Marieposa

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Marieposa vor 11 Tagen 41 40
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Duft
That fiery sadness called desire
Plötzlich warst du da. Ein Geschöpf der Nacht mit glühenden Augen im Neumondschatten. Du hülltest mich in schwarze Blumen, bis sprödes Holz und Lederbahnen zu Katzenfell zerflossen, und bevor ich es begreifen konnte, war ich du. In all den dunklen Stunden spürte ich deine amberweiche Hand auf meiner Stirn und dem fiebrigen Fleisch. In jenen schlaflosen Nächten, als die Atemzüge der ungesagten Worte immer lauter wurden. Weil wir alle im Licht bereit sind, süße Lügen zu kosten, wenn die Herzen hungrig sind. Dann schweigen wir, damit die kleine Welt geordnet bleibt, träumen vom Glück der Zukunft, um zu vergessen, dass die Gegenwart längst Vergangenheit geworden ist.
Führe mich dahin, wo meine Gedanken sind. Lausche den ungesagten Worten Haut an Haut an meiner Seite, denn das Ungesagte redet nachts und seine Wahrheiten sind bitter, selbst wenn die schwarzen Flügel der Nachtfalter glättend über die aufwallenden Wogen streifen, sich Jasminblüten in Zeitlupe entfalten, sich etwas über unsere Seelen legt, das viel älter ist als wir. Dann schließt sich deine Lederhand um meinen Wrist. Nachdrücklich. Sanft. Ein Schritt nur. Ein williges Straucheln in die vertraute Dunkelheit. Weil du meine Abgründe nicht scheust, dich in ihnen spiegelst, und so schließe ich die Augen berauscht vom Schwindelgefühl, wenn wir die hölzernen Böden unter den Füßen verlieren, uns treiben lassen im Strom der Zeit, Seelen sich berühren an einem Ort, der nie war und doch immer sein wird.

**

Immer wenn ich BD rieche, flüstert mir Patti Smith ins Ohr: „Never let go of that fiery sadness called desire.” Und weil ich es niemals wagen würde, Patti Smith zu widersprechen, trage ich BD mit aller Leidenschaft, die mir zu Gebote steht. Aber ist es nur mein ewiges olfaktorisches Verlangen nach Dunkelblumen und derbem Leder zusammen mit der grenzenlosen Bewunderung für Patti Smith, die dafür sorgen, dass mich dieser Duft nicht loslässt?
Rein rational-analytisch betrachtet ist BD nicht besonders komplex: Eine Wagenladung von halluzinogenem Jasmin trifft auf von Anfang an deutlich wahrnehmbares medizinisch-ledriges Castoreum, das die schwüle Indolik der Blüten mit seinen bitteren Akzenten ausgleicht, während immer vernehmlicher Zibetnoten zu schnurren beginnen. Die Facetten von dunklem Assam Oud, die ich mal spröde, mal weich empfinde, verleihen ein stützendes Rückgrat, an dem sich die Blumenranken immer höher in den Nachthimmel hinaufschlingen, unterstützt von Liquidambra (das meiner Recherche zufolge mehr oder weniger Styrax entsprechen müsste), das die kantige Animalik der robusten Ledernoten mit süßer Balsamwärme absoftet.
Auf seiner Homepage bezeichnet Antonio Lasheras, der nur wenige Worte über seine Düfte verliert und sie wohl lieber für sich selbst sprechen lässt, BD als „vintage floral fragrance“ – und, ja, natürlich trifft das den Nagel auf den Kopf. Blind getestet hätte ich definitiv auf eine verschollene Duftlegende aus den 20er- oder 30er-Jahren getippt, aber dennoch erscheint mir BD so viel mehr zu sein. In seiner dunklen Opulenz und abgründigen Leidenschaft steht der Duft über profanen Kategorien wie Zeit und Raum. BD schwebt zwischen den Welten, zwischen den Zeiten, zwischen den Seelen und kommt mir dabei so unglaublich nah. Da ist eine erschütternde Ehrlichkeit in der klaren Sprache dieses Dufts und eine Körperlichkeit, die keine Gefangenen macht und die ich nicht mehr missen möchte, obwohl ich alldem vielleicht nicht immer gleichermaßen gewachsen bin.
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Marieposa vor 23 Tagen 43 40
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Duft
Tess Durbeyfield
Natürlich würde er mit ihr nicht tanzen.
Sie stand ein wenig abseits des Trubels und hatte den Blick ins Licht der tiefstehenden Sonne gerichtet, obwohl sie lediglich seine entschwindende Silhouette erkennen konnte. Flirrend wie Goldstaub taumelten winzige Insekten im Licht. Er musste sie auf seinem Weg durch das hohe Gras der Wiese aufgescheucht haben, während auf dem Tanzplatz noch fröhliche Musik ertönte und sich die Mädchen in ihren weißen Kleidern kichernd im Kreise drehten.
Auch ihr Kleid war leuchtend weiß und die zarten Blüten in dem Sträußchen in ihrer Hand mit genauso viel Sorgfalt gepflückt wie die der anderen. Außerdem hatte nur sie sich ein Band ins braune Haar geflochten, das so rot wie ihre Lippen war – und doch würde sie nun immer das Mädchen bleiben, dessen grölender Vater auf dem Einspänner den Tanz gestört hatte, auch wenn sie ihn ganz selbstverständlich vor den anderen verteidigt hatte.
Natürlich hatte er mit ihr nicht getanzt.
Dass der Saum ihres Kleides sich vom Moos und der nassen Erde am Rande der Wiese grünlich-feucht verfärbt hatte, würde sie erst am nächsten Morgen bemerken. Und sie sah im Gegenlicht auch nicht, dass er sich noch einmal umdrehte.

