Mandelmaus

Mandelmaus

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1 - 5 von 132
Mandelmaus vor 8 Jahren 39 17
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Gefährliches kokettieren mit geheuchelter Schutzbedürftigkeit und verschleierter Offensive
Classique ist mir oft begegnet, meist nur flüchtig gesehen, nie wirklich zur Kenntnis genommen, hat mich nicht gereizt, bis ich hier einige Kommentare gelesen hatte und die Neugier leise wuchs.
Im Sommer vor ein paar Jahren testete ich ihn dann endlich spontan, es war ein eher kühler Tag, leicht verregnet, in der einen Hand den Regenschirm, stieg mir immer wieder eine lockende, dunkelpudrige und verheißungsvolle, schwere Duftwolke in die Nase... Was für eine Wucht!
Verdreht den Kopf in Windeseile, vernebelt die Sinne, trübt das Urteilsvermögen. Ein guter Duft ist manchmal das beste Make-up welches man auflegen kann.
Doch irgendwie fühlte ich mich noch nicht reif für diese weibliche, subtile Gewalt. Kam ich mir doch vor wie ein kleines Mädchen das Mamas viel zu große Pumps ungefragt geborgt hatte, die zu lange Perlenkette um den dürren Hals, verschmierter Lippenstift hastig und unwissend aufgetragen.
Nein, da solltest du warten, bis es an der Zeit ist dieses kapriziöse Geschütz aufzufahren.
Vor zwei Jahren hatte ich mir dann den kurvigen Flakon gegönnt, ich selbst von innen mit vielen neuen Erfahrungen tätowiert, startklar für neue Hürden, da brauche ich jetzt dich als wirkungsvolle Gefährtin.

Der Beginn gleicht einer leidenschaftlichen Kampfansage, außer mir besteht heute keine Gefahr.
Würzigfasriger Ingwer, leicht matschige, vollmundige Birne, die Mandarine spendet eine minimale, wässrigfruchtige Frische, allerdings nur für einen Wimpernschlag.
Opulente, feminine Orangenblüten umschließen mit ihren feingliedrigen, alabastergleichen Armen den furiosen Einstieg, elegant abgefedert durch seifige Rosennuancen.
Unwillkürlich steigt mir das Zitat "halb zog sie ihn, halb sank er hin" in meinen schon ziemlich durch den Duft verhexten Kopf, da muss man aufpassen mit der Dosierung, die sollte hier unbedingt bedacht gewählt sein.
Denn wenn ich zu viel davon erwische fühle ich mich richtig unwohl, schon fast nackt, ungehörig und um es kurz zu machen, sehr sehr "nuttig" (sorry für das Wort, aber so ist es nun mal).
Die Kopfnote schlägt die tragende Dame prompt zur Königin, für eine unglaublich lange Zeit, die Haltbarkeit ist extrem. Verwirrend sinnlich, ein olfaktorischer Paukenschlag, da ist man selbst um die gebührende Körperhaltung bemüht.
Die leicht scharfe, bizzelnde Würze gibt einen anregenden Kick, einer gleißend hellen Initialzündung gleich, die Früchte als sämig, sanfter, weichzeichnender Gegenpol, mildern und betonen zugleich die hinterlistige Schärfe. Die blumigen Nuancen drücken dem Duft eiskalt und ohne Widerrede ihren urweiblichen Stempel auf, mit großer, ausschweifender Geste, viel Drama, taupe und beigefarbenen Puderwolken, ich bin gerne eine Frau und ich mache es zur Unmöglichkeit dass diese Tatsache von irgendjemanden übersehen wird oder sonstwie unbemerkt bleibt.

