Mareike

Mareike

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1 - 5 von 13
Mareike vor 9 Jahren 24 7
5
Sillage
5
Haltbarkeit
9
Duft
Mein seltsamer Begleiter
"Hä?"
Das war meine erste Reaktion, als ich Avant-Garde vor zwei Jahren erstmals unter die Nase bekam. Ich wusste überhaupt nix mit diesem Duft anzufangen. Was soll das jetzt sein? Ein grüner Gourmand? Ein weiblicher Puderduft? Ein Sportduft für den Herren? Ich war heillos überfordert. Ich konnte direkt so viele Duftnoten ausmachen, die ich in dieser Kombination so noch nicht kannte, und ich war weit davon entfernt, begeistert zu sein.
Kakao in Kombination mit Tabak, okay. Aber mit Grapefruit? Und dann lag da noch so einer weicher, zartgrüner 90er-Jahre-Unisex-Schleier drüber. Der dem ganzen so eine leichte Duschgelnote gab. Nein, nein. Das beste wäre abwaschen, jetzt gleich, ordentlich schrubben, weg mit dem Teufelszeug.
Und doch. Diese schöne, saubere Iris (doch, die rieche ich ganz deutlich). Die passt da ja eigentlich ganz gut rein. Und zarter Rauch. Ganz kühl. Wie Schneeflocken, die auf einer fiebrigen Stirn schmelzen. Wie eine freundliche Geste. Eine Ahnung von Kakao, der gerade in der Küche gekocht wird. Trost an einem verregneten Novembertag. Nein, nicht abwaschen.
Und doch. Irgendwas stimmt mit ihm nicht. Er verändert sich zu schnell, ist auf einmal verschwunden, will sich bereits nach einigen Minuten nicht mehr zeigen, nur um dann nach ein paar Stunden unvermittelt wieder aufzutauchen.
"Puh", sagt mein Freund. "Du riechst aber komisch heute. Irgendwie säuerlich, nach Mundgeruch." Er wollte nicht glauben, dass dieser Ekelduft aus dem selben Hause stammen sollte wie "Mon Parfum" oder "Ananda", zwei verlässliche Pantydropper, jedenfalls, was seine Pantys angeht. "In meinen Augen ist das einfach ein ekliger Herrenduft. Für eklige Herren." So befand er schon damals und ist zu meinem Unglück dabei geblieben. Immer wieder hab ich ihm ein Stück mit Avant-Garde beduftete Haut unter die Nase gehalten. Teilweise mit Monaten dazwischen. In den unterschiedlichsten Momenten und Stimmungen. Ich wollte mir sein Wohlwollen ertricksen. Es klappte nicht. Er erkannte ihn nie wieder, fand ihn aber stets außerordentlich scheußlich.
Deswegen werde ich mir den Duft wohl nie in fullsize kaufen. Die kleine Miniatur, die ich mir mittlerweile zum zweiten Mal besorgt habe, reicht mir, sie wohnt ganz unten in meiner Handtasche, ganz versteckt. Sie ist mein geheimer Begleiter und kommt nur zum Einsatz, wenn ich partnerlos unterwegs bin, allein, einsam möglicherweise, wenn ich vielleicht Trost brauche, eine freundliche Geste - oder einfach mal seltsam riechen möchte.
7 Antworten
Mareike vor 9 Jahren 53 16
9
Duft
Der Morgen vor dem ersten Herbstabend
Der Sommer endet immer an einem frühen Morgen.
Jedes Jahr gibt es diesen einen Moment, da ich an der Terassentür stehe, barfuß, die Sonne ist noch nicht aufgegangen, aber es dämmert bereits. Ich blicke auf die Rosen, die noch immer blühen und einen süßen, sauberen Duft versprühen. Auch die Geranien sehen noch sehr ordentlich aus. Und doch. Irgendwas hat sich über Nacht verändert.

Die Luft ist klar und frisch. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann sich Luft das letzte Mal so erfrischend angefühlt hat. In den letzten Wochen war es schon morgens so heiß und drückend gewesen, dass die Luft in der Lunge gebrannt hat. Ein Schwarm Krähen zieht kreischend über unser Haus hinweg. Ich zünde mir eine Zigarette an.

Auf einmal bekomme ich Gänsehaut und ich weiß nicht wieso. Es kriecht langsam meine Beine hoch und ich erzittere. Ich werde für eine Sekunde panisch, dann kapiere ich.
Ich friere. Ich friere!
Was für ein grandioses Gefühl.

Schnell suche ich mir eine kuschelige Strickjacke und ein paar Puschen raus. Die Strickjacke duftet nach kühleren Tagen, nach einem pudrigem Parfum, das ich damals trug, als die Tage noch kürzer waren und wir uns auf den Sommer freuten. Ich wickele mich fest hinein und setze mich mich unter die Rosen, auf die Gartenmöbel aus Holz, für vielleicht das letzte Mal in diesem Jahr. Ich atme tief ein, versuche den Duft der Blumen und des Holzes und des Spätsommermorgens tief in mir aufzunehmen, die Erinnerung einzuschließen, damit sie mich durch die nächsten Monate bringt.