Lag da ein ganz leichter Ausdruck des Vorwurfs in ihrem ernsten Blick?
Im Sonnenlicht schimmerte ihr von warm-braunem Haar umkränztes Gesicht beinahe wie Perlmutt, während die anderen weißen Gestalten bereits wieder selbstvergessen über den grünen Platz wirbelten und keinen Gedanken mehr an den fremden Tänzer zu verschwenden schienen. Mit dieser einen Ausnahme.
Es versetzte ihm einen kleinen Stich, wie er sie da so stehen sah, abseits von den anderen in ihrem dünnen weißen Kleid, voll Sanftmut und Bescheidenheit und doch … verletzt? Er wünschte, er hätte sie nicht im Trubel übersehen, hätte sie verlegen errötend zum Tanz gebeten, mit ihr gesprochen, nach ihrem Namen gefragt. Das nagende Gefühl, dass er sich dumm verhalten hatte, ließ sich nicht mehr abschütteln, doch daran konnte er nun nichts ändern. Er wandte sich zur geschotterten Landstraße um und ging raschen Schrittes weiter.

**

„A mere vessel of emotion untinctured by experience.“ So beschreibt Thomas Hardy seine junge Protagonistin zu Beginn seines Romans „Tess of the d’Urbervilles“, der, 1891 erschienen, nur drei Jahre jünger ist als Hasu-no-Hana. Ob der Duft „frei von jeglicher Erfahrung“ ist, möchte ich nicht beurteilen, aber ein „Gefäß, das nichts als Gefühle enthält“ ist er für mich auf jeden Fall.
Um ein Grundgerüst aus Bitterorange und Iris über einer Basis aus Amber, Patchouli und Eichenmoos, das man wenige Jahrzehnte nach dem Erscheinen wohl als Chypre mit orientalischem Twist bezeichnet hätte, schillert der Duft perlmuttartig in allen hellen Facetten, die Farben annehmen können, bevor sie aufhören, Farben zu sein und weiß werden. Iris tritt hier kaum pudrig in Erscheinung, sondern so samtig wie die Blüten der Iris Florentina, die genauso weiß-perlmutt-hellblau schimmern wie der Duft. Da sind noch andere florale Noten, die ich nicht benennen kann, eine rührend altmodische Gartennelke (nicht gelistet – war ja klar, dass meine Nase wieder macht, was sie will) und zitrische Noten, die sich wie feinster Goldstaub auf die zarten Blütenblätter legen. Im Verlauf behält der Duft seine filigrane Zartheit und Helligkeit, wird aber durch die (eingebildete) Gartennelke würziger, nimmt eine unterschwellig fruchtige Note an (vielleicht von Ylang-Ylang?), um schließlich von hellen Hölzern, eher grünlichem Patchouli und sanft rauchigem Vetiver umrahmt und von Unmengen Eichenmoos zärtlich abgefedert zu werden.

Wie wegweisend muss dieser Duft, der heute so nostalgisch wirkt, zu seiner Zeit gewesen sein! Oder war er ihr gar voraus? So wie Thomas Hardys Roman?