Im Herzen zieht sich der Sirenenduft beinahe elegant zurück doch nur um den Angriff nun auf einer anderen Ebene zu starten. Das hungrige Biest wurde von der Kette gelassen, jetzt will es all seine zweifelhaften Talente zeigen.
Der Duft umgarnt auf eine morbide, verspielte Weise, neckt, lockt, zeigt die kalte Schulter, zieht sich zurück mit lachenden, zusammengekniffenen Augen, einem wissenden,brutalen Lächeln, einem lüsternen Zug um den Mund, ein vorwitzig vorgestrecktes Kinn, eine anmutige Hand die gewollt beiläufig ein filigranes Schlüsselbein nachzeichnet, eine seidene Haarsträhne betont langsam hinters Ohr streicht, zu lange auf dem eigenen Oberschenkel verweilt und bewusst der ungeteilten, fiebernden Aufmerksamkeit des Gegenüber schmerzlich träge gen Hüfte aufwärts wandert.
Dabei immer ein spöttischer Glanz in den Augen, wohl wissend um die leicht dumpfen, hypnotisch floralen, dezent würzigen, tiefpudrigen Dufttentakel welche das Opfer mit zärtlicher Grausamkeit Stück für Stück zerpflücken.
Eine spannungsgeladene Schwüle breitet sich stetig aus, aufwühlend und lähmend, die Dufnoten äußerst aufreizend miteinander verflochten, dunkelsüß, tropfender Pflaumennektar, königliche Puderiris, diskret dreckige Vanille flüstert heiser, warmer, goldener Amber, bisschen schlüpfrig, aber nicht obszön.
Wattiger Moschus der sich mich sanftem Druck in die erhitzte Haut krallt, dabei mutet der Duft wie Ebbe und Flut an, schreitet mit wiegendem Gang, zielstrebig aber bedacht wie auf der Pirsch auf den auserkorenen Fang zu um sich nach einem kurzem Moment des Bewunderns und des offensichtlichen Begehrens mit genussvoller Härte schnurrend zurückzuziehen.
So ein verwunderliches Frauenzimmer, aus der Ferne adrett, apart und gepflegt, erst wenn man sich dessen Duftquelle neugierig nähert erlangt man eine ungefähre Vorstellung der halb schlummerten, halb zur Schau getragenen Verderbtheit und Tücke, geschönt unter femininem Shishi und Etepetete-Gebaren.
Eine süchtig machende Sinnestäuschung, ein olfaktorisches Kippbild, eine verwirrende Duftverführung, eine raffinierte, weibliche Manipulation wie sie ausgekochter und niederträchtiger nicht sein könnte. Das alles aber kunstvoll arrangiert und inszeniert, mit Liebe zum Detail, wie die gute Dita in Crazy Horse.

Die Basis ist unverhofft weich und schnurrend, der Widerspenstigen Zähmung sozusagen, hoheitsvolle, holzige Pudervanille, ambrierte, orientalische Amberpralinen an sauberbauschigem Schmusemoschus, getränkt mit samtigem leicht würzigem Fruchtwein, darin lose zerstreut leicht welke Blütenblätter, hat was endgültiges, dieser Moment wird sich nicht wiederholen, man kann nie wieder zurück und warum sollte man auch (ja ich liebe das Drama).

Sillage und Haltbarkeit sind mehr als wünschenswert, die starke Projektion passt perfekt zum Wesen des Duftes, diese herbe, unerbittliche Strenge welche konstant in ihm zu schweben scheint, flankiert von sehr weiblichen Noten, ein grandioses, oszillierendes Spektakel von entreißen und schenken, ich mag das.
Einerseits wehmütig, einladend, aufbrausend und dann wieder ganz zart und verletzlich, hält dieser Duft der Trägerin doch unerbittlich den Spiegel vor.

Ich trage ihn ganz gerne zu jeder Gelegenheit, mal mehr und mal weniger dosiert, sogar beim Sport, da wirkt er irgendwie auch unterstützend, fast wie ein Aufputschmittel.
Im Winter trage ich ihn am liebsten, da kommt das gesamte Spektrum am besten zur Geltung, passt auch wunderbar zu klirrend kalten und leicht rauchigen Luft, dem eher abweisenden Sonnenlicht, den tieforangenen Sonnenuntergängen hinter zerfetzten, bleigrauen Wolken und schwarzen, knorrigen Ästen.
Bei einem Date... Liebhaber des Duftes wissen was ich meine ;)

Ich freue mich sehr den Duft als verlässlichen Komplizen gewonnen zu haben, ein Musthave in jedem Weibchenhaushalt, sofern man es blumig mag, gewürzt mit einer Prise obskurem.