Ich bin nicht traurig, im Gegenteil. Ich liebe den Wechsel der Jahreszeiten generell, den Wechsel vom Sommer zum Herbst ganz besonders. Die Üppigkeit der Natur, wie sich meine Rosen ein letztes Mal aufbäumen in ihrer Pracht. Die ersten kühlen Nächte, in denen ich schlafe wie ein Baby. Herbstklamotten. Klare Luft und endlich wieder pudrige Parfums.

Ich freue mich auch in diesem Jahr auf diesen besonderen Moment, wenn sich der Herbst ankündigt. Dieser Moment duftet für mich wie "Perles de Lalique". Nach süßen Rosen, pfeffrig frischer Herbstluft, nach Holzmöbeln, feuchtem Gras und einer warmen Kaschmirjacke.

Und ich werde nicht traurig sein, sondern dankbar. Denn irgendwann wird es wieder Sommer werden. Das ist sicher. Soweit ich weiß.
16 Antworten
Mareike vor 9 Jahren 42 20
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Warum ich manchmal gern nach Sternfruchtkotze rieche
"Im deutsch-sprachigen Raum, also in Deutschland, ist es ja furchtbar. Die Schweiz wäre das allerärgste, dort möcht' ich wirklich nicht angemalt sein. Nein, nein, das Ideale ist weg, weit weg und in ein Hotel, so lang es einem paßt, und dann in ein anderes. Sie können am Meer entlangrennen oder im Wald, und Sie kommen heim, alles ist fertig und da."
- Thomas Bernhard

Diesen Kommentar widme ich Euch, die wie ich vom Fernweh geplagt sind, sich an fremde Ufer träumen, die Landkarten lesen wie andere Leute Gedichte.
Für alle anderen ist Aurore Nomade sowieso nicht das Richtige.

Ein ganz und gar einzigartiger Duft. Für mich ganz sicher einer der allerschönsten und das, obwohl hier Noten auftauchen, die mich in anderen Parfums das Fürchten lehren würden. Diese will ich gleich vorweg schicken, damit ihr wisst, womit ihr es hier, je nach Sensibilität für gewisse Duftnoten, möglicherweise zu tun bekommt.
BANANE. WEISSE BLÜTEN. VERGORENE STERNFRUCHT. NASSER BADEANZUG. ERBROCHENER COCKTAIL. DIE AUSDÜNSTUNGEN VOM INDISCHEN IMBISS LETZTE NACHT. Und tatsächlich sogar ein Hauch von KOT.

Jetzt staunt ihr. Aber seien wir mal ehrlich. Auch wenn die Erinnerung einiges verklärt, so ist eine Reise auch nicht immer NUR SCHÖN. Ein fremder Ort riecht eben nicht immer nur nach Kokusnuss und Zuckerwatte. Das wäre doch auch langweilig.

Aurore Nomade ist ein schräger, komplexer, edler und langanhaltender blumig-exotischer Aquate, der gekonnt mit typischen Urlaubsbildern spielt und Dich -Krawumm- in die Ferne schickt, mit allem was dazu gehört.

Im Auftakt kommen Bananenblüte und Sternfrucht noch federleicht und fröhlich daher, tanzen mit Salzwasser, Zimt und Rum Rumba auf Deiner Nasenschleimhaut.

Nach den ersten Minuten wird's aber extremer, alle Noten sind minimal "drüber", wie bei großer Hitze eben alles schnell etwas streng wird. Die Sternfrucht riecht überreif, fast vergoren. Die Banenblüte ist kurz davor, nach halb verdautem Tropical-Cocktail zu riechen.

In der Mittagshitze schwebt dank des gefürchteten Indols eine zarte Fäkalienbrise von den aus Treibholz wild zusammengezimmerten Strandtoiletten herüber.

In der gleißenden Nachmittagssonne, auf dem Ast einer Palme (in meinem Traum haben Palmen Äste! Klappe halten und zuhören!), trocknet flatternd dein Lycra-Bikini und auf deiner nackten, gebräunten Haut glänzt eine Luxussonnencreme.

Nach dem langen Strandtag geht es zurück zum Hotel, die Tasche geschultert, die Strandmatte unter dem Arm geht es an vertrockneten Pflanzen vorbei, die einen strengen Currygeruch verströmen. In deinem Rücken versinkt die Sonne rotgolden im Meer, deine nackten Füße stapfen durch den warmen Sand.

Im Hotel angekommen, wartet alles bereits auf dich.
Ist fertig und da.
20 Antworten
Mareike vor 9 Jahren 22 6
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Die schöne Valentina will tanzen
Nur ein kleiner Kommentar zu dieser großen Rose. Einfach, weil's noch keiner gemacht hat und das schade ist. Dabei kann ich mir schon erklären, warum sich hier noch niemand inspiriert gefühlt hat. Denn Rosa Assoluto ist im Prinzip überhaupt nix neues.