So richtig möchte ich mich mit dem Gedanken gar nicht aufhalten, nicht herumphilosophieren, was Hasu-no-Hana für andere sein oder gewesen sein könnte, sondern einfach nur die herzzerreißende Schönheit dieses Duftes genießen. Neben der majestätischen Wucht und Perfektion ihrer Schwestern Phũl-Nãnã und Shem-el-Nessim aus Grossmiths Classic Collection mag Hasu-no-Hana fast ein bisschen unscheinbar wirken. Es ist kein Duft, der das Bedürfnis hat, sich in den Vordergrund zu drängen, und doch bringt er in mir eine Saite zum Klingen, welche die anderen, ehrfürchtig, aber distanziert bewunderten Schönheiten nicht zu berühren vermochten.
Hasu-no-Hanas helle Leichtigkeit erscheint mir so unschuldig wie die junge Tess Durbeyfield, die noch nicht ahnt, mit welch traurigem Schicksal die Zukunft ihre Schönheit und ihr zartes, loyales Wesen bestrafen wird. Und doch schwingt von Anfang an eine sehnsuchtsvolle Melancholie mit. Fast wie in jener Szene ganz zu Beginn des Romans, die ich immer wieder lese, in der Tess Durbeyfield und Angel Clare sich um Haaresbreite nicht begegnen und in der dieses bitter-süße Was-Wäre-Wenn mitschwingt.

Vielen Dank für das Pröbchen, lieber Floyd. Da hast du mal wieder was losgetreten ;-)
40 Antworten
Marieposa vor 1 Monat 38 33
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Duft
Maa Manasa Devi – Vishahari
Es war nicht mehr als ein Rascheln in den trockenen Zitronengräsern, das ich vernahm. Ein leichtes Schwindelgefühl, ein Ziehen an den Schläfen im gleißenden Licht.
Wenn ich nur wüsste, wie es dazu gekommen war …
Dann blieb nichts als der Duft des Galgants am Wasserfall. Lavendelblau die Wolken, durchbrochen vom zitrischen Leuchten ferner Sonnenstrahlen, dem Tanz bunter Prismen im Dunst. Ermattet lasse ich die schweren Glieder neben den Osmanthussträuchern niedersinken, die Finger versonnen durchs Wasser des Tümpels gleiten, ein Rauschen in meinem Ohr, ein süßes Sirren, als sich grünlich schillernde Nattern um meine Arme ringeln. Für einen Herzschlag schwinden meine Sinne, verschwommene Bilder im Aufblicken, ein schmaler ledriger Körper, der schlangenförmige Wellen schlägt. Die Tuberosenblüte in meiner Hand. Ein Blitzen in unsterblich gelben Augen, als sich das Zischeln der Reptilienzunge zu Worten formt.
„Ich kann das Gift aus deinen Adern saugen, kann machen, dass der Schmerz vergeht, dich heilen.“
Und so lasse ich es geschehen. Ahornsüße liegt auf meiner Zunge, während sich die Schlangenhaut um meine Glieder schließt, eine Welt in spröder Dunkelheit versinkt, bis sich meine Schlangenaugen im ruhigen Wasser spiegeln.

**

N.O.A.M. – kurz für New Oceans And Meridians – entführt mit seinen Düften in fremde Welten, lädt zu Reisen durch Zeit und Raum ein und versteht es, beeindruckende Geschichten zu erzählen. Alle Düfte, die ich bisher kennenlernen durfte, sind komplex und originell und ich meine, das Herzblut, das darin steckt, riechen zu können. Neben dem auf Wiederauflage ausgelegten Programm bietet die kleine Schweizer Manufaktur mit den „Essences“, zu denen Naga Mantra zählt, auch Düfte an, die besonders seltene und/oder kostspielige Rohstoffe enthalten, was die Produktion auf natürliche Weise auf eine kleine Anzahl handverlesener Flakons reduziert.
Naga Mantra eröffnet mit einer unvergleichlichen Kopfnote aus Bergamotte, Galgant und Zitronengras unter der minzig-kampferige Noten grünlich schimmern, welche an manchen Tagen von krautigem Lavendel kontrastiert werden und an anderen nicht. Mit dem Verfliegen der Kopfnote offenbart der Duft einen Dreiklang aus ätherischen, teeartigen Osmanthusblüten mit Tuberose, würzigem Heu und spröden dunklen Hölzern. In dieser Phase ist der Duft ein bisschen unberechenbar, lässt mal die blumigen Aspekte stärker hervortreten, wobei der Osmanthus im Verlauf immer ausgeprägtere Lederfacetten offenbart, oder er spielt das Heu mit den Ahornsirupakzenten von Immortelle und Bockshornklee in den Vordergrund. Dabei durchzieht den Duft jedoch immer krautiges Grün wie eine schlängelnde Schlange.
In der Basis beruhigt sich das Wechselspiel der Noten wieder, fügt sich zu einem warmen Timbre von hellem Tabak, Ledernoten und trockenen dunklen Hölzern zusammen, versüßt durch Cumarin.
Genau dieses Cumarin in Verbindung mit den Hölzern ist es, das meine Euphorie ein wenig bremst. Was häufig als leicht süßlich-cremig beschrieben wird, kommt in meiner Nase leider immer etwas kratzig-stickig an, aber mir ist natürlich klar, dass das Jammern auf extrem hohem Niveau und eine sehr subjektive Empfindung ist, die mehr über meine Nase als über die Qualität dieses außergewöhnlichen Duftes aussagt.