Der Mann führt und denkt, die Frau verführt und lenkt, mit Classique ein Kinderspiel.
17 Antworten
Mandelmaus vor 8 Jahren 25 10
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Der rauchig-fluffige, imaginäre Nobel-Vanille-Kaschmirschal mit Wohlfühlgarantie
Manche Düfte verdienen das hoch geschätzte Prädikat besonders schnuppernswert, Gute-Laune-Bereiter-und Konservierer und sind mitunter ein Grund warum ich morgens wie ein frisches Toast aus dem Bett hüpfe und mich während des duschens schon so richtig freue sie aufzulegen und den ganzen Tag dann in meiner olfaktorischen Seifenblase entrückt grinsend und leichtfüßig tänzelnd umherzuschweben.

Dieser Kenzo hat sich da einen Platz auf dem Siegertreppchen mit Bravour verdient. Allein mal der flammend rote und herrlich geschwungene Flakon verführt zum berühren und ist eine wahre Augenweide. Hat was von einer unglaublich stylischen Vase, liegt wunderschön glatt in der Hand, die exotischen Schriftzeichen in gold ein Interesse weckender Teaser.
Ein Blick auf die Duftpyramide verschafft mir schon glasige Augen, zuckende Mundwickel und ein irres, unkontrolliertes Händeringen gekrönt von einem seufzenden Hmmmooaaarjaaaaharharhar, also habe ich ihn mir flugs blind geordert. Eingezogen ist er im Dezember 2013, wie ich damals in meine neue Wohnung, somit gleich mit guten Erinnerungen verknüpft.

Der Beginn ist kirschig, süffig, saftig, süß und ätherisch schwebend, etwas milchig und frisch geduscht sauber, cremeweiß und kirschblütenpink. Hat was von Spa- und Wohlfühloase, so könnte es von mir aus ständig bei Rituals duften. In Indien war ich noch nicht, somit keine Ahnung wie das Land riecht, doch irgendwie mag mir eher das japanische Frühlingsfest eher in den Sinn kommen, ein morgendliches Picknick an einem klaren, sonnigen, leicht windigen Tag im Frühling. Die Kirschbäume in voller Blüte, die Luft erfüllt von ihrem Duft, man selbst sitzt im noch leicht morgentaugetränkten, jungen Gras, den Blick nach oben gerichtet, auf den strahlenden, erwachenden Himmel, verziert von flaumigen Wolken, die farbenfrohen Blüten ein starker Kontrast, in verschwenderischer Fülle tanzen die zarten Blütenblätter im sanften Wind... Dieses Bild passt für mich viel mehr.

Blaser, elegant gekräuselter Weihrauch, ein Dojo in dunklem, leicht rauen Holz gehalten. Der Innenraum ist mit Unmengen von Pfingstrosen geschmückt. Seidig-sauber-seifig verteilt sich ihr süßer, unschuldiger Duft, transparent-gehaltvoll, anregend und zugleich einlullend friedlich.
Ich sitze entspannt mit gekreuzten Beinen in der Mitte auf dem aromatisch-würzigen Holzboden der eine fast organische, beruhigende Wärme ausstrahlt. Lediglich von schweren, breiten Duftkerzen wir der Ort der Ruhe und stillen Einsamkeit erhellt, ein berauschender, fremder Blumenduft, Frangipani weckt bei mir immer das böse Fernweh.
Mein cremefarbener Kaschmirpullover spendet einladende Wärme, ich genieße das leichte Kratzen auf der Haut das von Luxus und Qualität zeugt, natürlich gab es vor dem Atmen in der Stille nur für mich ein ausgiebiges Bad in Reismilch, angereichert mit kostbarer Sandelholzessenz, und einem anschließend wohlige schnurrendem marinieren mit Vanilleöl... Hachz, so muss das sein!

Kenzo Amour Indian Holi ist ein Duft mit einer tiefen, komplexen Persönlichkeit. Heiter und in sich ruhrend, sauber, frisch blumig und zum anbeißen fruchtig, gleichzeitig sinnlich und mysteriös rauchig, sanft verschmilzt und changiert das Duftbild, orientalisch-würzig und geheimnisvoll, eine natürliche Vanille wie frisch aus der Schote gekratzte, cremiges Sandelholz, watteweicher Saubermoschus, eine sexy-anziehende Hybridrose, ein Duft der durch seine ruhende Kraft und versteckte Stärke ein unglaublich gutes Gefühl schenkt.
Die Sillage wird nie prollig, der Duft ist in einer sympathischen Art stundenlang präsent und hält die treue bis zum nächsten Morgen.
In vielen Situationen hat er mich begleitet und nie dachte ich dass er stört oder mir eine Maske aufzwingen will. Jetzt natürlich im nahenden Winter trage ich ihn besonders gerne, da er mich an den Einzug in die neue Wohnung erinnert und stundenlanges einkaufen bei Ikea, die vielen, kleinen Einweihungspartys mit lieben Menschen, da entwickelt man doch schnell zärtliche Gefühle für eine teure Flüssigkeit in einer wunderschönen Flasche ;)

