MB1963

MB1963

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1 - 5 von 9
MB1963 vor 10 Jahren 14 11
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Eine Duft-Babuschka !
Bis auf das viel zu blumige No1 gefallen mir die Düfte von CL sehr gut, so habe ich mich doch tatsächlich zu einem Blindkauf von L hinreißen lassen.

Hauptgrund war das angepriesene Tannenbalsam, das mir als Duftstoff gut gefällt aber leider meist als „Saunaaufguss“ rüberkommt. So war ich gespannt, wie ein Clive Christian die Herausforderung meistert…

Zum Auftakt die versprochene Grapefruit, wunderbar frisch, leicht, fruchtig, rundum gelungen!
Aber schon nach wenigen Minuten gewinnt eine wabernde Wolke von aufdringlicher Sauberkeit die Oberhand, die in mir Assoziationen von, nun ja, Urinsteinen mit Rosen hervorruft. Nun ist Urinstein ja wohl kaum der gewünschte Eindruck eines Parfums, vor allem bei einer raumfüllenden Sillage! Einziger Lichtblick sind interessante Duftnebel im Untergrund, wie tatsächlich eine milde Tanne, die mich ausharren und hoffen lassen…

Trotzdem bin ich froh, dass nach 30 Minuten der Urinstein verschwunden ist und einer weichen, cremigen Mischung aus dezenter Rose und einem tannenartigen balsamigen Geruch Platz macht. Mit Sauaufguss hat dies nichts zu tun, eher mit einer sehr angenehmen Hautcreme. Die Sillage ist nun auch körpernah und verführt zu häufigem Schnuppern.

Richtig gut wird der Duft aber erst nochmal 30 Minuten später, als sich die Rose zurückzieht und sich eine dezente, aber deutliche Gewürznote Bahn bricht. Ich meine ganz klar Kardamon zu riechen, aber nicht in der strahlend-blitzenden Ausführung von X sondern sehr eingebunden in eine Mischung von Tanne und was weiß ich noch alles. Das Ganze wirkt sehr rund, ausgewogen, leicht süßlich aber für einen Mann gut tragbar und nun eben auch würzig.
Ist das nun ein Orientale? Nein, dafür fehlt ihm die Schwere, der Duft bleibt erstaunlich leicht in der Art eines Fougere.

Die wundersamste Wandlung steht aber noch bevor, mir kommt der Duft wie eine Babuschka vor: kaum hat man die eine Puppe enthüllt, kommt schon die nächste zum Vorschein :-)
Nach zwei Stunden ist die Rose verschwunden und die eigentliche Krönung kommt langsam aber sicher zur Geltung: eine ganz unbeschreiblich schöne Zeder! Keine Spur von Bleistift oder Sägespänen, sondern edel und erhaben übernimmt sie stundenlang das Zepter. Meine Nase klebt am Handgelenk und saugt jedes Duftmolekül auf das sie kriegen kann…
Im Marketinggedöns steht kein Wort davon, aber mich ganz klar: meinen ultimativen Tannenduft habe ich immer noch nicht gefunden, dafür aber den Schönsten aller Zederndüfte!

Alles in Allem ist L für mich ein ungemein vielschichtiges Meisterwerk der Parfumkunst !
Wäre nicht dieses Urinstein-Intermezzo, ich würde den Weltpokal vergeben!
11 Antworten
MB1963 vor 11 Jahren 24 8
5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Der Regenduft
Dieser Sommer macht es einem nicht leicht!
Meist ist es zu kühl, regnerisch, wolkig, und jeden Morgen im Bad dieselbe Frage: was für ein Duft passt denn zu einem Regentag im Sommer?

Die echten Sommerdüfte schreien nach Sonne, die Winterdüfte passen einfach nicht in die Jahreszeit und die Allrounder lassen einen auch irgendwie unbefriedigt zurück…
Aus lauter Verzweiflung habe ich meine Pröbchen durchforstet und zufällig Encre Noir wieder ausgegraben.

Damals, an einem lichten Frühlingstag, erschien es mir muffig und düster. Wie ein dunkler, drohender Wald mit uralten Bäumen voller Moos, knorrigen Ästen und unheimlichen Gesichtern.
Und wie ein Kind, das Angst vor dem Dunkeln hat, bin ich wieder aus dem Wald geflüchtet, hinaus in die Sonne, zum Licht…

Heute jedoch, als der Regen gerade aufgehört hat und die Tropfen noch in den Blättern hängen, ist das alles anders!
Es ist nicht mehr muffig, sondern es riecht nach feuchter aber frischer, kraftvoller Erde voller Leben. Der Wald ist nicht mehr düster, sondern dicht belaubt von sattem Grün.
Die Bäume sind immer noch uralt, aber ihre Gesichter sind nun nicht mehr unheilvoll und drohend sondern von Wind und Wetter gezeichnet, nachdenklich die kleinen Menschen betrachtend.
Das Kind traut sich nun tiefer in den Wald hinein und erkennt, dass dieser voller verborgener Schönheiten steckt. Zum Wald gehören Moos, Blätter, Erde, Wurzeln, die einen vielschichtigen Duft ergeben mit immer neuen Facetten.

Während andere Holzdüfte nach geschnittenem Holz riechen, riecht Encre Noir nach Wald, nach lebendem Wald mitsamt seinem Waldboden! Und wie ein dichter Wald gibt Encre Noir nicht sofort seine Geheimnisse preis, sondern lässt sich erst nach und nach entdecken.