Vielen Dank für das Pröbchen, lieber Floyd. Ich glaube, das Schlangen-Mantra hat mich ein bisschen hypnotisiert.
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Marieposa vor 2 Monaten 36 34
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Duft
Breo Saighead
Als du mich gefunden hast, waren die Tage kurz und die Nächte finster. Du wusstest auf einen Blick, wie verloren ich war und du kanntest die Dunkelheit, aber du sagtest kein Wort. Deine Hand schloss sich um meine Finger, sie war stark und warm, und ich folgte dir zu deiner schlichten Hütte. Selbst im Winter trägt die Rosenranke dort an den Wänden vereinzelte Blüten und die Wölkchen über dem Kamin künden vom Feuer, das nie erlischt.
Du heißt mich eintreten, legst eine Decke um meine Schulten, damit mich ihre Wärme wie Balsam umhüllt. Langsam kehrt die Farbe in meine Wangen und Lippen zurück und du lächelst, zeigst mir die getrockneten Kräuter und seltenen Gewürze in deiner Küche, die winzigen goldenen Blüten und den kräftigen Tee. Du weist mich an, das Feuer im Herd zu schüren, die Glut zu hüten und Wasser zu schöpfen aus dem Brunnen vor dem Haus. Und so bleibe ich an deiner Seite, bis der zweite Mond das Licht zurückkehren lässt.
Mit nackten Füßen auf dem lehmigen Boden flüstern wir Gedichte in den Rauch, wenn das Wasser im Kessel unter den Flammen des Herdfeuers aufwallt. Wir rühren den Sud aus schwarzem Tee und Blüten und Geheimnissen, filtern ihn durch feinstes Leder, bis ich spüre, wie die Rauchfäden die kleinen Risse in meinem Innersten versilbern, die dunklen Stellen aufhellen.

Tag und Nacht wird das Feuer in deiner Hütte prasseln. Niemals darf es verlöschen.

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Breo Saighead, später auch Brigid genannt, ist eine besonders vielseitige, zum Teil auch widersprüchliche Göttin aus dem keltisch geprägten vorchristlichen Irland. Sie gilt unter anderem als die Hüterin des Feuers, als Lichtbringerin, Muttergöttin und Heilerin, ist aber zugleich auch als Schmiedin und Kriegerin bekannt und als Schutzheilige der Poeten – vielleicht weil Geschichten am besten am Feuer erzählt werden? Wer weiß …
Das Fest zu ihren Ehren ist Imbolc, das Mondfest am zweiten Vollmond nach der Wintersonnwende, wenn die Tage im Februar merklich länger werden und der Frühling sich unaufhaltsam gegen den Winter durchzusetzen beginnt. Und genau das könnte mehr oder weniger bewusst der Grund sein, warum ausgerechnet Breo Saighead mir in den wintermüden Sinn kam, als ich Ananda Wilsons The Witch das erste Mal roch.
Mit seinen dunkel ambrierten Harzen, der balsamischen Wärme und den Noten von rauchigem Tee, Gewürzen, ledrigem Osmanthus und ein paar versprengten Rosenblättern hätte ich den Duft zweifellos herbstlich, winterlich eingeordnet, und doch ist er jetzt im Vorfrühling scheinbar genau das, was ich gebraucht habe.
Seit einer Weile bin ich hin- und hergerissen zwischen meiner Sehnsucht nach frischem Grün und dem Bedürfnis, mich einzukuscheln. Habe keine Lust auf meine schwereren Winterdüfte, finde die kühleren Frühlingsdüfte aber zu fordernd. Ein wenig unerwartet füllt The Witch genau diese Lücke dazwischen.
Vielleicht liegt es an der etwas überraschenden ätherischen kampferartigen Frische, die circa fünfzehn Minuten lang über dem Duft glitzert – ich kann beim besten Willen nicht identifizieren, welche der Noten für diesen Effekt verantwortlich sein könnte, aber er sorgt dafür, dass diese konfuse Dichte ausbleibt, die mich oft an Naturdüften irritiert. Dann arbeitet sich Amberbalsam mit ausgeprägter Osmanthusnote in den Vordergrund, legt sich wie Sonnenstrahlen auf die frühlingshungrige Seele, und wird von einer dunklen, rauchigen Teenote und Gewürzen ausbalanciert, als hätte mir jemand einen heilsamen Trank gereicht, gebraut im Kessel über Breo Saigheads ewigem Feuer. Langsam lichtet sich der Rauch und schafft Platz für die leicht animalischen Ledernoten von Osmathus, der Duft wird weicher und beginnt, geheimnisvoll zu glühen wie der letzte Wintervollmond, bevor er immer leiser wird, ein würziges Amberglimmen, und schließlich entschwindet.