Allzu viel ist mir leider nicht mehr geblieben, aber wie heißt es so schön: alles vortreffliche ist selten.
10 Antworten
Mandelmaus vor 8 Jahren 20 11
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Die dunkle Seite der Macht ist stark in diesem
Ein Duft der mich mittlerweile fast ein Jahr begleitet und seitdem schon äußerst oft strapaziert wurde. Zudem auch ein Parfüm das ich nun nicht mehr in meiner Sammlung missen möchte.
Letztes Jahr war mir nach etwas wummsigen Zumute, gerne mit Vanille, Hölzern und Orangenblüte; da fiel mir Armani Code pour femme ein. Der wäre doch perfekt! Also nochmals im Laden getestet und auf mich wirken lassen... Tja, irgendwie hatte ich den anders in Erinnerung. War der schon immer so immens süß? Ja und schon fast quitschig? Kann doch nicht sein! Da war ich enttäuscht, hatte sich meine Wahrnehmung so verändert oder wurde der auch schon verschlimmbessert? Auf jeden Fall kein Duft mehr der mich bewegt und es in meine Sammlung schafft. Da sah ich die neue Version, dunkler gehaltener Flakon und auch noch Ultimate, testen schadet bestimmt nicht. Zudem war doch da irgendwas mit Kaffee in der Pyramide, klingt definitiv interessant. Nachdem ich beide parallel getragen hatte nahm ich ihn kurzerhand gleich mit, schlug ein wie eine Bombe, Begeisterung pur, mal ein würdiger Flanker. Deswegen lies ich mir auch lange Zeit mit meinem Kommentar, bei solch geliebten Düften bin ich es mir mehr als schuldig mit Herzblut an die Sache zu gehen.

Der Einstieg ist eigentlich fast identisch, zu Beginn mild zitrisch, begleitet von sanfter, exotischer Schärfe. Fast schon zitronig, über Limette zu vollsaftiger, sonniger Orange, leicht salziges Neroli flackert durch, ein filigranes Duftgespinnst, sehr beweglich und anregend. Ein Fünkchen Frische zu Beginn, ähnlich der brennenden Lunte, ehe das große Feuerwerk kommt.
Sonnig, mediterran und saftig kommt mir gleich in den Sinn, aber irgendwie auch würzig-weihnachtlich, wohlig und berauschend.
Opulente Orangenblüte verleiht dem Duft seine typisch weibliche Code Rafinesse, kokett manipulativ, sinnlich und feurig, gurrend und schmeichelnd, allerdings weniger laut als beim Original.
Feiner, akzentuierter, subtiler, dunkler, mysteriöser, fulminant mit gierig um sich greifender Sillage. Glimmende Wärme, dunkelgolden und um sich wirbelnd, dabei aber nicht hektisch, sondern allmählich rasend.

Nach dem recht fruchtig, würzigen Einstieg, mit latent salziger Frische, dreht der Duft sein Volumen auf, allerdings nonchalant und mit träger Arroganz. Ha! Du hast keine Ahnung was ich zu bieten habe, raunzt es mir leicht überheblich in die Ohren. Gehaltvoller Jasmin, pudrig, sinnlich, vereinnahmend, dekadent elegant und dabei auf eine so natürliche Art weiblich, flankiert von pulvrigem Kaffee, feine Röstnote, fast schon schokoladig, dabei drückt er die anderen Noten nicht brutal an die Wand, sondern fungiert als das nötige Salz in der Suppe. Nimmt der Vanille jedes verspielte oder leichtfüßige, geht eine wunderbare Symbiose mit trockenen, aromatischen Hölzern ein.
Dabei wirkt der Duft so fliesend und umschmeichelnd, hebt die Trägerin auf ein Podest und verleiht eine magnetische Ausstrahlung.
Gedeckte und elegante Süße, narkotisierende Blütenfülle, die anfangs Harmlosigkeit heuchelt und schleichend ihre betörende Wirkung erhöht. Der Kaffee rieselt nur so in die Orangen-Vanille-Creme, dir Hölzer geben Tiefe und irgendwie auch Würde.