Für ganz Eilige: Rosa Assoluto ist ein dramatischer Ausgehduft, eine dunkelrote Samtrose mit beeriger Süße im Auftakt, Tiefe gibt es durch kräftig-dunkles Patchouli.
Schon tausendmal gerochen diese Kombi, das ist wahr. Und wer diese Kombi nicht oder nicht mehr leiden kann, der braucht auch nicht testen.

Warum Rosa Assoluto mein Herz dennoch erobert hat? Hier passt einfach alles. Und hier wurde nicht versucht, das Ganze zu überdrehen, indem noch allerlei Scheußlichkeiten wie Tabak, Oud oder Trüffel beigemischt wurden. Das wird ja leider viel zu oft gemacht, um dem ganzen noch etwas mehr Düsterkeit und Mysteriösität (gibt es das Wort?) zu verpassen.

Rosa Assoluto will aber gar nicht auf den Kuriositätenkarneval. Rosa Assoluto will auf einen schicken Ball. Sie hat die Haare schön und das schönste Kleid von allen an. Sie will duften wie eine Königin, sie will, dass die Menschen sich nach ihr umdrehen. Sie will auffallen mit diesem Duft - aber unbedingt im positiven Sinne. Nicht, weil jemand schnuppern und denken soll: "Puh, die riecht aber... interessant" sondern "Wow! Das riecht aber mal toll!"
Anfangs dramatisch rotglänzend rosig, im späteren Verlauf immer mattwürziger. Immer lecker, immer leicht süß und mit starker Projektion. Rosa Assoluto will gefallen und nicht verwirren, das gefällt wiederum mir. Ein tiefer, dramatischer Rosenduft, der trotzdem (vielleicht dank einem Hauch weich-cremiger Orangenblüte?) recht einfach zu konsumieren ist und, nebenbei, wirklich teuer (TEUER) riecht - das finde ich gut.
Die Haltbarkeit sucht ihresgleichen und findet sie höchstens bei manch deutlich hochpreisigerem Parfum. Gestern Abend ein Sprüher auf den Handrücken, seitdem geschwitzt und mehrfach die Hände gewaschen, ist Rosa Assoluto heute nicht nur immer noch gut wahrnehmbar, sondern hat auch immer noch eine deutliche Sillage.
Mir gefällt die schöne Valentina, ich würde gerne mal mit ihr tanzen gehen. Und ihre Schwestern lerne ich hoffentlich auch bald mal kennen.
6 Antworten
Mareike vor 9 Jahren 35 8
7.5
Sillage
5
Haltbarkeit
5
Duft
Parfum mit Humor
Pure habe ich hier günstig geschossen. Schon lange wollte ich einen Boadicea the Victorious mein eigen nennen.

"Wieso?", fragt ihr?
Äh, Hallo?

Geiler Markenname. Geile Flakons. Geile Parfumnamen. "Adventuress" heißen die zum Beispiel. Oder "Elite".
Megacool. Musste ich auch einen von haben.

Der, der hier gerade im Angebot war, hieß nun schnöde "Pure". Naja. Nicht ganz so cool. Aber cool genug.

Die angegebenen Duftnoten machten mich neugierig. Tropische Früchte, Jasmin, Wacholderbeere, Moos, wat nich alles. Das inspirierte meine Fantasie. Vor meinem inneren Auge tauchte eine Kriegerin auf - aber nicht im Kampf, sondern bei einem nächtlichen Spaziergang, vielleicht zu einem geheimen Treffen mit einem mysteriösen Fremden, auf einer Lichtung in einem verzauberten Wald...?

Ich stellte mir einen moosigen, exotischen, verführerischen Duft vor - grünblumig mit einer bitteren Wacholderherbheit, vielleicht mit einem Hauch Ananas? Das wäre was gewesen.

Als der bombige, fette, schwere Flakon mit seinen komischen mysteriösen Metallbeschlägen hier eintraf, war meine Anspannung ob der Erwartungshaltung ins Unermessliche gestiegen. Zähneknirschend und stirnrunzelnd nahm ich den Deckel ab. Und sprühte.

Und musste schallend lachen.

Nimm-2-Bonbon. Der gelbe.
Und sonst so?
Nichts.

"Wie jetzt? Nichts?", fragt ihr.
Nee, sag ich. Sonst nichts.
"Nicht ein mal ein kleines bisschen Wacholder...?"
Nein.
"Aber da steht Jasmin?"
Ja. Aber ist nicht drin.
"Und... die tropischen Früchte?"
Nein. Nimm-2-Bonbon. Der gelbe.
"Aber...?"
Ich weiß. Aber Nein.

Warum "Pure" trotzdem bleiben darf? Weil er mich zum Lachen gebracht hat. Und Parfums mit Humor - findet man ja heutzutage leider viel zu selten. Und ich mag Nimm-2-Bonbons. Besonders die gelben.
8 Antworten
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