Meinen Duft für einen Regentag habe ich gefunden!
8 Antworten
MB1963 vor 11 Jahren 5 2
Doch ein Oud-Duft?
ein starker Orientale war zu erwarten, und der kommt auch sofort beim Auftragen:
öliges Eau de Parfum, sehr starke Sillage

bei den angegeben Komponenten habe ich so meine Schwierigkeiten:
Zedernholz, Zitrone? das wird bei mir jedenfalls sofort überdeckt von einer seeehr dunklen Ausrichtung die fatal an Oud erinnert, obwohl dies ja gar nicht drin sein soll...vielleicht ist das die Mischung Teakholz und Tonkabohne?
Dies ist auch irgendwie das einzige was ich herausriechen kann, der Duft ist sofort da und bleibt auch so.

Dabei hat der Duft durchaus was, er ist stark und hält sich in der Süße für einen Orientalen angenehm zurück.
Allerdings bin ich was Süße angeht auch etwas speziell, mir ist ja auch Duro zu süß...

Überhaupt Duro: m.E. hat BG einiges an Ähnlichkeit mit Duro, zumindest die dunkle Ausstrahlung und Sillage, die Haltbarkeit scheint mir allerdings etwas schwächer zu sein.
Das bedeutet leider für mich, dass mir beide Düfte nicht gefallen und daher höre ich auch auf mit bewerten, Düfte sind schließlich Geschmacksache!

Aber für die Heerscharen an Duro-Fans mag dies durchaus einen Versuch wert sein, mein Pröbchen könnt ihr gerne haben :-)
2 Antworten
MB1963 vor 11 Jahren 22 10
8
Duft
nur ein bisschen mehr Mut...
Dies ist die Geschichte von Gordon Flanell, den alle Kollegen im Büro nur Grey Flanell nannten.

Der Grund ist nicht schwer zu erraten: Gordon hatte graues Haar und trug fast immer einen grauen Anzug. Das passte auch irgendwie zu ihm, denn er war immer sehr korrekt, höflich und bescheiden.
Nie führte er in Besprechungen das große Wort, nie machte er den Scherz um eine Gesprächspause zu überbücken oder erzählte gar etwas Privates.

Dies überließ er anderen ohne jeden Neid und wartete geduldig, bis das Wort an ihn gerichtet wurde. Denn irgendwann wurde er immer gefragt!
Es hatte sich nämlich längst gezeigt, dass Grey Flanell bei schwierigen Entscheidungen mit seiner ruhigen, sachlichen Kompetenz und seiner Weitsicht fast immer richtig lag. So hatte er zwar nie das erste Wort, aber oft das Letzte!

Im kleinen Kreis konnte er aber auch überraschend humorvoll, charmant und geistreich sein, so dass alle, die ihn länger kannten, sehr gerne mit ihm das Gespräch suchten.
Dann zeigt sich die verborgene Seite des Grey Flanell, der ein warmes Herz hatte und gerne anderen Menschen half.

Nur wenn neue Kollegen kamen, machten sie am Anfang dumme Scherze über ihn. Sie fielen meist auf durch aufdringliche Düfte und oberflächliches Geschwätz.
Aber diese Kollegen kamen und gingen, Grey Flanell dagegen blieb.

So war er eigentlich sehr mit sich und der Welt zufrieden, wäre da nicht die Sache mit Rosy Silk gewesen…
Wie gerne hätte er ihr seine Liebe gestanden! Wie gerne wäre er einfach diesen einen Schritt auf sie zugegangen, sie in die Arme geschlossen und sie so leidenschaftlich geküsst wie in seinen Träumen!
Aber Grey Flanell wäre eben nicht Grey Flanell gewesen, wenn er dies getan hätte.
Grey Flanell war ein Gentleman und niemals wäre er einer Dame zu nahe getreten, die so schön und klug war, dass sie doch jeden Mann haben konnte den sie nur wollte und die mit einem wie ihm doch sicher nicht mehr als nette Gespräche führen wollte…

Hätte er doch nur geahnt, dass Rosy Silk sich nichts sehnlicher wünschte als das Grey Flanell endlich einmal auf sie zugehen würde und sie umarmen und küssen würde, wie sie es immer träumte!
Längst hatte sie erkannt welche inneren Werte dieser Grey Flanell besaß, aber sie war nun mal eine Frau die erobert werden wollte!
Und so fehlte Grey Flanell nur ein bisschen mehr Mut zum großen Glück, ein einziger Schritt um zu einem der ganz Großen in der Duftwelt zu werden.

Wie schade!
10 Antworten
MB1963 vor 11 Jahren 4 2
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Klassisch und doch nicht klassisch
Als ich mir die wohl letzten Exemplare des fantastischen Isotta Fraschini in Italien sichern konnte, bekam ich auch ein Pröbchen von Barry Lyndon mit.

Barry Lyndon? Nie gehört, also schon mal interessant.
Beim Auftragen dann schnell die Ernüchterung: die Ausrichtung ist mir zu pudrig-blumig, klassischer Fougere-Barbershop und passt nicht zu mir.

Die Duftnoten an sich sind allerdigns durchaus mal was anderes, mit eigenwilligem Charakter, vielleicht ein bisschen ähnlich wie Knize Ten.
Nach der Kopfnote kommen dann auch ganz dezente Ledernoten, die den Duft dann schon wieder etwas tragbarer für meine Nase machen.

Für jeden, der Fougeres mag ist das sicher einen Versuch wert!
Er wird auf jeden Fall einen Duft finden, der zwar klassisch gestrickt ist aber nicht wie alle riecht.
2 Antworten
1 - 5 von 9