Im Vergleich zum Original ein sehr dunkler und intensiver Duft. Ersteres das quirlige, sexy It-Girl, strahlend, ein Sonnenmädchen das alle Blicke auf sich zieht.
Der Ultimate Flanker steht für den Vamp in seinem dunklen Drange, ganz und gar nicht plakativ, eine Dame ist sie allerdings nur auf den ersten Blick, weil sie ist mit Vorsicht zu genießen. Sie verführt, sie umgarnt, sie ist eine Frau mit Charisma, die aus jeder simplen Geste eine Faszination werden lässt, doch geschieht alles aus einem dunklen Impuls, sie strahlt etwas unheilvolles aus, welches auf aufregende Weise irritiert und nicht richtig einzuordnen ist. Einerseits will man sie kennen lernen doch andererseits hat man auch Angst vor den Abgründen die dort warten mögen und trotzdem zieht sie den gegenüber in ihren Bann mit ihrer dunklen Macht.

Ein Flanker der mir bei weitem besser gefällt als das Original, da er geheimnisvoller und tiefer wirkt. Ich habe schon fast den Eindruck, dass der Duft auf seine Weise einen 3D Effekt zeigt, weil die zaghafte Frische, die florale Wärme, die cremige, holzige Vanille und der starke, kakaolastige Kaffee sich immer wieder in ihrer Intensität abwechseln und dann verschmelzen, schön verwirrend, ambivalent und lebendig das ganze.

Haltbarkeit und Sillage sind mehr als erfreulich, Komplimente sammelt man damit wie ein Weltmeister, sei es im Büro oder im Club, ein scharfer Verbündeter.
Im Sommer trug ich ihn nur nachts, jetzt bei kälteren Temperaturen auch gerne jederzeit, zu wohl fühle ich mich mit dem "Auraverstärker", klingt doof, aber ist wirklich so...

Die dunkle Seite der Macht ist stark hier, das Potenzial düstere Pfade zu nehmen groß, allein durch seinen sehr femininen Anstrich bewahrt sich der Duft das beste aus zwei Welten ohne dabei bitterböse oder herzlos zu sein. Ein grandioser, winterlicher Gourmand, angenehm schwer ohne bleiern zu wirken, orientalisch und auf den Punkt mit Gefühl gewürzt, abgeschmeckt mit feinherber Vanille, hat das Zeug zum Signature.
Traut euch auf die dunkle Seite, da gibt's auch mehr als nur Kekse ;)
11 Antworten
Mandelmaus vor 9 Jahren 43 18
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
In meinem persönlichen Phoenix-Asche-Zyklus befinde ich mich in der Spätasche
Ein schlichter Name, ein wunderschöner Flakon, eine wunderbare Duftpyramide und doch kam ich über einige Umwege und Zufälle an diesen Duft.
Meine erste Begegnung war mit seinem Zwilling "Tentation", ist auch schon wieder einige Jahre her, nur da passte mir der Duft irgendwie nicht. Keine Frage, er gefiel mir sehr, doch fühlte ich mich dafür noch nicht geeignet, irgendwie zu sehr "Frau", zu edel, zu elegant, da finde ich mich nicht wieder. Die Probe leerte ich zwar mit Genuss, aber dann hieß es Abschied nehmen und auch leider vergessen.
Anfang des Jahres fiel mir dann eine Probe von le Parfum in die Hände, in dieser Zeit hatte ich mir einigem zu hadern, gesundheitliche Probleme und zwischenmenschliche Beziehungen, war keine leichte Phase, ähnlich einem ziellosen Treiben auf hoher See, ein Gefühl von verloren sein und gestrandet, die Ohnmacht ist das schlimmste daran und mit Geduld hatte ich es noch nie so wirklich.
Genau da traf ich Le Parfum, las den einen und anderen Kommentar, das scheine ich jetzt zu brauchen, einen Vanillewummser, soll doch auch stimmungsaufhellend wirken, na dann, immer her damit.