Liebe Brida, wie kann ich dir nur danken, dass du diese Kostbarkeit mit mir geteilt hast?
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Marieposa vor 2 Monaten 35 32
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8
Duft
Huldufólk
Und wieder wird sich die Dämmerung unvermittelt über die Helligkeit des langen Tages legen. Ich kann es spüren, wie die Sonnenstrahlen im diffusen Nebel verschwimmen. Wenn die Wellen wieder brausend an die schwarzen Strände rollen.
Da ist Salz in meinem Haar und manchmal auch auf meinen Lippen. Der Kuss des Nordwinds, der an vereinzelten Tagen schon die ersten Schneeflocken vor sich hertreibt.
Was bleibt mir anderes, als das Fischernetz um mein graues Kleid zu schlingen, bis es zu Birkenschatten wird? Heute versinken meine nackten Füße noch im weichen Moos, das morgen schon unter einer Frostkruste knirschen mag. Und wenn die Nebel dichter werden, strecke ich die Hand vor meine Augen, um zu sehen, ob sie sich auflöst, erkenne meinesgleichen in den Formen jedes Steins, im Flüstern ihrer Schatten.
Lass mich eins werden mit diesem Ort, mit den moosigen Steinen und dem salzigen Wind über dem Sund. Ein Teil dessen, was ich immer war und für immer sein will.

**

Manchmal ist es eigenartig. Schon beim ersten Riechen schien mir Útilykt der klarste, eindeutigste und greifbarste der drei Langdegi-Düfte von Fischersund zu sein, doch wenn ich ihn beschreiben will, entzieht sich mir der Duft plötzlich. In gewisser Weise treibt er ein ähnliches Spiel mit mir wie das isländische Huldufólk, das verborgene Volk von Feen, Elfen und Trollen, das sich nur von uns Sterblichen sehen lässt, wenn es gesehen werden will.
Útilykt entstand in Kooperation mit 66° North, einem nachhaltigen Hersteller von Outdoorkleidung, der auf ökologische und soziale Fairness setzt. Ein Konzept, das natürlich hervorragend zu einem Land wie Island passt, dessen Bevölkerung schon immer ganz besonders auf die Gnade der sie umgebenden Naturgewalten angewiesen war und den Respekt vor der Umwelt vermutlich über Jahrhunderte auf die harte Tour gelernt hat. Aus dem Respekt wurde Liebe zur rauen Schönheit des Landes, zu ihren Urgewalten und ihrer Unberechenbarkeit, die in alter Zeit oft nur in Geschichten über jenes Huldufólk erfasst und begriffen werden konnte, das mir nun auf der Nase herumtanzt, während ich versuche, diesen Duft zu entschlüsseln.
Útilykt bedeutet so viel wie „der Geruch im Freien“ und soll den Duft einfangen, den man selbst nach einem im Freien verbrachten Tag angenommen hat und den man erst wahrnimmt, wenn man sich in die gemütliche Wärme seines Zuhauses zurückgezogen hat. Die wilde Natur ist hier also in gewisser Weise gezähmt und vertraut und leise, dabei aber auch ein wenig diffus und schwer zu beschreiben. Und ja, genau diese Erfahrung teile ich: Mal scheint der Duft kristallklar zu sein, zitrisch-algig mit kleinen Salzkörnchen, dann ist da auf einmal nur noch nebelkühles Moos oder arktischer Wind mit Schneeflocken, der Birkenblätter von den Ästen peitscht, oder feuchte Steine, von Flechten und herben Kräutern umrankt – und auch wenn diese einzelnen Aspekte gelegentlich für sich allein stehend auftauchen, vermischen sie sich doch plötzlich wieder und der Duft ist all das zugleich.
„Ein Hauch von Polarbärenflaum, ein Schimmer von Elfenstaub und das Flüstern des Windes“ schrieb @DolcePita so unglaublich treffen vor mir in seiner absolut lesenswerten Rezension, dass ich nicht anders kann, als die Worte noch einmal zu wiederholen. Denn ich bin vollkommen überzeugt davon, dass das stimmt!
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