sind es von dort rund 30 km Luftlinie. Riechen kann man das Meer auf die Entfernung nicht. Auch nicht wenn eine steife Brise aus genau der richtigen Richtung weht. Zumindest nehme ich es nicht wahr. Aber ein paar Möwen kommen schon mal zu Besuch, wenn ihnen das Wetter direkt an der Küste zu ungemütlich wird. Meistens jedoch bleiben unsere Rinder auf der Weide unter sich. Nur gelegentlich kommt eine unserer Katzen vorbei, um für ihre Jungen eine Feldmaus zu fangen.
Der Duft von Womanity erinnert mich sehr an mein altes Zuhause. Hauptsächlich riecht die Herznote für mich salzig wie mein Papa, wenn er am Abend nach getaner Arbeit aus dem Kuhstall kommt. Ja, schweißtreibend ist die Arbeit auf dem Bauernhof. Man sitzt nicht nur den ganzen Tag lang entspannt auf dem Traktor. Und ich rieche das Heu, Gras- und Maissilage sowie das Kraftfutter aus Getreide, das die Rinder im Stall zu futtern bekommen. Auch den Duft von frisch gemolkener, noch sehr warmer Milch nehme ich wahr. Und die Katzen rieche ich, die sich gerne ausgiebig das Fell kraulen lassen, und deren Geruch dann an den Händen hängen bleibt. Ja, und auch ein wenig Kuhscheiße rieche ich. Aber die Exkremente von reinen Pflanzenfressern riechen gar nicht so schlimm. Hundscheiße riecht abscheulich, Kuhscheiße ist vom Geruch her ganz okay. Man tritt auch nicht mit den guten Schuhen hinein, nur mit den Gummistiefeln. Rieche ich auch den Geruch von Gummi? Ja, aber es riecht bei weitem nicht so stark danach, wie bei neuen Gummistiefeln. Es riecht eher wie Traktorreifen, die sich schon viele Male über schlammigen Ackerboden gekämpft haben. Ein bisschen getrocknete Erde hängt noch an ihnen.
In der Grundschule wurde ich als Kind vom Bauernhof gehänselt. „Ih, du stinkst nach Kuhscheiße!“ haben manche Kinder, die ihre Herkunft für was besseres hielten, zu mir gesagt. Heute weiß ich, schlimmstenfalls habe ich nach Womanity geduftet.
Doch schon vor Jahren habe ich dem Landleben den Rücken zugekehrt, und lebe jetzt mitten in einer Großstadt mit mehr als drei Millionen Einwohnern und einer gefühlten weiteren Millionen an Touristen. Ich möchte nicht mehr duften wie eine Bäuerin. Aber den Tester behalte ich, um dran zu schnüffeln, wenn ich die Schnauze voll habe vom Großstadtmief, und mich nach meinem schönen alten Bauernhof sehne.

Wie dieser feministisch anmutende Name zum Duft passt? Nun emanzipiert waren Bäuerinnen schon immer. Sie hatten auf dem Hof zwar nicht genau die gleichen Aufgeben, wie die Männer, aber ohne sie lief nichts. Und das Flakon sieht ein bisschen aus wie der einzylindrige Motor eines alten Traktors, der mit rosa Diesel am Laufen gehalten wird.

Ich finde dieses Eau de Toilette riecht wirklich lecker. Es erinnert mich stark an eine Schokoladensorte von Lindt mit dickflüssiger Granatapfel-Füllung. Eine himmlische Schokolade. Nur würde ich nie die ganze Tafel auf einmal essen. Und danach schon gar keine zweite. Ein kleines Stück reicht mir. Nun gut, vielleicht noch ein zweites Stückchen. Aber dann habe ich genug. Mehr brauche ich von dieser Schokolade nicht. Und genauso verhält es sich für mich mit diesem Eau de Toilette. Am Anfang war es wirklich himmlisch, aber dann nach einer Weile hatte ich genug von der Herznote. Ja, ich hatte wirklich ein bisschen die Schauze voll von dieser schokoladigen Pralinen-Note. Aber so schnell verzog sich dieses schokoladige Aroma leider nicht. Am Ende konnte die Basisnote meine Sinne auch nicht mehr erfreuen. Sie erinnerte mich an Obstblüten-Honig. Nein danke, nach noch mehr Süßem war mir nun wirklich nicht...
Wenn eine andere Frau kurz an mir vorbei huschen würde, und mir eine dieser fruchtigen Pralinen in den Mund werfen würde, das würde mir sehr gefallen. Aber den ganzen Tag lang vollstopfen will ich mich mit diesem Eau de Toilette nicht.