Der Auftakt zeigt eine pudrig, würzige Note, sogar etwas sauber, frisch, gleichzeitig aber auch wie mit Rum getränkt. Der Pfeffer kitzelt scharf in der Nase und weckt die Lebensgeister, Lorbeer als griffige Würze, irgendwie mutet der Beginn sandig an, warm und temperamentvoll, ein sanfter Stoß nach vorne ohne unwirsch oder grob zu sein, die Art von aufmunternder Berührung die viel Wärme abgibt, man scheint die berührende Hand noch Stunden zu spüren.

Sobald der Duft geschmeidig zur Herznote gleitet hat er mich unwiederbringlich gefangen genommen... Was für ein helles, weiches, süßes, tragendes Duftgeflecht umgibt mich, transparent und gehaltvoll, strahlend ummantelt mich holzig-milchige, geschmeidige Vanille, so zart pudrig, wie saubere, frisch geschminkte Haut, etwas marzipanartig, immer noch so unvergleichlich sandig, als vergrübe man beide Hände in aufgewärmten Sand und genießt die sich rasch ausbreitende Wärme, eine Wohltat, Balsam für ein hilfsbedürftiges Gemüt, wie eine sündhaft teure Kaschmirdecke umfängt mich der Duft und schenkt Frieden, Geborgenheit und Freude. Schenkt mir glimmende Zuversicht und ein ungläubiges Lächeln, so als würde mir jetzt erst klar, dass ich etwas nie gekannt, aber immer insgeheim vermisst habe.
Ja, der beflügelt mich, feinste, erwachsene Vanille, veredelt mit sinnlich-süßem Jasmin, verstärkt durch vanillig-pudrigem Heliotrop, auf himmlisch, schönen Gourmandbasis, viel, viel Tonkabohne, milchiges Sandelholz, Patchouli zeigt sich von einer eher zahmen Seite, bei so einer Übermacht an himmlischer Vanille ist nicht viel auszurichten.

Euphorisch gestimmt und blöde grinsend muss ich kurze Zeit nach dem Testen an die Sonne, frische Luft tanken, raus aus dem selbst gewählten Sarg oder auch Schlafzimmer, wie man will.
Es ist zwar erst Mitte Februar aber die Sonne steht hoch am Himmel, es ist zwar kalt, aber ein wunderschöner Nachmittag. Mich zieht es in einen nahegelegenen Park, in der Mitte ein großer See, viele Menschen welche die wohltuende Sonne genießen möchten, Enten füttern, spazieren gehen, sich unterhalten, lächelnde Gesichter unter übertriebenen Sonnenbrillen, und ich mitten drin, stapfe gut gelaunt am See entlang, fest in meinen warmen Mantel gehüllt, ständig umweht mich die feine, würzig-edle, sinnlich-cremige, orientalische Vanillemelange, ein saugutes Gefühl, ich bin wohl auf einem guten Weg, man muss erst den Boden berühren um wieder zur vollen Größe aufsteigen zu können, das markiert nun die Station der Spätasche, bald wird sich meine Lage bessern.

Es ist ein subtil sinnlicher Kuschelgourmand, charmant, feminin, starkend und zärtlich, fesselnd ohne Luft zum atmen zu rauben, edel auf eine stolze Art, die Sillage ist stark und raumfüllend, eine wahrnehmbare Präsenz, man darf sich nicht scheuen zu zeigen dass man gerne eine Frau ist, mit all den dazugehörigen Ecken und Kanten, inklusive Rundungen, mütterlich ohne bieder zu sein, erotisch ohne offensichtliche Absichten. Für mich das absolute Musthave, wie das kleine Schwarze mit Killerhighheels. Der passt mir immer, nur musste ich erst reinwachsen. Im Hochsommer würde er mich sicherlich erschlagen und anstrengen mit seiner unglaublichen Haltbarkeit. Für kältere Jahreszeiten nun ein neuer Lieblingsbegleiter.

Lieben Dank an Zuckerfee für den tollen Soukdeal :)
18 Antworten
Mandelmaus vor 9 Jahren 15 10
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Honig im Kopf, Patchouli im Herzen, Tabak im Sinn und Schokolade als Gutenachtkuss
Der Sommer schwächelt oder hat schon Pause, vielleicht auch nur ein letztes Kräfte sammeln vor dem großen Finale; auf jeden Fall ist der Zenit überschritten.
Gestern war der erste Tag an dem Vorboten des kommenden Herbstes zu fühlen waren, drastisch hat es abgekühlt, leichter Nieselregen, frisch ist es geworden. Da darf man nicht wehmütig werden, ich begrüße und liebe diese kostbaren Tage, die Veränderungen in der Natur.
Heute früh dasselbe Wetter, da fröstelt man ja schon - ich brauche was warmes, etwas tröstendes und weiches.
Da fiel mein Blick eigentlich gleich auf diesen Duft, beschämend, so oft habe ich dich gar nicht ausgeführt, obwohl du immer gerne geschnuppert wirst und viele Komplimente erntest, du sollst meinen Montag versüßen.

