Mausebeer

Im Auftakt undefinierbar künstlich und ein bisschen arg bitter, geht dann aber angenehm in Richtung kühler herbgrüner Pflegeduft. Man kennt diese Cremes und Lotions, die auf Natur machen, deshalb meist ein bisschen teurer sind und irgendwas mit "botanical" im Namen haben. So duftet dieses Spray auch. Hat durchaus was wenn man auf diese Richtung steht und kommt im Sommer bestimmt gut. Oder als Duft-Camouflage im botanischen Garten. Es handelt sich um ein günstiges Bodyspray (in Plastikflasche) und Performance und Haltbarkeit sind entsprechend gering, aber als schattiger kleiner Frischespender an heissen Tagen taugt es allemal.

Marzipanig babypuderige Planierraupen-Niedlichkeit im Spannungsfeld von clean, süß und grotesk. Trying too hard to be cute als Duft. Stell' ich mir vor Divine würde so riechen find ich's originell. An seriösen Erwachsenen aber eher irritierend. In homöopathischer Dosis mag er an manchen gehen.
Aber mein Wunsch nach Restwürde macht mit todernstem Gesicht diese coole "watching you" Geste und versperrt mir den Weg zum Flakon.

Zum Aufwärmen ein Schnäpsken? Dann aber gleich rein in die Laube. Viel warmes, dunkles, altes (gehobeltes und zerspantes) Eichenholz. Vanille macht auf dirty Türsteher und glaubt, eine zarte kleine Tuberose rumschubsen zu können. Die schleicht aber weiter ums Haus und versucht später heimlich durchs Fenster reinzuklettern. (Bleibt dabei aber halb stecken) Oder vielleicht ist das auch der letzte Dufthauch einer feinen Dame, die sich vorhin hier kurz aufgewärmt hat. Jetzt ist der Laden leer. Es gibt noch keine fragwürdigen Gäste, es wird noch nicht geraucht, gesoffen und geprügelt, zum Glück auch nicht gekocht.
Nur der Wirt poliert still und leise ein paar Gläser und das Interieur genügt sich selbst.
Und wann war das? Irgendwann früher.

... atme ein… und aus… Mutter Natur wiegt dich sanft in den Armen. Es ist warm, still, friedlich. Alles ist gut. Hier im Wald hausen keine Monster.
Diese sanfte, nadelwaldige Aromatherapie wird durch eine feine, dunkelpudrige Kakaonote ergänzt, die das ganze noch heimeliger macht und zum richtigen Parfum werden lässt. Man riecht nicht wie mit Pflanzen-Extrakten balsamiert. Pacific Forest ist keine olfaktorische Foto-Tapete, auch kein grüner Eskapismus (looking at you, Juniper Ridge), sondern ein feiner und gelungener unisex Duft, der Ruhe und Geborgenheit vermittelt und Vertrauen erweckt. Tragbar, anziehend und alltagstauglich.
Wer noch ein bißchen mehr Farbe reinbringen will kombiniert PF mit „Forest Walk“ vom gleichen Hersteller. Die verstehen und ergänzen sich gut.
Auf der Haut hält Pacific Forest leider nicht so recht aber mit ein paar Tröpfchen auf der Kleidung ist man lange versorgt. Natürlich nur solange wie die Probe reicht, denn kaufen kann man ihn ja hier leider nicht.

In diesem hübschen Fläschchen lebt eine friedvolle Wohngemeinschaft von zarter Kirschblüte, sanft marzipanigem Mandelduft (pudrig) und leicht bitterem, frühlingsgrünem Pflanzensaft. Die drei sind völlig gleichberechtigt und vertragen sich den ganzen Duftverlauf über prächtig. Zwar ist es schwierig bis unmöglich den Duft an mir selbst nach 15 Minuten noch wahrzunehmen, aber ich stelle am Ende des Tages immer wieder fest, dass er wider Erwarten noch da ist. Morgendliches Eindieseln ist in diesem Fall hilfreich. Und wann kann der verantwortungsbewußte Parfumträger sonst schonmal so hemmungslos aufs Knöpfchen drücken? Es empfiehlt sich daher gleich die 100ml Flasche anzuschaffen, alles andere wäre wirklich Quatsch. Schönes Frühlingsdüftchen zum fairen Rocher Preis. Empfehlenswert!
(Übrigens kommt bei Wärme der Mandelduft noch stärker raus.)