Über die Gourmandreihe hatte ich bisher viel Gutes gelesen, oft auch die Ähnlichkeit zu Angel speziell hier.
Angel habe ich seit letztem Jahr wieder lieben gelernt, lang war er mir verleitet, aber alte Liebe rostet nun mal nicht.

Gleich nach dem auftragen umfängt mich warmer, starker, und würzigdunkler Honig, nicht geschmeidig tropfend sondern eher zäh, vereinnahmend und berauschend.
Kompakt oder unbeweglich wirkt der Einstieg nicht, nur sehr direkt und unverblümt, das gefällt mir.
Einem langsamen umkreisen der Beute gleicht es, ruhig aber kraftvoll. Sattbraun, erdig und grummelnd mischt sich Patchouli unter. Da wirkt nichts verblendet oder weichgezeichnet, eher derb und etwas dreckig, wuchtig und fordernd, weit entfernt jedoch um plump oder klobig zu sein.
So eine starke Facette könnte ich bis jetzt von der Note noch nicht erleben, wird schon fast unerträglich, erdrückend und zu fest in der Konsistenz, doch der Honig setzt goldene Akzente und leuchtende Sprenkler in diesen Patchoulitornado, zähmt und dimmt das erdige vor sich hin wälzen.

Mit dem aufflammen des Tabaks mischt sich eine maskuline, rauchige und harzige Note mit dazu, das Auftreten zeigt schon Anteile von Angel, allerdings wirkt es komplexer und mehr unisex, den könnte auch ein Mann tragen, wieso nicht.
Ein honigtriefender, patchouliliebender, würzigpudriger und tabakrauchender Orientale ohne Diva-Allüren oder Machogehabe, eine geheimnisvolle Maske die getragen werden möchte.
Die Sillage ist stark aber nicht überheblich, ständig umgibt mich der Duft, ähnlich einer warmen, starken Hand im Nacken oder einem Arm der nur sanft bestimmend die eigene Taille umfängt.

Es knistert und funkt, jedoch nicht übertrieben, es ist eine schmelzende und goldene Wärme, geprägt von heißer, schwelender aber nicht lodernder Glut, dichte aber nicht beißende Rauchschwaden, eine süße Spur von Tabak liegt in der Luft wie man es von Pfeifenrauchern im Winter kennt.

Zum Ende hin lichten sich die Schatten, die Züge des Duftes werden feiner und feminin, zarte Vollmilchschokolade und fragile Vanille, nur noch ein zimtiger Hauch vom Patch, der Tabak als sanft haftender Fixateur.
Und spätestens da frage ich mich dann, ob er nun besser oder schlechter ist als Angel... Schwierige Frage, eigentlich sehr ich ihn als eigenständig.
Aus einer Familie, das lässt sich nicht bestreiten, ich empfinde ihn geheimnisvoller nicht so kurvenreich und vollbusig wie die laute und schrille Schwester.
Wenn Angel ein Komet ist, ist dieses Parfum der verblassende Schweif, irisierender Sternenstaub, trotzdem gehaltvoll und verzaubernd.

Die Haltbarkeit empfinde ich als angemessen bei solch einem Gourmand, selbst nach zehn Stunden schmilzt die Basis sinnlich und süffig vor sich hin, sogar leicht holzig, ein sehr breitgefächerter Duft bei solch einer überschaubaren Pyramide, erstaunlich.

Für mich genau das richtige für kühle Sommertage und den immer näher kommenden Herbst; bürotauglich noch dazu. Angel wollte ich da nur sehr sparsam dosiert erleben.

Ein schöner Gourmand der mich mit Tiefgang beeindruckt, der braucht sich nicht verstecken, wer Angel und seine Zwillinge hasst darf den gleich vergessen, aber wer nur bei Schokolade und Honig Nüstern so groß wie die eines Pferdes bekommt der sollte mal eine Nase von nehmen.
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